Читать книгу Der 7. Himmel hat ein Loch - Peter Rogenzon - Страница 8

Die Frau fürs Leben

Оглавление

In manchem ähneln sich die Menschen und die Tiere. So kann man beispielsweise bei Tieren beobachten, dass sie ihre Jungen aus dem Nest werfen, wenn sie flügge geworden sind. Auch bei den Menschen ist es vielfach so, dass die Eltern alles tun, um ihre erwachsen gewordenen Kinder los zu werden. Jedenfalls war es bei den Frohnigs so: Nachdem sie in ihrer Bekanntschaft erfolgreich zwei Ehen gestiftet hatten, dachten sie nun über die Zukunft ihres einzigen Sohnes nach. Er hatte sein Studium mit einem ausgezeichneten Examen abgeschlossen, machte aber keine Anstalten, auf eigenen Füßen zu stehen oder gar eine Familie zu gründen. Frau Frohnig empfand dies als unnatürlich und besprach mit ihrem Mann, was zu tun sei. Der hatte eine tolle Idee:

„Wir müssen ihm eine Frau zum Heiraten anbieten, die so umwerfend ist, dass er gar nicht anders kann.“

Frau Frohnig zeigte sich von dem Plan nur mäßig begeistert, denn wo sollte man eine solche Frau hernehmen? Aber Herr Frohnig hatte schon weiter gedacht: Er hatte im Büro zufällig die Tochter eines Kollegen kennen gelernt und war so begeistert von ihr gewesen, dass sie ihn nachts sogar noch in seinen Träumen verfolgt hatte. Wenn er schon von diesem Wesen so angetan war, um wie viel mehr musste es sein Sohn sein, denn schließlich war der ja vom gleichen Blut, das allerdings jünger, also leichter in Wallung zu bringen war.

Glücklicherweise fand zu dieser Zeit gerade ein großer Behördenball statt, und Herr Frohnig fragte den Vater der hübschen Tochter, ob sich nicht die beiden Familien an einen Tisch setzen sollten. Nebenbei erwähnte er noch, dass auch sein Sohn mitkommen würde. Der Kollege war einverstanden und schaltete schnell: Er sagte, er werde seine Tochter mitbringen, denn er fand, es könne nicht verkehrt sein, wenn sie den jungen Frohnig kennen lernen würde, zumal dieser ja aus gutem Hause stammte und eine gesicherte Zukunft vor sich zu haben schien. Und er wusste, dass seine Tochter sofort mitmachen würde, wenn sich für sie die Gelegenheit bot, auf einem schönen Ball zu tanzen.

Etwas schwerer tat sich Herr Frohnig mit seinem Sohn. Dieser hatte nämlich überhaupt keine Lust („Nullbock“, wie er sagte), mit seinen Eltern auf einen Ball zu gehen. Und als sein Vater ihm berichtete, ein Kollegenehepaar mit einer auffallend hübschen Tochter würde mit am Tisch sitzen, und hinzufügte: „Das ist eine Frau zum Heiraten“, da entgegnete er nur:

„Wir sind doch nicht im Orient, wo die Eltern für ihre Kinder die passenden Ehepartner aussuchen.“

Aber der alte Herr Frohnig gab nicht auf. Er wusste, dass sein Sohn leicht beeinflussbar war, und so schwärmte er bei jeder Gelegenheit von der so hübschen Kollegentochter:

„Also die musst du dir einfach einmal anschauen: so etwas von echt liebreizendem Charme habe ich noch nicht gesehen, obwohl ich doch schon einige Jahre auf dem Buckel habe ...äh, deine Mutter natürlich ausgenommen“, unterbrach er sich selbst, als ihm seine Frau einen vielsagenden Blick zugeworfen hatte.

Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist, dachte sich Herr Frohnig und fuhr fort seinen Sohn mit Lobeshymnen auf das Mädel geradezu zu bombardieren:

„...schulterlange blonde Haare hat sie, ach, was sage ich: die Haare reichen ihr fast bis zum Po. Ihre Haut ist makellos wie die von einer Porzellanpuppe. Und ihre Augen... strahlend blau und noch so richtig unschuldig... einfach ein tolles Wesen.“

Am Stichwort „Unschuld“ hatte sich Herr Frohnig schließlich festgebissen. Er schimpfte auf die jungen Mädchen von heute, die oft die reinsten Nutten seien, nur blöder, weil sie kein Geld „dafür“ nehmen würden usw.

„Man sieht es ihnen ja auch an, was die alles hinter sich haben, aber schau dir mal dagegen die Tochter vom Kollegen Forber an: die personifizierte Unschuld, diese Anja.“

So ging es eine Zeit lang, bis der junge Frohnig schließlich einwilligte, auf den Ball mitzugehen, nicht weil er unbedingt die Kollegentochter in Augenschein nehmen wollte, sondern weil er Ärger mit seinen Eltern vermeiden wollte.

Der Ball verlief anders, als es sich die Eheleute Frohnig und vielleicht auch die Forbers vorgestellt hatten. Die jungen Leute brachten einen Anstandstanz miteinander hinter sich und suchten sich für den Rest des Abends andere Partner, mit denen sie viel Spaß hatten. Zwischen den beiden hatte es einfach nicht gefunkt. Es dauerte noch ein paar Wochen, bis Herr Frohnig den Verlust der erhofften Schwiegertochter verwunden hatte. Ein paar Mal schimpfte er auf seinen Sohn, weil der diese einmalige Gelegenheit verpasst habe. Dann hatte er sich wieder beruhigt. Weniger beruhigt wäre er wohl gewesen, wenn er das erfahren hätte, was seinem Sohn zu Ohren kam: Dieser wollte sich mit einem Kollegen verabreden, doch hatte der keine Zeit, sondern etwas Wichtiges vor. Der Kollege grinste bei dem Wort „Wichtiges“ vielsagend, dass der junge Frohnig neugierig fragte, was er denn damit meine.

„Also, ich kenne da eine Anja Forber. Eine wilde Biene kann ich dir sagen. Sie heiratet morgen, und da wollen wir heute Abschied feiern.“

Der Kollege erzählte, dass er schon lange mit Anja Forber befreundet gewesen sei und dass sich beide im Bett ausgezeichnet verstanden hätten. Nur habe sich Anja in den Kopf gesetzt, eine gute Partie zu machen, und dazu habe sie nun Gelegenheit. Sie habe gesagt, sie sei nun 25 Jahre alt; das sei die Schallmauer, wo sie nicht mehr ans Vergnügen denken könne, sondern ihre Zukunft planen müsse; sie werde deshalb ihren neuen Bekannten heiraten, weil der sich eher für eine Ehe eigne, obwohl ich freilich wesentlich besser im Bett sei. Deshalb wollte sie noch einmal...

Seitdem sieht der junge Frohnig die Menschenkenntnis und auch überhaupt die Lebensweisheiten seines Vaters mit etwas anderen Augen.

Der 7. Himmel hat ein Loch

Подняться наверх