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Wer waren die Camuni? EINE CHRONOLOGIE DER MEISTERWERKE
ОглавлениеDie Entwicklung der Felskunst im Camonica-Tal erstreckt sich über mehr als zehn Jahrtausende. Die offizielle Zeitfolge nennt mehrere Schaffensperioden:
Altsteinzeit (um 8000 v. Chr. und eiszeitliche Epochen davor) Hier liegen die Ursprünge der Val-Camonica-Kunst. Aus dieser Periode sind einige hundert Darstellungen bekannt. Sie zeigen hauptsächlich naturgetreue Wiedergaben von Tieren, aber auch geometrische Einkerbungen wie Schlangenlinien und Kreise, die als Teil „magischer Riten“ interpretiert werden. Felsbildforscher gehen davon aus, dass das Tal zu dieser frühen Zeit bereits als „Kultort“ diente, aber noch nicht besiedelt war.
Mittelsteinzeit (um 8000 v. Chr. bis 5000 v. Chr.)
Gruppen nomadischer Jäger ziehen ins Tal und werden sesshaft. Die naturalistische Tradition der Felszeichnungen wird mit vereinfachten Formen und Symbolen fortgeführt.
Von der Altsteinzeit bis zur römischen Eroberung: unermüdliches Klopfen, Kratzen und Gestalten
Jungsteinzeit (um 5000 v. Chr. bis 2800 v. Chr.)
Technologische Neuerungen verändern das Leben der Bevölkerung. Es erfolgt der Übergang vom Jäger und Sammler zum Bauern und der Beginn der Landwirtschaft. Die Felskunst wird abstrakter. Ins Zentrum der Gestaltung rücken „betende“ Menschen mit erhobenen Armen, „anthropomorphe“ Mischwesen sowie „Götter-“ und „Sonnensymbole“. Viele Bilder zeigen Verwandtschaft zu den Megalithkulturen, etwa durch typische „Zickzack-Muster“, „konzentrische Kreise“ oder „Spiralen“.
Kupfersteinzeit (um 2800 v. Chr. bis 2000 v. Chr.)
Die Metalle werden entdeckt und deren Verarbeitung beginnt. Die Graffiti werden „symbolischer“, „schematischer“ und „komplexer“. Szenen vermitteln gesteigert einen erzählenden Charakter. Aus dieser Zeit stammen imposante Menhir-Steine mit astronomisch und religiös deutbaren Gravuren, darunter erste Abbilder von Wesen mit helmartigem Aufputz und „Strahlenkränzen“.
Bronzezeit (um 2000 v. Chr. bis 1000 v. Chr.)
Geräte, Webstühle, Waffen und Schmuck werden hergestellt, der Handel nimmt zu. Erstmals werden Pfahlbauten errichtet und auch in den Zeichnungen dargestellt. Die Felskunst offenbart neue Formen, darunter topografische Karten und netzartige Geometrie. Es finden sich zunehmend illustrierte „Mischwesen“, die als Verehrung von „Geistern“ und „Göttern“ interpretiert werden.
Eisenzeit (um 1000 v. Chr. bis zur römischen Eroberung)
Der Kontakt zu eingewanderten Völkern wie den Etruskern, Rätern und Kelten beeinflusst die Kunstwerke. Es ist die kreativste Schaffensphase mit den umfassendsten Zeichnungen. Neben realistischen Szenen des Alltags überwiegt die „magisch-mythologische“ Symbolik. Fast alle Felsbilder, die mit „Raumfahrern aus dem Kosmos“ assoziiert werden, stammen aus der frühen Eisenzeit.
Christi Geburt bis Mittelalter
Im Val Camonica entstehen nur mehr vereinzelte Felsbilder. Daneben finden sich einige römische Gravuren mit lateinischen Inschriften. Im Zuge der Christianisierung wurden viele prähistorische Zeichnungen mit christlichen Symbolen ergänzt oder überschrieben. Im Spätmittelalter war Val Camonica als „Valmasca“ (Hexental) gefürchtet. Eine Legende erzählt von „furchtbaren Kämpfen zwischen Hexen, Dämonen und Klosterleuten“.
Die meisten Graffiti entstanden in der Eisenzeit. Vereinzelte Motive stammen aus jüngerer Zeit, es gibt auch folkloristische Erinnerungen aus dem Mittelalter.
Folkloristisches Überbleibsel
Aus dieser finsteren Epoche hat sich ein seltsamer Brauch bis in die Gegenwart erhalten. In Andrista, einem der tiefsten Seitentäler des Val Camonica, wird alljährlich vor dem Dreikönigstag einem Ungeheuer gedacht, das angeblich einst in den Wäldern für Angst und Schrecken sorgte: der Badalisc. Diese mythische Kreatur soll eine Mischung aus Schlange und Ziege gewesen sein, hätte rot leuchtende Augen besessen, ein Riesenmaul und Hörner auf dem Kopf. Wenn heutzutage eine Person im Badaliscen-Kostüm durch die Dörfer der Gemeinde Cevo spaziert, begleitet von Menschen in Gruselkostümen, die mit rhythmischen Stockschlägen auf den Boden stampfen, dann fürchtet sich niemand mehr vor der Spukgestalt. Aber wie war das in früheren Zeiten? Niemand kann wirklich abschätzen, wie ernst unsere Ahnen den Einfluss überirdischer Kräfte genommen haben.