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EINS

Wasser

… es [gab] einst einen Himmel […] und eine Erde,

die durch das Wort Gottes aus Wasser entstand und

durch das Wasser Bestand hatte.

– 2. Petrus 3,5

Am Anfang schwebte der Geist Gottes über dem Wasser.

Das Wasser war finster und tief und überall, so sagen uns die Vorväter, ein endloses Urmeer.

Dann teilte Gott die Wasser, schob einen Teil davon hinunter, um Ozeane, Flüsse, Tautropfen und Quellen zu schaffen, und schleuderte die restlichen reißenden Ströme nach oben, wo sie hinter einem gläsernen Firmament eingeschlossen wurden, komplett ausgestattet mit Türen, die sich für den Mond öffnen, und Fenstern, durch die der Regen auf die Erde fallen kann. In der Kosmologie des antiken Nahen Ostens hing alles Leben zwischen diesen Wassern, verletzlich wie ein ungeborenes Kind im Mutterleib. Mit einem Seufzen des Geistes konnten die Wasser in und über die Erde hereinbrechen und ihre Bewohner in kürzester Zeit ertränken. Die Geschichte von der Sintflut beginnt, als „alle Quellen der gewaltigen Urflut auf[brachen] und die Schleusen des Himmels [sich] öffneten“ (1. Mose 7,11). Der Gott, der am Anfang die Wasser geteilt hatte, wollte neu anfangen, also spülte Gott die Welt weg.

Für Menschen, deren Überleben von den unergründlichen Launen des Tigris, Euphrats und Nils abhing, stellte Wasser sowohl Leben als auch Tod dar. In Ozeanen wimmelte es nur so von Monstern, renitenten Geistern und riesigen Fischen, die einen Mann am Stück verschlucken konnten. Die Flüsse waren randvoll mit wankelmütigen Möglichkeiten – sie konnten reiche Ernte bringen, den Handel vorantreiben oder austrocknen. In diese Welt hinein sprach Gott die Sprache des Wassers, verwandelte die Flüsse der Feinde in Blut, rief Quellen aus Felsen in der Wüste hervor, spielte Kuppler an Brunnen und verhieß eine Zukunft, in der das Recht strömen soll wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach. Und die Menschen erwiderten sein Reden, indem sie nach Geburt, Geschlechtsverkehr, Menstruation, Opfern, Konflikten und Fehltritten die Reinheit von Körper und Geist in rituellen Bädern suchten. „Entsündige mich mit Ysop, dann werde ich rein“, schreibt der König-Dichter David, „wasche mich, dann werde ich weißer als Schnee“ (Psalm 51,9).

Es ist naiv, anzunehmen, all diese uralten Visionen müssten wörtlich verstanden werden, um wahr zu sein. Wir wissen, wie unsere Vorfahren auch, um die Gefahr und die Notwendigkeit des Wassers. Wasser lässt uns im Mutterleib gedeihen, wo unser geistähnliches Gewebe das Fruchtwasser in sich aufnimmt und wieder ausscheidet, das unsere Lungen und Knochen und Gehirne wachsen lässt. Wasser strömt durch unseren Körper und macht unseren Planeten blau. Wasser wirbelt bei einem Tsunami Autos herum wie Blätter, Wasser, das in einem Augenblick ein Schiff verschlucken und über Äonen hinweg einen Canyon aushöhlen kann, Wasser, nach dem wir mit milliardenschwerem Gerät auf dem Mars suchen wie Affen nach Läusen, Wasser, das wir im Namen Gottes auf kahle Babyköpfe träufeln, Wasser, mit dem wir foltern und weinen, Wasser, das die unsichtbaren Krankheiten verbreitet, an denen auch heute wieder viertausend Kinder sterben werden, Wasser, das, wenn es nur ein paar Grad wärmer wird, die Erde überfluten und uns alle wegwaschen wird.

Aber so wie Wasser Moses auf dem Nil seinem Schicksal entgegentrug, so trug das Wasser auch ein anderes Baby aus dem Körper seiner Mutter heraus in eine erwartungsvolle Welt. Jetzt in Fleisch gekleidet, wurde der Gott, der einst über den Wassern schwebte, von den Händen eines unbändigen Predigers aus der Wildnis in ebenjene Wasser untergetaucht. Als Gott wieder auftauchte, sprach er von lebendigem Wasser, das den Durst für immer stillt, und davon, wiedergeboren zu werden. Er ging fischen und wusch die Füße seiner Freunde. Er berührte die, die kultisch unrein waren. Er spuckte in den Staub, schickte Dämonen in den Ozean und spazierte über ein aufgewühltes Meer. Er hatte Durst, und er weinte.

Nachdem die Regierung sich ihn von den Händen gewaschen hatte, hing Gott am Kreuz, wo Blut und Wasser aus seiner Seite flossen. Wie Jona wurde er für drei Tage verschluckt.

Dann besiegte Gott den Tod. Gott stieg aus den Tiefen empor und atmete wieder. Als er seine Freunde am Ufer traf, sagte er ihnen, sie sollten sich nicht fürchten, sondern hinausgehen und alle Welt taufen.

Der Geist, der einst über den Wassern schwebte, hat sie bewohnt. Jetzt ist jeder Tropfen heilig.

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