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HEXEN UND SPASSMACHER
ОглавлениеDer Alpenraum ist übersät von schwer deutbaren Vorzeitspuren. Wir finden ein großes Bildgestöber vor allem in den französischen Seealpen (Monte Bégo), in den Schweizer Kantonen Wallis (Martigny sowie Saint-Léonard) und Graubünden (Carschenna, Bregaglia und Engadin), in den norditalienischen Provinzen Ligurien (Finale Ligure, Monte Beigua und Acquasanta), Piemont (Pinerolo, Monte Musinè und Eschental), in der ganzen Region Aosta, Trentino-Südtirol (Brixen, Meran, Altenberg und rund um den Gardasee) und auf österreichischem Gebiet in Tirol (Schneidjoch), in Oberösterreich (Kienbachklamm und Wurzeralm) sowie in der Steiermark (Notgasse).
Val Camonica in der Lombardei übertrifft jedoch alles. Die norditalienische Region gilt heute als das Mekka der Felsbildforschung schlechthin. Internationale Experten, begeisterte Forscher und entdeckungshungrige „Wandervögel“ lockt es alljährlich ins Camonica-Tal, das zum Weltkulturerbe zählt. Wie kam es dazu? Wer stolperte wann und wo über das erste prähistorische Kunstwerk? Welche Schlüsse wurden aus der Entdeckung gezogen?
Die erste schriftliche Erwähnung von Felszeichnungen reicht zurück ins Jahr 1650. Damals notierte der aus Nizza stammende Historiker Pietro Gioffredo in seiner Aufzeichnung „Histoire des Alpes maritimes“: „Mit Verwunderung und Staunen begegnen die Betrachter verschiedenen Steinen, alle von verschiedenen Farben, flache und schlüpfrige, die mit tausend Erfindungen gestaltet sind und geritzte Vierfüßler, Vögel und Fische darstellen, dazu mechanische, landwirtschaftliche und militärische Geräte, geschichtliche und fabulöse Geschehnisse verschiedenster Art …“ Der Gelehrte vermutete, dass es „Werke vergangener Jahrhunderte“ seien, und hatte auch eine Begründung für den Schaffensdrang parat: „Wahrscheinlich waren die Urheber dieser lustigen Scherze nichts anderes als Hirten und Schafzüchter, die sich so die Langeweile vertrieben …“
Schälchen und Zauberzeichen: Einst glaubte man, es seien Werke von Dämonen und Hexen.
Es stimmt, die Talbewohner haben sich im Mittelalter als Steinklopfer versucht. Sie ergänzten und „verschönerten“ aber nur die alten Zeichnungen ihrer Vorväter, die sie für „heidnisches Teufelswerk“ hielten. Es sollte noch Jahrhunderte dauern, bis die Felszeichnungen genauere Beachtung fanden und Gegenstand gründlicher Studien wurden.