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04 Wie verläuft eine Corona-Erkrankung?

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Virus = ein lateinisches Wort, das die Ärzte verwenden, wenn sie sagen wollen: Wir wissen es auch nicht “

(Bob Hope, *1903, amerikanischer Komiker)

Nach so vielen Hintergrundinformationen rund um Covid19 kommen wir nun zu einer der wesentlichsten Fragen. Wenn es einen denn, aller Schutzmaßnahmen zum Trotz, doch erwischt – wie verläuft dann eine Corona-Erkrankung?

Das Wichtigste direkt am Anfang: Einen "typischen" Krankheitsverlauf gibt es nicht! So sind auch die Symptome der neuen Lungenkrankheit eher unspezifisch, vielfältig und variieren stark.

Viele Menschen spüren nur leichte Beschwerden, manche bemerken gar keine Krankheitszeichen. Daher lassen sich keine allgemeingültigen Aussagen zum „typischen“ Krankheitsverlauf machen, vielmehr erweist er sich als sehr unterschiedlich.

Am häufigsten löst die durch das Coronavirus ausgelöste Erkrankung Husten und Fieber aus. Aber auch Kurzatmigkeit, Muskel-, Gelenk- und Halsschmerzen kommen vor. Manche Menschen haben eine leichte Erkältungssymptomatik mit Frösteln und Halsschmerzen. Mitunter können Patienten auch Kopfschmerzen oder Durchfall haben.

Des Weiteren ist das Auftreten von Krankheitszeichen wie Schnupfen, eine Störung des Geruchs- und/oder Geschmackssinns, Kopf- und Gliederschmerzen sowie allgemeine Schwäche möglich.

Es können also nicht nur die Atemwege, sondern auch andere Organsysteme von einer Infektion mit dem Coronavirus betroffen sein.

Etwa 13% der gemeldeten Erkrankten in Deutschland werden im Krankenhaus behandelt.

Eine Infektion kann völlig ohne Krankheitszeichen bleiben, es sind aber auch Krankheitsverläufe mit schweren Lungenentzündungen bis hin zu Lungenversagen und Tod möglich.

Zu Langzeitauswirkungen und möglichen bleibenden Folgeschäden lassen sich aufgrund der Neuartigkeit des Krankheitsbildes noch keine zuverlässigen Aussagen treffen. Es gibt jedoch Hinweise, dass Erkrankte auch Wochen und Monate nach der akuten Erkrankung noch Krankheitszeichen aufweisen können.

Es wurden bisher verschiedene, allerdings eher selten auftretende Komplikationen und Folgeerkrankungen im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung beobachtet.

Erkrankungen der Atemwege: Das Coronavirus SARS-CoV-2 verursacht sehr häufig Infektionen der Atemwege. Daraus kann sich eine Lungenentzündung entwickeln, die meist in der zweiten Krankheitswoche auftritt und die bis zum Versagen der Atem- und Kreislauffunktion fortschreiten kann.

Erkrankungen des Nervensystems: Als neurologische Krankheitszeichen werden Kopfschmerzen, Schwindel und andere Beeinträchtigungen beschrieben, die vermuten lassen, dass das Virus auch das Nervensystem befallen kann. In einzelnen Fällen werden auch entzündliche Erkrankungen des Nervensystems, des Gehirns oder der Hirnhaut beobachtet, die möglicherweise mit der SARS-CoV-2-Infektion in Zusammenhang standen.

Magen-Darm-Beschwerden: Eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann auch mit Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfällen und Leberfunktionsstörungen einhergehen.

Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems: Bei einem Teil der Erkrankten ließ sich eine Mitbeteiligung des Herzens nachweisen. Vor allem bei schweren Infektionen der Atemwege kann es zu Schädigungen und Entzündungen des Herzmuskels, Herzschwäche, Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen kommen. Bei schwerem Verlauf von Covid-19 besteht aufgrund einer krankhaft vermehrten Blutgerinnung zudem ein erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel (Embolien) in den unteren Extremitäten, in der Lunge sowie im Gehirn.

Nierenerkrankungen: Insbesondere bei schwer an Corona erkrankten Personen, die beatmet werden müssen, kann ein akutes Nierenversagen auftreten, was eine Dialyse erforderlich machen kann.

Erkrankungen der Haut: An der Haut kann es unter anderem zu juckenden Ausschlägen, Bläschen, Knötchen und Rötungen kommen. In seltenen Fällen sind schwere Durchblutungsstörungen in den Körperspitzen wie Nase, Kinn, Finger oder Zehen beschrieben.

PIMS: Mehrere Länder berichten von Fällen eines sogenannten Pädiatrischen Inflammatorischen Multisystemischen Syndroms (PIMS) - einer Entzündungskrankheit mit Fieber, Magen-Darm-Beschwerden und Herzproblemen - in Kombination mit einem Schocksyndrom (toxic shock syndrome, TSS), bei dem unter anderem ein Blutdruckabfall hinzukommt.

Schwere Entzündungsreaktion: Einige schwer Erkrankte entwickeln acht bis 15 Tage nach Erkrankungsbeginn eine Verschlechterung ihres Krankheitszustandes infolge schwerer Entzündungsreaktionen (Hyperinflammations-syndrom). Dabei können mehrere Organe versagen; viele der Betroffenen versterben (15).

Die Schleimhäute von Mund und Nase sind das Einfallstor für das neuartige Coronavirus. Es vermehrt sich zunächst in Nase und Rachen. Darum ist es auch ansteckender als sein Verwandter SARS-CoV, weil es sich aus Nase und Rachen leichter verbreiten kann (16).

Die Inkubationszeit, das heißt die Dauer von der Ansteckung bis zum Beginn der Erkrankung, beträgt beim Coronavirus SARS-CoV-2 im Mittel fünf bis sechs Tage. In verschiedenen Studien wurde berechnet, dass bei 95% der Infizierten, die Krankheitszeichen entwickelten, diese spätestens nach 10 bis 14 Tagen aufgetreten waren. Und: Jeder Infizierte kann Überträger sein und das Virus an die Risikogruppe weitergeben. An die Menschen also, die ein deutlich höheres Risiko haben, schwer zu erkranken und eventuell sogar zu sterben.

Nach Angaben der WHO nehmen rund 80% der Fälle einen milden Verlauf. Knapp 14% der Betroffenen entwickeln schwere Symptome wie Atemnot, nur knapp 5% lebens-bedrohliche Auswirkungen wie Atemstillstand, septischen Schock oder Multiorganversagen.

Schwere Verläufe sind also eher selten. Sie können jedoch auch bei Personen ohne bekannte Vorerkrankung und bei jüngeren Menschen auftreten. Bei folgenden Personen- gruppen werden schwere Krankheitsverläufe häufiger beobachtet:

 ältere Personen (stetig steigendes Risiko für schwere Verlauf ab etwa 50 bis 60)

 Raucherinnen und Raucher (schwache wissenschaftliche Datenlage)

 Menschen mit sehr starkem Übergewicht.

 Personen mit bestimmten Vorerkrankungen:Besonders gefährdet sind Personen mit chronischen Atemwegserkrankungen, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie einer koronaren Herzerkrankung oder erhöhtem Blutdruck, chronischen Lungenerkrankungen wie COPD, Diabetes, chronischen Nieren- und Lebererkrankungen, Krebspatienten und solche, deren Immunsystem durch eine Therapie geschwächt ist. Bei diesen Personen kann Covid-19 einen lebensbedrohenden Verlauf nehmen. Schätzungsweise 22 Millionen Menschen in Deutschland haben mindestens eine relevante Vorerkrankung. Diese Personen entwickeln häufiger eine Lungenentzündung und müssen auf der Intensivstation beatmet werden.

Das Risiko wird außer von der Art der Vorerkrankung auch von deren Schweregrad und einer adäquaten therapeutischen Einstellung sowie von zusätzlichen Begleiterkrankungen und weiteren Einflussfaktoren beeinflusst (17).

Menschen mit milden Symptomen erholen sich der WHO zufolge in zwei Wochen, solche mit schweren Symptomen brauchen drei bis sieben Wochen. Es gebe zudem relativ wenige Fälle bei Kindern, ergänzt der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus. Noch sei aber unklar, warum das so sei (18).

Soviel zu den kurzfristigen Symptomen einer Infektion mit dem Corona-Virus. Wie aber sieht es mit den Langzeitfolgen aus, die, wen wundert's, mittlerweile als „Long Covid“ bezeichnet werden. Genesen, aber nicht gesund?

Nach der Genesung ist Covid-19 längst nicht überstanden. Zehn bis 20% der Patienten leiden unter Langzeitfolgen – und zwar auch jene, die einen milden Krankheitsverlauf hatten.

Auch Monate, nachdem der Sars-CoV-2 Erreger bei Patienten nachgewiesen wurde, leiden viele Erkrankte an langfristige Folgeschäden, dem sogenannten "Long Covid" - und das längst nicht nur im Bereich der Lunge.

"Die Beine vieler Patienten, die zu uns in die Klinik kommen, sind wie Wackelpudding", sagt Per Schüller, Chefarzt der Abteilungen Kardiologie und Pneumologie der Median-Klinik Flechtingen, dem rbb im November 2020.

Bei allen Patientinnen und Patienten, die in der Pneumologie behandelt werden, ist die Lunge betroffen, meistens in Form einer Gasaustauschstörung. Doch auch ausgeprägte Muskelschwächen seien eine häufige Begleiterscheinung, erklärt Schüller. "Wir haben auch Hinweise auf eine neurologische Beteiligung am Krankheitsbild unserer Patienten gesehen", sagt Schüller. Diese Patienten hätten neurologische Symptome wie ataktische Gangstörungen, Geruchs- und Geschmacksstörungen, Konzentrationsstörungen und Einschränkungen der Merkfähigkeit.

"Diese Folgen hatten wir aber auch bei jüngeren Patienten", betont Schüller. Ebenfalls falle auf, dass neurologische Folgen nicht von der Schwere der Covid-Erkrankung abhängen. Auch bei milden Krankheitsverläufen könne es neurologische Begleiterkrankungen geben.

Schon länger häufen sich Berichte, dass Covid-19-Patienten einen Verlust ihres Geruchssinns erleiden. Dieser kann wochenlang andauern - und ist auch ein Hinweis darauf, dass das Virus das Nervensystem angreift. Ob hinter dem Verlust des Geruchssinns auch schwerwiegendere Folgen für das Gehirn liegen, ist noch nicht abschließend geklärt.

Manche Betroffene mit leichten Verläufen leiden noch Monate nach einer Covid-19-Erkrankung an anhaltender Erschöpfung und Müdigkeit, Atembeschwerden und Konzentrationsschwäche.

Laut einer Studie des St.James's Hospitals in Dublin vom November 2020 leiden rund 52% der Befragten auch zehn Wochen nach ihrer Genesung noch unter Müdigkeit und Konzentrationsschwäche – ganz unabhängig von der Schwere der Corona-Erkrankung. Ähnliche Erkenntnisse gewinnt man bereits im Juli des Jahres. 87% der 143 genesenen Patienten eines Krankenhauses in Italien leiden noch zwei Monate nach ihrer Behandlung unter Müdigkeit.

Studienergebnisse wie diese haben auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) alarmiert. "Für eine bedeutende Zahl von Menschen hat dieses Virus eine Reihe ernsthafter Langzeitfolgen", sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus im Oktober 2020. Berichte über anhaltende Komplikationen nach Covid-19 gebe es von Krankenhauspatienten ebenso wie von daheim behandelten, jungen sowie alten Menschen. "Besonders besorgniserregend ist die große Bandbreite an Symptomen, die sich im Laufe der Zeit verändern, oft überschneiden und jedes System im Körper betreffen können", sagte Tedros.

Pneumologische und neurologische Folgen sind die häufigsten Langzeitfolgen, sagt Wolfgang Galetke, Ärztlicher Direktor und Chefarzt Pneumologie der auf Covid-19 spezialisierten Rehaklinik Hagen-Ambrock. Dabei seien die neurologischen Folgen überrepräsentiert. "Bei vielen Patienten bleibt die Störung im Geruchssinn über Monate persistierend.", so Galetke im November 2020. Auch Schwindel und Gangstörungen seien bei Patienten, die keine Lungenschäden hätten, auffällig. "Auf der anderen Seite beobachten wir Lungenveränderungen bei Patienten, bei denen Geschmacksstörungen nicht im Vordergrund stehen", fügt Galetke hinzu.

Das lässt darauf schließen, dass bei Betroffenen mit einem milden Krankheitsverlauf häufig neurologische Folgen im Vordergrund stehen - bei Patienten mit schwerem Verlauf pneumologische Folgen. "Bei einigen scheint das Virus durch den ACE-Rezeptor in der Zunge und im Rachenbereich in das Nervensystem einzudringen, das Geruch und Geschmack meldet", erklärt Galetke. Bei einem Drittel der Patienten bleibe es jedoch nicht dabei, sondern das Virus könne neben Gangstörungen oder kognitiven Beeinträchtigungen beispielsweise auch Schlaganfälle hervorrufen.

Ob sich die Langzeitfolgen erfolgreich behandeln lassen, kann Galetke noch nicht sagen. Bei den Krankheiten Mers und Sars, die ebenfalls durch ein Coronavirus hervorgerufen werden, habe jedoch die Hälfte der Patienten ein halbes Jahr nach der Erkrankung immer noch unter neurologischen Folgen gelitten - aber auch unter psychischen.

Psychische Folgen beobachtet Mediziner Schüller in Flechtingen auch bei Covid-19. "Sehr viele Patienten leiden unter einer enormen Angst, das nicht noch einmal mitmachen zu müssen“ (19).

Wie sieht es nun aus mit dem schlimmstmöglichen Verlauf der Erkrankung – hat die Pandemie einen signifikanten Einfluss auf die Sterbefälle in Deutschland?

Der erste Fall des neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) wird in Deutschland am 28. Januar 2020 in Bayern registriert.

Der ersten beiden Todesfälle in Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) meldet Deutschland am 9. März 2020.

Bundesweit steigt die Zahl der Corona-Infektionen bis zum 11. Januar 2021 auf über 1,9 Millionen Fälle. 40.936 Todesopfer im Zusammenhang mit dem Virus gibt es zu beklagen.

Weltweit beläuft sich die kumulative Zahl bestätigter SARS CoV-2-Infektionen Stand 11.01.21 auf über 90,3 Millionen, die Zahl der Todesopfer im Zusammenhang mit dem Virus auf mehr als 1,9 Millionen.

Das zugrunde liegende Coronavirus hat sich mittlerweile in mehr als 190 Ländern ausgebreitet.

Derzeit werden aus den USA, Brasilien, Indien und Russland die höchsten Fallzahlen gemeldet. In Europa verzeichnen Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich die meisten Corona-Infektionen (20).

Übersterblichkeit, häufig auch als „Exzess-Mortalität“ bezeichnet, ist ein vor allem in der Epidemiologie und der Public-Health-Forschung, aber auch in der Demografie genutzter Begriff. Es handelt sich hierbei nicht um ein konkret definiertes wissenschaftliches Konzept.

Im Kontext der Covid-19-Pandemie wird der Begriff allerdings nicht angewandt, um die Mortalität zwischen Gruppen zu vergleichen, sondern um eine im Zeitverlauf auffällig erhöhte Sterblichkeit zu identifizieren und die Frage zu klären: Wie groß sind die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesamtzahlen der Sterbefälle in Deutschland im „Corona-Jahr 2020“ ? Führt Covid-19 zu einer Übersterblichkeit? Um diese Frage zu beantworten betrachten wir die Sonderauswertung der vorläufigen Sterbezahlen in Deutschland.

982.489 Menschen sind bis einschließlich der 52. Kalenderwoche 2020 in Deutschland gestorben. Das sind fast 48.100 Tote mehr als im Schnitt der Jahre 2016 bis 2019. Und es sind auch rund 27.000 mehr als 2018, im Jahr mit der schlimmsten Grippewelle seit 30 Jahren, verstorben sind. Eine erhöhte Sterblichkeit lässt sich anhand der Daten des Statistischen Bundesamtes für Ende März bis Anfang Mai, im August und ab dem letzten Oktober-Drittel feststellen. Just in diesen Zeiträumen ist, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet, auch ein Anstieg der Todesfälle zu beobachten, die mit dem Coronavirus in Zusammenhang stehen.

Dass Corona für diese Übersterblichkeit wenigstens mitverantwortlich ist, liegt auf der Hand.

Decken sich doch in der Tendenz die Befunde zur Übersterblichkeit mit den beim Robert Koch-Institut gemeldeten Daten zu Covid-19-Todesfällen.

Die saisonale Entwicklung der Sterbefallzahlen im Jahr 2020 mit einem Anstieg Ende März und Anfang April ist zudem auffällig, weil sie aufgrund der ausklingenden Grippewelle üblicherweise in dieser Jahreszeit von Woche zu Woche kontinuierlich abnehmen (21).

Das folgende Schaubild veranschaulicht die Entwicklung der Sterbefallzahlen in Deutschland anno 2020.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1104173/umfrage/todesfaelle-aufgrund-des-coronavirus-in-deutschland-nach-geschlecht/#professional

Im Zuge der zweiten Corona-Welle ist der Anteil der an Covid-19 verstorbenen Menschen an der Gesamtheit der Todesfälle deutlich niedriger als während der ersten Welle im Frühjahr. Registrierte das RKI Mitte April (KW16) noch einen Anteil von Verstorbenen von 6,98%, so liegt dieser Ende Oktober bei gerade noch 0,94%. Hier gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die Bezugsgröße die Gesamtzahl der erfassten Fälle ist und diese durch die erhöhten Testkontingente höher liegt. Doch selbst vor diesem Hintergrund liegt der Anteil der am Virus Verstorbenen niedriger als im Frühjahr. Dies könnte auch dem besseren Schutz von Risikogruppen geschuldet sein (22).

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Offensichtlich verhält es sich so, dass Covid-19 die Sterbezahlen signifikant erhöht.

Und dennoch gibt es noch immer unverbesserliche Zeitgenossen, die die Gefährlichkeit des SARS-CoV-2-Virus anzweifeln und behaupten, an und mit Corona würden angeblich ähnlich viele Menschen sterben wie im Zuge einer schweren Grippewelle. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie halten sie deshalb für überzogen.

Haben diese Menschen Recht? Oder ist die Sterblichkeit am Virus höher als jener an der Grippe? „Ja. Die ist definitiv höher. Wir haben noch nie einen solchen Anfall an so schwer erkrankten Patienten auf den Intensivstationen erlebt. Da spreche ich nicht nur für Dresden. Dass wir so viele Patienten mit schwerstem Lungenversagen auf den Stationen haben, ist für uns ein Novum, das war zu keiner Influenza-Epidemie der Fall. Das ist wirklich nicht vergleichbar“, sagt dazu Prof. Dr. Thea Koch von der Uniklinik Dresden auf Nachfrage des Senders MDR im Dezember 2020.

Die Case Fatality Rate (CFR) oder Letalitätsrate beziffert den Anteil der Personen mit einer bestimmten Erkrankung, die an eben dieser sterben. Bei der Grippewelle von 2017/2018 lag die dem RKI zufolge bei 0,5 %.

Und wie sieht es bezüglich Covid-19 aus?

Die Daten sagen: Etwa 1,8% der gemeldeten Covid-Erkrankten in Deutschland sterben. Langzeitdaten, die CFR betreffend, fehlen noch. In konkreten Fallzahlen: bei der besonders schlimmen Grippewelle in der Saison 2017/2018 gibt es laut RKI knapp 1700 laborbestätigte Todesfälle. Bei Covid-19 sind es - Stand Mitte Dezember 2020 - rund 23.500 (23).

Um diese Zahlen einzudämmen, läuft die Forschung nach Medikamenten gegen das Virus seit dessen Ausbruch und Identifizierung auf Hochtouren.

Während für zahlreiche Viruserkrankungen durch eine Impfung eine aktive Erkrankung vermieden werden kann, ist die Therapie einer einmal ausgebrochenen Viruserkrankung häufig schwierig und stellt die Medizin immer wieder vor schwierige Aufgaben, da Viren nicht wie Bakterien durch Antibiotika abgetötet werden können.

Die einzige Möglichkeit, ihrer Herr zu werden, besteht im Einsatz sogenannter Virostatika, also von Medikamenten, die eine Virusvermehrung hemmen. Die Medikamente können hierbei ein Eindringen der Viren in die Wirtszelle oder das Austreten der neuen Viren aus der Zelle verhindern, ferner in den Stoffwechsel der Wirtszellen so eingreifen, dass die Virusvermehrung benachteiligt wird.

Da die Wirkstoffe hierbei zwangsläufig in die empfindlichen Prozesse der Körperzellen eingreifen, ist das Nebenwirkungsrisiko vieler Virostatika relativ groß.

Außerdem sind die Vermehrungsstrategien der Viren auf biochemischer Ebene sehr vielfältig, sodass keine „Breitband-Virostatika“ existieren (24).

Verschiedene spezifische Therapieansätze wurden und werden im Verlauf der SARS-CoV-2-Pandemie in Studien untersucht. Dabei erwiesen sich insbesondere zwei Arzneimittel als wirksam.

Direkt gegen das Virus richtet sich Remdesivir (Veklury®), das am 03. Juli 2020 eine bedingte Zulassung durch die Europäische Kommission zur Anwendung bei schwer erkrankten Patientinnen und Patienten erhielt.

Auch Dexamethason, welches immunmodulatorisch, also über das körpereigene Abwehrsystem wirkt, erhielt eine positive Bewertung durch die Europäische Kommission für die Anwendung bei bestimmten Patientengruppen mit einer Infektion durch SARS-CoV-2. Weitere Hinweise dazu finden Sie auf den Internetseiten des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) (25).

Viel diskutiert wird in letzter Zeit auch die Frage, ob einmal erkrankte Personen eine Immunität gegen das Virus entwickeln.

Bei einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann der Körper Antikörper bilden, die in der Lage sind, das Virus zu neutralisieren und zu Immunität führen können. Antikörper sind meist ab der zweiten Woche nach Beginn der Erkrankung nachweisbar, jedoch ist dies nicht bei allen Infizierten der Fall.

Unklar ist bislang auch, wie robust und dauerhaft eine aufgebaute Immunität ist und ob Ausprägung und Dauer dabei von Mensch zu Mensch variieren.

Die Erfahrungen mit anderen Coronavirus-Erkrankungen wie SARS (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom) und MERS (Middle East Respiratory Syndrome) lassen vermuten, dass eine aufgebaute Immunität bis zu drei Jahre anhalten kann. Ob dies auch bei Covid-19 der Fall ist, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Weitere Studien sind erforderlich, um den Verlauf der Abwehrreaktionen im Körper über einen längeren Zeitraum zu beobachten.

Antikörper können im Blut mittels ELISA-Labortest (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) nachgewiesen werden. Sind Antikörper vorhanden, beweist dies, dass eine Patientin oder ein Patient eine Infektion mit SARS-CoV-2 im Körper hatte – auch wenn er dies womöglich gar nicht bemerkt hat, weil nur milde oder gar keine Krankheitszeichen aufgetreten sind.

Ob die Person dann auch dauerhaft immun ist, sich also nicht erneut anstecken und das Virus folglich nicht an andere übertragen kann, ist zurzeit nicht zufriedenstellend wissenschaftlich belegt. Allerdings mehren sich die Stimmen, dass dem nicht in jedem Fall so ist.

In Hongkong ist es ein 33-jähriger IT-Spezialist, der im April an Covid-19 erkrankt und wenig später genesen ist. Bei ihm fällt ein neuer Coronatest nach der Rückkehr aus Spanien im August positiv aus.

In den Niederlanden geht es um einen älteren Patienten mit einem schwachen Immunsystem.

In Belgien erkrankt eine nicht näher beschriebene Patientin nach drei Monaten erneut.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betont, dass es sich nach bisherigen Erkenntnissen um Einzelfälle unter 23 Millionen weltweit bekannten Fällen handelt.

"Es scheint kein gängiges Vorkommnis zu sein, sonst hätten wir mehr Fälle gesehen", sagt WHO-Sprecherin Margaret Harris im August des Jahres.

Allerdings wurde der Hongkonger Patient auch nur entdeckt, weil er im August wegen einer Reise routinemäßig getestet wurde. Er hatte keinerlei Symptome. Denkbar ist, dass auch andere Patienten sich neu infizierten, dies aber gar nicht merken.

Sind solche Neuinfektionen überraschend?

Nein, sagt die Virologin Isabella Eckerle im Interview mit Zeit Online am 26.08.2020.

"Wir wissen es von anderen respiratorischen Viren wie Erkältungsviren, dass sie unser Immunsystem immer wieder überlisten und wir uns immer wieder infizieren können."

So sieht es auch der Leiter der medizinischen Virologie der Universität Gießen, John Ziebuhr: "Es ist bekannt, dass die Immunität im Nasen- und Rachenbereich nicht besonders langlebig ist", sagt er der dpa im August 2020.

"Man darf sich nicht der Hoffnung hingeben, dass das Problem gelöst ist, wenn alle einmal durchgeimpft sind", sagt er. Man müsse sich darauf einstellen, dass das Virus dauerhaft zirkuliere (26), am ehesten vergleichbar wohl mit dem Grippevirus.

Genau darum ist es auch so eminent bedeutsam, die allseits empfohlenen Hygienemaßnahmen und Verhaltensregeln einzuhalten, um sich und andere bestmöglich vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu schützen.

Denn von effektiven, dazu zielgerichteten und nebenwirkungsarmen Medikamenten zur Bekämpfung von Covid-19 sind wir zur Mitte des Jahres 2021 leider noch ein gutes Stück entfernt.

Im Bann von covid-19

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