Читать книгу Geld, Krieg und Macht - Philippe Rogger - Страница 13

2 Der Könizer Aufstand in Bern

Оглавление

Bereits mehrere Monate vor den Pensionenunruhen machten Reden über die korrupten Praktiken verschiedener Magistrate die Runde in der Eidgenossenschaft. So seien der Solothurner Niklaus Conrad und der Luzerner Petermann Feer die grössten Bösewichte in der Eidgenossenschaft, gaben im Februar 1513 mehrere Befragte vor dem solothurnischen Rat zu Protokoll.43 Solche diffusen Verdächtigungen nahmen in Bern mit den Verstrickungen der Familie Hetzel erstmals deutlichere Konturen an – und erhielten mit Hans Rudolf Hetzel, Vogt zu Erlach, ein prominentes Gesicht. Der Sohn des Berner Altvenners Kaspar Hetzel liess sich von den Franzosen als Hauptmann anwerben und hatte heimlich 2000 Reisläufer zusammengezogen.44 Hans Rudolf unterstützte damit ausgerechnet jenen Kriegsherrn, gegen den die Eidgenossen in Mailand Krieg führten.

In Bern war die Empörung darüber gross: «Pfuch der grossen schand, die du uns hast ton!», schrieb der zutiefst verstörte Vater seinem Sohn, nachdem er erfahren hatte, dass dieser mit dem Feind kollaborierte.45 Die Vorwürfe, die der Altvenner an Hans Rudolf richtete, waren in der Tat gravierend: «Des ersten, des va(e)nlis halb, das du verkleibt hast, hat man dir bim eid boten miessig zegon; hastu brochen; demnach zu(o) unsern vigenden gezogen, ouch ufgewiglet und gelt ussgen, wer das tu(o)t, halt man fu(e)r ein schelmen». Dann ermahnte er ihn mit väterlicher Autorität: «ist dir din kopf feil, so kum har!» Hetzel verstieg sich dabei zu folgender Verwünschung: «ha(e)t si [die Mutter, PR] dich im ersten bad ertra(e)nkt!» Trotz seinem Zorn unterliess es der Altvenner nicht, sich bei seinem nunmehr «verlornen sun» zu vergewissern, dass dieser ihm doch vor seinem Aufbruch noch selbst gesagt habe, dass er nach Grandson und nicht nach Frankreich reite.46 Vor Rat und Burgern beteuerte der Altvenner eindringlich, «dass ich nu(e)t drum gewisst» und auch dass «ich mich nit um die Franzosen versehen hon verdienet.»47 Die geradezu panische Reaktion des Altvenners war nicht unberechtigt, wie sich noch herausstellen sollte.48 Dieser Fall zeigt exemplarisch, dass die Verstrickungen einzelner Akteure zwischen Politik, Geschäft und Familienbanden selbst zu Brüchen innerhalb eines Familienverbands führen konnten.

Der unerlaubte Auszug von Hans Rudolf Hetzel und die beunruhigenden Nachrichten aus Italien führten in Bern zu gewaltsamen Protesten gegen die französische Partei in den Räten, die sich kurz darauf vor den Zinnen und innerhalb der Stadt bedrohlich manifestierten. Ihren Anfang nahmen die Unruhen am 26. Juni 1513 an der Kirchweihe im nur wenige Kilometer vor Bern gelegenen Dorf Köniz.49 Dort hatten verschiedene anwesende Ratsherren die Empörung über den offenen Verrat des jungen Hetzels mit Reden über die Bestechlichkeit einzelner Ratsherren vorsätzlich angeheizt. Ein Zeuge gab in einer Kundschaft von 1520 über die Ereignisse an der Kirchweihe zu Protokoll: «wo min herren nit hinuß kommen, so wa(e)rent sÿ nie in die statt kommen, dann sÿ daruor nit ein wort, sonnders sobald min herren kommen, do fiengent sy all an zu(o)reden vnnd wisten dis von dem vnnd der von dem gellt zesagen.»50 Problematisch war ausserdem, dass an der «Chilbi» auch Reisläufer anwesend waren, die sich für einen Zug Kaiser Maximilians gegen den französischen König hatten anwerben lassen. Es ist anzunehmen, dass die Gewaltbereitschaft der Anwesenden dadurch drastisch gesteigert wurde.51

Der Berner Rat war offenbar auf mögliche Ausschreitungen anlässlich der Kirchweihe gefasst gewesen und entsandte noch an diesem Sonntagmorgen Boten in die Ämter, welche die Bestrafung (Todesstrafe) unerlaubterweise ausgezogener Reisläufer in Hetzels Auszug und ein Pensionenverbot in Aussicht stellten.52 Diese Ankündigung erreichte Köniz allerdings zu spät, um dort die erhitzten Gemüter noch beruhigen zu können. 300 Kirchweihbesucher zogen bewaffnet nach Bern, drangen – nach hastig gemachten Zusagen der Umzugsteilnehmer am Stadttor, auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten und am selben Tag die Stadt wieder zu räumen – in die Stadt ein und veranstalteten dort vor den Augen der Obrigkeit ein bedrohliches Spektakel. Der als Franzosenfreund bekannte Venner Peter Dittlinger, der vom Rat beauftragt gewesen wäre, mit den Aufständischen am Stadttor zu verhandeln, war kurzerhand geflohen. In der Stadt überfielen die Aufständischen die Häuser der «deutschen Franzosen» und «Kronenfresser». So bezeichnete später der Berner Chronist Valerius Anshelm die Empfänger französischer Pensionen unter den Ratsherren.53

Zunächst suchten die Eindringlinge das Haus des ebenfalls als «Franzosenfreund» bekannten Löwenwirts Michel Glaser auf, dem jedoch, wie Dittlinger, die Flucht gelang. Während der Plünderung seines Hauses fand er Schutz in der Freistätte des Johanniterhauses in Buchsee. Auch vor dem Haus des Altvenners Hetzel spitzte sich die Lage bedrohlich zu. Der Besitz Hetzels wurde unter den Augen seiner Ehefrau – der Altvenner selbst hielt sich zum Zeitpunkt der Ereignisse als Vermittler in den Unruhen in Solothurn auf – geplündert.54 Auffallend friedlich ging es dagegen vor dem Haus des von zahlreichen Mächten mit Pensionen ausgestatteten und einflussreichen Magistraten Wilhelm von Diesbach zu. Mit viel rhetorischem Geschick und reichlich Freiwein gelang es dem langjährigen Schultheissen, seine Haut, sein Haus und sein Mobiliar vor den Aufständischen zu retten.

Als Schultheiss Jakob von Wattenwyl und Junker Albrecht vom Stein unter Sturmgeläut die Bürger der Stadt unter dem Berner Banner an der Kreuzgasse versammelten, zeichnete sich eine Wende zugunsten der Obrigkeit ab.55 Doch anstatt zu flüchten, stellten sich auch die Eindringlinge in die Reihen der Berner Stadtbürger. Nach Meinung der Landleute gehörten sie «eben so wol darzuo, als die in der stat; si ha(e)ttid nit vermeint, dass man so(e)lte wider si die paner ufgericht und gestu(e)rmt haben […].»56 Nachdem sich die Situation beruhigt hatte und sich die Räte und Burger im Rathaus eingefunden hatten, machte die Obrigkeit den Aufständischen erste Zugeständnisse. Altschulteiss Wilhelm von Diesbach verkündete den obrigkeitlichen Beschluss, dass man bereit sei, die von den Aufständischen vorgebrachten Anschuldigungen gerichtlich zu prüfen. Bedingung sei jedoch, dass die Aufständischen die Stadt unverzüglich verlassen und von weiteren Anschlägen absehen würden. Gegen Abend räumten die Aufständischen die Stadt. An einen friedlichen Ausgang des Konflikts glaubte die Obrigkeit allerdings nicht mehr. Bern rüstete sich zum Krieg gegen seine Untertanen.

Nachdem sich die Könizer Kirchweihbesucher nach ihrem Zug in die Stadt wieder nach Köniz zurückgezogen hatten, warteten sie dort an der Nachkirchweihe auf Zuzug. Tatsächlich erhoben sich nun auch die Berner Oberländer aus Frutigen, Aeschi, Unterseen, Thun und dem Simmental und schlossen sich den bislang mehrheitlich aus den Dörfern der stadtnahen Landgerichte stammenden Aufständischen an. Die Oberländer machten sich zunächst auf den Weg nach Klein-Wabern.57 Gleichzeitig wurde Trachselwald geplündert und Brandis belagert, wobei die hitzigen Emmentaler, Burgdorfer und Wangener nur knapp von einem Weiterzug vor die Mauern Berns abgehalten werden konnten. Lediglich Hasli, Aarberg und Huttwil hielten noch zur Stadt. Die Boten von Hasli und Aarberg waren es schliesslich, die am 29. Juni von der nun unter massivem Druck stehenden Obrigkeit die Zusage erhielten, dass die obrigkeitlichen Pensionenempfänger bestraft werden und dass diese ihre von Frankreich erhaltenen Kronen umgehend an die Stadt abgeben würden. Mit diesen wenig konkreten Zusagen gaben sich die Oberländer indessen nicht zufrieden. Immerhin konnten Gesandte des Rats, unter anderem Kaspar Wyler und Stadtschreiber Niklaus Schaller, sie zu einem Umzug von Klein-Wabern nach Köniz überreden.

Die Beilegung der Unruhen fiel zunächst eidgenössischen, von der Tagsatzung nach Bern entsandten Vermittlern zu. Die Mission stand unter erheblichem Erfolgsdruck, denn die Ereignisse hatten mittlerweile auch bei den Untertanen in den benachbarten Orten Luzern und Solothurn Eindruck gemacht.58 Entsprechend entgegenkommend zeigten sich die Vermittler (aus Zürich, Luzern, Zug, Freiburg, Solothurn, Biel und La Neuveville) gegenüber den Anliegen der Untertanen. Der Preis für die schnelle Einigung war hoch, was zeigt, wie schwierig die Lage für die Berner Obrigkeit geworden war. Nachdem die Stadt bereits am 1. Juli in einem Schreiben an die Landschaft ihren Willen bekräftigt hatte, gegen den freien Reislauf und die heimlichen Pensionen konsequent vorzugehen, sah sie sich am nächsten Tag zu weiteren Konzessionen genötigt.59 Der Berner Rat bekräftigte am 2. Juli nicht nur seine Bereitschaft, die Pensionenempfänger zu bestrafen, sondern sagte den Aufständischen auch die Übernahme der angefallenen Verpflegungskosten von 2000 Pfund sowie Straffreiheit zu. Der Stadt blieb lediglich das Recht, über die angeklagten Berner selbst zu richten. Gemäss der Einschätzung von Anshelm wäre dieser materielle Schaden allein noch zu verkraften gewesen, wenn nicht «einer loblichen und bisshar unverlezten stat Bern an ir hohen achtung und herlikeit ewiger und unwiderbringlicher schad da entsprungen wa(e)re.»60

Den Höhepunkt des Aufstands bildete der Auftritt von Stadtschreiber Schaller in Köniz. Dieser musste vor die Untertanen treten und diesen die Namen all jener Personen bekanntgeben, die französisches Geld von Löwenwirt Glaser und Grossrat Niklaus Huber, den beiden Pensionenverteilern im Dienste Frankreichs, erhalten hatten. Mit der theatralisch inszenierten Verlesung der Namen der Pensionenempfänger und des Kronenbetrags, den diese jeweils erhalten hatten, wurden die Verdächtigungen zur Gewissheit. Die Fäden zwischen der bernischen Elite und dem König von Frankreich verdichteten sich vor den zuhörenden Untertanen zu einem engmaschigen Beziehungsnetz.61 Die Liste führt über 160 Pensionäre auf, darunter 17 Kleinräte. Somit haben mehr als die Hälfte der insgesamt 27 Kleinräte französische Pensionen empfangen. Am 3. Juli wurden die öffentlich denunzierten Ratsmitglieder wegen ihres fehlbaren Verhaltens abgesetzt und zur Ablieferung der französischen Gelder an die Stadtkasse verurteilt, darunter auch die Venner Peter Dittlinger, Niklaus von Graffenried, Gilian Schöni und (ein paar Tage später) Rudolf Baumgartner. Die abgesetzten Räte hatten zusätzlich mit weiteren Strafen zu rechnen.62

Ebenfalls zu den abgesetzten Amtsträgern gehörte Altvenner Kaspar Hetzel. Für ihn hatte der leichtsinnige Auszug seines Sohnes tragische Folgen: Da er als Vermittler in Solothurn weilte, legte ihm Bern in einem Schreiben vom 4. Juli dringend nahe, mit einer allfälligen Rückkehr zuzuwarten. Der «vnwill» gegen ihn sei noch zu gross, warnte die Stadt.63 Die Räte befürchteten deshalb, dass sie ihn «nitt wol möchten schirmen».64 Als in Solothurn 500 aufgebrachte Solothurner und Berner Untertanen vor der Stadt Hetzels Hinrichtung forderten, verschlechterte sich dessen Lage dramatisch. Vorerst verweigerten sich die Solothurner Obrigkeiten allerdings, «den gu(o)ten herren vf den fleyschbank» zu geben.65 Weil eine Rückkehr nach Bern zu diesem Zeitpunkt ebenfalls ausgeschlossen war, blieb Hetzel einzig die Flucht. In einer Nacht- und Nebelaktion machte er sich in Begleitung eines Stadtreiters auf den Weg Richtung Baden, wo er den Schutz der Tagsatzung zu erlangen hoffte und seine Unschuld beweisen wollte.66 Seine Flucht endete jedoch bereits im Gäu. Zwischen Solothurn und Olten fielen die beiden Reiter in die Hände aufgebrachter Zofinger, Aarauer, Aarburger und Wangener, die ihm in Olten einen improvisierten Prozess machten und ihn dabei schwer folterten. Die Intervention Berns und Solothurns wie auch die Mahnung der Tagsatzung vermochten nichts für den Berner Altvenner auszurichten.

Im Zuge des zweiten unter brutaler Folter durchgeführten Verhörs durch den Solothurner Scharfrichter gestand der Altvenner schliesslich die – bis dahin stets bestrittene – Mittäterschaft am heimlichen Aufbruch seines Sohnes nach Frankreich und wurde unmittelbar danach enthauptet.67 Auch wenn der Prozess gegen Hetzel kurz war, handelte es sich nicht, wie von der älteren Geschichtsschreibung dargestellt, um einen Gewaltexzess eines entfesselten Mobs.68 Das durchgeführte peinliche Verhör und die darauf folgende Hinrichtung entsprachen der damaligen Gerichtspraxis.69 Dennoch liefert der Fall ein erschütterndes Beispiel dafür, dass das Soldgeschäft auch für Angehörige der Eliten mit hohen Risiken verknüpft sein konnte.

Im Verlauf des Sommers bekamen noch weitere Herrschaftsträger den Zorn der Untertanen zu spüren. So wurde der Schenkenberger Vogt Hans Kuttler von einer wütenden Menge in dessen Burg oberhalb von Thalheim belagert, beraubt und gefangen.70 Geplündert wurden auch der Fischweiher und der Weinkeller von Rudolf Nägeli in Heimberg sowie die Spiezer Besitzungen von Ludwig von Diesbach, der damals als Landvogt in Neuenburg amtete.71 Inwieweit in diese gewaltsamen Aktionen neben der Sold- und Pensionenproblematik auch andere Konflikte hineinspielten, muss aufgrund der Quellenlage offen bleiben.72 Die Bedrohung des Klosters Thorberg lässt sich jedoch kaum mit den damaligen Kriegsverwicklungen erklären.73 Vom «stillen bernischen Gewissen für Eigentum und Sachwert», das Feller für die Ereignisse des 26. Juni noch ins Feld führte, war spätestens zu diesem Zeitpunkt kaum etwas übrig geblieben.74

Die Stimmung auf der Landschaft blieb angespannt und die Obrigkeit war noch immer nicht Herrin der Lage. Mitte Juli mehrten sich die Gerüchte, dass die Berner Untertanen aus dem Aargau einen weiteren Zug vor die Stadt ins Auge fassen würden.75 In Thun wurde der Berner Amtmann Ludwig von Büren von der Bevölkerung für ratsunfähig erklärt, weil er französische Pensionen erhalten hatte.76 Auch die Mahnungen der Obrigkeit an die Ämter, sich gegen die Aufständischen zu wehren, zeugen von einem nach wie vor angespannten Klima.77

Zur Beruhigung der Lage verhängte der Rat exemplarische Strafen gegen einzelne Exponenten im Geschäft mit dem Reislauf und Pensionen. Michel Glaser, der Wirt des Gasthauses Löwen, in welchem die Gelder aus Frankreich an die Ratsherren verteilt worden waren, wurde ebenso hingerichtet wie der Söldnerführer Anthoni Wyder. Pikanterweise sass mit Schultheiss Wilhelm von Diesbach jener Mann über diese zu Gericht, der selbst die grössten Summen an Pensionen empfangen hatte. Die Beteuerung von Glaser auf der Richtstätte, «er ha(e)tte nu(e)t getan, wen das in die venner und fu(e)rnemen ra(e)t geheissen ha(e)ttid», 78 verhallte ungehört. Wilhelm von Diesbach zeigte sich gegenüber dem Pensionenverteiler unerbittlich. Er ermahnte ihn harsch, «an der not gedult zehaben, dultig in Kristus namen zeliden, und nit witer, so im kein nuz, unru(o)w zemachen.»79 Erst ein paar Jahre später erfuhr der Hingerichtete eine gesellschaftliche Rehabilitation, als zu seinem Gedenken von einem bislang unbekannten Wohltäter ein Fresko (Tod und Tochter) in Niklaus Manuel Deutschs Totentanz gestiftet wurde.80 Den entscheidenden Ausgleich zwischen den Konfliktparteien brachte schliesslich der sogenannte Könizbrief. Am 28. Juli 1513 wurde unter Anwesenheit von Boten aus den bernischen Gemeinden ein 17 Punkte umfassendes Vertragswerk präsentiert.81

Die Aufstände wurden auch von den auswärtigen Mächten zur Kenntnis genommen. Der mailändische Gesandte verfolgte die Ereignisse des Sommers 1513 sehr genau und rapportierte seine Beobachtungen in kurzen Abständen an seinen Herrn.82 Die innere Schwächung der eidgenössischen Orte, die den Grossmächten nicht verborgen blieb, behinderte deren Handlungsspielraum im europäischen Mächtespiel und veranlasste die Tagsatzung deshalb zu einem strategisch geschickten Schachzug. Am 2. August erklärten die in Zürich versammelten Orte Frankreich den Krieg, wodurch der innere Konflikt geografisch ausgelagert wurde. Damit erreichten die Obrigkeiten zwei Ziele: Es gelang ihnen einerseits, ihre anti-französische Haltung gegenüber ihren unruhigen Untertanen unter Beweis zu stellen, und andererseits schafften sie es, einen grossen Teil des vorhandenen Gewaltpotenzials in den Orten aus dem Land zu führen. Mit dem Kriegszug nach Dijon dominierte die Eidgenossenschaft die europäische Mächtepolitik wie nie zuvor.83 Obwohl die Eidgenossen auch in Burgund militärisch nicht aufzuhalten waren, 84 verpassten sie es, diesen militärischen Erfolg auch politisch auszunutzen. Der mit dem Verteidiger von Dijon, Louis de La Trémoille, ausgehandelte Friede vom 13. September 1513 fiel für die Orte sehr günstig aus. Er verpflichtete Frankreich zur Bezahlung von 400 000 Kronen und garantierte den Orten ihre Ansprüche in Mailand. La Trémoille war jedoch lediglich für die Ausarbeitung des Abkommens ermächtigt, die Ratifizierung oblag allein dem König. Nach dem ungeordneten Abzug der eidgenössischen Truppen sah Ludwig XII. schliesslich keinen Grund mehr, diesen für Frankreich ungünstigen Vertrag zu ratifizieren. Am 24. Oktober 1513 lehnte der Kronrat in Corbeil unter Anwesenheit des Königs den ausgehandelten Frieden ab.85

In Bern kam es nach dem Könizerbrief nur noch zu punktuellen und lokal begrenzten Ausschreitungen.86 Ein grösserer Zwischenfall ereignete sich in Murten, als die Grasburger und Guggisberger Herrschaftsleute in das Städtchen eingefallen waren.87 Jedoch sorgten die anhaltenden Unruhen in Luzern und Solothurn dafür, dass die Lage nach wie vor angespannt blieb.88 Erst während der Friedensverhandlungen mit Frankreich 1515/16 entspannte sich die Situation so weit, dass der Berner Rat in Rücksprache mit den Ämtern damit beginnen konnte, einzelne Ratsmitglieder zu rehabilitieren. 1516 wurden die Venner Dittlinger, von Graffenried, Baumgartner und Schöni begnadigt.89 Um 1517/18 gelang auch Hans Rudolf Hetzel die Rückkehr aus der Verbannung.90

Geld, Krieg und Macht

Подняться наверх