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7 Zusammenfassung

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Die Aufstände in Bern, Luzern, Solothurn und Zürich weisen hinsichtlich Ursachen, Verlauf und Akteure Unterschiede auf. Den Bewegungen gemeinsam war jedoch ihre Kritik am Solddienst, an den geheimen Praktiken der politischen Einflussnahme (Pensionen) und an der obrigkeitlichen Herrschaftsintensivierung.

In allen vier untersuchten Untertanenprotesten zogen tausende Aufständische vor die Zinnen ihrer Hauptstädte. Auslöser für die Unruhen bildeten jeweils Gerüchte über angebliche militärische Niederlagen, hohe Opferzahlen und geheime Pensionenzahlungen, wobei den politischen Eliten oder militärischen Führungspersonen Verrat und Bestechlichkeit vorgeworfen wurde. Insbesondere die französischen Praktiken der politischen Einflussnahme mittels Pensionen nach dem eidgenössischen Sieg in Novara vom 6. Juni 1513 und den Ereignissen im Umfeld der Schlacht von Marignano am 13./14. September 1515 hatten in den vier Städteorten für Empörung gesorgt. Die rasche Verbreitung der Gerüchte in der Eidgenossenschaft, die die zahlreichen Vergehen der politischen und militärischen Eliten zum Inhalt hatten, zeugt von gut funktionierenden Informationssystemen. Über diese Kommunikationszusammenhänge und die Kommunikationswege zwischen den Aufstandsbewegungen in den verschiedenen Orten geben die Quellen jedoch keinen Aufschluss. Briefe oder andere schriftliche Dokumente sind nicht überliefert (sofern solche überhaupt existierten). Zu vermuten ist, dass bei der Verbreitung von Gerüchten die örtlichen Wirtshäuser eine zentrale Rolle einnahmen.332 Es ist auch anzunehmen, dass die geografische Nähe der Aufstandsgebiete (v.a. Solothurn, Bern und Luzern) die Kommunikation zwischen den Untertanen begünstigte und ein teilweise koordiniertes Vorgehen der Aufrührer ermöglichte. Seit Beginn der Erhebungen lassen sich personale Verknotungen feststellen, so etwa als Solothurner Untertanen vor den Mauern Luzerns oder Berner Untertanen vor den Toren Solothurns erschienen und sich dem Protest anschlossen. Im Zusammenhang mit dem Aufstand in Solothurn lässt sich feststellen, dass sich einzelne Akteure (Sässeli, Löwenstein) zeitweilig in Frankreich aufhielten und in verschiedenen Orten (Bern, Luzern) den Protest mit Aussagen über die angeblich verräterischen Umtriebe der Obrigkeit gezielt befeuerten. Ähnliches lässt sich auch 1515 im Zusammenhang mit den Unruhen in Zürich beobachten, als der habsburgische Kaiser seinen Agenten Reichenbach in die Eidgenossenschaft entsandte. Ob es sich im Falle Sässelis und Löwensteins ebenfalls um Agenten handelte, die von einer fremden Macht beauftragt worden waren, oder ob die beiden auf eigene Faust agierten, lässt sich mit dem überlieferten Quellenmaterial nicht beantworten. Geheime Treffen, wie etwa dasjenige in Plombières, an dem unter anderem der Berner Dittlinger, der Luzerner Ratzenhofer, der Solothurner Löwenstein und der Basler Kalbermatter teilgenommen hatten, verdeutlichen jedoch, dass die ortsübergreifenden Verflechtungen der Akteure für die Widerstandsbewegungen eminent waren.

Die Anführer der Aufstände sind uns nur in Luzern (Mieschbühler und Heid) und Zürich (Schufelberger) bekannt. Lediglich im Fall von Mieschbühler lassen sich Mutmassungen über die persönliche Motivation anstellen (persönliche Feindschaft mit dem Willisauer Schultheissen). Über politische Einstellungen der Anführer, deren Haltung gegenüber dem Sold- und Pensionenwesen oder deren Beziehungen zu fremden Mächten schweigen sich die Quellen hingegen aus. Man kann sich insgesamt nur ein diffuses Bild von den Trägern der Unruhen machen. Tausende Untertanen nahmen an den Aufständen teil, wobei aber offenbar auch Stadtbürger und Angehörige der städtischen Eliten wie Heinrich Winkler in Zürich, welche die Anliegen der Untertanen offen unterstützten, eine wichtige Rolle spielten.333 Die ausgestellten Freiheitsbriefe in Bern, Luzern und Solothurn lassen indessen vermuten, dass die Verhandlungen zwischen Obrigkeiten und Untertanen nach dem anfänglichen Massenprotest mittels Boten der einzelnen Gemeinden und Ämter abgewickelt wurden. Es ist anzunehmen, dass zumindest während der Einigungsverhandlungen mit den Obrigkeiten die Vertreter der dörflichen Eliten die Verhandlungen anführten, es also letztlich die Interessen dieser ländlichen Schicht waren, die Eingang in die Einigungsvertäge fanden.334

Bemerkenswert an den Pensionenunruhen ist auch die Tatsache, dass die Untertanenproteste in keinem der Orte zum offenen Krieg führten. Anstatt die Untertanen mit kriegerischen Mitteln in die Schranken zu weisen, sahen sich die Obrigkeiten zu weitreichenden politischen Zugeständnissen gezwungen. In allen Aufstandsgebieten wurden die Unruhen mit Einigungsverträgen zwischen Obrigkeiten und Untertanen formal beigelegt. Dieser unblutige Ausgang der Konflikte verweist auf zweierlei: (1) Es wird deutlich, dass die regierende Stadt der bevölkerungsreichen Landschaft in Zeiten der Krise militärisch nichts entgegenzusetzen hatte, sofern sich die Untertanen auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten und koordiniert handelten. Eine Obrigkeit, die wie die eidgenössischen Städteorte in einem hohen Ausmass auf die steuerlichen und militärischen Kräfte ihrer Untertanen zurückgriff, war einfach unter Druck zu setzen und musste deshalb in ihrer Politik auf die «subtile Austarierung der Interessen in der alltäglichen Kommunikation der Macht bedacht sein».335 Durch erhebliche politische und rechtliche Zugeständnisse an die Aufständischen sowie durch die Bestrafung der Pensionäre in den Räten sicherten sich die städtischen Obrigkeiten ihre Herrschaft und die grundlegenden Parameter des bestehenden politischen Systems. (2) Bedeutsam für diesen friedlichen Ausgang war eine aktive Friedensdiplomatie verschiedener Akteure innerhalb der Orte und zwischen den Orten. In Bern schalteten sich etwa die Boten der unbeteiligten Ämter Hasli und Aarberg ein, um eine Einigung herbeizuführen. In Zürich war es ein Untervogt, der die Aufständischen vom Plan einer Plünderung der Stadt abbringen konnte. Die ohnmächtigen Eliten zeigten sich nicht in der Lage, aus eigener Kraft eine Konfliktlösung herbeizuführen. Hingegen zeigen die Aufstände aber auch, dass nicht nur die Aufständischen, sondern auch die in Bedrängnis geratenen Obrigkeiten ortsübergreifend agierten. Die Berner Obrigkeit intervenierte beispielweise während der solothurnischen Unruhen, indem sie Kaspar Hetzel als Vermittler nach Solothurn schickte und sich mehrmals schriftlich an den Solothurner Rat wandte, um diesem konkrete Handlungsvorschläge zur Deeskalation der Situation zu unterbreiten. Wichtig war in diesem Zusammenhang aber insbesondere die Friedensdiplomatie der Tagsatzung. Eidgenössische Boten waren in Luzern, Solothurn und Bern (Einigung vom 2. Juli 1513) als Vermittler involviert und bisweilen massgeblich an der Ausarbeitung der politischen Lösungen der Konflikte beteiligt.336

Um die Zusammenhänge zwischen Pensionen, Staat und Gesellschaft klären zu können, müssen die beteiligten Akteure und ihre Praktiken, welche für aussenstehende Zeitgenossen während der wechselvollen italienischen Feldzüge kaum mehr nachvollziehbar waren, in den Blick genommen werden. So berichtet der Luzerner Chronist Cysat im bereits weiter oben aufgeführten Zitat, Luzerner Ratsherren hätten «ein heimliche practick und verräterischen anschlag wider dieselbigen Eidtgnoßen» gemacht. «Practick» meint gemäss Groebner immer das, was man nicht sehen kann.337 Im folgenden Kapitel III soll es nach einer knappen Skizzierung der eidgenössischen Gewaltmärkte um 1500 deshalb auch darum gehen, sichtbar zu machen, was eigentlich unsichtbar bleiben sollte.

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