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b) Der Grundsatz des geringsten Eingriffs (Abs. 1)

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Kommen mehrere gleich geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Betracht, so muss die Polizei die Maßnahme treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Dieses Gebot, das mildeste Mittel anzuwenden, gilt hinsichtlich der Art und des Inhalts von Maßnahmen.

Beispiele: Bevor eine Versammlung verboten wird, müssen mildere Mittel ausgeschöpft und Kooperationsgespräche zur Verhinderung der Gefahr gescheitert sein (VGH BW, VBlBW 1993, 343).

Können Gefahren bei einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit durch die Beifügung einer Auflage abgewehrt werden, wäre das Verbot der Tätigkeit nicht das mildeste Mittel (BVerwG, GewArch 1996, 425). Das Abschleppen eines Kfz zu einer abgelegenen „Sammelstelle“ ist nicht der geringste Eingriff, wenn ein Versetzen des Kfz möglich ist und die Gefahr beseitigt.

Das Abschleppen eines Kfz ist grundsätzlich auch dann rechtmäßig, wenn der Fahrer seine Visitenkarte und Handy-Nummer sichtbar im Fahrzeug deponiert (BVerwG, NJW 2002, 2122; OVG Hamburg, NJW 2001, 168; VGH BW, VBlBW 2003, 74, 284).

Eine besondere Rolle hat der Grundsatz des geringsten Eingriffs bei der Ausgestaltung der Vorschriften über die Anwendung unmittelbaren Zwangs (§§ 66 ff.) gefunden (s. u. § 63, RN 24 f.). Der Grundsatz des geringsten Eingriffs gilt ferner bei der Auswahl unter mehreren Störern oder Nichtstörern (s. u. § 6, RN 21 und § 7, RN 14 f.).

Beispiel: Die Beschlagnahme einer Mietwohnung zur Beseitigung von Obdachlosigkeit kann ein milderes Mittel als die Beschlagnahme von Hotelzimmern sein, wenn durch erstere lediglich die freie Auswahl der Mieter eingeschränkt wird, durch letztere aber weitergehende Folgewirkungen (Imageverlust, Ruin) zu befürchten sind (vgl. OVG Schleswig, NJW 1993, 413).

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Zum Inhalt des Grundsatzes des geringsten Eingriffs gehört auch, dass dem Betroffenen auf Antrag gestattet wird, ein anderes ebenso wirksames Mittel anzuwenden, sofern die Allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt wird – Austauschmittel – (VGH BW, VBlBW 1981, 116, 119; GewArch 1994, 489, 493).

Beispiel: A wird aufgefordert, eine Hecke zurückzuschneiden. Daraufhin schlägt er vor, die Hecke ganz zu beseitigen, was ihm zu gestatten ist.

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