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Die Grundlagen guter Gestaltung

Ob Gestaltung oder Design – beides steht an und für sich für das Gleiche: Es wird etwas ansprechend aufbereitet, um es dem Betrachter schmackhaft zu machen. Es unterliegt einer Funktion, einem Zweck und hat damit eine Aufgabe, z. B. Kaufbereitschaft beim Kunden auszulösen.

Was ist das Ziel eines guten Designs?

Der Begriff »Design« ist weit verbreitet und sogar gängiger als der Begriff »Gestaltung«, man verbindet damit oft Begriffe wie »stylisch«, »modern«, »in« und auch »teuer«, wenn wir z. B. von einer Designerhose oder -tasche sprechen, uns über Designerstühle informieren oder auch nach Designerläden Ausschau halten. Man könnte also den Begriff »Design« mit »guter Gestaltung« gleichsetzen, denn wenn etwas gut gestaltet ist, dann kann es durchaus »in« sein, als »stylisch« wahrgenommen werden und auch mal etwas »teurer« sein. Letztlich geht es aber immer um eines: Die Idee eines Designers nimmt Gestalt an und auf diese Weise kommuniziert der Gestaltende visuell mit seinem Gegenüber.


Abb. 1–1 Der Designerstuhl der Firma Vitra, der immer mit gutem Design in Verbindung gebracht wird.

Tagtäglich werden wir mit Werbung auf den unterschiedlichsten Kanälen konfrontiert, davon beeinflusst und indirekt in eine bestimmte Richtung geführt. Wenn wir morgens in unserem Lieblingscafé unseren ersten Kaffee trinken oder gerade auf dem Weg zur Arbeit sind, wenn wir einkaufen gehen oder uns mit Freunden in der Stadt treffen: wir werden immer visuell angesprochen. Gestaltung ist überall. Sobald ein Bild, Text oder einfach nur Farbe und Formen mit im Spiel sind, reden wir von Gestaltung. Was aber macht gute Gestaltung aus und was ist eigentlich das Ziel eines guten Designs?

Gutes Design soll nicht nur schön anzusehen sein, sondern beim Betrachter etwas auslösen: Eine Anzeige soll Kaufbereitschaft wecken, ein Plakat soll den Blick des Betrachters anziehen, er soll stehen bleiben und ein bestimmter Gedanke soll sich einstellen. Gutes Design ist auch funktional: Ein Formular, das gut gestaltet ist, muss nicht unbedingt schön aussehen, aber klar und übersichtlich sein, sodass es jeder richtig ausfüllen kann, durch die Fragen und Bereiche geführt wird und letztlich auch die Bereitschaft dazu hat, es auszufüllen. Die Website eines Dienstleisters muss seriös und informativ wirken, um Aufträge zu generieren, eine App muss einfach zu bedienen sein, damit der Nutzer sie verwenden möchte, und ein Logo muss auf einen Blick eine gesamte Firma repräsentieren und dabei beim Betrachter in Erinnerung bleiben.

Wer also gut gestalten möchte, muss gut kommunizieren können. Zwar empfindet nicht jeder das Gleiche als »schön« oder »erstrebenswert«, aber »gute Gestaltung« muss ja auch nur für eine bestimmte Zielgruppe funktionieren. Der Designer muss also für genau diese Zielgruppe die Idee so kommunizieren, dass das Ziel erreicht wird. Und um das zu überprüfen, können allgemeine Grundlagen, die Gestaltgesetze und Regeln, weiterhelfen.

Die Gestaltgesetze sind abgeleitet aus unserer menschlichen Wahrnehmung – etwa daraus, wie wir Menschen einzelne Elemente zueinander in Verbindung setzen. Definiert wurden sie im 20. Jahrhundert von der Gestaltpsychologie.

Gestaltgesetze der Wahrnehmung, S. 16


Gestaltungstrends und zeitlos gutes Design

Wie in allen Designbranchen – in der Mode, in der Architektur, im Produktdesign oder in der Kunst – gibt es auch in der Gestaltung Trends. Was die Mode betrifft, so erinnere ich mich, wie zu meiner Jugendzeit Schuhe mit besonders hohen Absätzen »in« waren. In der Architektur sieht man im Moment viele Büro- und Wohnkomplexe aus dem Boden sprießen, die alle einen ähnlichen Stil aufweisen. Wenn man sich die Smartphone-Welt anschaut, sieht man auch dort Parallelen im Design der unterschiedlichen Hersteller und man muss schon genau hinschauen, um die Marke zu erkennen. Und auch bei den Logos ist es nicht anders: Zu einer gewissen Zeit erkennt man einen gewissen Trend.


Abb. 1–2 Logos, in denen der Schriftzug aus mehreren Schriftschnitten einer Schriftfamilie gesetzt wurde.


Abb. 1–3 Logos, die mit flächigen Punktelementen versehen wurden.

Zeitloses DesignNur, weil etwas gerade »in« ist und jeder es haben möchte, heißt es natürlich nicht, dass sich dieser Trend über Jahre hinweg bewähren und auf dem Markt bleiben wird, um irgendwann zum Klassiker zu werden. Das Ziel ist aber oft, »zeitloses Design« zu schaffen. Aber was macht ein »zeitloses Design« aus? Der Spruch »Gut Ding will Weile haben« trifft es ganz gut, denn was sich über einen längeren Zeitraum bewährt, ist nicht an Trends gebunden und eben »zeitlos«. In der Mode sind es Ringelshirts, Trenchcoats oder die Chucks, die in jedem Kleiderschrank zu finden sind, die als »Klassiker« bezeichnet werden. Im Produktdesign gelten oft Gegenstände als zeitlos, die jeder braucht, die ohne viel Schnickschnack auskommen, oft aufs Wesentliche reduziert, praktisch und aus dem Alltag des Nutzers nicht mehr wegzudenken sind.

»Die intelligente Verbindung von Form und Funktion ist wichtiger als bloßes Styling.«

Christoph Löhr in seinem Artikel über zeitloses Design, »Gutes bleibt«

Der deutsche Industriedesigner Dieter Rams hat 10 Thesen über gutes Produktdesign erstellt, die sehr gut auf den Punkt bringen, was zeitloses Design bedeutet. Es gehört dabei weit mehr dazu, als nur ästhetisch zu sein. Auch Kriterien wie »umweltfreundlich« und »unaufdringlich« spielen eine große Rolle. Nichts entspricht dem Zufall, es gibt keinen »Firlefanz«, wie man umgangssprachlich sagen würde, alles ist auf den Punkt gebracht.

Dieter Rams hat nach seiner abgebrochenen Ausbildung zum Tischler Architektur und Innenarchitektur studiert. Er hat viele Jahre als Chefdesigner beim Unternehmen Braun gearbeitet und dabei auch den Chefdesigner von Apple, Jonathan Ive, nachhaltig beeinflusst.

10 Thesen

Gutes Design …

1 … ist innovativ.

2 … macht ein Produkt brauchbar.

3 … ist ästhetisch.

4 … macht ein Produkt verständlich.

5 … ist ehrlich.

6 … ist unaufdringlich.

7 … ist langlebig.

8 … ist konsequent bis ins letzte Detail.

9 … ist umweltfreundlich.

10 … ist so wenig Design wie möglich.

Was macht gute Gestaltung aus?

Nach den Thesen von Dieter Rams kann man gutes Design an zehn Punkten festmachen. Doch gibt es noch weitere Ansätze, wie man gutes Design und gute Gestaltung umschreiben kann.

Form follows function

Sie kennen bestimmt den Ausdruck »Form follows function«, kurz »FFF«. Das bedeutet auf Deutsch »Die Form folgt der Funktion«. Dieser Satz wurde zu einer Art Leitsatz des Designs. Er entstammt einem Zitat des amerikanischen Architekten Louis Henry Sullivan (1856–1924). Das war vor über 100 Jahren.

Was aber bedeuten die Begriffe genau?

 Die »form«, Form, steht für die äußere Gestaltung. Passt die Farbwahl, ist es mit der Schrift stimmig, wirkt es im Gesamten harmonisch? Ein Logo muss z. B. den Regeln der Ästhetik unterliegen. Es muss ansprechend sein.

 Die »function«, Funktion, ist der Zweck des Gegenstands. Das Logo hat den Zweck, eine Firma zu repräsentieren. Es muss einfach verständlich sein und skalierbar, auf einer Visitenkarte wie auf einem Gebäude oder einem Kugelschreiber funktionieren. Funktioniert ein Logo nicht, ist es überflüssig.

Sullivan wollte also ausdrücken, dass die Form, d. h. die ansprechende Gestaltung, eine untergeordnete Rolle spielt – dies hieß aber nicht, dass auf Ornamente und Schmuck verzichtet wurde. Sein Ausspruch wurde zu Zeiten des Bauhauses um 1920 in Deutschland neu interpretiert. Hier wurde Abstand von Schmuck und Ornamenten genommen und eher auf Schlichtheit gesetzt, und diese Interpretation hat sich im Zusammenhang mit dem Leitsatz »FFF« mittlerweile verfestigt.


Form feeling functionSeit den Zeiten des Bauhauses wurde der Satz »FFF« immer weitergedacht und neu interpretiert, v. a. im Produkt-, Interaction- und Interfacedesign. Man ging mit der Zeit weg von der Ansicht, die Form müsse der Funktion unterliegen; heutzutage ist man eher der Meinung, die Form sollte im Einklang mit der Funktion stehen. Auch wird das Wort »follows« immer häufiger durch »feeling« (Fühlen/Gefühl) ersetzt, wodurch ein neuer Leitsatz entstand: »Form feeling function«. Der deutsche Typograf Wolfgang Beinert formulierte das so:

Bauhaus

Ursprünglich war »Bauhaus« die Bezeichnung für eine Kunstschule, gegründet 1919 von Walter Gropius in Weimar. Sie stellte eine Verbindung von Kunst und Handwerk dar.

»Inhalte werden schnell vergessen. Doch der emotionale Eindruck guten Designs bleibt stabil.«

Wolfgang Beinert, Grafikdesigner, Typograf

Und da alles Emotionale Signale aussendet und immer Emotionen beim Betrachter ausgelöst werden, ist das Gefühl, »feeling«, ganz besonders wichtig. Das Gefühl wird dabei sowohl durch die Form als auch durch die Funktion beeinflusst.

Die Funktion der Gestaltung»Funktion« bedeutet, dass die Gestaltung ihren Zweck erfüllt. Sie muss einfach zu verstehen sein. Nehmen wir beispielsweise das Logo einer Marke. Der Betrachter sollte sofort erkennen können, um was es geht, und v. a. muss das Logo in und auf unterschiedlichen Medien funktionieren, auf einer Visitenkarte genauso wie auf einer Website oder im TV, in einer App wie auch auf einer Verpackung. Sowohl die Form als auch die Funktion richten sich dabei nach den Bedürfnissen des Menschen. Was braucht der Betrachter? Und hier trifft ein Zitat von Steve Jobs ins Schwarze:

»People don‘t know what they want until you show it to them.«

Steve Jobs


Abb. 1–4 Das Bauhaus-Gebäude des deutschen Architekten Walter Gropius in Dessau.


Abb. 1–5 Das iPad wurde 2010 eingeführt.

Es ist also die Sache eines Designers herauszufinden, was die Kunden wollen, und möglicherweise auch ein noch nicht bekanntes oder vorhandenes Bedürfnis des Nutzers zu wecken. Bestes Beispiel dafür ist das iPad. Als es 2010 auf den Markt kam, wusste der Nutzer noch nicht, warum er es brauchen sollte. Er konnte alles auch ohne das Tablet tun. Heutzutage ist ein Tablet allerdings nicht mehr wegzudenken. Warum ist das so? Weil auch hier nach den drei »F« vorgegangen wurde:

 »Form«: Das iPad liegt gut in der Hand, ist leicht und hat eine gute Größe, um alles Wichtige darauf von unterwegs aus zu tun.

 »Feeling«: Es wird für den Nutzer unverzichtbar, ist wie ein Freund, der einem im täglichen Leben hilft, alles Private und Geschäftliche parat hält.

 »Function«: Es hat den Zweck für den Kunden, leicht verständlich zu sein, um einfach alles Wichtige von unterwegs aus komfortabel zu tun.

Gute Gestaltung verstehen, beurteilen und sicher beauftragen

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