Читать книгу let IT be - Information war gestern - Rüdiger Hein - Страница 10
Bye Bye Youth
ОглавлениеNach erfolgloser wie fruchtloser Ehe und einsamer Zweisamkeit kehrten in ihm alte Begierden zurück: Fliegen, Reisen und Frauen. Er wollte immer schon viele Kinder. Am liebsten eckige – die hätte man stapeln können und sie würden auch weniger Platz wegnehmen.
Neben seiner Arbeit als Ingenieur fand er aber manchmal doch noch die Zeit zum Sprung in die Balz. Allerdings verschwendete er keine Zeit mit langer Schwärmerei und kam meist zum schnellen Genuss und war froh Mann zu sein. Er war nicht der Meinung, Männer seien alle Schweine. Aber wenn Mann schon diesen Ruf genoss, so dachte er, machte es wenig Sinn dagegen etwas zu unternehmen, sondern Mann war dann auch Schwein.
Er erfuhr so Manches – auch dass Frauen in seinem Alter hormonell und unwissentlich in Richtung Fortpflanzung gedrängt wurden. Selbst jene, die ebenso wie er, es nur mal ruhig angehen lassen wollten. Wenn Gep dann eindeutig merkte dass seine Hormone asynchron mit denen des Weibchens tanzten, war die Sache für ihn schnell gegessen.
Erst dachte Gep, er würde sich die Tour bei Frauen vermasseln, wenn er ihnen sagte, dass er keine Familie will. Aber es machte nichts aus, ehrlich zu bleiben und eine eindeutige Information über seine Einstellung zu kommunizieren – denn es wurde ja doch von den Frauen überhört. Er fand es eben fair, direkt die Wahrheit zu sagen. Gep argumentierte damit, dass Frauen die Kinder haben möchten nicht noch Zeit verschwenden dürften – und schon gar nicht mit jemandem wie ihm, der diese Familienwünsche nicht mehr hatte.
Der letzte Versuch Papa zu werden scheiterte kläglich daran, dass sein Feinsliebchen nicht wollte. Er respektierte das. Es war ja auch ihr Körper. Aber irgendwie wäre er schon gerne Papa bevor sein Kind ihn nur aus dem Rollstuhl kennt. Aber nach so vielen „Neins“ und Bedenken der Weibchen die möglichst früh Karriere machen wollten, war er selbst nicht mehr davon überzeugt. Gep akzeptierte die neue Welle der Emanzipation, wusste aber zugleich, dass es viel besser wäre, erst Eltern zu sein und DANN Karriere zu machen. Er hatte im Gefühl, dass später das Nervenkostüm für die Aufzucht und Hege der Brut nicht mehr ausreichen könnte.
Als dann die neue Ära der Karriere-Weibchen, die von ihren Hormonen aus ihrem Karriere-Wahn geschleudert wurden anbrach, und diese nach Zwang-Schwangerschaft geradezu schrien, wollte er nicht mehr. Ihm gefiel das Leben gerade so wie es war. Er wollte auch nicht mit 50 oder 60 Jahren dem Kind Pythagoras erklären.
Einmal, es war in der Toscana, wollte seine weibliche Begleitung unbedingt mitten in der Wildnis diskutieren. Sie saßen auf einem Hügel in der Abenddämmerung. Im Osten ging blutrot der Vollmond auf – dick wie eine Apfelsine. Die Sonne die im Westen unterging tauchte alles in rotbraunes Licht. Vor dem Vollmond schossen riesige Flammen empor. Bauern brannten kontrolliert den Boden in den Pinien-Hainen ab – zur Düngung oder so was. Dabei fraßen manche Flammen auch schon mal eine Pinie.
Es sah so surreal aus. Wie ein Gemälde von S. Dali. Dazu rief eine Nachtigall. Und in dieser Stimmung fing die Tante von Kindern an. Gep bat sie, nur für einen Augenblick still zu sein und sich das Schauspiel anzusehen. Sie plapperte weiter und sah nicht mal hin. Auf der Fahrt zurück plapperte sie wieder. Gep verstand ihre Unruhe nicht. Sie wollte dauernd mit ihm diskutieren – obwohl von Anfang an eine Abmachung bestand. Nur so zum “Schbasss“ mit dem Cabrio durch die Gegend fahren, gute Musik dabei hören und wo es ihnen gefiel, da wird geblieben.
Was er noch weniger verstand war ihr Drängen nach Familie. Sie kannten sich erst 1 Woche und er traute seinen Ohren nicht – noch weniger ihrem Verstand. Er wusste: Dieses Weibchen war von jenen Hormonen getrieben die das Hirn ausschalteten. Der Beweis kam sofort.
Sie waren gerade auf der SP127, südlich von Florenz und kamen an einem Hinweis-Schild vorbei, auf dem stand:
Palermo: 1181 kM
Paris: 1145 kM
Dass ihre Hormone nicht ganz den Verstand raubten, bewies ihr schnelles Kopfrechnen. Sie schrie laut: „Nur 36 kM“. Und Gep schrie wegen dem Fahrtwind: „Was!?“
Sie wiederholte laut: „Bis Palermo sind es 1181 Kilometer und bis Paris nur 1145!“ Gep fragte verdutzt: „Ja und?“
Da war sie! Die Antwort die Gep eine Gänsehaut bescherte. Sie hielt ihren Hut fest, fummelte sich die Haare aus den Mundwinkeln und rief: „Ja man! Ich wusste gar nicht, dass Paris nur 36 Kilometer von Palermo weg ist!“
Er war erstarrt und konnte das alles nicht fassen. Erst die Diskussionen um Kind und Familie in einer Beziehung die 1 Woche alt war, und dann der vollkommene hormonelle Super-GAU. Die Terminierung ihres Gehirns.
Sie fing wieder lauthals durch den Fahrtwind zu plärren an, wie wichtig für sie ein Kind sei. Gep hatte Verständnis und Mitleid, lehnte aber ab, darüber zu sprechen weil es viel zu früh dafür sei. Sie hörte es plötzlich. Vorher überhörte sie es geflissentlich. Jetzt wurde sie sauer und bat Gep anzuhalten, um sie raus zu lassen. Sie wolle nicht mehr mit so jemandem mitfahren.
Gep hielt an, nahm ihre Tasche aus dem engen Kofferraum, stellte sie neben die Tante an den Straßenrand und fragte sie, ob sie das wirklich will. Sie antwortete: „Im Gegensatz zu dir weiß ich was ich will. Hau ab!“
Gesagt befolgt. Gep fuhr. Zu Hause in Deutschland kamen dann wilde Beschimpfungen; allerdings nicht von Angesicht zu Angesicht, sondern so, wie man dies zu dieser Zeit schon gerne auf modernste Art tat: Per SMS.
Gep antwortete nicht. Er dachte, lieber ein Schwein das folgt, als ein Hund der beißt. Schon hier erkannte er, dass Information nicht nur das ist, was verstanden werden kann, sondern vielmehr das, was verstanden werden WILL.
Er ließ alles zu, genoss sein Leben und scherte sich nicht um das was ihm nicht passte, sondern wandte sich nur den positiven Dingen zu. Widerstände hakte er ab und sagte sich „Let it be“. Ein Satz, den er bald vergessen sollte.
In dieser Zeit genoss er wieder seine Freiheit und nahm jedes Open Air Konzert mit was irgendwie in sein enges Zeit-Budget durch den Job passte. Juni, Tanzbrunnen in Köln, Sting Konzert. Dies sollte ihm die Begegnung seines Lebens bescheren.