Читать книгу Savers - Revolution - Rabea Blue - Страница 12

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Der Tag darauf begann für David sehr früh. Ihm genügte ein kleines Schläfchen in seiner Wohnung, als er aufwachte und es draußen noch dunkel war, wollte er sich noch einmal umdrehen und weiterschlafen, doch in seinem Kopf rasten die Gedanken. Darüber, was er auf der Erde erlebt hatte. Er dachte über Nathanel und sein Verhalten den Menschen gegenüber nach. Und er überlegte, ob es eine Bedeutung haben könnte, dass gerade er die gleiche Fähigkeit wie Nathanel hatte.

»Es ist bloß ein dummer Zufall«, murmelte er vor sich hin. »Es hat nichts zu bedeuten. Ich bin nicht wie er. Und schon gar nicht wie seine dämlichen Unverstandenen.«

Ein wenig aufgeregt landete David vor der Nebelwand des Akademiegeländes. Seine Freunde konnte er nicht entdecken, doch auf der Wiese herrschte bereits reger Betrieb. Vor allem in und um den Park herum entdeckte David viele erfahrene Savers, erkennbar an den silber- und goldfarbenen Flügeln. Mit ernstem Gesichtsausdruck schlenderten sie zu zweit oder in größeren Gruppen den Kiesweg entlang und tauschten sich aus. Vor dem Vorfall auf dem Volksfest war der Park meist leer gewesen, nur hin und wieder sah man Neuankömmlinge mit ihren Mentoren dort spazieren gehen. Einjeder hatte nun erhöhten Redebedarf, das merkte man sehr deutlich. Und für diesen Austausch wurde der Akademiepark gerne genutzt.

»Hi David«, rief jemand und David zuckte zusammen. Es war Violet, die winkend auf ihn zukam. Er gab sich Mühe, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Die Standpauke seiner Schwester hatte Wirkung gezeigt. Und schließlich konnte Violet tatsächlich nichts dafür, dass Cathy im Rollstuhl saß, dass David gestorben war und nun in einer anderen Welt war. Trotzdem wäre es ihm lieber gewesen, wenn statt Violet Adrian, Adam oder sogar Louis zuerst eingetroffen wären. Sally wollte er ungern begegnen. Er glaubte, dass er das Erlebnis vom vorigen Tag ihr gegenüber nicht geheim halten konnte.

»Guten Morgen«, grüßte David freundlich und schob die Hände in die Hosentaschen, dass Violet auf keinen Fall auf die Idee kam, ihn zu umarmen, wie es mittlerweile gang und gäbe unter den Freunden war. Sie schien unsicher zu sein, seit ihrem letzten Aufeinandertreffen, das übliche Anstrahlen und die zweideutigen Anspielungen ließ sie weg.

»Und«, versuchte David, ein Gespräch zu beginnen, »was glaubst du, wollen sie uns heute mitteilen?«

Violet zuckte mit den Schultern. »Dass die Ausbildung teilweise wieder aufgenommen wird? Schließlich muss es irgendwie weitergehen. Vor allem, wenn wir irgendwann auch mal offiziell unterstützen sollen.«

David zwang sich, die leichte Anspielung auf seinen erneuten Regelverstoß auf dem Fest zu überhören – sicher war das Wort ›offiziell‹ keine Absicht von ihr gewesen. »Ich hoffe, dass sie uns den Rest der Ausbildung erlassen und nur noch eine Woche Crash-Kurs veranstalten. Wir müssen wirklich möglichst schnell bereit sein und unsere eigenen Schützlinge übernehmen.«

An der Nebelwand sah David Adam auftauchen. Suchend sah er sich um. David hob die Hand und fuchtelte hektisch durch die Luft, um Adams Aufmerksamkeit zu gewinnen. Fast zeitgleich kam Adrian an. Er und Adam sahen David im gleichen Augenblick und kamen lächelnd auf ihn und Violet zu.

»Hi Leute, schön euch wiederzusehen«, sagte David und klopfte seinen Freunden auf die Schulter. »Schwierige Zeit im Moment, oder? Auf der Sichtwiese kann man förmlich fühlen, wie sich die Savers gegenseitig misstrauen.«

Adam nickte. »Darüber habe ich mich mit meinem Mentor auch schon unterhalten. Der Rat muss aufpassen, dass die Stimmung nicht kippt.«

»Allerdings. Auch, dass immer mehr Savers Euphoria verlassen«, gab Adrian zu bedenken. »Ich persönlich hätte das ja nicht erwartet. Wie kann man sich von Nathanel und seinen paar Anhängern so einschüchtern lassen.«

Violet hob die Augenbrauen. »Und das kommt ausgerechnet von dir? Du warst doch am Anfang allein von der Existenz der Schutzengel so erschüttert, dass du hinter jeder Aktion eine Verschwörung erwartet hast.«

»Hallo?«, empörte sich Adrian. »Ich hatte gerade erfahren, dass ich gestorben war. Es kann ja nicht jeder so cool reagieren wie unsere Vorzeige-Zwillinge hier«, fügte er mit einem Augenzwinkern zu seinem Freund hinzu.

»Dafür bin ich dann später ausgerastet, als ich das erste Mal meine Familie gesehen habe. Und habe gleich darauf eine der wichtigsten Regeln gebrochen.«

»Ach, ihr seid ja schon alle da«, hörte man Sally aufgeregt aus Richtung des Akademie-Eingangs kreischen. Die vier Freunde drehten sich um und dort stand tatsächlich Davids Zwillingsschwester und strahlte sie an. Dann lief sie auf sie zu und fiel Adrian und Adam gleichzeitig um den Hals.

»Hach, ich habe euch alle so vermisst.« Dann drückte sie sich von den beiden weg und sah in die Runde. »Seit dem Vorfall mit den Dunklen Samaritern. Haben wir uns so gut wie nicht gesehen. Dabei wäre mir gerade jetzt der Austausch mit euch sehr wichtig gewesen. Die Welt in Euphoria scheint komplett aus den Fugen geraten zu sein. Dabei haben die Unverstandenen ja gar nichts aktiv gemacht, sondern nur das Retten boykottiert. Nicht auszudenken was passieren würde, wenn sie absichtlich Unfälle provozieren.«

Die Freunde nickten zustimmend. David musste sich zusammenreißen, nicht sofort mit den Neuigkeiten über Nathanel herauszuplatzen. Er war sich nicht sicher, ob das Redeverbot nur auf die Sonderfähigkeit bezüglich der Kommunikation mit Menschen bezogen war, oder auch auf die Tatsache, dass der ehemalige Älteste sich in aller Öffentlichkeit teleportierte. Doch Sally plapperte ohnehin einfach weiter.

»Ich war eben schon mal an Leopolds Statue. Gestern habe ich mich bereits kurz mit David unterhalten – es ist schade, dass unser Ur-Saver in dieser dunklen Zeit nicht bei uns ist. Auch wenn ich ihn nicht kenne, so hätten sicherlich viele ein besseres Gefühl, wenn sie wüssten, dass er unsere Aktionen überwacht. Wenn ich höre, dass einige Unverstandene in Euphoria gesichtet wurden, wird mir ganz anders.«

»Ist das wirklich passiert?«, fragte Adam ungläubig? »Ich habe das gestern auch mitbekommen.«

Sally nickte. »Das ist wohl tatsächlich wahr. Sie wollen Wachen aufstellen. Aber wenn Leopold da wäre, könnte er zumindest diesem Treiben ein Ende setzen, indem er alle Unverstandenen endgültig aus Euphoria verbannt.«

»Vielleicht bekommen wir gleich ein kurzes Update«, hoffte Adrian. »Sollen wir reingehen?«

Die anderen nickten und gemeinsam schlenderten sie zum Eingang. Auf dem Weg entdeckten sie viele ihrer Klassenkameraden. Bei jedem, den David erkannte, fiel ihm ein Stein vom Herzen, dass sie Euphoria treu geblieben waren. Er nickte freundlich.

In dem Gebäude angelangt, suchten sie sich Plätze in der ersten Reihe der Bänke, die im Foyer rund um den großen Brunnen aufgestellt waren. Da sonst noch niemand da war, hatten sie freie Platzwahl und konnten alle zusammen sitzen. Die anderen Neuankömmlinge trudelten nach und nach ein. Viele blickten ehrfürchtig zu Leopolds Statue empor oder betrachteten sich die Schnitzereien genauer.

David ließ den Blick schweifen und zählte einige Kameraden weniger, als noch vor dem Terrorakt. Als Julius und Jakob durch das Eingangsportal traten und nach vorne gingen, kehrte langsam Ruhe ein, und erwartungsvolle Blicke legten sich auf die beiden Ältesten.

Jakob erhob als Erster das Wort.

»Meine lieben Neuankömmlinge, ich danke euch, dass ihr so zahlreich erschienen seid. Es tut mir leid, dass wir eure Ausbildung pausieren mussten, doch die aktuellen Ereignisse nehmen uns voll und ganz in Beschlag und wir sind noch immer nicht mit allen Planungen und Organisationen fertig. Sogar neue Vorkommnisse, wie zum Beispiel das Auftauchen der geflüchteten Unverstandenen hier bei uns, geben uns immer neuen Stoff zur Diskussion.«

»Trotzdem«, übernahm Julius, »wollen wir euch etwas zu tun geben. Die Ausbildung werden wir an den Wochenenden wieder aufnehmen, mit wechselnden Dozenten. Trainieren könnt ihr gerne jederzeit in der Arena. Und wenn ihr Fragen habt, könnt ihr euch bei mir melden. Die Dame am Empfang im Ratsgebäude war bisher darauf gebrieft, jegliche Anfragen abzublocken, doch sie wird entsprechend informiert, dass ihr nun Vorrang habt, wenn es um Gespräche mit mir geht.«

»Und nun zu den spannenden Neuigkeiten«, fuhr Jakob mit einem Lächeln fort. »Ihr seid nun schon eine Weile in der Ausbildung und konntet eure Mentoren mit ihren Schützlingen unterstützen. Deshalb haben wir im Ältestenrat entschieden, dass ihr bereits jetzt eure eigenen Schützlinge zugeordnet bekommen werdet.«

Bei diesen Worten ging ein aufgeregtes Raunen durch die Reihen. »Wow, das ist doch klasse«, zischte Adam und ballte motiviert die Faust. »Damit können wir einen wertvollen Beitrag leisten.«

Julius erklärte weiter. »Einige von uns sind momentan fieberhaft dabei, aufgrund der Fluktuation für ausreichenden Nachschub an Neuankömmlingen zu sorgen. Aber natürlich können wir nicht beeinflussen, wie viele Menschen sterben. Und auch die Wahl muss nach wie vor sorgfältig getroffen werden, sonst haben wir bald noch mehr Probleme, wenn sich innerhalb Euphoria die schwarzen Schafe häufen. Wir werden planmäßig parallele Klassen aufziehen, oder kleinere, denen wir eine Art Crash-Kurs-Ausbildung vermitteln.«

Jakob trat einen Schritt vor. »Eine Einschränkung gibt es: Ihr werdet jeweils zu zweit einen Schützling erhalten. Julius wird euch nun die Paarungen vorlesen.«

Julius kramte in seinem Umhang und holte ein zusammengerolltes Stück Papier hervor. Er breitete es aus und las laut Namen vor. Gebannt warteten David und seine Freunde darauf, dass ihr Name genannt wurde. Sally bildete mit Adam ein Team gesteckt, David mit Louis. Adrian als auch Violet wurden Klassenkameraden zugeteilt, die sie bisher nur vom Sehen kannten. Als Julius mit der Einteilung fertig war, rollte er die Liste wieder zusammen.

»Als Abschluss dieses Tages, und sozusagen zur Wiedereingewöhnung, werdet ihr den Rest des Tages mit Gast-Dozenten in der Trainings-Arena verbringen. Bitte widmet euch dort den Stationen, bei denen eurer Meinung nach eure größten Schwächen liegen. Wenn euer Mentor beispielsweise einen Koch als Schützling hat, solltet ihr nicht unbedingt an der Station mit der Küchenzeile üben.«

Louis meldete sich still zu Wort.

Jakob deutete auf ihn und nickte. »Ja, bitte?«

»Wann lernen wir unsere Schützlinge kennen?«, wollte er wissen. Seine Frage wurde von zustimmendem Gemurmel quittiert.

Jakob wies auf Julius und dieser räusperte sich. »Wir treffen uns morgen früh direkt nach Sonnenaufgang auf der Sichtwiese. Bitte stellt euch zusammen mit der Person auf, die euer Schützling-Partner ist. Ich werde euch nach und nach zeigen, wie ihr auf dem See sichten könnt, das heißt, wie ihr ein Bild eures Schützlings aufrufen und es modifizieren könnt. Bei dem ersten Paar werde ich alle grundlegenden Funktionen zeigen, wie etwa das Zoomen, Parallel-Bilder, Express-Teleportation. Die darauffolgenden Teams können es später selbst ausprobieren.«

Savers - Revolution

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