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»Transzendenz ist das Durchscheinen des schöpferischen Ganzen durch die individuelle Erfahrung«

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Der in Berlin lebende Biologe, Biosemiotiker, Philosoph und Publizist Andreas Weber5 schrieb mir:

Unter Transzendenz verstehe ich das Durchscheinen des schöpferischen Ganzen durch die individuelle Erfahrung und den individuellen Ausdruck: das »endliche Unendliche«, wie (der deutsche Philosoph Friedrich Wilhelm Joseph, Anm.) Schelling es nennt. Oder in meinen eigenen Worten: »Den jüngsten Tau auf den ältesten Dingen, das Innerliche als Außenseite.«

Weber steht in der Tradition des Philosophen Jakob Johann von Uexküll6 und der chilenischen Biologen Humberto Maturana und Francisco Varela7 und gilt als Vertreter der neuen Naturphilosophie. Seine Bücher sind ein Plädoyer für eine Überwindung der mechanistischen Interpretation von Lebensphänomenen. Leben ist für Weber kontinuierliche Selbsterschaffung, Natur und Mensch vernetzen sich in diesem Prozess, Lebendigkeit ist das Wesen des Seins. Das mechanistische Weltbild hingegen ist für Uexküll und in der Folge auch für Weber zur Beschreibung dessen, was Sein und Leben ausmacht, unbrauchbar. Wir treten demnach in der Transzendenz einen Schritt zurück, schauen auf die Welt und alles, was uns umgibt, mit anderen Augen und erkennen so, dass alles zusammenhängt, ein Ganzes bildet.

Auf wissenschaftlicher Ebene hat das der große deutsche Gelehrte Alexander von Humboldt getan: Er bereiste zu Beginn des 19. Jahrhunderts in mehrjährigen Forschungsreisen Lateinamerika, die USA und Zentralasien. Seine Disziplinen, die ihm halfen, die Welt zu vermessen8, waren Physik, Chemie, Geologie, Mineralogie, Vulkanologie, Botanik, Vegetationsgeographie, Zoologie, Klimatologie, Ozeanographie und Astronomie, außerdem die Wirtschaftsgeographie, die Ethnologie und die Demographie.

Und was war das Ergebnis seines komplexen, vernetzten Denkens und Forschens? Die Erkenntnis, dass den Globus ein Netz umhüllt, in dem alle Bestandteile miteinander korrespondieren9. Eine Gesamtschau dieser wissenschaftlichen Welterforschung erschien zwischen 1845 und 1862 in fünf Bänden unter dem Titel Kosmos und machte Humboldt weltberühmt. Inspiriert von Goethe schreibt er darin:

Die Natur ist für die denkende Betrachtung Einheit in der Vielheit, Verbindung des Mannigfaltigen in Form und Mischung, Inbegriff der Naturdinge und Naturkräfte, als ein lebendiges Ganzes. Das wichtigste Resultat des sinnigen physischen Forschens ist daher dieses: in der Mannigfaltigkeit die Einheit zu erkennen, von dem Individuellen alles zu umfassen, was die Entdeckungen der letzteren Zeitalter uns darbieten (…) der erhabenen Bestimmung des Menschen eingedenk, den Geist der Natur zu ergreifen, welcher unter der Decke der Erscheinungen verhüllt liegt. Auf diesem Wege reicht unser Bestreben über die enge Sinnenwelt hinaus, und es kann uns gelingen, die Natur begreifend, den rohen Stoff empirischer Anschauung gleichsam durch Ideen zu beherrschen.

Alexander von Humboldt war zu seinen Lebzeiten übrigens ein wissenschaftlicher Superstar. Als er 1859 starb, zog ein eineinhalb Kilometer langer Trauerzug durch die Straßen von Berlin und in allen Metropolen der Welt trauerten Menschen mit.

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