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Rückblick mit Wehmut und Nachdenklichkeit
ОглавлениеIm Schloss Falkenstein, Sitz des Museums und der Sparkasse der Stadt, fand im Herbst 2003 eine Ausstellung statt, die man getrost in die Kategorie »deutsche Besonderheiten« einstufen kann. Sie hieß »Juden in Falkenstein«. Die Stadt, die seit über einem halben Jahrhundert keine jüdischen Bürger mehr hat, gedachte mit viel Liebe und etwas Wehmut ihrer jüdischen Vergangenheit. Zur Ausstellungseröffnung erschienen nur noch einige von weither angereiste Nachfahren der Falkensteiner Juden, darunter mein Vetter Herbert aus Haifa und ich als die einzigen beiden noch lebenden Enkel Max Bornsteins. Falkensteins Bürgermeister Arndt Rauchalles lobte die Ausstellung als einen lohnenden Rückblick. Sie mache den heutigen Falkensteinern bewusst, welche Lücke da entstanden ist, welcher Verlust an Kultur, an Weltläufigkeit, an Kreativität, an nicht selten skurrilen Persönlichkeiten, an jener Mischung von Unterschiedlichkeit und Gemeinsamkeit, die das deutsch-jüdische Zusammenleben prägte und so wertvoll machte.
Falkensteiner Anzeiger vom 7. März 1889
Falkenstein hat fast 10 000 Einwohner und eine lange Geschichte. 1362 wird der Name zum ersten Mal in einer Urkunde genannt. Aber die Geschichte der Juden in Falkenstein ist extrem kurz, etwas mehr als sechs Jahrzehnte. Sie begann mit dem, was eben zu lesen war, dem Zuzug meines Großvaters, und der Eröffnung seines Konfektions- und Schuhgeschäfts »auf eigene Rechnung« in der Hauptstraße 9, das offenbar rasch florierte, dessen Besitzer und Sortimente später mehrfach wechselten, das aber bis heute als Laden besichtigt werden kann und nach mehreren Frischzellenkuren wieder eine Zukunft zu haben scheint. Und die Geschichte der Falkensteiner Juden endete im November 1951, als die letzten Mitglieder der Familie Levy der DDR den Rücken kehrten. An der Hausfront Hauptstraße 30 erinnern seit der jüngsten Renovierung große dunkle Lettern über den Schaufenstern daran, dass hier Auguste Levy ein Haushaltwarengeschäft betrieb, die als Gustel Korytowski in Großvaters Geschäft begonnen hatte. Hier schließt sich der Kreis.