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Kapitel 3

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Der Allvater erschuf die Welt aus dem Körper des Riesen Ymir.

Odins Volk ist angehalten, diese Gabe zu hegen und zu pflegen.

Der Schutz unserer Fauna und Flora hat oberste Priorität und

gegen Umweltsünder wird mit äußerster Härte vorgegangen!

(CHARTA GERMANIA)

Sarulf lief der Schweiß in Strömen den Körper herab. Sein Hoodie war klatsch nass und auch seine Hose zeigte deutlich die Spuren seiner Anstrengung. Seit Stunden übte er den Umgang mit dem Sax am Trainingsroboter.

Selbstredend war die Waffe, die er benutzte, nur eine Übungsklinge. Das wahre Sax würde Sarulf erst nach Beendigung seiner Ausbildung erhalten. Es bestand aus hochverdichtetem Stahl, der Griff aus geweihtem Eichenholz, und die Klinge umschloss ein zerstörerisches Kraftfeld.

Zwei Wochen sind seit meinem Besuch zu Hause vergangen und schon vermisse ich Alida. Er schien wohl mehr für sie zu empfinden, als er sich eingestehen wollte.

Surrend drehte sich das metallene Ungetüm und versuchte, Sarulf mit seinen Auslegern zu treffen. Doch Sarulf war schneller und parierte den Angriff mit ein paar wohl gezielten Schlägen.

Ob Alida auch mehr für mich übrig hat als nur Respekt gegenüber ihrem Dienstherrn?

Angriff und Schlag! Der Roboter fuhr seinen Arm zurück, er verharrte.

Sie blickt mich doch immer so an!

Einer der Arme der Kampfmaschine zuckte auf Sarulf zu, er duckte sich und schlug zu! Wieder fuhr der Roboter den Arm ein und verhielt in der Grundstellung.

Der Gedanke an Alida erfreute ihn! Ja, da ist ganz bestimmt etwas zwischen uns, bald ist Jul und ich kann wieder nach Hause fahren!

Erneut zuckten mehrere Arme auf Sarulf zu, mit ein paar klugen Hieben konterte er auch diesen Angriff.

Eine blecherne Stimme ertönte.

„Übungssequenz beendet! Trainingsziel von einhundert Prozent erreicht!“

Die Übungsmaschine zog ihre Arme ein und schaltete sich ab.

Sarulf wischte sich über die Stirn, er hängte das Sax auf den Waffenständer zu den anderen Klingen. Dann ging zur Bank, griff sich ein Handtuch, wischte sich das Gesicht ab. Er schnappte sich seine Tasche und begab sich in den Duschraum.

Für heute war die Trainingseinheit gemeistert, aber von Tag zu Tag verlangte der Übungsroboter ihm mehr ab.

Na ja, der Nachmittag würde ruhiger werden. Germanisches Recht stand auf dem Lehrplan, da kannte er sich aus, schließlich war sein Vater König der Sueben, und Sarulf hatte bei vielen Things eine ganze Menge über die Rechtsprechung lernen können!

Mit einem letzten Gedanken an Alida trat Sarulf unter die Dusche und genoss das Prasseln der heißen Wasserstrahlen auf seiner Haut.

* * *

Mit abgeblendeten Scheinwerfern schwebte die Limousine vor die Schranke neben dem Wachhäuschen. Einer der Wärter trat heran und ging zur Fahrerseite des Fahrzeugs.

Die Scheibe senkte sich lautlos, der Insasse blickte dem Wachmann in die Augen.

„Guten Abend, Herr Drachenstein! Noch so spät zu arbeiten?“

„Natürlich, sonst wäre ich ja nicht hier! Mach die Schranke hoch, Krähenzahn!“

Der so angesprochene gab seinem Kollegen im Torhaus ein Zeichen und die Schranke zum Farmgelände öffnete sich.

„Schönen Abend, Chef!“, sagte der Wächter und trat vom Wagen zurück.

„Dito, Krähenzahn, dito!“

Das Auto fuhr an, entfernte sich rasch und surrte zügig zu den Parkplätzen. Vor dem Schild „Geschäftsführung“ hielt es an.

Brunold Drachenstein stieg aus dem Wagen und begab sich in das Gebäude zur Linken. Zügig durchschritt er den Eingang und wandte sich dem Lift zu. Er fuhr in die Vorstandsetage und schritt den dunklen Gang entlang. Alles lag wie ausgestorben da!

In seinem Büro angekommen, knipste er das Licht an und zog die schweren Vorhänge zu. Man konnte ja nie wissen!

Brunold trat an einen Sockel neben seinem Schreibtisch. Er schaute sich nochmals im Raum um, griff nach einem Arm der Bronzeskulptur, die auf dem Sockel stand, und zog ihn nach vorn.

Schutz der Heimat, Leben im Einklang mit der Natur – Mann!, er konnte das nicht mehr hören! Schließlich musste er Geld verdienen und die Entsorgung der Hühnerscheiße kostete ihn jeden Monat ein Vermögen!

Und so tat er, was er an jedem Monatsersten tat. Mittels eines geheimen Ablaufrohres ließ er tausende von Litern der übelriechenden Gülle in die Elbe fließen und sparte sich somit eine Menge goldener Scheine. Mit ein bissel Cleverness konnte man eine schöne Menge Kohle scheffeln! Trottel, die!

Plötzlich öffnete sich die Tür zu seinem Büro und zwei schwarzuniformierte Männer traten ein!

Was zum Teufel …?

„Guten Abend, Herr Drachenstein! Man kann sagen, dass wir Sie auf frischer Tat ertappt haben! Und auch noch auf Film festgehalten das Ganze!“

Der schwarze Kerl, der das von sich gegeben hatte, trat nun an Brunold Drachenstein heran und hielt ihm seine Marke vor das Gesicht.

Verdammte Scheiße, Wotans Wölfe!

„Drehen Sie sich rum und nehmen Sie Ihre Hände auf den Rücken! Übrigens, Ihr ‚geheimes‘ Abflussrohr ist schon seit einiger Zeit stillgelegt! Uns fehlte zu den Verdachtsmomenten nur noch der Beweis, und den haben wir jetzt! Sie können sich in Kürze beim Thing vor unserem König erklären. Jetzt geht es erst mal in eine schöne Zelle!“

Der Wolf ließ die Handschellen zuschnappen und schob Drachenstein zum Ausgang.

* * *

Swanhild trat aus der Dunkelheit in ihr Haus ein und genoss die wohlige Wärme, die ihr entgegenschlug.

Weit war der Weg vom Nachbargehöft gewesen, durch die Dunkelheit und den Regen. Aber sie hatte helfen können, und allein das zählte!

Sie nahm den Umhang ab und hängte ihn zum Trocknen über eine Stuhllehne. Dann ging sie hinüber zum Herdfeuer, goss Wasser in den Kupferkessel und hängte ihn über die noch glimmenden Scheite. Swanhild griff sich zwei Stück Holz und legte sie auf die Glut. Sie bückte sich und pustete kräftig in das schwelende Feuer. Sofort leckten Flammen hervor und begannen sich in das Holz zu fressen.

Sie trat an das Regal und entnahm hier und da ein paar trockene Blätter und Blüten. Die gab sie in die Kanne und wartete darauf, dass das Wasser zu kochen anfing. Währenddessen band sie sich ihr Haar im Nacken zusammen und schlüpfte in ihre dicken Haussocken.

Endlich warf das Wasser im Kessel Blasen. Swanhild nahm ihn vom Feuer und goss die Teekanne voll. Sie stellte den Kessel auf den Herd, holte sich eine Tasse und ihre Zuckerdose und stellte alles auf den Tisch zur Teekanne. Dann ließ sie sich erschöpft auf den Stuhl fallen, tat etwas Zucker in ihre Tasse und frischgebrühten Tee. Sie nahm die Tasse an die Lippen, blies hinein und nahm einen kleinen Schluck. Sofort durchflutete Wärme ihren Körper. Swanhild trank noch etwas mehr vom Tee.

Wie lange ist es eigentlich her, dass ich hier mit Fenja Rabenherz gesessen habe?

Ihre Mentorin war vor einem Sommer zu den Göttern gegangen, und seitdem war sie, Swanhild Rabenfeder, die heilkundige Kräuterfrau des Rabenclans. Schon als junges Mädchen war sie zu Fenja gekommen und hatte sich deren Wissen aneignen dürfen. Es hatte vieler Jahre bedurft, bis sie sich mit jedem Kraut, jeder Wurzel und jedem Pilz auskannte und deren Wirkung im Schlaf herunterbeten konnte. Dazu kamen noch die Heilsteine, auch hier dauerte es Jahre, bis Swanhild deren Wirken kannte.

Jeden Abend hatten sie gemeinsam hier an diesem Tisch gesessen und zusammen Tee getrunken.

Wehmütig seufzte Swanhild und nahm noch einen Schluck von dem heißen Gebräu.

Langsam sollte ich mich wohl auch mal nach einer geeigneten Schülerin umsehen! Ich werde schließlich auch nicht jünger!, bei diesem Gedanken lächelte sie leise vor sich hin.


THURISAZ – Dorn (Rune des Gottes Thor, Schutz-Rune)

Im Jahr des Wolfes

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