Читать книгу Savers - Revolution - Rabea Blue - Страница 14
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»Was ist denn jetzt los?«, fragte Louis alarmiert.
»Oje, kaum sind wir auf uns gestellt, kommen wir schon nicht zurecht. Bei meinem Mentor ist so etwas nie passiert.« David wollte irgendetwas tun, ließ jedoch seine Hände unschlüssig über der Oberfläche schweben.
»Sieh mal«, wandte Louis ein und deutete zur Seite. »Die anderen scheinen auch Probleme zu haben.«
Die beiden blickten zu ihren Klassenkameraden herüber, sie alle sahen mit panisch aufgerissenen Augen auf den See, fuchtelten in der Luft herum oder redeten mit ihren Partnern. Fünf Paare neben David und Louis war Adrian mit seiner Team-Partnerin, der ebenfalls seitlich prüfte, ob noch mehr diese Störung hatten.
»Ich glaube nicht, dass es an uns Anfängern liegt«, fuhr Louis nun fort. »Sogar die erfahrenen Savers dort hinten, scheinen irritiert zu sein.«
Tatsächlich wirkten andere, bereits ausgebildete Savers verunsichert. Doch nach ein paar Sekunden hörte das Bild auf zu flackern, und alles war wie vorher. Für den Rest des Tages kam es nicht mehr vor, und niemanden störte es weiter.
David und Louis sichteten bis spät abends. Das Flackern kam nicht wieder, eingreifen mussten sie jedoch auch nicht. Timothy traf sich mit Freunden zu einem Basketball-Spiel, danach fuhr er, akkurat den Verkehrsregeln entsprechend, nach Hause, duschte und spielte an einer Videokonsole, bis es fast elf Uhr abends war.
»So, das war es für heute, oder?«, fragte David und rappelte sich auf.«
»Ich denke auch«, bestätigte Louis. »Entspannter erster Tag, würde ich sagen.«
»Allerdings. Morgen bei Timothys erstem Praktikumstag sichten wir noch gemeinsam, oder? Danach können wir uns einen Plan überlegen, dass wir nicht immer beide hier sitzen müssen.«
»So habe ich es mir auch gedacht«, sagte Louis und reckte seinen rechten Daumen in die Höhe. »Dann bis morgen!«
Sobald David in seiner Wohnung angekommen war, holte er den Sichtungsspiegel aus seinem Kleiderschrank heraus. Schon oft hatte er es bereut, dass er Simon damit nicht beobachten konnte. Doch im Zweifel wäre er sich ohnehin unsicher gewesen, ob er ihn hätte retten dürfen – die Regel besagte nach wie vor, dass keine fremden Schützlinge gerettet werden durften, also auch nicht der Schützling des Mentors.
David stellte das flache Gerät in die dafür vorgesehene Vorrichtung an seinem Schreibtisch. Kaum stand der Spiegel aufrecht, erschien ein Bild von Timothy, wie er im Bett lat. Er tippte etwas auf seinem Smartphone herum, legte es dann auf seinen Nachttisch und drehte sich zur Seite.
David warf einen kurzen Blick auf seinen Warner. Das an einen Pieper erinnernde Geräte hatte nun tatsächlich eine wichtige Aufgabe, nicht nur die, ihn pünktlich zu wecken, falls er den Sonnenaufgang verschlief.
An diesem Abend setzte er sich in den Ohrensessel in der Ecke. Es hielt den Blick auf seinen Sichtungsspiegel gerichtet und klappte im Minutentakt seinen Warner auf, bis ihm die Augen zufielen.
Am nächsten Morgen landete David an der Sichtwiese und griff sich an den Kopf. An welcher Stelle sollte er nach Louis suchen? Sie hatten nichts ausgemacht. Doch bevor er sich dazu entschloss, eine Runde um den See zu drehen, erschien sein Partner neben ihm.
»Guten Morgen.« Louis lächelte.
»Guten Morgen. Perfektes Timing, würde ich sagen.«
»Allerdings. Wo sollen wir uns hinsetzen?«
David fuchtelte mit der Hand. »Noch haben wir die freie Wahl. Es ist zum Glück nicht viel los.«
Gemeinsam suchten sie sich einen Platz an dem Sichtungssee und sofort erschien Timothys Bild. Er saß gerade, offenbar mit seinen Eltern, am Frühstückstisch. Seine Mutter schien eine sehr herzliche Frau zu sein. Sie stellte ihm eine braune Frühstücks-Tüte neben seinen Teller und gab ihm einen liebevollen Kuss auf den Kopf.
»Viel Spaß bei deinem ersten Tag im Praktikum, mein Schatz. Wir sind so stolz auf dich.«
Sein Vater, der Timothy am Frühstückstisch gegenübersaß, faltete seine Tageszeitung zusammen und sah seinen Sohn an. Auch in seinen Augen konnte man Stolz erkennen. »Das stimmt, Tim. Wir haben uns sehr gefreut, dass du dich aus freien Stücken bei PhysiHeal beworben hast, wo auch Tante Jen arbeitet. Es ist eine hervorragende Pflegeeinrichtung, du wirst es dort mögen.«
»Doch ich habe ihr gesagt, sie soll dich nicht schonen«, kicherte Timothys Mutter. »Sie hat mir versichert, dass du keine Sonderbehandlung bekommen wirst, sondern genau wie alle anderen die Patienten auf die Toiletten hieven musst.« Mit einem Augenzwinkern strich sie ihrem Sohn ein letztes Mal über die Schulter und ging dann zurück an den Herd, auf dem eine Pfanne mit Rührei vor sich hin brutzelte.
Timothy lachte. »Das soll sie auch nicht. Ich habe mich dort nicht beworben, um einen leichten Job zu bekommen. Die Arbeit interessiert mich wirklich.«
»Und dann willst du zur Army gehen?«, seufzte Mrs Dilton. Ihr Mann warf ihr einen scharfen Blick zu.
»Rita, auch das ist seine eigene Entscheidung. Wir sollten ihn zu nichts überreden.«
Abwehrend hob seine Frau die Hände. »Ich weiß, ich weiß. Aber ich will mein Baby trotzdem nicht verlieren.«
»Mum«, stöhne Timothy. »Das hatten wir doch schon. Ich habe mich intensiv informiert und möchte gerne das Erste-Hilfe-Team unterstützen. Als Vorbereitung darauf absolviere ich dieses Praktikum. Es passt alles zusammen. Und mir wird schon nichts passieren.«
»Na toll – also will er an die Front?«, stöhnte David auf. »Nicht gerade ein leichter erster Schützling, oder?«
»Aber nicht als Kämpfer«, antwortete Louis. »Vielleicht wird es gar nicht so schlimm.«
»Schatz, auch die Sanitäter bekommen immer mal wieder etwas ab. Sie sind zwar nicht bei den Kämpfen dabei, aber wenn Bomben fliegen, kann man nie wissen.« Traurig sah sie ihren Sohn an, den Topfschaber in der Hand. »Aber dein Vater hat Recht – du wirst das schon machen.«
David und Louis beobachteten, wie Timothy sein Frühstück beendete und mit seinen Eltern weiter über seine Erwartungen an das Praktikum sprach. Dann stand er auf, brachte seinen Teller weg und machte sich bereit, um das Haus zu verlassen. Währenddessen unterhielten sich David und Louis. Zu Beginn des Tages hatten beide bei ihrem Partner eine gewisse Anspannung gespürt, doch die verflog mit der Zeit mehr und mehr.
»Hast du wirklich seit dem Regelverstoß bei dem Vorfall mit deinem kleinen Bruder nicht mehr versucht zu wandeln?«, fragte Louis und warf David einen interessierten Seitenblick zu.
»Das mit meinem Bruder ist passiert, als ich unsichtbar auf der Erde war«, antwortete David. »Kurz danach versuchte ich das erste Mal zu wandeln, doch da habe ich mich viel zu auffällig verhalten. Ich bin ziellos durch die Gegend gelaufen und hätte beinahe vor meinem Elternhaus einen Blumenstrauß mit Kondolenzkarte hinterlegt.«
»Tatsächlich? Für dich selbst?« Louis hob die Augenbrauen. »Dabei hast du immer so gefasst gewirkt. Und das von Anfang an, das ist mir gleich aufgefallen.«
David nickte. »Das war wahrscheinlich mein Problem. Ich habe es einfach so weggesteckt, habe die ganze Sache gar nicht richtig verarbeitet, vielleicht sogar nicht einmal realisiert. Ich habe erfahren, dass ich gestorben bin, und was mache ich? Hey cool – es gibt Schutzengel, ich mache mit! Für einen Menschen ist es doch echt unglaublich hier: Überirdische Wesen, Leben nach dem Tod, Verwandte beobachten. Das war dann doch irgendwann zu viel für mich. Die Gefühle haben mich eingeholt und überwältigt.«
Louis blickte wieder auf den See. Timothy stieg gerade in seinen Wagen ein. Wenig später fuhr er die Auffahrt hinunter und bog auf die Straße. Seine beiden Schutzengel lehnten sich etwas nach vorne und waren nun aufmerksamer als vorher. Im Straßenverkehr musste man schnell sein. Und im Hinterkopf spukten immer wieder die Unverstandenen herum, die irgendwo lauern und Unfälle herbeiführen könnten.
Als Timothy unbeschadet bei der Einrichtung PhysiHeal ankam, parkte er, stieg aus und strich sein Hemd glatt. Er wurde von der Leiterin der Institution begrüßt und die beiden begannen, ohne große Umschweife, einen kleinen Rundgang durch das Gebäude. Der neue Praktikant wurde in verschiedenen Zimmern vorgestellt, bei Pflegerinnen, bei älteren Menschen, die dauerhaft in der Einrichtung lebten, und im Gemeinschaftsraum. David und Louis entspannten sich.
»Tja, und seit dieser Blumengeschichte war ich nicht mehr sichtbar auf der Erde gewesen«, fuhr David fort und lehnte sich zurück, bis er sich mit den Händen hinter seinem Rücken abstützen konnte. »Bis vorgestern. Da habe ich es noch einmal gewagt.«
»Und?«, hakte Louis nach. »Wie ist es gelaufen?«
»Eigentlich kann ich nicht klagen, doch ich war auch etwas abgelenkt.«
Timothys Chefin war mit ihrem Rundgang fertig und blieb vor der Eingangstür stehen.
»Für Sie haben wir eine Aufgabe, bei der Sie viel umherfahren müssen. Sie sollen eine Patientin bei ihrem Elternhaus abholen, sie zur Therapie hierherfahren oder anderweitig zu Arztterminen. Wenn die Ferien vorbei sind, fahren Sie sie in die Schule und zu anderen sozialen Veranstaltungen, zu denen sie möchte. Innerhalb Ihrer Arbeitsstunden versteht sich.«
»Darf man fragen, von was du so abgelenkt warst?«, holte Louis David aus seinen Gedanken.
David biss sich auf die Lippe und fluchte innerlich. Nicht mal einen Tag konnte er seine Fähigkeit für sich behalten. Und dann gerade gegenüber Louis, wo ihm die anderen doch so wenig trauten. Jetzt musste er irgendwie die Kurve kriegen.
Doch in dem Moment zog etwas anderes Davids Aufmerksamkeit auf sich.
»Was für ein Zufall«, hörte er die Leiterin der Pflegeeinrichtung sagen. »Da kommt unsere Patientin ja gerade.« Die Seiten der elektronischen Tür schoben sich auf und eine junge Frau wurde in einem Rollstuhl in das Foyer geschoben. Davids Augen weiteten sich und sein Herz setzte einen Schlag aus.
Louis bemerkte von alldem nichts und bohrte weiter. »Oder ist das geheim?«
Davids Gedanken rasten. Er starrte auf das Bild und konnte es nicht fassen. Die Patientin, um die sein Schützling sich kümmern sollte, war Cathy.