Читать книгу Verschollen am Nahanni - Rainer Hamberger - Страница 11
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ОглавлениеNach neunzehn Jahren? Du hast sie wohl nicht alle!“
Sandy Foster geht erregt in seinem kleinen Büro in dem hölzernen Flugzeughangar auf und ab, seine Fäuste tief in den Hosentaschen vergraben. Dann hält er plötzlich inne und dreht sich zu Uwe Breuer um, dem die Szene ganz offensichtlich peinlich ist.
„Tut mir wirklich leid, dich enttäuschen zu müssen“, sagt Uwe mit gepresster Stimme. „Aber ich kann und will davon nicht mehr zurück.“
„Nun sag' doch mal selbst, Uwe. Du bist jetzt fast genau neunzehn Jahre bei mir, hast fast dreieinhalbtausend Stunden auf allen möglichen Buschflugzeugen geflogen, kennst das Land im Norden wie deine Westentasche und bist der verdammt beste Flugzeugmechaniker weit und breit. Du verdienst gut, und jetzt willst du partout auf Knall und Fall abhauen. Ich verstehe das einfach nicht.“
Er räuspert sich erregt und fuchtelt mit den Händen in der Luft herum.
„Überhaupt, was reizt dich denn so sehr an British Columbia? Die Berge, oder was? Kennst du denn da überhaupt einen Menschen?“
„Ja, das ist ja gerade der Grund, ich habe da jemanden kennengelernt, im letzten Jahr, als ich mit der Beaver den amerikanischen Fischer herumgeflogen habe, eine Frau.“
Man sieht ihm deutlich an, dass er nicht gerne davon spricht.
„Du hast doch sonst nicht viel mit Frauen im Sinn gehabt“, fährt es Sandy unfreiwillig heraus, beißt sich aber auf die Lippen, als er merkt, welchen doppelten Sinn seine Worte haben.
„Ich meine, du hast doch hier nie eine längere Beziehung zu einer Frau gehabt!“
„Ich weiß, du bist jetzt wütend, sonst würde ich dir die Bemerkung verdammt übelnehmen. Sandy, das ist ausschließlich meine eigene Sache!“ knurrt Uwe gekränkt.
„Entschuldige, ich habe das nicht so blöd gemeint, wie es heraus kam.“
Sandy gewinnt etwas von seiner Beherrschung zurück.
„Sag mal, Uwe, willst du dir das nicht nochmal überlegen? Wie wäre es, wenn du als mein Partner hier bliebst?“ fügt er mit einem verstohlenen Seitenblick ein wenig listig hinzu.
„Geld ist nicht mein vordringliches Problem, Sandy. Du hast Recht, ich bin nach meiner Ehescheidung vor zwanzig Jahren mit Frauen nicht mehr klargekommen, das liegt wohl an mir. Aber mit Mabel, das ist die Frau aus Yellowknife, da ist das eine andere Sache. Ja, ich hab' sie vor einem Jahr getroffen und wir haben uns gut verstanden. Sie ist dann nach Winnipeg gezogen, wo sie ihre Mutter zu pflegen hatte. Vor ein paar Tagen hat sie mir nun geschrieben, dass die arme Frau an Krebs gestorben ist. Sie ist jetzt frei und fragte mich, ob ich Lust hätte, mit ihr zusammen ein Motel oben im Norden zu übernehmen, das da zum Verkauf steht. Ich könnte dort die gut gehende Reparaturwerkstatt noch ausbauen und nebenbei als Buschpilot Jäger und Fischer fliegen. Ich hab ja ganz schön was zusammengespart und Mabel auch. Und wenn man mal über die zweite Hälfte der Fünfziger ist, dann wird es ja wohl langsam Zeit, dass man sich etwas Eigenes schafft.“
Sandy hat sich beruhigt.
„Na ja, das klingt ja alles wohl überlegt. Da werde ich nichts mehr ausrichten können. Ist ja auch nur, weil ich dich so verdammt ungern verliere. Uwe, du bist ein feiner Kerl, auf den ich mich immer verlassen konnte. Ich wünsche dir Glück! Wann willst du denn gehen?“
„Mabel kommt in zwei Monaten aus Winnipeg zurück. Bis dahin könnte ich Ralph Lister entsprechend einarbeiten. Der ist ein guter Mann, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Übrigens noch was – du hast mal erwähnt, du wolltest die Cessna verkaufen?“
„Du meinst die 180er auf Schwimmern? Ja, die ist für einen Charterbetrieb wie den unsrigen einfach ein bisschen schwach. Ich habe da eine neue Cessna 185 im Auge, die schleppt erheblich mehr. Aber warum fragst du?“
„Wenn der Preis richtig wäre, würde ich sie dir gerne abkaufen. Ich könnte während der verbleibenden Freizeit die Kiste richtig auf Vordermann bringen und neue Instrumente einbauen.“
Sandy Foster denkt einen Moment nach und setzt dann eine fast feierliche Miene auf.
„Ich will dir mal was sagen, Uwe! Mein Geschäft hat nicht zuletzt so gut floriert, weil du all diese Jahre so verdammt tüchtig warst. Du weißt am besten, was die Maschine wert ist. Sag mir deinen Preis. Du sollst sie dafür haben.“