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Dumpfe Kreaturen oder fühlende Wesen?


Können Tiere glücklich sein? Glück ist schon beim Menschen schwer zu fassen, obwohl es als eines der erstrebenswertesten Güter überhaupt gilt. Nicht umsonst wird es von Gratulanten bei jedem freudigen Anlass gewünscht und ist bei den meisten Mitbürgern Lebensziel Nummer eins.

Bevor wir uns mit Trauer und Freude, Liebe und Glück beschäftigen, sollten wir uns aber dem Sammelbegriff dieser ganzen Kategorien zuwenden: den Gefühlen. Diese werden anderen Arten häufig abgesprochen, und entspräche das den Tatsachen, so könnten wir jeden Gedanken an eine sympathische Welt von Mitgeschöpfen gleich mit über Bord werfen. So gesehen, handelt es sich um die zentrale Frage dieses Buches: Haben Tiere Gefühle? Dazu müssen wir erst einmal herausfinden, was das überhaupt ist.

Rein wissenschaftlich unterscheidet man Sensibilität und Emotionen. Ersteres beschreibt das Fühlen mit den Sinnesorganen, also das Schmecken mit der Zunge, das Hören mit den Ohren, das Tasten mit den Fingern und so weiter. Das reine Fühlen wird demnach dem Körper zugeordnet. Davon getrennt gesehen werden die Emotionen, unter ihnen die bereits genannten Vertreter, allen voran das Glücklichsein. Ich persönlich halte nichts von dieser Zweiteilung. Denn sie verschleiert, dass beides in Wahrheit demselben Mechanismus zuzuweisen ist: der Steuerung des Körpers durch unsere Instinkte. Gefühle sind nämlich nichts anderes als die Sprache unseres Unterbewusstseins, eine Sprache, die ohne Schule oder langes Üben sofort und von jedem verstanden wird. Für bestimmte Situationen hat das Unterbewusstsein Handlungsanweisungen parat, die ohne Wenn und Aber zu befolgen sind: eben die Instinkte, die uns durch eindeutige Botschaften ins Bewusstsein übersetzt werden. Fassen Sie beispielsweise einmal auf eine heiße Herdplatte. Müssen Sie noch lange überlegen, ob es sinnvoll ist, Ihre Hand minutenlang brutzeln zu lassen? Nein, denn ein heftiger Schmerz durchzuckt Sie, und egal, was Ihr Verstand sagt, Sie müssen die Hand zurückziehen. Die Pein ist ein formulierter Befehl, die Finger sofort von der Platte zu nehmen, weil das Unterbewusstsein aufgrund der Hitzeeinwirkung erkennt, dass Ihre Haut ansonsten irreparabel geschädigt würde.

Etwas subtiler, aber nicht minder fordernd sind die Befehle, Nahrung aufzunehmen. Steht ein entsprechendes Angebot in Form attraktiver Lebensmittel in Reichweite, so gelingt es nur den wenigsten, standhaft zu bleiben und den eigenen Body-Mass-Index im grünen Bereich zu halten. Schließlich ist Hunger bis heute einer der Hauptauslesefaktoren der menschlichen Evolution, auch wenn wir das in der westlichen Zivilisation kaum noch bemerken. Unzählige Diätvarianten bekunden, dass der Stein der Weisen noch nicht gefunden ist und das Diktat der Instinkte auch im Bereich der Gewichtskontrolle nach wie vor gilt.

Das Befolgen dieser Befehle aus den Tiefen des zentralen Nervensystems begleitet unser ganzes Leben, ja bestimmt es möglicherweise sogar zu großen Teilen.

Da die Erforschung derartiger Prozesse erst ganz am Anfang steht, kann man noch nicht sagen, wie viel Prozent und welche Art der Entscheidungen dergestalt ablaufen. Dass zumindest ein Teil unserer Handlungen instinktgesteuert abläuft, steht jedoch außer Frage. Und weil unser wacher Verstand das nicht immer akzeptieren will, liefert er manchmal einfach eine Begründung, warum die Anweisung aus dem Unterbewusstsein in Wahrheit doch seine Entscheidung wäre. So zum Beispiel, weshalb man sich trotz gewichtsreduzierender Ernährung nun doch zwischendurch ein Stück Schokolade gönnen darf (obwohl man insgeheim weiß, dass dies kontraproduktiv ist). Der Verstand liefert hier eigentlich nur noch eine Entschuldigung für unser leicht kränkbares Ego, welches sich, dermaßen bestätigt, jederzeit als uneingeschränkter Herr der Lage fühlt.

Die Verhaltenssteuerung über Instinkte ist also selbst bei der Krone der Schöpfung, dem Menschen, etwas ganz Alltägliches. Kein Wunder, gehört er doch, biologisch gesehen, zu den Tieren, und diese greifen alle auf solche Mechanismen zurück. Nicht nur der sprichwörtliche Raubtierinstinkt, der beispielsweise bei der Flucht potenzieller Beutetiere ausgelöst wird (und im übertragenen Sinn etwa bei knallharten Geschäftsleuten vermutet wird), nein, das ganze tierische Leben ist davon geprägt. Und genau hier haben wir unser erstes Glied in der Kette der Beweise.

Noch einmal zur Zusammenfassung: Aktives Handeln kann nur durch freie Entscheidung mithilfe von intelligentem Nachdenken und daraus folgenden Entschlüssen eingeleitet werden oder aber durch Instinkte, vorprogrammierte Handlungsanweisungen des Unterbewusstseins, für die es keinerlei Abwägungen bedarf. Wenn wir den Tieren keine Intelligenz, keinen Verstand zugestehen, so muss ihr Handeln zwangsläufig rein instinktgeprägt sein. Und die Sprache des Unterbewusstseins sind nun einmal die Gefühle.

Primitiv oder anspruchsvoll?

Kommen wir zu der eingangs erwähnten Zweiteilung der Gefühle zurück: dem Fühlen im Sinne von Sensibilität und von Emotionen. Diese Zweiteilung ermöglicht der Wissenschaft eine Differenzierung in Klassen, in primitiv und anspruchsvoll.

Sie meinen, den Tieren würde seitens der Wissenschaft die niedrigere Kategorie, also lediglich die der Sensibilität, die bloßes Fühlen mit Sinnesorganen beinhaltet, zugestanden? Furcht, Glück, Freude oder Trauer als Königsdisziplinen der Gefühle blieben dem Menschen vorbehalten? Leider gefehlt! Noch nicht einmal Schmerz als eine der primitivsten Äußerungen des Unbewussten wird den Mitgeschöpfen vorbehaltlos eingeräumt. Und bevor wir auf die sonnigeren Aspekte tierischen Gefühlslebens eingehen, müssen wir uns daher dieser unangenehmen Seite zuwenden, denn zur Klärung der Frage, ob Tiere wirklich fühlen können, eignet sich Schmerz am besten.

Schmerz ist eines der ursprünglichsten Signale, welches nach neuestem Stand der Kenntnis sogar Pflanzen kennen. Wird noch nicht einmal dieses anerkannt, so spricht man den Tieren schlichtweg ihre Funktionsfähigkeit ab. Denn der Erhalt des Körpers hat oberste Priorität im Wettrennen der Evolution um die Sicherung der eigenen Gene und deren Weitergabe an die nächste Generation. Wenn etwas wehtut, so bedeutet dies nichts anderes, als dass der Organismus in Mitleidenschaft gezogen wird – sei es durch Stiche in die Haut, durch Knochenbrüche oder Verletzungen innerer Organe. Je stärker der Schmerz, desto weniger fallen andere Bedürfnisse wie etwa Hunger ins Gewicht.

Die Gefühle der Tiere

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