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2. Das Ende des menschlichen Lebens
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Der Schutz des menschlichen Lebens dauert bis zu dessen Ende. Bis dahin sind daher auch der Todgeweihte (OGH 2, 140) und der Sterbende (BGH 7, 288; BayObLG NJW 73, 565), auch nach Einsetzen der Agonie (BGH VRS 17, 187), taugliches Tötungsobjekt. Hierauf beruht das grundsätzliche Verbot der „unechten“ Euthanasie (s.u. VI).
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Der früher nach dem Stillstand von Atmung und Kreislauf ohne größere Probleme beurteilte Zeitpunkt des Todes ist durch die moderne Entwicklung von Reanimatoren und Respiratoren sowie der auf möglichst frische Transplantate angewiesenen Organtransplantation äußerst problematisch geworden. Allgemein wird heute im Anschluss an den Report der Harvard Medical School[23] auf die Zerstörung des Gehirns, den Hirntod abgestellt (s.a. § 3 Abs. 2 Nr. 2 TPG). Dessen Feststellung war zunächst schwierig. Das Elektroenzephalogramm gilt erst nach einiger Wartezeit als zuverlässig. Ein angiografischer Nachweis (Röntgenaufnahme nach Injektion eines Kontrastmittels in die Halsschlagader) stellt einen erheblichen körperlichen Eingriff und damit ggf. eine Körperverletzung dar[24]. Im März 1982 hat eine Kommission der deutschen medizinischen Vereinigungen „Kriterien des Hirntodes“ veröffentlicht, die äußere Befunde mit ergänzenden Untersuchungen kombinieren. Danach müssen sieben Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion bei primärer Hirnschädigung mehrmals während 12 Stunden (bei Säuglingen und Kleinkindern bis zum zweiten Lebensjahr 24 Stunden), bei sekundärer Hirnschädigung während 3 Tagen festgestellt werden; auf diese Fristen kann bei einem Elektroenzephalogramm mit dreißigminütiger Nulllinie (bei Kindern bis zum 2. Lebensjahr mit Wiederholung nach 24 Stunden) oder einer beiderseitigen Angiografie verzichtet werden[25]. In Fortschreibung kamen als abgekürzte Verfahren 1986 das Erlöschen früher akustisch evozierter Potenziale (DÄBl. 86, 2940 ff.), 1991 die zerebrale Perfusions-Szintigrafie und vor allem die den Patienten nicht belastende Dopplersonografie mit zwei Untersuchungen im Abstand von dreißig Minuten hinzu (DÄBl. 91, C-2417 ff.; 98, A 1863 ff.
Zum anthropologischen Hintergrund Birnbacher u.a. DÄBl. 93, C-1969 ff., 1975 ff. Neuerdings kommt zunehmend Kritik am Hirntodbegriff auf, die dann jedoch aus Gründen der Praktikabilität und der Ermöglichung der Herztransplantation mit einer Einschränkung der §§ 212 ff. StGB (s.u. IV) gekoppelt wird[26].
Wegen der Funktion des Hirnstamms liegt beim Apalliker („Wachkoma“) kein Hirntod vor[27]. Abzulehnen ist das Abstellen auf den Kortikaltod (Funktionsausfall der Großhirnrinde)[28].
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Die Verlagerung der Todesbestimmung vom Herz auf das Hirn hat zwar Herztransplantationen möglich, gleichzeitig aber Hirntransplantationen per definitionem unzulässig gemacht (Trockel Med. Klin. 69, 666), es sei denn, man betrachtet das Gehirn als Empfänger, den Körper als Transplantat![29]
Auch nach dem Tod genießt die Leiche strafrechtlichen Schutz, nunmehr allerdings als „Störung der Totenruhe“ (§ 168 StGB; dazu Tlbd. 2 § 62 III).