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Schwiegertochter Helene

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Helene kam aus der Stadt.

In der ersten Zeit sah sie der Schwiegermutter beim Kochen zu. So konnte sie sich an das Leben auf dem Hof gewöhnen. Sie beobachtete die Bäuerin genau, um sich bei ihr an dem Ablauf im Haushalt zu orientieren.

So störte sie ihre Schwiegermutter nur selten bei der Arbeit. So hoffte sie, ein gutes Verhältnis zu ihrer Schwiegermutter aufbauen zu können. Mit diesen Gedanken war sie auf dem Hof eingezogen. Doch hatte sie sich geirrt, Gerlinde zeigte ihr schon am ersten Sonntag, wie sie die schlesischen Klöße zubereiten sollte.

„Eine Frau muss echte Knödel am Sonntag auf den Mittagstisch bringen und das muss sie einfach können. Heiß musst du die Kartoffeln durchdrücken, dann das Eigelb dazu, und wenn die Hühner kleine Eier gelegt haben, nimmst du zwei Eigelb. Muskat nicht vergessen.“

Gerlinde war in ihrem Element. „Danach siebst du etwas Mehl darüber und knetest es vernünftig durch, verstehst du das Helene?“

Helene versuchte, sich mit dieser neuen Situation anzufreunden.

Doch auch bei der Haushaltführung duldete Gerlinde keinen Widerspruch.

„Die Zimmer bleiben so, wie ich sie mal eingerichtet habe.“ Gerlinde betonte noch einmal: „Es bleibt alles so, wie es ist. Wie ich es dir erklärt habe.“ Sowie über den Hof, wollte sie sie auch über den Haushalt die Kontrolle behalten.

„Nein“, sagte sie, „so nicht. Du musst noch etwas Mehl drunter machen, das mit schlesischen Klößen muss man im Gefühl haben.“

Helene versuchte es noch einmal. Gerlindes Sohn kam in die Küche. Er ging an den Herd, nahm die Kaffeekanne und verschwand wortlos in die Diele.

Helene hatte eines Tages ein kleines Tischchen mit zwei alten Sesseln aus ihrer Wohnung mitgebracht. Es sollte ihm als Ruhepool dienen. So brauchte er seiner Mutter nicht so oft begegnen. Hier im Dielenbereich las er in aller Ruhe die Sonntagszeitung. Helene drehte die ersten schlesischen Klöße zwischen ihren Händen, die so groß wie Tennisbälle waren. „Du kannst sie ruhig etwas größer rollen, Helene.“

Gerlindes Ton wurde etwas milder. Helene machte das so, wie die Schwiegermutter ihr das zeigte. Somit war sie zufrieden mit der Zubereitung der Sonntagsmahlzeit.

„Siehst du, der Braten geht von ganz alleine“, sagte sie und schüttete etwas Wasser auf den Schweinebraten.

„So, Helene, ab sofort bist du für das Sonntagsessen verantwortlich. Pünktlich um zwölf steht das Essen auf den Tisch, so sind wir es gewohnt.“ Damit gab Gerlinde vorerst ihrer Schwiegertochter für den Sonntag das „Zepter“ in der Küche in die Hand.

Die Mahlzeiten bereitete Gerlinde an den Wochentagen selbst an ihrem alten Herd zu. Oft körperlich erschöpft, war sie doch vom Tatendrang getrieben.

Arbeit war für Gerlinde der Lebensinhalt. Oft war ihr Einsatz an die Grenze des Möglichen gelangt. Die Folgen waren, dass sie eines Tages vor Erschöpfung vor dem Herd zusammenklappte. Helene sah sie im rechten Augenblick. Sie half ihr behutsam an den Küchentisch und beruhigte sie mit sanfter Stimme.

„Es wird schon wieder, ruhe dich aus“, und sie drückte ihre Schwiegermutter vorsichtig zurück auf den Stuhl.

Doch Gerlinde war schon im Begriff sich wieder an den Herd zu stellen.

Helene verstand in diesem Moment, wie schwer es ihr fiel, von ihren Aufgaben loszulassen. Sie sahen sich an und Helene drückte sie herzlich an sich. Gerlinde spürte es: Mit Ihren Kräften war es endgültig vorbei.

Es war Zeit, der Schwiegertochter ihren Platz ganz zu übergeben. Stillschweigend plante Gerlinde den Wechsel im Haus.

So überließ sie auch bald an den Wochentagen ihrer Schwiegertochter die Küche.

Gerlindes Aufgabe, das Mittagessen für die Familie zu kochen, war zu schwer geworden. „Zu anstrengend für mich, mach du das jetzt“, sagte sie kurz und knapp zu ihrer Schwiegertochter.

Es war auch immer öfter vorgekommen, dass sie etwas vergaß. Bei den ersten misslungenen Braten konnte sie es noch vertuschen. Doch bemerkte auch der Sohn schon bald, dass bei seiner Mutter die Kräfte versagten. Den Herd mit dem Feuer zu bestücken überließ Helene noch in ihrer Zuständigkeit.

Helene und Gerlinde waren ein eingespieltes Team geworden. Das war der Klugheit von Helene zu zuschreiben. Sie nahm Rücksicht auf die Frau, die nichts anderes kannte, als auf dem Hof ihrem täglichen Dasein nachzugehen. Helene ging erst dann an den Herd, wenn Gerlinde mit ihrer Arbeit fertig war. So kamen sie sich nicht in die Quere.

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