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Parodontitis

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Bei Belassen der bakteriellen Beläge auf den Zahnoberflächen persistiert die durch den oralen Biofilm induzierte Gingivitis. Dieser Zustand kann bei einigen Menschen über lange Zeiträume unverändert bestehen bleiben, ohne dass es zu Destruktionen kommt, während es bei den meisten später und bei wenigen Menschen früher zur Zerstörungen des Zahnhalteapparats kommt (Parodontitis). Das entscheidende Unterscheidungsmerkmal zwischen Gingivitis und Parodontitis ist die weitgehend irreversible Zerstörung des Zahnhalteapparats, die als Verlust klinischen Attachments und röntgenologischer Knochenabbau festgestellt wird. Beginn, Ausmaß und Geschwindigkeit der Zerstörung können sich von Person zu Person stark unterscheiden. Von 1970 bis 1985 wurde eine Gruppe von Arbeitern auf einer Teeplantage auf Sri Lanka, die praktisch keine Mundhygienemaßnahmen betrieben und deshalb alle Gingivitis hatten, beobachtet: 11 % entwickelten trotz jahrelang bestehender Gingivitis praktisch keine Parodontitis, während bei 81 % nur moderate parodontale Destruktionen festzustellen waren, die sich erst ab dem 40. Lebensjahr manifestierten. Nur 8 % der Teepflücker zeigten schwere Parodontitisverläufe mit rascher Progression bei erheblichen Gewebezerstörungen und Zahnverlust, die zum Großteil schon bei Heranwachsenden einsetzten und bereits bei jungen Erwachsenen zu erheblichen Zahnverlusten führten6.

Die Parodontitis wird nach Schweregrad und Komplexität in vier Stadien unterteilt (Stadium I bis IV; Tab. 7). Primär sollte dafür klinischer Attachmentverlust (CAL) zugrunde gelegt werden, falls dazu keine Angaben vorliegen, röntgenologischer Knochenabbau (Abb. 4a). Dabei kann das Ausmaß als lokalisiert (< 30 % der betroffenen Zähne), generalisiert (≥ 30 % der betroffenen Zähne) oder Molaren-Inzisiven-Muster (s. „lokalisierte aggressive Parodontitis“) beschrieben werden. Im Unterschied zur Klassifikation von 19997 wird nur approximaler klinischer Attachmentverlust berücksichtigt. CAL aufgrund von Rezessionen, die keine entzündliche Pathogenese haben müssen8, bleiben unberücksichtigt. Für die Berechnung des Ausmaßes wird die Zahl der Zähne und nicht die der Stellen zugrunde gelegt (Tab. 7). Nicht nur CAL und Knochenabbau determinieren den Schweregrad, sondern auch durch Parodontitis eingetretener Zahnverlust. Es ist nicht mehr möglich, eine Parodontitis durch Extraktionen in einen niedrigeren Schweregrad zu transferieren. Sondierungstiefen (ST) spielen wieder eine Rolle und markieren zusammen mit BOP (Bluten auf Sondieren) den Unterschied zwischen einem stabilen Zustand nach erfolgreicher Parodontitistherapie (s. Tab. 3 und 4) und Parodontitis (Tab. 7). Entsprechend der Geschwindigkeit der Gewebezerstörung werden drei Progressionsgrade unterschieden: Grad A: langsame Progression, Grad B: moderate Progression, Grad C: rasche Progression (Tab. 8)9,10.



Abb. 4a bis c Patientin im Alter von 24 Jahren mit generalisierter aggressiver Parodontitis18, Parodontitisstadium III (Molaren-Inzisiven-Muster) Grad C. a) Röntgenstatus: Knochenabbau bis ins apikale Wurzeldrittel an den Zähnen 16, 21 und 26 (Stadium III), im Unterkiefer geringerer Knochenabbau bis 50 % der Wurzellänge an Zahn 44, kein Zahnverlust, aber Sondierungstiefen ≥ 6 mm an Zahn 16, Grad-III-Furkationsbeteiligung an Zahn 16 und 26, distal Zahn 16 Knochenabbau 70 % der Wurzellänge (geteilt durch das Lebensalter = 2,9; Grad C). b und c) Klinische Ansicht: keine supragingivale Plaque, Destruktion überschreitet Erwartungen durch Biofilmauflagerungen (Grad C).

Tab. 7 Klassifikation der Parodontitis: Stadien basierend auf Schweregrad, Komplexität sowie Ausmaß bzw. Verteilung (CAL: klinischer Attachmentverlust; ST: Sondierungstiefe; KA: Knochenabbau; FB: Furkationsbeteiligung)1,9,10.


Tab. 8 Klassifikation der Parodontitis: Grade, die biologische Eigenschaften der Erkrankung widerspiegeln, wie Evidenz von oder Risiko für rasche Progression (CAL: klinischer Attachmentverlust; KA: Knochenabbau)1,9,10.


* Spezifische klinische Muster, die Phasen rascher Destruktion und/oder frühes Einsetzen der Erkrankung nahelegen (z. B. Molaren-Inzisiven-Muster; Fehlen eines zu erwartenden Ansprechens auf Standardtherapien zur Infektionskontrolle).

In der ICD-10 kommt Parodontitis noch als Chronische Parodontitis (K05.3) vor. Dazu werden gruppiert: Chronische Perikoronitis, Parodontitis complex, -simplex und -o. n. A. (ohne nähere Angaben). Ferner wird die Diagnose Parodontose (K05.4) aufgelistet. Ausdrücklich wird die „juvenile Parodontose“ eingeschlossen3. Als juvenile Parodontitis wurde ein Großteil der klinischen Bilder vor 1999 bezeichnet, die danach aggressive Parodontitis genannt wurden7. Parodontitis, die bereits bei Kindern und Jugendlichen auftritt, bei der die Zerstörung im Vergleich zum Lebensalter sehr fortgeschritten ist oder mehr Zerstörung festzustellen ist, als der vorhandene Biofilm erklären kann (Abb. 4), werden in der neuen Klassifikation mit einem Grad C gekennzeichnet (hohe Progressionsrate)9,10. Wie kann es sein, dass die ICD-10 für die infektiös-entzündliche Zerstörung des Parodonts eine Wortendung verwendet, die allgemein für degenerative Prozesse verwendet wird (-ose)? In vielen Fällen der Parodontitis mit hoher Progressionsrate besteht ein Missverhältnis zwischen der Menge der bakteriellen Ablagerungen sowie der klinisch sichtbaren Entzündung (Schwellung, Rötung) und dem Ausmaß der Gewebedestruktion. Dies führte dazu, dass der Begriff „Periodontosis/Parodontosis“ zum Teil synonym wie juvenile Parodontitis verwendet wurde11. Darüber hinaus gibt es noch Sonstige Krankheiten des Parodonts (K05.5) und Krankheit des Parodonts, nicht näher bezeichnet (K05.6)3.

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