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Die Unbeirrbare

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Im alten Jahr hatte ich mir mit meinem Umweltanliegen von besagter Geschäftsführerin einen glatten Korb geholt. Daher dachte ich im neuen angestrengt hin und her, wie ich sie vielleicht doch noch dazu bringen könnte, in Sachen Treppenbeleuchtung Kompromissbereitschaft zu zeigen. Ich schickte ihr E-Mail auf E-Mail, und endlich, gut einen Monat und vier unbeantwortete E-Mails später, wurde ich erneut mit einem Lebenszeichen belohnt. Dieses Mal deutlich ausführlicher als zuvor:

Sehr geehrter Herr Dr. Bartelt,

zunächst bitte ich Sie um Verständnis für meine verspätete Beantwortung Ihrer Nachricht. Corona-bedingt haben wir leider in den letzten Wochen erhöhte Anforderungen und Kundennachfragen zu bewältigen, so dass ich dringende Antragsbearbeitungen vorziehen musste.

Vorausschicken möchte ich zunächst, dass ich Ihr Engagement als Bürger dieser Stadt respektiere und wertschätze. Hingegen habe ich für die stadteigene Gesellschaft einen Auftrag zu erfüllen, und der lautet: Zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zum Erhalt von Arbeitsplätzen beizutragen und auf jede Weise die Stadt als Wirtschaftsstandort voranzubringen. Dazu wird die... auch dezidiert mit entsprechenden eigenen Projektentwicklungen und Baumaßnahmen beauftragt, um Räume für wachsende Unternehmen, insbesondere Ausgründungen aus den Hochschulen, zu schaffen. In diesem Sinne wird das Gelände... seit langen Jahren vorgehalten und nunmehr seit 2014 in beschleunigtem Maße einer Bebauung zugeführt.

Ihre Kritik entzündet sich an dem an der östlichsten Bebauungskante vorhandenen beleuchteten Treppenturm, sie halten dieses Beleuchtungskonzept für 'unpassend' und haben in dieser Hinsicht Ihre frühere Wortwahl dankenswerterweise korrigiert. Gleichwohl halten Sie inhaltlich Ihre negative Beurteilung aufrecht und erwarten von Seiten der… Korrekturen.

Dieser Bitte werde ich nicht nachkommen können.

Begründung im Einzelnen:

Das Beleuchtungskonzept entspricht dem Brandschutzgutachten und Entfluchtungskonzept. Es wurde analog zu dem gleichgelagerten Projekt in Einbeck (Hotel FREIgeist/PS-Speicher) von den beauftragten Planern umgesetzt. Aus den beigefügten Aufnahmen (vgl. Anlagen 1 und 2) können Sie ersehen, dass die Lichtintensität in Einbeck noch sogar noch deutlich stärker wirkt. Der Lichtkegel des ...-Treppenhauses reicht gerade eben über den Fuß- und Radweg, der ansonsten in völliger Dunkelheit zu dieser Jahreszeit kaum sicher zu benutzen ist.

Das Gebäude... ist ein Forschungsgebäude. Hier sind insgesamt 4 Biotech-Unternehmen (...) neu untergebracht. Die Labore wurden von der... nutzerspezifisch passgenau errichtet. Die letzten Mitarbeiter beenden ihre Arbeiten gegen Mitternacht, in den Morgenstunden beginnt die erste Mitarbeiterin um 4 Uhr.

Zudem ist die Ausleuchtung des Flucht-Treppenturms wie bereits mitgeteilt, auch Bestandteil des von den Mietern in Verbindung mit ihren Versicherungen geforderten Sicherheitskonzeptes, denn es befinden sich wertvolle Geräte und Equipment in den Räumen.

In der dunklen Jahreszeit ist daher die durchgehende Beleuchtung des Treppenturms von Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang am folgenden Morgen erforderlich. Je nach Jahreszeit und Tageshelligkeit wird es sodann Anpassungen geben.

Zuletzt möchte ich noch hinweisen auf die Abstände zu der Wohnbebauung – sie betragen für das am nächsten gelegene Eck-Gebäude rechts der... Landstraße ca. 230 m und zu dem weiter nach Osten zu nächstgelegenen Gebäude ca. 240 m (siehe Anlage 3).

Im Vergleich zu der Situation in Einbeck – wovon Sie sich über Google-Maps überzeugen können – ist der Abstand zur nächstgelegenen Wohnbebauung hier... erheblich größer, in Einbeck aber trotz naher Nachbarschaft sind gleichwohl keinerlei Beschwerden aus der Anwohnerschaft bekannt geworden. Das zeugt für mich von einer hohen Identifikation mit einer als positiv empfundenen Entwicklung der Stadt.

Und abschließend: Von dem maßgeblich wachsenden Biotech-Unternehmenscluster geht nicht nur, aber ganz besonders auch in Corona-Zeiten ein wichtiges Signal aus, es ist zu dem vorrangig prägenden Unternehmenscluster neben dem Measurement Valley geworden mit rasant wachsenden Beschäftigungszahlen, die wiederum zum (wachsenden) Wohlstand der Stadtgesellschaft beitragen werden.

Aus dem allen mögen Sie schließen, dass hier keiner der Beteiligten ohne Sachverstand und drauflos eine völlig überzogene Beleuchtung eines Gebäudes ins Werk gesetzt hat. Es gibt gute Gründe und eine entsprechende fachliche Fundierung, über die Sie gern bitte auch die Mitglieder Ihres Gesprächskreises in Kenntnis setzen.

Ich wünsche sehr, dass vor diesem Hintergrund Verständnis, und wenn nicht, so doch Toleranz aufgebracht werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

...“

Perfekt — oder? Höflich, sachlich und ausgesprochen ausführlich. Vom logischen Aufbau fast vollkommen fehlerfrei. Deshalb auch bestens geeignet, mit dem bereits widerlegten Vorurteil endgültig aufzuräumen, bezogen auf logische Schlussfolgerungen wären Männer per se im Vorteil. Insbesondere dann, wenn man die zumindest teilweise missglückten Entscheidungsgründe des zuvor diskutierten Kammer-Urteils als Vergleich heranzieht.

Dennoch ein kleiner Wermutstropfen:

—> Die Logik allein macht noch kein Argument, es muss auch der Wahrheit entsprechen.

Dummerweise entspricht gerade Frau Anders' Kernaussage, der „Lichtkegel“ der reklamierten Treppenbeleuchtung würde gerade eben über den Fuß- und Radweg hinausreichen, nicht den Tatsachen. Denn der Lichtschein der Feuertreppe reicht in Wahrheit deutlich über hundert Meter in ein benachbartes, mehr oder weniger zufällig aus einer improvisierten Hochwasser-Schutzmaßnahme entstandenes Feuchtbiotop hinein. Eine Tatsache, die Frau Anders höchstwahrscheinlich nicht in eigener Person überprüft hat.

Was unserer Geschäftsführerin bedauerlicherweise ebenfalls entgangen zu sein scheint, ist, dass die von ihr als Vergleich herangezogenen Beispiele augenscheinlich mitten in einer mehr oder weniger dichten Stadtbebauung liegen, wo eine ein bisschen heller als normal strahlende Lichtquelle bei weitem nicht so viel Aufsehen zu erregen vermag, wie in einem weitläufigen Gelände alleinstehend in bis dahin tiefster Dunkelheit.

Auch deshalb entspricht Frau Anders' Annahme, Anwohner könnten durch die ungewohnte nächtliche Helligkeit in ihrer Umgebung auf keinen Fall gestört werden, nicht den Tatsachen. Von realen Schlafstörungen einer betroffenen Anwohnerin erfuhr ich erst später, doch für den Moment reichten mir entsprechende Aussagen meines „Gesprächskreises“, bei dem es sich in Wahrheit um eine schon vor Jahren gegründete Bürgerinitiative handelt, die bis zum heutigen Tag mit der öffentlichen Verwaltung und regionalen Politik bestens vernetzt ist:

Weiblich, kompetent, FÜHRUNGSKRAFT

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