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2.4 Das Pronomen

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Pronomina folgen wie Artikelwörter dem pronominalen Flexionsmuster. Aufgrund ihres ähnlichen Flexionsverhaltens werden sie oft zu einer Klasse zusammengefasst, wie dies u.a. in der Duden-Grammatik (2009) der Fall ist. Geht man jedoch vom syntaktischen Gebrauch aus, lassen sich Artikelwörter und Pronomina unterschiedlichen Klassen zuordnen. Diese Differenzierung basiert darauf, dass diese zwei deklinierbaren Wortkategorien unterschiedliche Funktionen in der Nominalphrase erfüllen. Während Artikelwörter lediglich als Begleiter von Substantiven fungieren, stehen Pronomina stellvertretend für die gesamte Nominalphrase, d.h. sie ersetzen diese. Dieser Unterschied kann u.a. am Beispiel des Demonstrativums dies-erklärt werden.

(1) Diese Wohnung gefällt mir gut.

(2) Diese gefällt mir gut.

In Beispiel 1 tritt das Demonstrativum diese als Begleiter des Substantivs Wohnung auf und ist daher als Artikelwort anzusehen. In Beispiel 2 hingegen ersetzt diese die gesamte Nominalphrase diese Wohnung. Wir sprechen daher im ersten Fall vom demonstrativen Artikelwort, im zweiten vom Demonstrativpronomen.

Demonstrativpronomen

Betrachtet man das Paradigma des Demonstrativpronomens dies-, fällt auf, dass es identisch mit dem des demonstrativen Artikelwortes ist:


Tabelle 8: Flexionsparadigma des Demonstrativpronomens

Der Zusammenfall des Demonstrativpronomens und des demonstrativen Artikelwortes sowohl flexionsmorphologisch als auch in Bezug auf den lexikalischen Stamm dies- lässt die oben erwähnte Zusammenfassung von Artikelwörtern und Pronomina zu einer Wortkategorie verständlich erscheinen. Wir wollen jedoch mit Engel (2004) aufgrund der bereits erläuterten Unterschiede zwischen Artikelwörtern und Pronomina im syntaktischen Gebrauch Pronomina als eine eigene Wortkategorie ansehen.

Die Definition von Pronomina verlangt also eine hinreichende Abgrenzung zur Klasse der Artikelwörter. Diese Unterscheidung können wir auf die folgende einfache Formel bringen: Pronomina stehen stellvertretend für eine gesamte Nominalphrase und sind dadurch in ihrer Verwendung autonom, während Artikelwörter immer Substantive begleiten.

Es lassen sich mehrere Subklassen von Pronomina unterscheiden. Wir wollen uns im Folgenden auf die wichtigsten beschränken: Demonstrativ-, Possessiv-, Relativ-, und Personalpronomina. Das Flexionsparadigma des Demonstrativpronomens haben wir bereits oben kennengelernt und dabei eine vollständige Übereinstimmung mit den Formen des demonstrativen Artikelwortes festgestellt.

Possessivpronomen

Auch das Possessivpronomen und das possessive Artikelwort teilen denselben lexikalischen Stamm. Flexionsmorphologisch unterscheiden sie sich in drei Positionen des Paradigmas:


Tabelle 9: Flexionsparadigma des Possessivpronomens

Im Singular Maskulinum und Neutrum weist das Possessivpronomen im Nominativ bzw. im Nominativ und Akkusativ eine andere Form als das possessive Artikelwort auf, wie es aus den folgenden Beispielen hervorgeht;

(3) Ist das mein Becher? Nein, das ist deiner.

(4) Ist das dein Buch? Ja, das ist meines.

(5) Hast du mein Buch gesehen? Nein, ich habe nur meines gesehen.

Das possessive Artikelwort besitzt in den drei genannten grammatischen Positionen jeweils eine nicht flektierte Form des Possessivums, also mein im Nominativ Singular Maskulinum sowie im Nominativ und Akkusativ Singular Neutrum. Das Possessivpronomen weist hingegen in diesen Positionen eine flektierte Form auf: meiner bzw. meines. Dieser flexionsmorphologische Unterschied hängt mit den unterschiedlichen Funktionen von Artikelwörtern und Pronomina in der Nominalphrase zusammen und legt nahe, Pronomina einer eigenen Wortkategorie zuzurechnen.

Alles, was bisher über das Possessivpronomen mein gesagt wurde, gilt auch für das Negationspronomen kein. Paradigmatisch gesehen weisen beide Untertypen von Pronomina dieselben Flexionsendungen auf, und ihr Formeninventar unterscheidet sich in identischer Weise von dem des jeweiligen Artikelwortes.

Relativpronomen

Auch das Relativpronomen teilt seinen lexikalischen Stamm mit einem Artikelwort, nämlich mit dem definiten Artikelwort.


Tabelle 10: Flexionsparadigma des Relativpronomens

Im Genitiv aller drei Genera und im Plural sowie im Dativ Plural weist das Relativpronomen andere Flexionsformen als das Artikelwort auf. Vor dem Hintergrund dieser Unterschiede kann der Zusammenfall des Relativpronomens und des definiten Artikelwortes in den anderen Positionen eher als zufällig betrachtet und das Relativpronomen als eigenständige Wortkategorie angesehen werden.

Wie alle anderen Pronomina steht auch das Relativpronomen stellvertretend für eine Nominalphrase. Ein Relativpronomen nimmt Bezug auf eine Nominalphrase, die ihm vorangeht, und ist ein Satzglied des untergeordneten Relativsatzes, und nicht des Hauptsatzes, in dem das Bezugssubstantiv steht.

(6) Der Baum, der gestern gefällt wurde.

(7) Der Baum, den man gestern gefällt hat.

So erfüllt das Relativpronomen der in (6) die Funktion des Subjekts des Relativsatzes; das Relativpronomen den in (7) fungiert als Objekt desselben. Während alle anderen Pronomina den Kasus, den Numerus und das Genus der Nominalphrase, die sie ersetzen, übernehmen, verhält es sich beim Relativpronomen in dieser Hinsicht etwas anders. Ein Relativpronomen folgt in seinem Numerus und seinem Genus dem Bezugssubstantiv; sein Kasus richtet sich aber nach seiner Funktion im untergeordneten Relativsatz. So stimmen der bzw. den in (6–7) in ihrem Numerus und Genus mit Baum überein. Ihr Kasus richtet sich aber nach ihrer Funktion im Relativsatz.

Personalpronomen

Während Demonstrativ-, Possessiv- und Relativpronomina ihren lexikalischen Stamm mit Artikelwörtern teilen, haben Personalpronomina außer im Genitiv exklusive Formen. Die Formen des Personalpronomens variieren zum einen nach Kasus, Numerus und Genus (ich/mich/mir, ich/wir, er/sie/es), zum anderen nach Person (ich/du/er, sie, es; wir/ihr/sie). Dabei werden nur die Formen der 3. Person nach Genus differenziert. Daher werden die Formen der 1. und 2. Person und die der 3. Person in zwei verschiedenen Paradigmen dargestellt:


Tabelle 11: Flexionsparadigma des Personalpronomens

Auffällig im Paradigma des Personalpronomens aller drei Personen ist, dass die Genitivformen in allen Positionen identisch mit dem lexikalischen Stamm des Possessivums sind. Die Verwendung der Personalpronomina im Genitiv gilt jedoch als veraltet (z.B. wir gedenken seiner) und ist insbesondere in festen Wendungen wie Vergissmeinnicht oder meinetwegen belegt. Inzwischen regiert das Verb vergessen den Akkusativ (vergiss mich nicht!) und nicht den Genitiv. Nach genitivregierenden Präpositionen wie wegen wird ein Personalpronomen im Dativ, nicht die veraltete Genitivform meiner oder seiner gewählt (wegen mir, wegen ihm).

Dass im Paradigma des Personalpronomens nur in der 3. Person nach Genus differenziert wird, hängt damit zusammen, dass nur die Pronomina der 3. Person eine Verweisfunktion haben wie die anderen Pronomina auch (z.B. Demonstrativ- und Possessivpronomina). Denn nur in der dritten Person können Pronomina Größen benennen, die auch durch Substantive unterschiedlicher Genera benannt werden können, wie in den folgenden Beispielen deutlich wird:

(8) Der Wagen/Die Wohnung/Das Buch ist teuer.

(9) Er/sie/es ist teuer.

Die Pronomina der 1. und 2. Person (ich, wir; du, ihr, Sie) haben hingegen keine Verweisfunktion. Sie werden auch Partnerpronomina genannt, da sie in der 1. Person den Sprecher bzw. Schreiber bezeichnen, in der 2. Person den Adressaten, d.h. den Hörer bzw. den Leser.

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