Читать книгу Sara Z., verschwunden - Pirmin Müller - Страница 12

6. Sara

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Dominik Schmidlin blieb nicht der Einzige, der am Verschwinden Saras zugrunde ging. Auch die Ehe der Zeittlingers zerbrach an der Hoffnung, dass die Tochter eines Tages wieder vor der Tür stehen würde. An den Berichten über Marc Dutroux, dem Monster aus Belgien, und Natascha Kampusch, die ein Jahrzehnt in einem Keller gefangen gehalten worden war. Mitten in einem Wohnquartier.

Rahels Mutter bekam Temesta (ein Beruhigungsmittel) verschrieben, trank Likör und wurde von beidem abhängig. Der Vater zog zu einer Frau mit zwei Töchtern. Auch sein Leben sei begrenzt, schrie er beim Auszug. Das Warten treibe ihn in den Wahnsinn.

Im folgenden Winter wurde Mutter mit einer akuten Psychose in die Klinik eingewiesen. Rahel rief ihren Vater an und wollte ihm mitteilen, dass er sich nie mehr zu melden brauche. Es sei besser, keinen Vater zu haben als einen abwesenden.

Als sie den freundlichen Klang seiner Stimme hörte, begann sie zu schluchzen und hängte auf.

Neun Jahre nach Saras Verschwinden durchsuchte ein Wanderer namens Jost Gabathuler eine Hütte auf dem Obergrenchenberg. Er hatte sich Zutritt verschafft, um sich vor einem aufziehenden Wintersturm in Sicherheit zu bringen. Es war kalt, der Biswind jagte über die Höhen. Gabathuler suchte nach Wolldecken, damit er die Nacht überstand. Auf dem Boden eines mit Blumen bemalten Wandschranks fand er eine Plastiktüte, darin Saras Kleider. Als er bemerkte, dass es Frauenkleider waren, legte er die Tüte beiseite. Seiner Frau schrieb er eine SMS, es gehe ihm gut, er übernachte in einer gemütlichen Hütte.

Der Wind rüttelte an den Holzlatten, pfiff durch jede Ritze, Gabathuler fror und fürchtete sich vor einer Lungenentzündung. Mit dem ersten Morgenlicht stand er auf, räumte seine Sachen zusammen und verstaute sie im Rucksack. Er stand bereits in der Tür, als er innehielt, sich umdrehte und den Wandschrank anstarrte, in dem er die Plastiktüte verstaut hatte. Er öffnete den Schrank und holte die Plastiktüte hervor. Kleider einer mittelgrossen Frau, schlank, Schuhe, Unterwäsche. In der Hosentasche ein Haarband, eine Armbanduhr sowie ein leeres Portemonnaie. Im Schuh ein zusammengefaltetes Stück Papier, er öffnete es, eine Zahlenreihe war darauf gekritzelt. Er faltete das Papier wieder zusammen und steckte es zurück in den Schuh. Ein bedrohliches Gefühl, das er nicht einzuordnen vermochte, beschlich ihn. Er hatte das Bedürfnis, seine Frau anzurufen, aber der Akku seines Handys war leer.

Draussen schneite es, er ging aufs Geratewohl los, bis er auf eine Wanderwegtafel stiess. Er stapfte weiter durch den verwehten Schnee bis zu einem Ausflugsrestaurant, dessen Wirt er kannte. Dieser rief die Polizei und versorgte ihn mit Kaffee und Frühstück.

Jost Gabathuler hatte Hunger, aber keinen Appetit. Das Brot liess er stehen, ebenso den Käse.

Saras Überreste wurden am 4. Dezember 2008 unweit der Hütte gefunden. In einer unzugänglichen Nische der Kalkfelsen, geschützt von Tannen, zugedeckt mit einer dicken Schicht aus Steinen, Erde und Ästen. Anhand der Zahnstellung und eines DNA-Abgleichs wurde sie identifiziert. Der Fall Sara Zeittlinger wurde erneut aufgerollt. Als Experte für ungelöste Fälle übernahm Otto Schulze die Leitung – der Mann von Dorothea Schulze, geb. von Landenberg.

Sara Z., verschwunden

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