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Morgens im Altenheim

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Gerlinde schmerzt der Verlust ihrer Selbstständigkeit.

Sie will wieder zurück dahin, wo sie zu Hause war.

Entkräftet fühlt sie sich schon oft in den Morgenstunden.

An diesem Tag ganz besonders. Gerade aufgewacht, setzt sie sich an die Bettkante. Sie legt ihren Kopf in die offenen Hände. Ein Traum macht ihr zu schaffen. Sie träumt fast jede Nacht, nur sind die Träume schnell aus ihrem Kopf und sie erinnert sich nicht mehr an sie. Heute Morgen ist es anders.

Gerlinde hatte im Traum das Gefühl wieder zu Hause in Schlesien zu sein. Sie sah ihre Mutter über den Hof gehen. Erlebtes aus längst vergangener Zeit holte sie in ihren Träumen ein. Es tat weh, das Gefühl von Hoffnungslosigkeit; sie spürte es nach so vielen Jahre, als wäre es gerade passiert.

Der Weg ins Unbekannte war es, als sie im Treck mit vielen anderen Flüchtlingen einem Pferdewagen folgte. Sie lief dem Wagen mit den fremden Menschen einfach hinterher. Neben ihr die Mutter. Sie sagte kein Wort, seit sie ihren Hof verlassen mussten; lange blieb sie stumm. An diesem Morgen friert Gerlinde wie damals, sie hat das Hungergefühl von damals, alles ist wie damals.

Sie zieht die Bettdecke an sich, kuschelt sich hinein. Die Kälte spürt sie bis hin zum Nacken. Sie zittert. Im Traum suchte sie ihre Mutter, die sie nicht finden konnte. Gerlinde versuchte, im Traum nach ihr zu greifen, wollte die Mutter an die Hand nehmen. Sie griff ins Leere. „Wo ist meine Mutter?“, rief sie und lief im Traum dem Leiterwagen hinterher. Überall sah sie wie damals den Schmutz.

„Wo ist meine Mutter?“ Sie drückte ihre Hände wieder fest an ihre Augen. „Wo bin ich?“, schrie sie.

Von ihrer eigenen Stimme aufgeweckt, drückt sie ihre Hände noch fester ans Gesicht.

Halbwach will sie sich in den Traum zurückwagen, um die Mutter zu suchen. Die Augen hält sie weiter geschlossen. Sie findet die Mutter nirgends. Gerlinde erschrickt, sie kommt nicht zurück in ihren Traum. Die Tränen laufen ihr über die Wangen.

Die Hände noch vor ihren Augen festgedrückt, hat sie das Klopfen an ihrer Tür überhört.

Die Schwester zieht den Vorhang vom Fenster an die Seite.

„Guten Morgen, Frau Gerlinde“, grüßt sie und verschwindet wieder aus ihrem Zimmer.

Gerlinde ist zurück in der Realität. Sie bemerkt es im Halbschlaf. Sie spürt den Schmerz von Einsamkeit und wo sie sich befindet. Sie wollte bis zum Lebensende auf ihrem Hof bleiben.

Sie zieht sich die Bettdecke enger um ihren Körper und fühlt sich einsam wie nie …!

Wann haben wir uns damals nur getrennt? Gerlinde wird nachdenklich, sie kann sich nicht mehr daran erinnern.

Wieder denkt sie an die Mutter. Sie will nicht zum Frühstück. Sie will weiter nach dem Grund suchen. Sie hat keinen Anhaltspunkt Wo ist sie nur geblieben, die Mutter? Gerlinde hat auch kein Bild von ihr in ihrem Kopf. Wie sah sie nur aus?

Eingemummelt in der Bettdecke legt sie sich zurück in ihr Bett, streckt ihre Beine aus und versucht sich an das Gesicht ihrer Mutter zu erinnern. „Ich will zurück in meinem Traum.“

Doch es ist sie, sie selbst ist es, die sie mit geschlossenen Augen vor sich sieht. „Aber wo ist meine Mutter damals nur geblieben?“, flüstert sie vor sich hin und fällt vor Erschöpfung wieder in den Schlaf. Zur Mittagszeit werde ich mich anziehen und in den Speisesaal gehen, denkt sie, als sie sich die Bettdecke über den Kopf zieht.

Für Gespräche am Tisch ist sie allerdings nicht bereit. Obwohl Hilde sich mit sehr viel Mühe und Empathie um sie bemüht, um sie als Freundin zu gewinnen, dreht sie ihren Kopf in eine andere Richtung und weicht ihr somit aus.

„Dann eben nicht“, meint Hilde und sieht sie lauernd an. Irgendetwas geht in ihr vor, denkt sie und lässt sie in ihrer Welt. Werde ihr eine Salbe für die Hände besorgen, überlegt Hilde in diesem Augenblick und geht in die Eingangshalle, um sich in ihren Sessel zu begeben. Dort will sie dem Direktor auflauern, um nach einer Salbe für Gerlinde zu fragen.

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