Читать книгу Jahre auf See - Peter Polonius Teichmann - Страница 12
Olatunju der Gastarbeiter
ОглавлениеDie Händler und Tantverkäufern in Dakar die schon Mitte der 50-iger mit den amerikanischen und französischen Touristen ihre Geschäfte machen wollten hatten bei uns schlechte Karten. – An Land rannten sie einem hinterher und boten schwarze Köpfe aus „Ebenholz“, Masken, falsche Schrumpfköpfe, bunte Korbtaschen, Beutel aus Leder, Tücher und noch so allerlei Ramsch an. Dafür wollten sie dann jede Menge US Dollars die sie von uns selbst dann nicht bekamen, wenn Interesse für das ein oder andere Stück da war. – „What ship, What ship“ wollten sie daraufhin wissen „Bateau ELFRIEDE“ – Auf das hin verfinsterten sich ihre Gesichter und: „Ei now dis facken ship and all dis facken peoples on it“ dann spuckten sie auf den Boden und fluchten uns „fack you!“ hinterher. – Gestört hat uns das nicht im Geringsten.
Was ich zu Anfang meiner Story deutlich machen wollte ist … unser Zossen war in den Häfen des Senegals bekannt, wir kamen regelmäßig dort hin und wurden stets „gerne gesehen“.
Also es war Dakar als Olatunju an Bord kam. Wie er dabei auf der Gangway an Samson, unserem riesigen Wachmann vorbei gekommen ist weiß ich nicht. Vielleicht haben sich die beiden Gauner ja gekannt. Jedenfalls war er da und hat den Scheich nach Arbeit gefragt. Zufällig hatte der einen seiner Zinkeimer gefüllt und eingeweicht mit stinkenden Arbeitsklamotten und Socken im Waschraum stehen. Da kam der Senegalmann gerade recht. Also hat er ihm eine Wurzelbürste und ein kleines Stück Kernseife in die Hand gedrückt und ihn in unserem Waschraum schrubben lassen. Als die Lords und die Kombüsengang das gesehen haben kam so nach und nach jeder mit irgendeinem verdreckten Stück Stoff daher und Olatunju hat alles fein säuberlich gewaschen, gespült und aufs Achterdeck zum trocknen gehängt. – Abends hat ihm Egon unser Kochsmaat eine ordentliche Portion Essen gebracht und Olatunte, den Spitznamen hatte er inzwischen weg, durfte achtern auf einem Poller die Mahlzeit verdrücken. Inzwischen wurde in der Messe und Kombüse darüber beraten, ob wir Olatunte weiter zum Arbeitseinsatz gebrauchen konnten. All das bei freier Unterkunft, Kost und Verpflegung. Gelegentlich mal ne Schachtel Ami Zigaretten oder ein paar US-Dollar für den hombre. – Die Sache mit der Unterkunft war schnell geregelt; im Kabelgatt auf den Manilaleinen und als zusätzlichen Luxus ein altes Abdeckkleid und ein paar Rappasäcke. Nachdem das geklärt war hat der Moses was ich war vom Scheich die Order bekommen dass ich mich um alles weitere zu kümmern hätte und an Deck wolle er Ola nicht sehen. – Typisch Wurras, immer auf die Schwächsten; im Verteilen von Arbeit war der Mann Klasse. Na gut, ich wollte unseren neuen Gastarbeiter schon ordentlich einsetzen denn unter Deck gab es eine Menge zu tun. Da waren Kammern zu reinigen, Fußböden zu schrubben und 2 Aborte zu säubern. Außerdem konnte mir Ola bei der Backschaft helfen usw.
Wie üblich wenn es darum ging Verantwortung zu übernehmen hat man von unserem Scheich nur qualmende Socken gesehen. Er überließ es mir, dem Moses, jemanden von der Schiffsleitung über das neue Besatzungsmitglied zu unterrichten. – So etwas kann nur jemand begreifen, der selbst zur damaligen Zeit zur See gefahren ist und zwar nicht bei einer renommierten Linienreederei, sondern auf einem kleinen Schlorren ohne Anbindung an einen deutschen Hafen und einem Fahrtgebiet wie Westafrika oder sonst wo. – Inzwischen hatte ich aber eine Menge dazu gelernt und eine Regel die man auf unserem Zossen zu beachten hatte hieß: „Wat geit mi dat an“. – Also habe ich Ola Order gegeben, und seine Arbeit ~ die eigentlich meine gewesen wäre ~ kontrolliert etc.
Tags drauf ist unser Zossen ausgelaufen, bound for Conakry. – Olatunte hat für Egon Kartoffeln geschält und in der Küche die Töpfe gereinigt. – Inzwischen hatten die peoples aus der Maschine den Braten gerochen und wollten unseren Gastarbeiter ebenfalls für ihre Zwecke beanspruchen. – Da haben die Lords aber nicht mitgespielt und weil wir die stärkeren waren und überdies den Koch auf unserer Seite hatten, gab es darüber keine langen Diskussionen. – Wie sich im Laufe der Zeit herausstellte war Ola kein schlechter Mensch, man konnte ihn unbedenklich werkeln lassen und er hat das was man ihm aufgetragen hat auch vernünftig gemacht und war mit dem zufrieden, was er von uns bekommen hat. - Natürlich konnte ich mich nicht pausenlos um den Mann kümmern, da ich im Hafen tagsüber oft an Deck mithelfen musste und auf See meine Wache gehen. – In Conakry hat mich Wurras auf die Brücke geschickt zum Messing putzen und ich habe Ola mitgenommen, ihm einen Putzlappen und ne 2-te Flasche Sidol in die Hand gedrückt. Dann hab ich ihm gezeigt wie es geht und er hat die Vorreiber, die Türschwellen und sonstigen Kram geputzt wie ein Weltmeister. An den Maschinentelegraf und die Schiffsglocke habe ich ihn nicht ran gelassen, denn wenn er damit rum gefummelt hätte, hätte es vielleicht Probleme mit unserem Alten gegeben. – Da war ich allerdings im Irrtum, denn plötzlich hörte ich unseren Captain im Kartenhaus rumoren und einen Augenblick später stand er auf der Brücke. Für den Moment habe ich wegen Olatunju Muffensausen bekommen, aber unseren Alten habe ich selten mehr als 3 Worte reden hören und in dem Fall hat er sich umgesehen und überhaupt nichts von sich gegeben. – Wie schon gesagt, auch er hat die auf der ELFRIEDE übliche Regel beherzigt: „Wat geit mi dat an“.
Einige Tage später liefen wir aus Conakry aus; der nächst Hafen war Ziguinchor. – Zur damaligen Zeit ein winziges Nest mit ein paar Hütten an einem Fluss, umgeben von Mangrovensümpfen. – Ich muss mal suchen, ich glaube irgendwo gibt es da noch ein Foto auf dem aber nicht viel zu sehen ist. Wenn man heute bei Google rein sieht hält man es nicht für möglich, Ziguinchor, eine Provinzhauptstadt mit eigenem Flughafen.
Im Durchschnitt hatten wir mit der ELFRIEDE in jedem Hafen einige Tage Liegezeit, manchmal auch länger, dann nämloch ~ dass gefällt mir, ist nicht auf meinem Mist gewachsen, hab ich von Heinz Erhard übernommen ~ wenn wir Maschinenschaden hatten was häufig vorkam. – Ich erinnere mich nicht mehr was genau anlag, auf jeden Fall war in der Maschine wieder einmal Kacke am dampfen. Unser Zossen lag klar zum Auslaufen an der Pier, in der Maschine wurde gearbeitet und niemand wusste genau wann es weiter gehen sollte. – Olatunju fragte mich ob er noch mal an Land gehen könne, „I dont know“ habe ich ihm wahrheitsgemäß gesagt und er solle den Bootsmann fragen. Das hat er dann auch getan und der muss ihm sein ok gegeben haben, jedenfalls ist unser Gastarbeiter auf das hin verschwunden. – Kurze Zeit später war der Maschinenschaden behoben, unser Captain hat die Leinen los schmeißen lassen und als wir gerade mal 2 Meter von der Pier weg sind ist unser Olatunju mit lautem Geschrei daher gerannt gekommen, hat mit den Armen gerudert und: „Master, master ei em crewmember“ gezetert. – Verfluchte Scheixxe aber auch; mir hat Ola in diesem Moment richtig Leid getan und einigen von uns Lords sicher auch, obgleich es sonst eine abgebrühte Bande war. - Aber was sollten wir machen, der Alte mit seinen über zweieinhalb Zentnern hing mit unbeweglicher Mine in der Steuerbord Brückennock und M/S „ELFRIEDE“ ist ohne unseren Mann abgereist.
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