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Kapitel 10

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Das Sonnenkind ward unter dem Weltenbaum wiedergeboren,

der goldborstige Eber Freys hatte das Jahresrad wieder angestoßen

und der Kreislauf der Jahreszeiten begann wieder von vorn.

(GERMANISCHE MYTHOLOGIE)

Das neue Jahr war angebrochen. Die gesamte Menschheit hatte den Jahreswechsel gefeiert, ob nun Christen, Moslems, Juden, Hindus, Buddhisten oder germanische Heiden, alle begrüßten das neue Jahr gemeinsam und es ward gefeiert, gesungen und getanzt.

Sarulf Rabenfeder war auf dem Weg nach Dresden, wo er sein Praktikum absolvieren wollte. Die Ausbildung hatte er mit Bravour bestanden, nun durfte er sich in den nächsten drei Monaten bis zur Ernennung als Wotans Wolf in der Praxis bewähren und Erfahrung sammeln. Man hatte ihn der Kriminalabteilung des suebischen Stammes zugeteilt, morgen früh begann sein Dienst.

Nach einem kurzen Abstecher bei seiner Familie und Alida, zischte er nun mit seinem Scooter die Elbe aufwärts. Es war zwar nicht weit vom Gehöft seiner Eltern an der mittleren Elbe bis in die Hauptstadt, aber da er die Landschaft genießen wollte, hatte er sich für die interessantere Route entschieden.

Sarulf folgte den Windungen des Flusses und konnte sich kaum satt sehen an der Schönheit des Landes. Zwar hatte der Winter die Natur noch fest im Griff, aber auch schneebedeckt strahlte die Gegend eine beeindruckende Eleganz aus. Als er um die nächste Kurve bog, konnte er in der Ferne die beiden Domtürme der Festung Meißen erblicken.

Über zweitausend Jahre hatte dieses Gemäuer auf dem Buckel und erhob sich majestätisch über der Elbe wie ehedem. Hier werde ich mal mit Alida hinfahren. Die Festung mit ihrer historischen Altstadt ist auf jeden Fall eine Reise wert!

Sarulf beschleunigte. Lautlos schnurrte der Scooter am Elbufer dahin und fraß Kilometer für Kilometer. Bald hatte er sein Ziel erreicht.

* * *

Er las aufmerksam die Prophezeiungen des Meisters und runzelte die Stirn. Ja, dort stand es schwarz auf weiß: Seine Familie hatte mit Verlust und Unheil zu rechnen. Weißbart hatte sich noch nie geirrt, sie würden also in diesen beiden Monaten besonders achtsam sein müssen.

Doch war der König der Sueben nicht besonders beunruhigt, wenn man die Zukunft ein wenig kannte, konnte man sich darauf einstellen. Und das würde er tun!

Im späten Herbst sollte der Rat der Könige wieder tagen, ob aber das vorhergesagte Unheil genau in diese Zeit fallen würde, konnte der Meister so exakt nicht voraussagen. Also mussten Vorkehrungen getroffen werden, um gegebenenfalls Probleme oder Schwierigkeiten zu vermeiden. Er würde sich die Tage mal mit seinen Kollegen aus den anderen Stämmen beraten. Vielleicht hatten deren Seher etwas Ähnliches geschaut, vielleicht sogar genauer als Weißbart, und konkretere Angaben gemacht.

Es klopfte an der Tür.

„Herein!“, rief Swidger, Alida betrat scheu das Büro ihres Chefs.

„Hallo, Alida! Komm rein!“

„Guten Morgen, Herr!“, sagte Alida und trat zögernd näher.

„Setz dich, bitte!“

„Ja, Herr!“, antwortete sie und nahm vor Rabenfeders Schreibtisch Platz.

„Alida, ich habe dich rufen lassen, weil deine Anstellung als Magd auf unserem Hof beendet ist. Bitte räume deine Kammer im Mägdetrakt!“

Alida blickte mit schreckgeweiteten Augen Swidger Rabenfeder an. Oje, was habe ich denn nur falsch gemacht?

„Aber … ich …“

Swidger lächelte Alida an und fuhr fort: „Ich habe mich wohl falsch ausgedrückt, tut mir leid! Höre folgendes: Du kannst als Magd bei mir nicht mehr arbeiten, weil es sich für eine Schwiegertochter des Königs nicht geziemt, die Arbeit der Mägde auszuführen“, er grinste Alida breit an. „Natürlich weiß ich über dich und Sarulf Bescheid! Ihr habt euch nicht sehr geschickt angestellt, es zu verbergen! – Also, du ziehst sofort in das Wohnhaus ein und kümmerst dich zusammen mit meiner Frau um die Vermarktung unserer Produkte, und betreust mit ihr den Hofladen. Mit deiner kaufmännischen Ausbildung wird dir das nicht schwerfallen! Der Name deiner Familie hat einen ehrbaren Ruf! Derer von Drachenherz sind eine unbescholtene Familie, ich bin froh und stolz, dass unsere Sippen sich auf diese Art und Weise verbinden! Mein Sohn hat eine hervorragende Wahl getroffen, oder wurde getroffen!“ Der König lachte und kam um den Schreibtisch herum. „Lass dich in die Arme nehmen, Tochter“, er drückte sie fest an seine breite Brust.

Alida wusste noch nicht recht, wie ihr geschah, aber sie war sehr glücklich!

* * *

Endlich waren die Tests abgeschlossen. Die Hülle der Kügelchen erwies sich nun als resistent gegen alle körpereigenen Stoffe.

Der Stoff konnte endlich den heiligen Kriegern verabreicht werden und deren Körper damit zu einer gewaltigen Waffe transformieren.

Die Krieger hatten sich mittlerweile erholt und ihre Körper ihre alte Stärke wieder erreicht. Bald würden sie die Heiltanks verlassen können und sich trainieren. Das war der Zeitpunkt, dass ihre Körper mit dem Stoff angereichert wurden. Er war gespannt, wie viel von der Substanz ein Körper aufnehmen konnte. So ein bis zwei Kilogramm wären schon nicht schlecht, dann wäre das Ausmaß der Explosion schon eines einzigen Kriegers gigantisch, und eine Menge Ungläubige würden dabei den Tod finden! Die Hülle der Kügelchen war aus biologischem Material gefertigt, sie würden sich unversehrt an den Darmwänden ablagern. Kein Gerät der Welt würde die winzigen Sprengstoffkapseln erkennen können. Und erst wenn der Botenstoff aus den falschen Zähnen in den Blutkreislauf gelangte, würden sich die Hüllen zersetzen. Dann reichte ein Schlag oder Tritt in den Unterleib, ein Sturz auf den Bauch, um die Explosion auszulösen. Der Priester war von seiner Idee geradezu entzückt.

Inzwischen hatte er einen seiner Schläfer in Neu Germanien aktiviert und zu ihm Kontakt aufgenommen. Er wies den Mann an, ein Team krimineller Personen zusammenzustellen, die die erforderlichen Aggregate besorgen sollten. Anschließend musste er alle Mitwisser eliminieren und die Geräte unauffällig in das Gotteshaus schaffen. So wäre für eine perfekte Ausbildung der Krieger an dem Material gesorgt.

Wir werden die Ungläubigen mit ihren eigenen Waffen schlagen! Es ist alles germanische Technik, die bei diesem heiligen Krieg zum Einsatz kommt. Es lebe die Wissenschaft!

Zufrieden mit dem Stand der Dinge wollte sich der Priester auf den Weg ins Labor machen, um die Produktion der Sprengstoffkügelchen zu begutachten.

Ächzend erhob er sich von seinem Stuhl und verzog das Gesicht. Mein Rücken tut immer noch verdammt weh, aber ich lasse meine Wunden nicht von einem Arzt behandeln. So viel Spaß ich auch beim Zeugungsfest hatte, den Preis muss ich nun auch zahlen. – Aber ich zahle ihn gern! Er grinste versonnen und blinzelte ins Licht.

* * *

Meister Rabenzahn hatte die Neun Welten auf den Lehrplan gesetzt. Steinar kannte zwar das meiste noch aus der Schule, aber ein Druide musste es wie im Schlaf herunterbeten können.

Die nordisch-germanische Mythologie faszinierte Steinar über alle Maßen und er las gern darüber. Es konnte nie schaden, das Wissen aufzufrischen! Also begann er mit der ersten Welt.

Die erste der drei oberen Welten ist Asgard, sie liegt auf einer Insel im Fluss Hvergelmir, welcher in Niflheim unter einer der drei Wurzeln von Yggdrasil entspringt. Die erste Wurzel des Yggdrasils ist in Asgard verankert, unter ihr entspringt die Quelle des Schicksals, der Urdbrunnen. Er wird von den Nornen Urd, Verdandi und Skuld bewacht. Sie besitzen zusammen nur ein Auge.

Asgard wird durch starke Mauern beschützt und kann nur durch ein einziges Tor betreten werden. In der Mitte liegt Valaskjaff, der Thingplatz der Götter. Weiter findet man in Asgard Valhalla, der Ort für die gefallenen Krieger, die Einherjer. Sie kämpfen jeden Tag auf der Ebene Vigrid, um sich für Ragnarök vorzubereiten. Die Wohnorte der Götter und Göttinnen nennt man Gladsheim und Vingolf.

Asgard ist mit Midgard durch Bifrost, die Regenbogenbrücke, verbunden. Sie besteht aus Luft und Wasser und endet in Heimdalls Turm, Himmingbjorg genannt. In Midgard verändert Bifrost ständig die Position und nur durch einen sehr starken Willen und mit Hilfe einer der Valkyren kann Bifrost betreten werden.

Steinar blickte vom Buch auf und sah hinüber zu Hasso. Der schien ebenfalls ganz in dieses Mysterium versunken zu sein.

Meister Weißbart saß auf seinem Stuhl am Feuer und schien zu schlafen. Schließlich ist er weit über achtzig, da muss man schon mal das eine oder andere Schläfchen am Tage halten.

Steinar lächelte und sah wieder ins Buch.


NAUDIZ – Not

Im Jahr des Wolfes

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