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OHNE BÜCHSE AUF DIE PIRSCH

Schloss Stainz, Jagdmuseum

Vom Wildschütz zum Jäger? Schon Erzherzog Johann schätzte die fachliche Kompetenz der Wilderer. Das und viel mehr über die ursteirische Tradition des „Jagerns“ erfährt man im Jagdmuseum.

Der Fuchs schnürt fluchtartig davon, denn plötzlich bricht ein Zwölfender-Hirsch durchs Gehölz; bevor der stolze König des Waldes noch in den Anblick des Aufsichtsjägers gelangt, kracht auch schon der Schuss aus dem Stutzen des Wilderers, und es beginnt eine wilde Hatz durchs Revier: Jäger verfolgt Wilderer … Klischees wie dieses prägen nicht zuletzt aufgrund unzähliger Heimatfilme aus den 1950er-Jahren bis heute das Bild der Jagd. Dabei stehen mittlerweile ganz andere Dinge auf der Agenda der knapp 25000 steirischen Jäger: Erfüllung gesetzlich vorgeschriebener Wildabschüsse, Aufrechterhaltung eines natürlichen Gleichgewichts im Wald, und auch für das bei den Wildwochen in der steirischen Gastronomie heiß begehrte Hirschgulasch muss logischerweise irgendjemand die Ausgangsbasis liefern, nämlich die Jäger.

Der Jagd in all ihren Facetten widmet sich das Jagdmuseum in Schloss Stainz in der Weststeiermark. In diesem Spezialmuseum, einer Abteilung des Universalmuseums Joanneum und damit des steirischen Museums schlechthin, haben Jäger wie Nicht-Jäger die Möglichkeit, tief ins Mysterium der Jagd einzutauchen. Das Jagdmuseum erlaubt jedem einen ausführlichen Pirschgang durch Geschichte und Gegenwart der Jagd – ganz ohne Büchse und Jagdkarte. „Vom Auerhahn bis zur Waldameise wird versucht, dem Besucher einen Überblick zu geben, was an der Jagd interessant ist“, erklärt Museumsleiter Karlheinz Wirnsberger. Dabei wendet man sich vor allem an die nicht jagende Bevölkerung, also die große Mehrheit. „Wir sind keine Trophäenschau“, zerstreut Wirnsberger gleich im Vorfeld mögliche Bedenken. Und wirklich, die verschiedenen Schaustücke des Jagdmuseums zeigen das Wild und dessen Lebensraum Wald aus den unterschiedlichsten Perspektiven. So tummeln sich die Tiere des Waldes als anschauliche Präparate auf einem Drahtgestell statt, wie früher, im nachgebauten Pappmaschee- und Plastikunterholz. Es geht um die Konzentration aufs Wesentliche, die Tiere, und nicht darum, ein welt- und waldfremdes Stimmungsbild zu transportieren wie in den eingangs angesprochenen Heimatfilmen. Die Schau lädt zum Erfahren mit beinah allen Sinnen ein: Sehen, Hören, Fühlen. So können die Besucher Fellstücke verschiedenster Tiere mit den Fingern berühren oder sich bei der Spurenkunde den Vierbeinern auf die Fersen heften. „Das Museum ist ein Lernort für die Natur“, erklärt Wirnsberger den Hintergrund. Was man hier sieht, lässt sich beim nächsten Waldspaziergang draußen in natura erkunden.


Links Mitte: Hamilton, Hirschhatz,

links unten: Original-Winterjagdanzug Erzherzog Johanns (hinten),

rechts oben: Schloss Stainz

Wem das vielleicht ein wenig zu modern und aller Mystik beraubt erscheint, der wird beim ausführlichen Streifzug durch die Historie der Jagd sicherlich versöhnlich gestimmt. Großflächige Jagdgemälde von Meister Johann Georg Hamilton, der im Auftrag von Fürst Schwarzenberg das Thema „Jagd und Hund“ in Form unterschiedlichster Hatzen eindrucksvoll auf die Leinwand brachte, sind genauso vertreten wie wertvolle historische Falkenhauben, die erste gedruckte Originalausgabe des Buchs „De arte venandi cum avibus – Über die Kunst der Jagd mit Vögeln“ von Kaiser Friedrich II. oder historische Waffen. „Natürlich haben Waffen einen Stellenwert, sie sind aber nicht überbordend“, so Wirnsberger, der betont, dass man neben der technischen Entwicklung auch die kunsthistorische Seite an der Waffe zeigen möchte. Mit Jagdmotiven verzierte kostbare Waffen hatten (und haben) in Jägerkreisen ja durchaus das Zeug zum Statussymbol wie anderswo ein Auto mit Stern.

„Wir wollen das Thema Jagd umfassend der breiten Öffentlichkeit präsentieren“, so der Museumsdirektor. Mit Schloss Stainz, welches das Museum seit 2003 beherbergt, wurde ein kongenialer Standort für das Jagdmuseum gefunden. Das Schloss diente früher Erzherzog Johann als Wohnsitz (dessen Nachkommen heute noch dort wohnen). Erzherzog Johann hat sich auch um die Jagd in der Steiermark enorme Verdienste erworben, was an einigen Highlights im Jagdmuseum ablesbar ist, Original-Exponaten des „steirischen Prinzen“: So wird sein Winterjagdanzug gezeigt, und handschriftliche Dienstanweisungen an seine Jäger lassen erstaunliche Schlüsse zu: Dass diese Jäger beispielsweise lesen konnten oder dass der Job als erzherzoglicher Jäger wegen der guten Bezahlung nicht der schlechteste war. Detail am Rande: Erzherzog Johann rekrutierte seine Jäger teilweise aus dem Kreise der Wildschützen, weil sich diese besonders gut „im Revier“ auskannten. Das beweist, was für ein schlauer Fuchs der Mann doch gewesen ist, womit sich der Kreis unseres Pirschganges ohne Büchse hin zum Ausgangspunkt schließt …


Jagdmuseum Schloss Stainz, Schlossplatz 1, 8510 Stainz.

Öffnungszeiten: April bis Oktober, Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr.

www.museum-joanneum.at/​jagdmuseum

50 Dinge, die ein Steirer getan haben muss

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