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2. Die Komponenten des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit a) Der Grundsatz der Geeignetheit

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Geeignet sind nur solche Maßnahmen, die zur Gefahrenabwehr als legitimem Ziel dieser Maßnahme auch tauglich sind. Es genügt, wenn sie einen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten, komplette Gefahrenabwehr ist also nicht Voraussetzung, ein „Schritt in die richtige Richtung“ reicht aus. Ungeeignet und damit rechtswidrig ist eine Maßnahme erst dann, wenn sie sich als objektiv oder evident untauglich erweist (VGH BW, VBlBW 2004, 20, 24).

Beispiel: Auch wenn es in Folge einer Videoüberwachung zu einer Verlagerung der Kriminalität kommt, ist sie nicht ungeeignet, da es nach h. M. zumindest im überwachten Bereich zu einer Abnahme der Kriminalität kommt (VGH BW, VBlBW 2004, 20, 24).

Für die Beurteilung der Geeignetheit ist auf den Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahmen (exante) und auf die dort vorliegenden Tatsachen und Erkenntnisse abzustellen. Eine Maßnahme wird also nicht fehlerhaft, wenn sich ihre Ungeeignetheit später herausstellt.

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Nicht geeignet sind Maßnahmen, die etwas Unmögliches anordnen. Wird z. B. durch eine Polizeiverfügung etwas tatsächlich Unmögliches aufgegeben, ist diese Verfügung nichtig, § 44 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG.

Beispiel: Die Anordnung, einen Platz innerhalb von 15 Minuten zu räumen, wenn der Abmarsch sichtbar für längere Zeit blockiert ist.

Rechtswidrig oder nichtig sind grundsätzlich auch solche Maßnahmen, die etwas rechtlich Unmögliches, also etwas, das gegen öffentliches oder privates Recht verstößt, anordnen.

Beispiel: Anlässlich einer Fahrzeugkontrolle wird festgestellt, dass der Fahrer betrunken ist. Die an den Beifahrer gerichtete Anordnung, den Fahrer nach Hause zu fahren, ist rechtswidrig, wenn dieser keinen Führerschein hat (vgl. § 1 Abs. 1 StVZO).

Ergeht in Fällen einer dinglichen oder obligatorischen Mitberechtigung eine polizeiliche Anordnung nur an einen der Mitberechtigten, wird diesem etwas zivilrechtlich Unmögliches aufgegeben, wenn der oder die andere(n) Mitberechtigte(n) mit dem Angeordneten nicht einverstanden ist (sind).

Beispiel: Die Polizei ordnet die Beseitigung eines morschen Baumes, der auf die Straße zu stürzen droht, gegenüber A an. Eigentümer des Grundstücks sind A und B, die beide nichts unternehmen wollen. Die Verfügung gibt dem A etwas rechtlich Unmögliches auf, da er gegen den Willen des B nicht allein über die Sache verfügen darf (vgl. § 747 Satz 2 BGB).

Dieser Umstand führt nach h. M. nicht ohne Weiteres zur Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme, sondern ist zunächst nur ein Vollstreckungshindernis, das durch den Erlass einer (Duldungs-)verfügung gegenüber dem bzw. den anderen Mitberechtigten ausgeräumt werden kann (VGH BW, VBlBW 1982, 405, 406; 1984, 19; 1991, 27).

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Wird dem Störer etwas subjektiv Unmögliches aufgegeben (ihm fehlen z. B. die finanziellen Mittel oder die persönlichen Fähigkeiten), so kann dies zur Ungeeignetheit einer gegen ihn gerichteten polizeilichen Verfügung führen, entbindet aber nicht von der Verantwortlichkeit und damit auch nicht von der Kostenpflicht, wenn die Polizei die Gefahr mit eigenen Mitteln beseitigt.

Beispiel: A hat sein Schrottauto auf der Straße abgestellt. Stellt das Fahrzeug keine akute Gefährdung dar, wäre eine Beseitigungsanordnung ihm gegenüber geeignet, selbst wenn er vorträgt, er könne das Abschleppen nicht bezahlen. Falls er sich nicht finanzielle Mittel besorgen kann, wäre die Anordnung zumindest Grundlage für eine Ersatzvornahme. Ist jedoch von vornherein klar, dass A nicht handeln kann und besteht eine akute Gefahrenlage, wäre eine Verfügung ihm gegenüber zur Gefahrenabwehr ungeeignet. Die Polizei müßte die Maßnahme selbst nach § 8 ausführen, und zwar auf Kosten des A.

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