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Von wegen blöde Ziege!

Im Märchen »Tischlein deck dich!« der Gebrüder Grimm wird eine Ziege beschrieben, die mit den Söhnen eines Schneiders ein böses Spiel zu treiben scheint. Obwohl sie stets auf die beste Weide geführt wird, behauptet sie jeden Abend, Hunger zu haben (worauf die Söhne einer nach dem anderen aus dem Haus gejagt werden). Zu Zeiten, in denen Weideland knapp war, musste Futter vollständig verwertet werden. Und während Schafe treu und brav sämtliches Gras wie mit dem Rasenmäher gemäht abweiden, zupfen Ziegen hier ein Blättchen, da ein Kräutlein, und lassen manche Flecken gänzlich unangetastet. Das konnte den Besitzer schon einmal ärgerlich machen, weil die Tiere abends im Stall immer noch Hunger hatten, obwohl sie doch den ganzen Tag fressen durften. Ziegen sind tatsächlich sehr wählerisch, suchen die schmackhaftesten Pflanzen oder diejenigen, welche ihnen im Moment besonders gut tun. So können es ein Farn gegen Wurmbefall sein, etwas Rinde von Sträuchern zur Zufuhr von Mineralien oder besonders saftige Stauden gegen den Durst. Wo Artgenossen ihr Geschäft verrichtet haben, gehen sie schnurstracks vorbei, um sich nicht mit Parasiten zu infizieren. All dies trägt dazu bei, dass Ziegen gesund bleiben. Nur wenn der Mensch sie zwingt, wochenlang auf einer kleinen, eingezäunten Weide zu bleiben, bis der letzte Halm vertilgt ist, dann bleibt ihnen nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel oder das verschmutzte Gras zu beißen. Und selbst dann ist ihr Drang zum gesunden Futter nicht zu bremsen. Im Gegensatz zu Schafen brechen Ziegen häufiger aus, um sich auf Nachbargrundstücken mit dem Notwendigen zu versorgen. Das bringt heutzutage nicht weniger Ärger als früher, und daher ist der Ausruf »blöde Ziege« bis heute im Gebrauch.


Und wenn es Mutterliebe gibt, warum dann nicht auch alle anderen Formen? Liebe zwischen Ehepartnern etwa. Ein Großteil der Vögel lebt monogam, etliche von ihnen sogar lebenslänglich mit einem einzigen Partner. Der bussardgroße Kolkrabe ist so ein Vertreter. Er sucht sich mit seiner Partnerin ein Revier und markiert es. Ohne Störung von außen wohnen beide lebenslang (das können mehr als 20 Jahre sein) darin und bleiben sich treu. Das war auch der Grund, weshalb sich diese Vögel in Mitteleuropa so leicht ausrotten ließen. Man brauchte nur einen Partner zu schießen, da der andere dann für den Rest seines Lebens allein blieb und sich so nicht mehr vermehren konnte.

Natürlich haben Biologen für diese enge Bindung eine Erklärung parat. Monogamie ist lohnend, wenn die Aufzucht der Jungen besonders aufwendig ist und längerfristig stabile Verhältnisse erfordert. Ist es beim Menschen nicht genauso? Diese Erklärung muss kein Widerspruch zum Phänomen der Liebe sein, ganz im Gegenteil. Für jede evolutionäre Notwendigkeit hat die Natur die passenden Befehle für das Unterbewusstsein zur Hand, Gefühle, die die Individuen zur optimalen Handlung aufrufen.

Im Falle einer erforderlichen stabilen Partnerschaft heißt der passende Befehl: Liebe! Wobei es einer der freundlichsten Gebote ist, die man sich vorstellen kann.

Die Gefühle der Tiere

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