Читать книгу Brennpunkt Gastronomie - Rene Urbasik - Страница 7
ОглавлениеGanz in Weiß Teil 2
Endlich ist auch diese Hürde genommen. Das junge Glück hat eine geeignete Lokalität gefunden und ist mit den Konditionen des Gastgebers zufrieden. Wobei Letzteres in der Regel nicht ganz so einfach ist. Sybille möchte bis in die frühen Morgenstunden feiern – der Wirt sagt „Nein“, weil er sein für die Feier abgestelltes Serviceteam am nächsten Tag bereits wieder fit und ausgeschlafen für das Mittagsgeschäft benötigt. Hobby-DJ Thorsten möchte die Musik bis Ultimo aufdrehen, woraufhin der Pächter sofort sein Veto einlegt. Die Musik müsse pünktlich zur Geisterstunde heruntergeschraubt werden, da er Ärger mit den Nachbarn befürchte.
Ich selbst arbeitete einst in einem Restaurant, dessen Betreiber sich größtenteils auf Hochzeiten spezialisiert hatte und auf jeder Hochzeitsmesse Werbung für sein Lokal machte. Dummerweise stand er mit den meisten Nachbarn auf Kriegsfuß und jedes Wochenende sah man ihn mit Körben voller Champagner von Tür zu Tür gehen, um die Anwohner vorzuwarnen und zu beschwichtigen.
Die Tischdekoration ist der nächste heikle Punkt auf der langen Liste von Stolpersteinen. Sybille und ihre beste Freundin Beate haben wochenlang getüftelt, Kataloge gewälzt und Dokumentationen geschaut. In diesem Punkt hat Thorsten ohnehin kein Mitspracherecht – das ist echte Frauendomäne. Nicht, dass der bald-Ehemann darüber auch nur eine winzige Träne verdrückt hätte. Am Abend vor der großen Feier rücken die zwei Damen im Lokal ihrer Wahl an und präsentieren ihre geistigen Ergüsse. Körbe, die fast überquellen mit Herzen, Steinchen, Schleifen und Blumen. Da das ausführende Serviceteam gerade frei hat, wird einem Geschäftsführer oder irgendeinem Praktikanten erklärt, wie die Ladys sich das Gebilde am nächsten Tag vorstellen. Manager und Praktikant nicken eifrig, verstehen aber nur Bahnhof. Weil die Damen so eifrig daher schnattern, wagt keiner von ihnen einen Einwand. Dass die Visionen der Hochzeitsaspiranten und die Interpretationen der Kellner nicht synchron liefen, würde sich dann spätestens am nächsten Abend herausstellen – wo es in der Regel bereits zu spät war.
Ich selbst habe einen solchen Fall erlebt, wo die Braut mich und meine Crew am Morgen vor der großen Show instruiert hat, wie ihre aufwendige Dekoration im Detail auszusehen hätte. Auch sie brachte ganze Wagenladungen voller Kisten mit Muscheln, bunter Glasperlen und Steinchen in den Festsaal. Dazu ein Faltblatt mit der Dekorationsanordnung in aller Ausführlichkeit. So ungefähr stellte ich mir einen IKEA-Bauplan vor – auf schwedisch… Ich gab sämtliche Accessoires in die Hände meiner Service-Damen, die in solchen Arbeiten erfahrungsgemäß kompetenter waren. Das Ganze gestaltete sich aber selbst für die Versierten unter uns zur Herkulesaufgabe. Es wurde geflucht und neu arrangiert, wieder und wieder. Dabei zerrann die Zeit wie Sand zwischen unseren Fingern. Zeit, die eigentlich zum Eindecken und dem Arrangieren für das Fest eingeplant war. Zum Schluss musste ich noch zwei Auszubildende hinzuholen, weil wir mit unseren Vorbereitungen einfach nicht vorankamen und es allmählich eng wurde bis zum Eintreffen der Gäste. Als dann die Hochzeitsgäste am Abend eintrafen, war es die Braut, welche als erstes in den Festsaal einmarschierte, einen Blick auf das Gesamtkonstrukt auf den Tischen warf und leise, unter Tränen zischte: „Das ist alles Scheiße“.
Seitdem lehnte mein damaliger Chef es kategorisch ab, Servicepersonal für Dekorationen abzustellen. Das macht Sinn. Die Zeit und die Nerven, welche die Umsetzung der Geistesblitze der Heiratskandidatin kosten, stehen in keinerlei Verhältnis mit dem Gewinn des Hausherrn. Liebe künftige Braut – bitte sucht und findet in eurer Verwandtschaft eine kreative Gestalterin, jemanden, der bereit ist, am Vorabend oder dem frühen Morgen in der Feierstätte aufzutauchen und die Dekoration zu übernehmen. Habt ihr noch ein paar Euro über, so engagiert einen Profi – das Netz ist voll mit Adressen von Leuten, die sich für euch gerne für einen kleinen Obolus ins Zeug legen.
Schon kommen wir zum wohl wichtigsten Punkt bei einer solchen Feier: dem Essen. Mit dem Festmahl steht und fällt jede Party, wage ich jetzt einmal kess zu behaupten. Die Kellner können Flickflack schlagen, Helene Fischer springt als Überraschungsgast aus der Torte und ein Braunbär spielt Klavier – alles umsonst und schnell vergessen, wenn die Herren Köche einen schlechten Tag haben. Nächtelang haben Sybille und Thorsten diskutiert, wie sie diesen Kraftakt bewältigen sollten. Ihnen war nicht entgangen, dass es gewisse Widersprüche hinsichtlich der tollen Location und den Kochleistungen gab – sollte man den vielen Hobbykritikern im Internet glauben schenken. Schwer einen Ort zu finden, wo alles zusammenpasste. Wählt man einen Veranstaltungsort, den man für die Dauer der Veranstaltung pachten kann – gibt es in der Regel keine Alternative zu einem Catering-Unternehmen. Da kann man sich auch im Vorfeld bereits über Qualität und Preise im Web informieren. Meist sind diese Unternehmen etwas teurer und haben den Nachteil, dass sie keine zu vermietenden Zimmer anbieten. Feiert man in einem Gasthaus, so entfällt das Problem in der Regel. Im Normalfall verfügt das Etablissement selbst über ein paar Zimmer für das Hochzeitspaar und die aus Uganda angereiste Verwandtschaft der Braut. Sollte dies nicht der Fall sein, so gibt es sicherlich einige Beherbergungsbetriebe in unmittelbarer Nachbarschaft.
Nun denn – die nächste Frage steht auf dem Programm – Buffet oder Menü?
Auch hier gibt es wieder jede Menge Pro und Contra. Als ich als Restaurantleiter im bereits erwähnten Romantikhotel arbeitete, gehörte es zu meinem Aufgabenbereich junge, heiratswillige Paare bei der Ausarbeitung ihres Gelages beratend zur Seite zu stehen. Tauchte die Fragestellung „Buffet oder Menü“ auf, argumentierte ich oft und gerne mit der Floskel, eine Speisenfolge würde dem festlichen Charakter des Abends eher gerecht werden als ein Büfett. Mochte dieses auch noch so aufwendig und reichhaltig arrangiert sein – irgendwie lief es trotzdem immer gleich ab. Wie in All-Inclusive-Urlauben auf den Ramschseiten der Reisevertreter. 18.30 Uhr öffnete das Restaurant im 3-Sterne-Bettenbunker und seit 18 Uhr wartete eine gierige Meute sehnsüchtig darauf, dass die Pforten endlich entsperrt würden. Hauptsache als Erstes die Teller vollschlagen, bis das Porzellangeschirr fast zerbrach. In der Regel wurde noch nicht einmal gewartet, bis die Kellner die Getränke aufgenommen und gebracht hatten. Zu groß die Angst, die knusprigen Schweinekoteletts könnten bereits von der gierigen Meute vollständig verzehrt worden sein.
Essen in Buffet-Form ist sehr oft eine wirklich unansehnliche Sache. Ein ständiges Durcheinandergelaufe und Unruhe, die tatsächlich nicht zum festlichen Charakter eines solchen Anlasses passen. Ich bin mittlerweile nicht mehr ganz so sicher wie in früheren Tagen, ob ein Buffet nicht doch manchmal die cleverere Alternative darstellt. Schaue ich mir die immer größere Schar von tatsächlichen und Hobby-Vegetariern, Veganern, Allergikern etc. an, so kann ein solches Buffet durchaus eine tolle Sache sein. Viele Probleme, die bei der Menüauswahl einhergehen, werden schon im Vorfeld zerstreut. Wer es mit toten Tieren nicht so hat, hält sich tapfer an Salat und Gemüse, wer Fische seit der Kindheit verabscheut, darf sich gerne vom Rinderfilet drei Stück auf den Teller schaufeln und wer Süßspeisen verachtet, für den kommt die Käse-Ecke gerade recht.
Wesentlich mehr gibt es bei einem Menü zu beachten.Das fängt bereits bei der Anzahl der einzelnen Gänge bzw. deren Portionsgrößen an. In der Regel sind die Gastgeber mit ihren zu erwartenden Gästen vertraut – Wedding Crasher einmal außer acht gelassen. Junge Leute, Mittelschicht, kräftige Bauernburschen mit gigantischen Appetit – da fangen die Überlegungen bereits an. Es bringt nichts, einer Meute Möbelpackern optisch hübsch angerichtete Mini Häppchen Foui Gras und Löffelbiskuit anzubieten, wenn diese gewohnheitsgemäß ein halbes Schwein auf Toast zur Nachtstunde verschlingen.
Findet das feierliche Essen bereits am frühen Abend statt, und soll hernach noch getanzt werden, empfiehlt es sich eher, zu klotzen als zu kleckern. Gerne darf je nach Bedarf auch noch der gute, alte Mitternachtsimbiss serviert werden. Es muss ja nicht unbedingt der Hackfleischigel aus Omas Zeiten sein. Etwas pfiffiger darf der Snack schon daherkommen. Die Gulaschsuppe hat sich bewährt, für die Moderneren ein Chili con Carne und Käse geht sowieso immer.
Wie bereits erwähnt, bringen klassische Speisefolgen heutzutage wesentlich mehr Stolperfallen mit sich, als in früheren Jahren. Überlegen sich Sybille und Thorsten ein wunderbares Menü, das bestimmt ein jeder mag, so sieht das in der Praxis oft ganz anders aus. Erster Gang: bunter Gartensalat mit gebratenem Lachsfilet. Während die Kellner servieren, beginnt bereits am zweiten Tisch eine junge Blondine zu grummeln. „Sorry, ich mag keinen Fisch“. Den mortalen Meeresbewohner einfach zur Seite zu legen und nur die Grünbeilage zu verzehren, kommt natürlich nicht infrage. Immerhin ist der Salat bereits vom Fisch verseucht. Nun grummelt der Maitre in sich hinein, weiß er doch, dass gleich Ärger in der Küche droht. Er trägt den vollen Teller wieder zurück in die heiligen Hallen und ruft den Gardemanger zu: „Du Heiner, ich brauche bitte einmal nur Salat“. „Wieso nimmst du den Fisch nicht einfach runter, du Depp?“ ruft ein anderer Koch ihm zu. „Weil der Salat angeblich nach Fisch riecht“ mault unser Kellner. „Dumme Nuss“ faucht der Gardemanager und richtet in Windeseile einen neuen Salat an. Mit der „dummen Nuss“ ist im Übrigen ausnahmsweise nicht unsere arme Bedienung gemeint. Schon kommt Kellner Nummer 2 angewetzt: „Sorry Heiner, kannst du bitte einen Salat ohne Joghurtdressing machen. Madame ist allergisch gegen Milchprodukte“.
Mit einem Kopfschütteln macht sich der arme Heiner daran, einen weiteren Salat anzurichten, dieses Mal mit Vinaigrette. Natürlich wiederholt sich das Ganze auch beim 2. und 3. Gang. Die Küche kommt kaum hinterher mit dem Neuarrangieren ihres Menüs für einzelne Nörgler. Natürlich leidet darunter auch das nebenher laufende À-la-carte-Geschäft. Vielleicht eines der Gründe, warum viele Betriebe schlichtweg keine Lust mehr auf Hochzeiten haben. Zu viel Unberechenbarkeit, zu viel Aufwand und am Ende – zu wenig Ertrag.
Das bedauernswerte Brautpaar möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich in Schutz nehmen. Die haben sich gewiss im Vorfeld genau überlegt, wie sie es möglichst allen Recht machen können. Restaurantleiter und Küchenchef haben ihnen bei einer der Bankett-Besprechungen sicherlich einige wertvolle Tipps mitgegeben. Saisonale Gerichte wie Spargel oder Wild, regionale Klassiker, Portionsgröße etc. Sybille hat sich extra die Mühe gemacht, im Vorfeld abzuklären, wer aus dem Gästekreis eher ein vegetarisches Menü bevorzuge oder ob es eventuell Allergien gäbe. Dass sich nicht alle Gäste geoutet hatten, kann ihr schlicht nicht angelastet werden.
Noch schlimmer ist es bei einem Auswahl-Menü. Hier hat der Gast die banale Aufgabe, im Vorfeld zu entscheiden, ob er am Tag X Vorspeise 1 oder 2 zu konsumieren wünscht und welcher Hauptgang es bitte schön sein darf. Der Hochzeitseinladung lag dann auch ein Zettel bei, auf dem sich die werten Gäste bitte festlegen sollten, ob es Melone mit Parmaschinken oder die Fischpastete mit Zitronenschaum und anschließend das Wiener Schnitzel mit Spargel aus der Region oder lieber das Lachsfilet mit Linguini sein solle. Sybille hat brav alle Antwortkärtchen gesammelt, die Anzahl der Menüs zusammengeschrieben und dem Restaurant per E-Mail-Anhang zugesandt. Alles richtig gemacht, liebe Sybille, aber die Praxis sah wieder einmal ganz anders aus.
Da wusste Thorstens Schwager nach über zwei Monaten gar nicht mehr, wonach ihm damals, beim Ausfüllen der Karte, der Sinn gestanden hatte. Hm, das Schnitzel vom Nachbarn sah aber auch zu verführerisch aus. „Hatten Sie Fisch oder Fleisch zum Hauptgang?“ hört man den Ober fragen. „Na das Schnitzel selbstverständlich“ herrscht ihn Thorstens Schwager an. Schon stand die Fleischspeise vor ihm und wurde mit riesigen Appetit verzehrt. Am letzten Tisch möchte eine gutgelaunte Bedienung die letzten Teller, ausnahmslos Fisch, loswerden mit dem fröhlichen Spruch: „Sooo, jetzt wird’s einfach – Lachs für alle“. Der Wunsch nach „einfach“ platzte sogleich wie eine Seifenblase und der eben noch frohlockende Kellner wackelt mit vier Tellern Lachsfilet zurück in die Küche und ruft: „Keine Ahnung was da schief gelaufen ist, die wollen alle das Schnitzel“. Da freut sich die Küchenbrigade natürlich wie Bolle. Nicht nur dürfen sie jetzt vier Schnitzel in Rekordtempo klopfen, panieren und braten, nein, der Lachs ist auch nicht mehr zu gebrauchen. Nicht einmal für das À-la-carte-Geschäft, denn offiziell steht dieses Gericht nicht in der Karte, sondern wurde extra, weil gewünscht, für diese Hochzeitsgesellschaft eingekauft und veredelt. Ein weiterer Kostenfaktor für den Geschäftsführer, der nur ungern ein Verlustgeschäft machen möchte. Er denkt kurz darüber nach, ein paar Flaschen Wasser und einige Softdrinks zusätzlich auf die Rechnung zu setzen, um den Verlust auszugleichen. Wie seine Entscheidung letztendlich ausfällt, bleibt sein Geheimnis.
Hinzu kommt der Zeitfaktor. In vielen Betrieben schließt die Küche zwischen 21 Uhr und 21.30 Uhr. Geht es länger, erwarten die Herren Köche selbstverständlich eine Überstunden-Gratifikation. Daher sind die Betreiber daran interessiert, das Kapitel Verköstigung der Gäste schnell hinter sich zu bringen. Was natürlich nicht möglich ist, wenn es während der Menüfolge ständig Umbestellungen und Rückläufer gibt. Hinzu kommen noch Reden und Auftritte während der einzelnen Gänge. In der Regel besprechen die Bankettleiter mit dem Brautpaar den Ablauf ihres Festes. Es wird festgelegt, wann das Brautpaar eine Pause wünscht, wann eine Darbietung geplant ist und wie lange diese in etwa dauern wird. All die schönen Pläne werden einmal mehr über den Haufen geworfen, wenn sich plötzlich Gast XY erhebt und ungeplant eine ausufernde Ansprache hält. Ganz blöde, wenn gerade ein halbes Dutzend Kellner mit dem Hauptgang in den Festsaal einmarschiert. Ich habe mehrfach erlebt, dass diese Ignoranten uns dann anwiesen, uns flugs wieder in die Küche zurück zu trollen. Aber nix da, du selbstverliebter Egomane, melde deine Rede gefälligst vorher beim Oberkellner an. Damit du deinen großen Auftritt hast – dafür werfen wir nicht den gesamten Serviceablauf über Bord.
Überhaupt – die Reden und Auftritt auf Hochzeitsfeiern. Klar, dass der Bräutigam mit ein paar markigen Worten seine Liebe zur frisch Angetrauten öffentlich zementieren muss. Auch für ein Statement des Brautvaters habe ich noch Verständnis – allerdings nicht für Reden über 10 Minuten. Wozu braucht es Leinwand-Projektionen in Spielfilmlänge, wo Sybilles gesamtes Leben, vom ersten Furz im Kinderbett bis zum Verlust der Jungfräulichkeit, für alle Anwesenden dokumentiert werden? Was soll Claudia und Horsts Auftritt, in dem sie allen Anwesenden in Form eines vergaloppierten Reimes erklären, wie lieb sie das Brautpaar doch hätten? Kimberly Jolante und ihr neuer Partner aus dem Senegal machen es auch nicht besser. Sie initiieren das erste von insgesamt drei Party-Spielchen. Das allseits beliebte Ratespiel „Wie gut kenne ich meinen Partner?“. Sybille soll Thorstens Lieblingstier (vietnamesisches Hängebauchschwein) erraten und Thorsten Sybilles Lieblingsfarbe (kariert). Kimberly Jolante und ihr senegalesischer Begleiter kennen das Spielchen noch zur Genüge vom Besuch des Ausländeramtes, dass sich auf Aufdecken von Schein-Ehen spezialisiert hat. So richtig zünden will das Spiel nicht, zieht sich dafür wie Kaugummi. Es wird locker 24 Uhr, bis der ganze Unfug endlich vorbei ist. Jetzt erst kann der DJ dem Feiervolk einheizen. Der erste Song ist noch nicht einmal vorbei, da kommt auch schon der Lokalinhaber angerannt und schnauzt den DJ an, er solle die Musik gefälligst leiser stellen, wegen der Nachbarn. Das sei auch so mit dem Brautpaar besprochen worden. So plätschert der Abend dahin und Sybille und Thorsten wünschten sich insgeheim, sie hätten einen fähigen Wedding planner zurate gezogen, der ihr großes Fest in die richtige Bahn gelenkt hätte. Stolpersteine überall…
Die schönsten Hochzeiten, auf denen ich gearbeitet habe, waren immer diejenigen ohne großes Brimborium. Ein toller Empfang mit Häppchen zur Linderung des ersten Appetits, gefolgt von einem entspannten Menü und so Gott will – noch etwas musikalische Unterhaltung durch Live-Musiker. Falls es doch ein DJ sein soll – so knausert bloß nicht an der falschen Stelle. Was gibt es Schlimmeres als einen egozentrischen Hobbyplattenaufleger, der den Anwesenden seinen persönlichen Musikgeschmack aufzwingen möchte. Zum Glück geht der Trend inzwischen zur Zweit- oder Dritthochzeit. So manche Braut oder Bräutigam durfte ich gar zum zweiten Mal in unserer Herberge begrüßen, im Normalfall mit einem anderen Partner. Das macht es für alle Protagonisten leichter. Die frisch Vermählten und das Service-Team sind bereits aufeinander geeicht. Jeder weiß, was er vom anderen zu erwarten hat. Die Gastgeber werden relaxter, die Abläufe sind ein Stück weit routinierter und überhaupt – der ganze Abend Entspannung pur. Lasst doch einfach die erste Hochzeit ausfallen und beginnt mit der zweiten.
Ach und ganz zum Schluss – bitte vergesst das Trinkgeld nicht. Hochzeiten sind jedes Mal eine furchtbar aufwendige Angelegenheit. Wenn das Brautpaar und ihre Gäste den Festsaal betreten, sind die Herren und Damen von der Service-Front schon viele Stunden auf den Beinen. Sie haben Besteck und Gläser poliert, eingedeckt und den Raum geschmückt. Während der Feier sind sie für euch da und wenn ihr schon die Äuglein geschlossen habt, räumen sie noch immer den Saal auf. Bei Beträgen über 5.000 Euro 20 Euro Trinkgeld für 3-4 Kellner rauszurücken, halte ich persönlich für eine Frechheit. Hochzeiten sind oft zähe Veranstaltungen, die den Kellnern einiges abverlangen. Physisch und psychisch. Dankt ihnen dafür. Seid nicht all zu knauserig.