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Im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs wächst im Nachkriegsitalien die Nachfrage nach einer qualifizierten Schul- und Hochschulbildung. Die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Situation breiter Bevölkerungsschichten führt zu einem stärkeren Zustrom zu den höheren Schulen und den Universitäten. Der unter dem Faschismus elitär und ideologisch reduzierte Hochschulzugang wird weitestgehend liberalisiert. Die Ausdehnung der Bildungsnachfrage führte zur Gründung zahlreicher neuer Universitäten. Die Städte profitieren von den neuen Hochschulen kulturell wie wirtschaftlich und sehen in ihnen einen Zugewinn an sozialem und nationalem Prestige (10).

Guiseppe Scirelli, Sohn von Gianni Scirellis Bruder Andrea, studiert economia politica, Volkswirtschaftslehre, an der Universität in Florenz, einer der ältesten Universitäten Italiens, gegründet 1321 (11).

Nach Beendigung seines Studiums gewinnt er Anfang der 60er Jahre innerhalb des Clans immer mehr Einfluss.

Auch, weil er offen Gedanken ausspricht, die viele seiner Verwandten sich nicht auszusprechen trauen, obschon auch sie ähnlich denken.

Der Nationalsozialismus ist in Italien auch 20 Jahre nach Kriegsende durchaus noch gegenwärtig.

Guiseppe Scirelli ist ein Verfechter der Theorie von Charles Darwin. Dieser ging davon aus, dass in der Natur ein ständiger Austauschprozess herrsche. In diesem würden für das Überleben ungünstige Merkmale automatisch eliminiert (12).

Ansichten, die auch Benito Mussolini, Staatsoberhaupt Italiens während des Zweiten Weltkrieges, und sein Bruder im Geiste, der deutsche Diktator Adolf Hitler, ausgiebig propagierten.

Das Gedankengut des „Duce“ und jenes vom „Führer“ - ganz im Sinne des Emporkömmlings im Familienclan.

Guiseppe Scirelli bewundert Adolf Hitler insbesondere für seine Aktion, die den Decknamen „T4“ trägt.

Die Nazis bezeichneten es auch als Euthanasie – eine zynische Entfremdung des Wortes, das eigentlich einen leichten und schönen Tod meint.

T4 steht für die Tiergartenstraße 4 in Berlin. Hier befand sich der Hauptsitz der Aktion. Ihr Leiter war der Chef der "Kanzlei des Führers", Philipp Bouhler.

Gemeinsam mit Ärzten, Pflegern und anderen setzte er die Tötung von mehreren Tausend Kranken und Menschen mit Behinderung um.

In speziellen Kammern erwartete sie der Tod durch Vergasung oder Giftspritze (13).

Rund 200.000 Behinderte fielen im Dritten Reich dem "Euthanasie"-Programm der Nazis zum Opfer. (14)

Hitler sah sich als Beschleuniger des in der Natur ohnehin vorhandenen Ausleseprozesses, in dem sich nur die stärkere Rasse durchsetzen wird.

Ähnlich denkt Guiseppe Sicrelli. Behinderte Menschen sind ihm ein Gräuel, mehrmals stellt er deren Eingliederung in die Gesellschaft öffentlich infrage. Als er zum Kommunalpolitiker aufsteigt, plädiert er für große Behindertenheime, isoliert in ländlichen Gebieten, in denen man geistig oder körperlich behinderte Menschen unterbringen soll.

Gehandicapte Menschen in der eigenen Familie verachtet Guiseppe. Ein entfernter Cousin leidet unter dem Tourette-Syndrom. Darunter versteht man eine neuropsychiatrische Erkrankung, die sich in sogenannten Tics äußert. Tics sind spontane Bewegungen, Laute oder Wortäußerungen, die ohne den Willen des Betroffenen zustande kommen. Vergleichbar ist das mit dem Niesen oder einem Schluckauf. Tics beim Tourette-Syndrom lassen sich nur bedingt kontrollieren (15).

Guiseppe Scirelli setzt alle Hebel in Bewegung, den jungen Mann so schnell wie möglich aus dem Umfeld des Clans zu entfernen. Ein neu errichtetes Pflegeheim in der Nähe von Bergamo hat er als neues Zuhause für seinen Cousin auserkoren und arbeitet daran, ihn schnellstmöglich dort unterzubringen.

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