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4 Die Unruhen in Solothurn
ОглавлениеIn Solothurn wurden im März 1513 erste Anzeichen für die Unzufriedenheit der Untertanen aktenkundig. Ein Wirt von Selzach und sein Begleiter drohten beim abendlichen Schlaftrunk auf der Pfisternzunft, man wolle «die in den langen schuben vberfallen vnnd die ouch ein wÿl anlegen vnnd wellen ein buntschu(e) vffwerffen».146 Die Ursachen für die angespannte Stimmung im Frühjahr 1513 auf der Solothurner Landschaft sind vielfältig. Zur Verschlechterung des politischen Klimas führten etwa die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Furnohandel, 147 die Verwicklung von Niklaus Conrad, Schultheiss zwischen 1494 und 1520, in einen aufsehenerregenden Bestechungsprozess, 148 die geheimen Treffen solothurnischer Ratsherren mit französischen Gesandten in städtischen Wirtshäusern149 und die illegalen Söldnerwerbungen Frankreichs auf solothurnischem Gebiet im Vorfeld von Novara.150 Solothurn nahm die Signale der Untertanen ernst und führte am 2. April bezüglich der Frage, ob man mit Frankreich Friedensverhandlungen aufnehmen solle, eine Ämteranfrage durch.151 Nach der Schlacht von Novara nahm die Anspannung jedoch erneut zu, da dringend erwartete Nachrichten über das Schlachtgeschehen ausblieben.152 Dies sorgte nicht nur wegen Gerüchten über eine vermeintliche Niederlage für Empörung, sondern verunsicherte darüber hinaus insbesondere die Leibeigenen der Stadt, weil niemand mit Sicherheit sagen konnte, «wer die sinen noch oder verloren hat».153 Diese Unsicherheit bezüglich der Identität der Toten in der Schlacht von Novara führte zu Unklarheiten darüber, für wen die Totenmessen zu lesen waren und wer den Todfall zu entrichten hatte.
Am 3. Juli 1513 erreichte Bern ein besorgtes Schreiben aus Solothurn. Bernische Untertanen hätten, so der Inhalt des Schreibens, die Stadt während der Nacht überfallen – wahrscheinlich um Kaspar Hetzel herauszufordern –, seien aber im Verlauf des nächsten Tages wieder abgezogen.154 Bern riet Solothurn deshalb, «die vwern von statt vnnd land durch ir bottschafften zu(o) vch vnnd in vwer statt ouch zu(o)beru(o)ffenn vnnd harinn mitt derselben ratt zu(o)handlenn» und wenn nötig die Angelegenheit vor die Tagsatzung zu bringen.155 Berns Rat an die solothurnische Obrigkeit, frühzeitig auf einen Ausgleich mit den Untertanen hinzuwirken und Verhandlungen aufzunehmen, blieb ohne Wirkung.156 Um eine Eskalation des Konflikts in Solothurn zu verhindern, wies die Berner Obrigkeit ihren Vogt Rudolf Senser in Wangen an, die rebellierenden Berner Untertanen von einer weiteren Besetzung Solothurns abzubringen. Doch auch diese Bemühung Berns war vergeblich.157
Inmitten dieser angespannten Lage wurde Niklaus Conrad, der derzeitige Hauptmann im Feld, verdächtigt, mit Frankreich in brieflichem Kontakt gestanden zu sein. Conrad verteidigte sich mit einem Brief aus Italien, in dem er jeglichen Kontakt zu Frankreich verneinte. Vielmehr unterstrich er seine vorbildliche Haltung in der Schlacht von Novara: «so bin ich im fordristen gelid mit min speiß gestanden»!158 Auch der Solothurner Rat wies die Verdächtigungen gegen Conrad zurück.159 Am 8. Juli 1513 verlangte die Solothurner Obrigkeit von ihren Untertanen die eidliche Zusage, «kein heimlich samlung noch antrag und geru(i)n ze haben und zetu(o)nd, und kein gelu(i)ptniß, versprechnu(i)ß, pu(i)ntniße mit einanderen zetu(o)nd, noch ze machen, so wider einen schultheissen, cleinen und grossen rate und die gantzen gemeind, gemeinlich noch sonderlich, der statt Solotrenn diesen schaden, u(i)bels und args oder ufru(o)r und widerwerttikeit bringen möcht.»160 Zudem erliess die Stadt eine Pensionenordnung nach dem Vorbild der Berner Ordnung.161 Der Ausbruch des gewaltsamen Untertanenprotests liess sich mit diesen Massnahmen jedoch nicht verhindern.162 Nachdem sich den Solothurner Aufständischen auch Berner Untertanen angeschlossen hatten, überfielen sie am 14. Juli das Landhaus des Solothurner Venners Hans Stölli in Messen im Bucheggberg und fassten für den folgenden Tag eine Ausdehnung ihrer Aktionen ins Auge, falls man sie am Ausfischen seines Weihers hindern sollte.163 Am 15. Juli kündeten die Untertanen aus den oberen Vogteien der Stadt ihre Gefolgschaft und wiesen das Pensionenverbot zurück. Sie verwiesen dabei auf den von ihnen geleisteten Treueeid vom 8. Juli («den wellent sy halten»).164 Angesichts dieser Ereignisse versammelten sich die eidgenössischen Boten in Zofingen, um zwischen Obrigkeit und Untertanen zu vermitteln.165
Am 17. Juli begannen die von den Aufständischen geforderten Prozesse gegen diejenigen Räte, die unter Verdacht standen, sich im Frühjahr heimlich mit der französischen Gesandtschaft getroffen zu haben. Die Angeklagten, Venner Hans Stölli, Seckelmeister Niklaus Ochsenbein, Spitalvogt Heinrich Gasser, Grossrat Niklaus Irmi sowie der Vogt von Falkenstein Hans Hugi, wurden für den Verlauf der Prozesse von ihren Funktionen entbunden. Zudem war es ihnen verboten, sich aus der Stadt zu entfernen, wo sie die nächsten Schritte des Verfahrens abzuwarten hatten. Der in Italien weilende Niklaus Conrad blieb von der Strafuntersuchung vorerst verschont.166 Die Untertanen verlangten eine Bestätigung ihrer alten Freiheiten und stellten weitere Forderungen, etwa die Aufhebung der Leibeigenschaft. Anschliessend versprachen sie dem Rat, ihren Protest einzustellen.167
Doch das Gegenteil traf ein: Am 3. August rückten 4000 Aufständische vor die Stadttore Solothurns, darunter auch Berner Untertanen aus dem Aargau, und verlangten Einlass. Bern rief Solothurn erneut dazu auf, umgehend Verhandlungen mit den Untertanen aufzunehmen, um «damitt inenselbs zu(e) ru(e)wen zu(e)uerhelffenn, alls wir dann mitt den vnnsernn ouch gethan habenn».168 Im Gegensatz zu den Ereignissen im Juli befanden sich nun mehrheitlich Leute aus den unteren Herrschaften – das Tractatenbuch nennt Falkenstein, Bechburg, Gösgen, Olten und Dorneck – unter den Aufständischen.169 Solothurn sah sich angesichts der militärischen Übermacht der Aufständischen dazu gezwungen, den Rat Berns zu befolgen und mit den Untertanen zu verhandeln. Nachdem sich die oberen Vogteien für die Sicherheit der Stadt verbürgt hatten, wurden 600 Delegierte für die Verhandlungen eingelassen.170 Die Gespräche zwischen der Obrigkeit und den Belagerern fanden im Baumgarten des Barfüsserklosters statt. Boten aus Bern, Freiburg, Biel und Zofingen waren ebenfalls angereist, um zwischen den Parteien zu vermitteln. Der Anführer der Aufständischen, Ulrich Straumann von Olten, liess im Vorfeld der Verhandlungen an der überlegenen Position der Untertanen keinen Zweifel: «Ir sind herrenn, wir puren sind aber meister»!171
Einen Tag nach der Besetzung, am 4. August 1513, wurden die Mitte Juli abgesetzten Räte Stölli, Ochsenbein, Irmi und Spitalvogt Gasser verhört. Dabei stand die Klärung der Frage, was mit der französischen Gesandtschaft (in Hans Kislings Haus und im Gasthaus Storchen) verhandelt worden war, im Zentrum der Untersuchung.172 Während der Verhöre wurden die Befragten schwer gefoltert. Aufgrund dieser harten Prozedur erklärten die Befragten, dass sie lieber «wellent von huß, hoff, wib und kind gan, e dz si sich wyter wellent lassen martren vnd inen die ko(e)pff abhowen».173 Nachdem am 6. August zwischen den Parteien ein Ausgleich zustande gekommen war, zogen sich die Untertanen in ihre Dörfer zurück. Der Einigungsvertrag legte das weitere Verfahren mit den Angeklagten fest und regelte Streitigkeiten im Bereich der Leibeigenschaft, der Steuern und dem Bürgerrecht. Die Gefangenen wurden, nachdem sie eine Urfehde abgelegt und Bürgen gestellt hatten, aus der Haft entlassen. Während gegen den Vogt von Falkenstein, Hans Hugi, auf ein Verfahren verzichtet wurde, 174 behielten sich die Aufständischen weitere Untersuchungen gegen die anderen Angeschuldigten, die ausserdem für amtsunfähig erklärt wurden, vor.175 Es war ihnen allerdings erlaubt, sich frei zu bewegen, und sich auf ihre Landgüter am See, vermutlich zur herbstlichen Weinernte an den Juraseen, zu begeben. Die Versuche Stöllis, Entschädigung für seinen ausgefischten Weiher und die geplünderten Vorratskammern zu erhalten, führten jedoch nicht zum Erfolg.176
Für Niklaus Conrad war eine Rückkehr nach Solothurn zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich. Während er im Ausland ausharrte, 177 liess ihn die Obrigkeit am 17. August wissen, «dz min hernn im gern wo(e)ltent helffen. So sind sy nit meister vnd dorumb mag er sich wol enthalten an siner gewarsami, biß man jetz mit der paner wider har heim komet vnnd mit den landtluten wyter mugent reden».178 Seine Rehabilitation erfolgte erst am 6. September an der Zürcher Tagsatzung.179 Im Anschluss daran verlangten Irmi, Gasser, Stölli und Ochsenbein die Herausgabe der Urfehde (20. November). Stölli und Ochsenbein forderten wenige Wochen später ihre Rückkehr in den Rat. Man vertröstete die beiden allerdings auf die Neuwahlen im nächsten Jahr, um «merer nach red vnnd vnru(o)wen» zu vermeiden.180 Niklaus Conrad gelang die Rückkehr in die Politik spätestens am 12. Oktober 1513, als er in der Funktion eines Unterhändlers an den Verhandlungen über die künftige Vogteiverwaltung, die von den Untertanen während der Unruhen beanstandet worden war, teilnahm.181 Stölli und Ochsenbein schafften die Wahl in den Rat am 24. Juni 1514 ohne vernehmbaren Widerspruch der Untertanen.182 Einzig die Tagsatzung hielt die Rückkehr Stöllis, Ochsenbeins und Conrads in die Politik für verfrüht.183
Angesichts der anhaltenden Spannungen um 1513/14 sind die Bedenken der Tagsatzung nachvollziehbar. So hatte sich der Schultheiss Daniel Babenberg im Zusammenhang mit den Dijoner Friedensverhandlungen wegen der Bestechungsvorwürfe vor der Tagsatzung zu verantworten.184 Es zirkulierte das Gerücht, dass Frankreich gemäss den Bestimmungen des Dijoner Friedensvertrages 50 000 Kronen bezahlt habe, das Geld jedoch in unbekannten Kanälen versickert sei. Diese Reden brachten die Obrigkeiten in Solothurn, Bern und Luzern erneut in Bedrängnis. Weitere Untersuchungen über den Verbleib dieser Summe wurden an der Tagsatzung Ende 1513 und im Februar 1514 angestrengt, nachdem insbesondere auf der Berner Landschaft der Verdacht geäussert wurde, dass die eidgenössischen Obrigkeiten «mitt dem Franzossen deheinen friden wellen anna(e)men», umgekehrt aber der französische König «des willens sin so(e)lle, bÿ dem abgeredten friden von Dision zu(o)beliben».185 Urheber dieser Gerüchte war gemäss den Zeugenaussagen von Hans Schindler und Thomas Lüti Jean de Baissey, Gruyer von Burgund. Nicht einig waren sich die beiden allerdings in der Frage, ob 50 000 Kronen (Schindler) oder bereits über die Hälfte der im Dijoner Vertrag zugesagten 400 000 Kronen (Lüti) ausbezahlt worden waren.186
Die Ereignisse im Umfeld des Dijonerzuges hatten in Solothurn ein längeres Nachspiel zur Folge, das hier nur kurz umrissen werden soll: Gerold Löwenstein, Kaufmann aus Solothurn und Schwager des Berner Junkers Ludwig von Erlach sowie des Berner Löwenwirts Michel Glaser, 187 befand sich 1514 auf einer Handelsreise nach Dôle, um Schweine zu kaufen.188 Am 11. Februar wurde in Bern bekannt, dass sich Löwenstein in Dijon aufgehalten hatte. Dort soll er von La Trémoille erfahren haben, dass der König den Frieden halten und den geschuldeten Sold ausrichten wolle.189 Am selben Tag erging ein Schreiben gleichen Inhalts von Bern an Solothurn. Ausserdem enthielt dieses den Hinweis, dass er dies angeblich mit «schrifften unnd schin» belegen könne.190 Eine weitere Meldung in dieser Sache erreichte Solothurn ebenfalls an diesem Samstag im Februar aus Huttwil. Der dortige Schultheiss Wilhelm Schindler informierte den Solothurner Rat über den genauen Auftrag, den Löwenstein von Frankreich erhalten haben soll: «Er so(e)lle eis tu(o)n und so(e)l illentz wider hin us ritten fu(e)r die gmeinen in der eygnoschaftt und inen semlich meinung zu(o) erkennen geben und welle ein gmein dem frantzosen ein gleitt gen, so wellen sy har uss kon und wellen mitt dem gmeinen man under ston ein friden zu(o) machen, den sy wüssen mitt den heren nütt zu(o) machen, der küng der ko(e)nni innen nitt geltz genu(o)g geben, do mitt sy zu(o) friden sigin.»191 Der Verdacht bestand also darin, dass nicht der französische König an der Missachtung des Dijoner Friedensvertrags Schuld trage, sondern dass die Geldgier der eidgenössischen Eliten die Einhaltung des Friedens behindern würde.192 Ein Brief des Herzogs von Bourbon, der an der Zürcher Tagsatzung am 16. Februar 1514 verlesen wurde, enthielt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass der König beabsichtigt hätte, den Vertrag zu halten. Bourbon verlangte lediglich Geleit, um einen neuen Frieden auszuhandeln.193 Es ist nicht eindeutig zu klären, inwiefern Frankreich an diesen Geschehnissen überhaupt Anteil hatte.194
Löwenstein setzte die Solothurner Obrigkeit über seine Begegnung in Frankreich in Kenntnis und machte sich daran, in Balsthal eine Gemeinde einzuberufen. Die Balsthaler waren jedoch skeptisch und verlangten schriftliche Nachweise. Ein Dokument, das die Aussagen Löwensteins offiziell bestätigen würde, soll sich zu diesem Zeitpunkt in Frankreich befunden haben. Löwenstein, so die spätere Aussage von Hans Gerber, Untervogt zu Falkenstein, habe es bei seinem ersten Aufenthalt in Frankreich jedoch nicht gewagt, das brisante Schreiben an sich zu nehmen. Er befürchtete, «alz er durch keysers land ryten mu(o)ste, man mo(e)cht in an ein ast hengken».195 In Begleitung von Bernhard Sässeli und Bernhard Gerber zog Löwenstein erneut nach Frankreich, worauf Sässeli mit einem Schreiben des Herzogs von Bourbon nach Solothurn zurückkehrte.196 Der Inhalt des Schreibens entpuppte sich aber als bedeutungslos. Sässeli liess das vermeintliche Beweisstück vom solothurnischen Stadtschreiber übersetzen. Es wurde schnell klar, «daz Gerolds red unnd der brieffe nit glich stünden unnd daz die erber lüte allenthalben verfürt wurdent.»197 Davon unbeirrt ritt Sässeli nach Balsthal und besprach sich mit der dortigen Gemeinde, die jedoch mit dem auf Französisch verfassten Schreiben nicht viel anzufangen wusste. Sässeli verzichtete wohlweislich darauf, die Balsthaler Untertanen über die Einschätzung des Solothurner Stadtschreibers zu informieren. Gerber aber würde, versicherte er, ebenfalls Briefe und Siegel des Königs vorlegen.198 Als dieser in der Nacht vom 6. auf den 7. März 1514 mit leeren Händen aus Frankreich nach Balsthal zurückkehrte, entsandte man Boten, um das von Gerber in Frankreich zurückgelassene Schreiben nach Balsthal zu bringen. Bern nahm die Boten jedoch in Grandson gefangen und schickte gemeinsam mit Solothurn eine Delegation nach Balsthal. Gleichzeitig liess die Tagsatzung die Balsthaler Untertanen wissen, «Gerold Löwenstein und Bernhart Sässeli wärent verlogen, verdorben lüt unnd triben verräterisch luginen».199 Man vermutete hinter der Aktivität Löwensteins und Sässelis den Versuch des Königs, illegal Söldner anzuwerben. Tatsächlich waren die Kriegsabsichten Frankreichs in der Eidgenosseschaft zu diesem Zeitpunkt bekannt.200 Die Unruhen in Solothurn erfassten zwischen März und Mai 1514 erneut auch Luzern und Bern.201 Die Tagsatzung fasste deshalb den Beschluss, Löwenstein und Sässeli unverzüglich festzunehmen.202 Nachdem sich in Lostorf (Verweigerung der Burgrechtsbeschwörung) und in Kestenholz erneut offener Widerstand formiert hatte203 und Reden über einen erneuten Zug der Untertanen bis nach Solothurn durchgedrungen waren, 204 plante Solothurn ein militärisches Vorgehen gegen die unruhigen Untertanen. Bern gelang es jedoch, die solothurnische Obrigkeit von diesem Vorhaben abzubringen.205 Am 13. Mai 1514 kam es unter Beizug der eidgenössischen Boten zu einem Ausgleich mit den aufständischen Herrschaften Falkenstein, Bechburg sowie denjenigen, die steuerlich Lostorf angehörten. Der Einigungsvertrag regelte Fragen zu Burgrecht, der Leibeigenschaft, Steuer und Allmend und legte eine Bestrafung für Straumann, Sässeli und Löwenstein fest. Unter der Bedingung, in Zukunft keine der Stadt loyal gesinnten Untertanen zu verfolgen, gingen die Anführer der Aufstände straffrei aus.206
Die Unruhen in Solothurn schwelten noch einige Zeit weiter. Dabei hatten möglicherweise auch Stadtbürger, welche die Untertanen laut Klagen des Rats etwa in Aedermannsdorf aufgewiegelt haben sollen, ihre Hand im Spiel.207 In Plombières kam es im Juni (oder Anfang Juli) 1514 zu einem Treffen, an dem unter anderem der Berner Peter Dittlinger, der Luzerner Hans Ratzenhofer, Gerold Löwenstein und ein Kalbermatter aus Basel teilnahmen.208 Über den Inhalt dieser Zusammenkunft ist jedoch fast nichts bekannt, ausser dass man sich «mitt abuertigung der post bottenn zu(o) vnnsrenn vyenndenn gan Dysionn vnnd sundrenn practikenn» befasste.209 Sässeli war an diesem Treffen nicht anwesend. Er kehrte im Juli, nachdem er noch am 1. April mit Thoman Schmid von Olten nach Frankreich gezogen war, 210 nach Balsthal zurück. Danach begab er sich, offenbar ohne weiterhin für Frankreich zu agitieren, 211 ins Elsass, wo er im September 1514 aufgegriffen wurde. Um die Jahreswende 1515/16 kam er nach einem langwierigen Prozess in Ensisheim frei.212 Peter Dittlinger wurde im Anschluss an die Zusammenkunft in Plombières von der Basler Obrigkeit verhaftet.213 In einem Schreiben Berns an Basel vom 13. Juli nahm die Stadt die Verhaftung mit Befriedigung zur Kenntnis, teilte jedoch besorgt mit, «wie dann ein annschlag vorhanndenn».214 Im Juli und August verbreitete sich das Gerücht, dass 6000 Luzerner, Berner und Solothurner sich in Liestal versammeln wollten, um den ausstehenden Dijoner Sold eigenmächtig beim französischen König einzufordern.215 Ein Zusammenhang dieser Reden mit dem Treffen in Plombières ist sehr wahrscheinlich. Der zweite Dijonerzug kam jedoch nicht zustande. Obwohl es in der Folge auf der Solothurner Landschaft verschiedentlich zu Zusammenkünften der Untertanen kam (Olten, Härkingen), 216 beruhigte sich die Lage allmählich.217 Am 7. September erfolgte die Begnadigung von Ulrich Straumann.218 Löwenstein, der für eine Aufnahme von Verhandlungen zwischen der Eidgenossenschaft und Frankreich lobbyiert hatte, fand an der Tagsatzung kein Gehör. Die eidgenössischen Boten erklärten, «dz der erberkeit in vnser löblichen Eydgnoschaft sölich verräterschen swer handlungen leid syent.»219 In einem Schreiben wandte sich Löwenstein deshalb am 17. Oktober 1514 an Schultheiss Niklaus Conrad und den Rat von Solothurn. Darin warnte er seine Heimatstadt, «das seltzam groß anschläg beschend uff ein eydtgnon».220 Nach weiteren Details bat er die «gnedigen, min frommen herren, so wyt ich do(e)rff zu(o) úwern wyßheit komen, wo(e)lt ich úch eigenlich underrichten.»221 Dann fügte er an: «Mo(e)cht etlicher sprechen: ich tätt dorumb, domit ich heim käm, ist nit, an ich wär von gantzem hertzen gern heim; dann ein gu(o)t eydtgnoß wil ich ersterben unnd in sunderheit ein gu(o)tter Soloturner.»222 Die Tagsatzung lehnte sein Geleitsersuchen jedoch vorerst ab, 223 weshalb die Rückkehr nach Solothurn erst zwei Jahre später, im August 1516, gelang.224