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Eine heimliche Praxis, eine illegale Tätigkeit3

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Ein privates Gelände, sogar ein verlassenes, ohne Genehmigung des Eigentümers zu betreten, ist ein Einbruch, der meistens folgenlos bleibt, außer im Falle von Vandalismus. Wenn die Polizei Sie vorübergehend festgenommen hat, darf der Eigentümer eine Strafanzeige wegen Verletzung von Privateigentum erstatten. Denn selbst wenn diese Orte verwahrlost sind und der Zugang nicht versperrt ist, gibt es immer einen privaten oder öffentlichen Eigentümer.

Die Urbex ist eine heimliche Aktivität, aber nicht immer völlig illegal. Denn wenn der Hausfriedensbruch auch durch das Gesetz bestraft wird, liegt das Eindringen in privates Gelände in einer rechtlichen Grauzone.


Dieses Schild ist nicht wirklich abschreckend, sondern eher lustig … Der Wächter dieser verlassenen Burg duldet keine Eindringlinge und ruft jedes Mal die Polizei, wenn er einen Fotografen entdeckt …

Das Strafmaß richtet sich nach der Art des Ortes. Einbruch oder Sachbeschädigung sind erschwerende Umstände, unter denen aus einer einfachen Personalienfeststellung ein Polizeigewahrsam mit anschließendem Verfahren werden kann. Der Hausfriedensbruch wird jedoch häufig als erschwerendes Kriterium angesehen, wenn der Ort beschädigt wird (wenn Sie beispielsweise den Zutritt mit Gewalt erzwingen). Die Strafe beträgt dann ein Jahr Gefängnis und 15.000 Euro Bußgeld gemäß § 226-4 des Strafgesetzbuches.


Sie müssen mit Sachkenntnis erkunden und verantwortungsbewusst handeln. Sie betreten tatsächlich privates Gelände von Eigentümern, die nicht geneigt sind, Sie willkommen zu heißen.

Die ehemaligen Militärstandorte, die bei den Urbex-Fotografen hoch im Kurs stehen, sind Gegenstand eigener Gesetze. Gemäß § 413-5 des Strafgesetzbuches gilt:

»Sich ohne die Genehmigung der zuständigen Behörden Zutritt zu einem Grundstück, einem Gebäude oder einer Maschine zu verschaffen, die der Militärbehörde unterstellt ist oder ihrer Aufsicht untersteht, wird mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 15.000 Euro Bußgeld bestraft.«

§ R645-2 desselben Strafgesetzbuches sieht außerdem eine zusätzliche Geldbuße oder sogar die Beschlagnahme von Material vor, wenn Bilder gemacht werden:

»Zeichnungen, Vermessungen, Bild- oder Tonaufnahmen jeglicher Art sowie des Nachrichtenverkehrs in einem von der Militärbehörde festgelegten und mit besonderen Schildern versehenen Verbotsgebiet, ohne Genehmigung dieser Behörde, werden mit einer Strafe der 5. Klasse bestraft. Diejenigen, die sich der in diesem Paragraf vorgesehenen Zuwiderhandlung schuldig gemacht haben, müssen zusätzlich mit der Beschlagnahme des Materials und der Geräte rechnen, die zur Begehung der Straftat verwendet wurden oder bestimmt waren, sowie ihrer Ergebnisse. Die Wiederholung der in diesem Paragrafen vorgesehenen Zuwiderhandlung ist gemäß § 132-11 strafbar.«

Im Jahr 2016 haben Parkour-Enthusiasten (eine Sportart, die Laufen, Springen und Klettern verbindet, um eine Folge von urbanen Hindernissen mit schnellen und geschickten Bewegungen zu überwinden) eine Beschwerde von der französischen Marine erhalten, nachdem ihre Bilder im Lokalfernsehen ausgestrahlt wurden. Die Gruppe hatte tatsächlich ein Jahr zuvor ein altes Schiff als Trainingsplatz benutzt. Bei dieser Gelegenheit erinnerte die Marine daran, dass nach jedem Eindringen in eine Militäranlage eine Strafanzeige gestellt werde und sie erinnerte gleichermaßen an die Gefahren, weil diese Schiffe nicht länger gewartet würden. Dasselbe gilt auch für die SNCF (staatliche französische Eisenbahn), die darauf hinweist, dass »das Eindringen in ein Eisenbahngelände streng verboten ist. Die Geldbuße beträgt 3.750 Euro sowie eine sechsmonatige Haftstrafe.«

An einem verbotenen Ort riskieren Sie, sogar noch vor der Ankunft der Polizei, möglicherweise eine Konfrontation mit den Eigentümern oder Wachleuten des Orte s, die im Allgemeinen wenig empfänglich für den Charme der Urbex und Ihres künstlerischen Vorhabens sind. Sie müssen oft sehr vorsichtig bei Ihren Erkundungen sein, weil die Besitzer auch Kameras oder stille Alarmanlagen installiert haben können. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass einige Wächter Hunde besitzen, die sie auf dem Gelände frei laufen lassen. Auch wenn es möglich ist, mit jemandem zu reden, sogar wenn er wütend ist, ist das Verhandeln mit einem Wachhund, der darauf trainiert ist, Eindringlinge aufzuspüren, deutlich schwieriger …


Obwohl es verlassen wirkt, kann militärisches Gebiet als Übungsgelände dienen. Auf diesem Gelände hörten wir in der Ferne Soldaten im Manöver. Wir hatten gerade noch Zeit, das Weite zu suchen!

Seien Sie beruhigt! Wachleute, die bei Übergriffen und beim Beschädigen von Kameraausrüstungen übermäßigen Eifer zeigen, sind extrem selten, obwohl es in der Vergangenheit einige Fälle in den Vereinigten Staaten und Australien gegeben hat. Die russische Entdeckerin Lana Sator hat ihrerseits wiederholt hochsensible Orte erkundet, darunter eine Raketenfabrik in der Nähe von Moskau. Sie erhielt zahlreiche »Aufforderungen«, ihre von vielen russischen und ausländischen Medien veröffentlichten Fotos nicht mehr zu zeigen. Wenn Sie einen hoch strategischen Ort erkunden, können Sie sich vor allem in Osteuropa dem Risiko erheblicher Strafen aussetzen …

Andere Entdecker, insbesondere in Detroit in den Vereinigten Staaten, mussten die bittere Erfahrung machen, von lokalen Banden ausgeraubt zu werden, die immer mehr Leute mit wertvollen Kameras um den Hals vorbeikommen sahen … Sammeln Sie so viele Informationen wie möglich und erkunden Sie das Gelände. Schätzen Sie die potenziellen Gefahren vor dem Betreten ein. Es geht vor allem darum, ein Foto zu machen, nicht darum, sich in Gefahr zu bringen.

RECHTLICHE SITUATION IN DEUTSCHLAND

Die rechtliche Situation der Urbex-Fotografie in Deutschland wird man ohne Weiteres als »heikel« bezeichnen müssen.

Strafrechtliche Verfolgung

Jedenfalls das unberechtigte Eindringen in privates Gelände ist unzweifelhaft strafrechtlich relevant. Unabhängig davon, ob ein Fotograf (oder jede andere Person) in ein Gebäude eindringt oder ein befriedetes Grundstück betritt, verwirklicht er dadurch einen Hausfriedensbruch, § 123 Abs. 1 StGB. Eine Verfolgung der Tat kommt auch hierzulande jedoch nur dann in Betracht, wenn vom Inhaber des Hausrechts ein entsprechender Strafantrag gestellt wird, § 303 Abs. 2 StGB. Wird die Tat sodann von den Ermittlungsbehörden erfolgreich verfolgt, kann sie mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden.

Ebenfalls unter Strafe steht in Deutschland das sog. »sicherheitsgefährdende Abbilden«, § 109g Abs. 1 StGB. Darunter wird das Abbilden insbesondere militärischer Einrichtungen und Anlagen verstanden. Hier droht neben einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, wobei bereits der Versuch der Tat strafbar ist, § 109g Abs. 3 StGB. Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall die konkrete Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik oder der Schlagkraft der Truppe durch die Abbildung. Für den Fall der Abbildung von militärisch genutzten Gegenständen eines Sondermunitionslagers wurde eine Strafbarkeit in der Vergangenheit bereits angenommen (LG Frankfurt, Urteil vom 8. Februar 1988, Az.: 5/23 Kls 51 Js 28466/86). Belanglose Abbildungen werden für eine Strafbarkeit jedoch nicht ausreichen.

Zivilrechtliche Ansprüche

Aus zivilrechtlicher Sicht sind die Folgen der auf fremdem Grund rechtswidrig erstellten Fotografien vielfältig. Insbesondere wird der Eigentümer oder Inhaber des Hausrechts regelmäßig ein Interesse daran haben, die Erstellung und Verbreitung der Fotografien nachträglich zu untersagen. Ob sich ein solcher Anspruch auf Unterlassung bereits aus der Beeinträchtigung des Eigentumsund Hausrechts ergibt, ist höchstrichterlich nicht abschließend geklärt und wird kontrovers diskutiert. Jedenfalls kann der Eigentümer eines Grundstücks sowohl die Herstellung als auch die Verwertung von Fotos seiner Gebäude untersagen, wenn diese von seinem Grundstück aus aufgenommen worden sind (BGH, Urteil vom 17.12.2010, Az. V ZR 44/10).

Werden durch die Fotografie (auch) urheberrechtlich geschützte Werke abgebildet, so wird sich darüber hinaus für den Urheber dieser Werke ein entsprechender Anspruch auf Unterlassung und gegebenenfalls Schadensersatz gegenüber dem verbreitenden Fotografen herleiten lassen. Ob dies auch für reine Reproduktionen gilt, ist ebenfalls noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt.

Zweifellos lässt sich jedoch sagen, dass die rechtliche Situation dieser besonderen Form der Fotografie häufig nur zufällig folgenlos für den Fotografen bleibt. Wird sein Handeln bekannt, so sieht er sich regelmäßig erfolgversprechender zivil- wie strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt.

Rechtsanwalt Dennis Tölle, der Autor dieses Abschnitts, ist Partner der Bonner Kanzlei Tölle Wagenknecht Wulff. Er ist im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts tätig, Lehrbeauftragter an der FH Südwestfalen und Mitautor u.a. des Buchs »Recht am eigenen Bild«, erschienen ebenfalls im dpunkt.verlag.

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