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1 Wie alles begann
ОглавлениеSegnet die euch fluchen.
Matthäus 5:44
n einem Punkt in meinem Berufsleben war ich auf dem Gebiet internationaler Entwicklung tätig und arbeitete im Schweizer Schulsystem mit Schülern und Lehrern. In dieser Zeit musste ich eine der schwersten Karriereentscheidungen treffen: entweder meinen Job zu behalten und eine Situation zu akzeptieren, die die grundlegendste Berufsethik verletzte – oder zu kündigen. (Später erfuhr ich, dass die Leute, die mich in diese Situation gebracht hatten, mit meiner Kündigung gerechnet hatten!)
Also kündigte ich, statt moralisches Harakiri zu begehen.
In den Wochen danach entwickelte ich gegen die Leute, die mich in diese unmögliche Situation gebracht hatten, einen tiefen, allumfassenden Groll, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Mein erster Gedanke morgens beim Aufwachen galt ihnen. Während ich duschte, die Straßen entlangging, einkaufen oder joggen ging, nahm dieser Groll von mir Besitz, er fraß mich auf, entzog mir meine ganze Energie und raubte mir meinen inneren Frieden. Ich wurde buchstäblich vergiftet. Ich wusste, dass ich mir schadete, doch trotz stundenlanger Meditationen, Gebete und spiritueller Studien blieb die Besessenheit beharrlich an mir hängen. Ich fühlte und verhielt mich wie ein absolutes Opfer!
Dann öffnete mir eines Tages ein Satz in Jesus’ Bergpredigt die Augen wie nie zuvor: »Segnet die euch fluchen« (Matthäus 5:44). Plötzlich wurde mir alles klar. Das war genau das, was ich zu tun hatte: meine früheren »Verfolger« segnen. Auf der Stelle fing ich an, sie auf jede erdenkliche Weise zu segnen: ihre Gesundheit und ihre Freude, ihre Finanzen und ihre Arbeit, ihre Familienbeziehungen und ihren Frieden, ihren Überfluss und ihre Güte. Die Möglichkeiten, wie man sie segnen konnte, waren endlos. Mit Segnen meine ich, den Leuten aus Herzenstiefe und vollkommen aufrichtig das Beste zu wünschen – ihre vollkommene Erfüllung und tiefste Glückseligkeit. Wenn sich beispielsweise ein Freund in einem Zustand tiefster Depressionen befindet, segne ich seinen Frieden, seine Freude und Ganzheit, Dinge, die mit dem materiellen Auge zwar nicht zu sehen sind, doch auf einer anderen Ebene ihres Wesens ganz präsent sind.
Das ist die wichtigste Dimension des Segnens überhaupt: die Aufrichtigkeit, die von Herzen kommt. Das ist die Kraft, die verwandelt und heilt, erhebt und wiederherstellt. Es ist das genaue Gegenteil eines stereotypen Rituals. Das spontane Segnen ist eine fließende Quelle, die wie ein Bergfluss singt und sprudelt. Es drückt den ewigen Morgen aus – in Form von Frische, Offenheit, Dankbarkeit, Inspiration, Neuheit, Erwachen, Erwartung guter Dinge, Wachsamkeit, Neuanfang, Reinheit, Schwelle, (Wieder-)geburt, Freude, Unschuld, Wunder.
Anfangs war dieser Akt des Segnens noch eine bewusste Entscheidung, die durch meinen Willen erfolgte, doch aus dem aufrichtigen spirituellen Vorhaben heraus, meine Denkweise zu heilen. Der Schlüsselfaktor war das Vorhaben. Doch allmählich verwandelten sich die Segen von einer Willenshandlung zu einer Sehnsucht des Herzens – weil die Handlung des Segnens grundsätzlich von Herzen kommt.
Ich segnete diese Leute den ganzen Tag lang – während ich mir die Zähne putzte, joggte, auf dem Weg zur Post oder zum Supermarkt, beim Geschirrabwasch und vor dem Einschlafen – einzeln und schweigend. Dieser Prozess des Segnens dauerte einige Jahre an.
Nach ein paar Monaten Segnen fing ich eines Tages ganz spontan an, Menschen auf der Straße, im Bus, auf der Post oder in einer Warteschlange zu segnen. Zu Anfang dieser wunderbaren Entdeckung ging ich manchmal durch ein ganzes Flugzeug oder von einem Zugabteil zum anderen, nur aus Freude, meine Mitreisenden segnen zu können – unwillkürlich und bedingungslos. Diese sanfte Kunst des Segnens wurde zu einem stummen Lied, zur Antriebskraft meines spirituellen Lebens, ein bisschen zum cantus firmus einer Kantate von Bach. Schritt für Schritt wurde das Segnen anderer zu einer meiner größten Lebensfreuden – und ist es heute noch, auch nach all den Jahren, in denen ich es praktiziere. Wie ich gemerkt habe, ist es eine der wirksamsten Methoden, um spirituell im Gleichgewicht zu bleiben und meine Gedanken von Negativität, Kritik und Urteil zu befreien. Als ich mehr über die spirituellen Gesetze lernte, die das Universum regeln und die wir in den folgenden Kapiteln untersuchen werden, fand ich heraus, warum Segnen diese Wirkung hat.
Von meinem früheren Arbeitgeber habe ich nie Rosen oder auch nur den kleinsten Ausdruck von Reue erhalten. Stattdessen habe ich vom Leben Rosen bekommen. Und zwar Riesensträuße.