Читать книгу Haven Brotherhood: Down & Dirty - Rhenna Morgan - Страница 8
Kapitel 4
ОглавлениеSie hatte den ganzen Abend nach etwas gesucht. Was das war, wusste Axel nicht, aber er hatte Lizzy oft genug auf der Bühne gesehen, um zu wissen, dass sie mehr Augenkontakt mit der Menge hatte als üblich. Es war eine genauere Suche zwischen den Liedern oder wenn die Bühnenlichter hell genug waren, um die Halle besser erkennen zu können.
Allerdings könnte das auch seine Einbildung gewesen sein. Gott wusste, dass er in den zwei Wochen, die er und Jace gebraucht hatten, um sie zum Herkommen zu bewegen, viel fantasiert hatte. Vor allem über Möglichkeiten, wie dieser Abend enden könnte.
Er stützte eine Schulter gegen den Fensterrahmen. Von hier aus hatte er eine Vogelperspektive auf die Bühne und war vor Blicken geschützt. Er genoss seinen Scotch und hieß das beruhigende Brennen willkommen, das seine Kehle hinabrann. Die Sicherheitstür, die alle – bis auf diejenigen mit der höchsten Sicherheitsfreigabe – davon abhielt, ihre privaten Büroräume im zweiten Stockwerk zu erreichen, öffnete und schloss sich. Wenn er nach den Schritten ging, die die Treppe heraufkamen, musste es Jace sein. Der Rest seiner Brüder war entweder mit ihren Frauen oder mit ihrer Arbeit beschäftigt – oder, in vielen Fällen, beides.
„Eins muss ich dir zugestehen“, sagte Jace und kam ohne anzuklopfen in Axels Büro. „Deine Frau ist spektakulär auf der Bühne.“
Seine Frau.
Das sollte sich nicht so gut anfühlen, wie es der Fall war. Verdammt, er kannte die Frau kaum, aber er war seit Monaten von ihr fasziniert. Er wurde von ihr auf eine Art angezogen, die Logik und Vernunft außer Kraft setzte. Es war Instinkt. Dasselbe Flüstern, das ihn zum Handeln antrieb und ihn im geschäftlichen Bereich seit Jahren leitete. Es hatte dabei geholfen, dass er und Jace dem harten Leben entkommen konnten, in das sie hineingeboren worden waren.
„Ich liege nie falsch bei den Künstlern, die wir hier unter Vertrag nehmen.“ Er sah zu Jace, der neben ihm an das breite Fenster trat. „Und lass diesen Meine-Frau-Scheiß stecken. Ich muss bei ihr schon viel zu viele Hürden überwinden. Da musst du nicht noch zusätzliche Probleme in die Herausforderung einbauen.“
„Ach, ich weiß nicht recht. Sobald man die erste übersprungen hat, ergibt sich der Rest manchmal oder verschwindet vollständig.“ Er griff in seine hintere Hosentasche, zog eine gefaltete weiße Serviette hervor und reichte sie ihm. „Candy hat versucht, dich seit der letzten Pause der Band zu finden.“ Er grinste hinterhältig. „Ich vermute, sie ist nicht daran gewöhnt, dass ihr normalerweise sehr aktiver Boss sich in seinem Büro versteckt.“
„Ich verstecke mich nicht. Ich gebe Lizzy nur etwas Raum.“ Axel schnappte sich die Serviette und öffnete sie. Scharfe Buchstaben in blauer Tinte.
Ich habe gehört, du wärst heute Abend da. Ich würde dir gerne für die Möglichkeit, hier zu spielen, persönlich danken, wenn du Zeit nach dem Gig hast.
Ein elegantes, aber dramatisches L stand darunter. Es passte zu der Frau, die heute Abend die Bühne unter ihm vollkommen beherrscht hatte. Verflucht, die Tatsache, dass sie den Schritt getan und sich bei ihm gemeldet hatte, fesselte seine Aufmerksamkeit so vollständig wie die des restlichen Publikums. „Woher weiß sie, dass ich hier bin?“
„Sie hat ihre Hausaufgaben gemacht. Sie wusste, dass der Club uns beiden gehört, und hat mich ganz direkt gefragt, warum ich angerufen habe, statt dir.“
Also war sie zumindest neugierig genug gewesen, herauszufinden, wer er war und welche Chancen er ihr bieten könnte, wenn sie das Telefon genommen und gewagt hätte, sich zu melden. Allerdings hätte sie das auch tun können, nachdem Jace wegen der möglichen Buchung angefragt hatte. „Ach? Und wie lief’s?“
„Du hast sie auf jeden Fall etwas aufgebracht, als du Vic gegenübergetreten bist und sie nicht wusste, wer du warst, aber ich würde behaupten, dass sie inzwischen weiß, dass du möglicherweise nicht derselben Art wie Vic angehörst. Und sie erkennt ein Friedensangebot, wenn sie eines sieht.“
Gott, er wünschte, er könnte sagen, dass der heutige Abend ein Friedensangebot war. In Wahrheit hatte er die Band, die sie ursprünglich gebucht hatten, einer anderen Veranstaltung zugeordnet und dadurch aus rein selbstsüchtigen Motiven eine Gelegenheit für Lizzy geschaffen. Er wollte ihr einen Einblick geben, was er ihr bieten konnte, wenn sie ihre Mauern ein wenig senken und ihm vertrauen würde.
Und Mann, sie zu beobachten, wenn ihre Schutzwälle fehlten, war wie ein Wunder gewesen. Dank der Kameras, die in jede Ecke und Fuge im Crossroads eingebaut waren, hatte er sich am Anblick der Frau ohne ihre Rüstung gelabt, während sie am Nachmittag alles aufgebaut hatten. Wie locker sie mit ihren Bandmitgliedern umgegangen war und wie leicht sie gelacht hatte, als sie unbeschwert Sticheleien mit ihnen ausgetauscht hatte. Auf der Bühne besaß sie eine magnetische Anziehungskraft. Sie war eine Kraft, mit der man rechnen musste. Aber als Mensch, ohne diese Maske, die sie stets aufbehielt, war sie eine ganz andere Person. Breites Lächeln. Ein intensives, raues Lachen. Lässige Bewegungen, die von Behaglichkeit sprachen, statt von dem Bedürfnis, Aufmerksamkeit zu erregen, und himmelblaue Augen, die funkelten, als ob sie tausend Geheimnisse verbargen.
Er wollte, dass diese Augen ihn ansahen. Dass er nicht nur in den Kreis derer aufgenommen wurde, denen sie vertraute, sondern ihr noch näher war. Er wollte die Geheimnisse hinter diesem Blick ergründen. Die Seele berühren, die diese Texte verfasste. Diese verfluchte Rüstung entfernen und sie beschützen, damit sie sie nie wieder brauchte.
Das waren ernste Gedanken. Verstörend für einen Mann, der sich sein Leben mit zwanglosen Beziehungen bequem eingerichtet hatte. Besonders da er kaum mehr als zehn Sätze mit Lizzy gewechselt und dabei ihre Wut angestachelt hatte. Er faltete die Notiz und steckte sie sich in die Tasche, behielt aber die Finger darum geschlossen. „Was hattest du bei ihr für ein Gefühl?“
Neben ihm starrte Jace auf die Bühne, den Blick auf Lizzy gerichtet, die von einer Seite auf die andere ging, die Gitarre quer vor dem Körper. Sie war beeindruckend gekleidet – hochhackige Stiefel, ein hautenges schwarzes Kleid und glitzernder Rockstarschmuck –, aber Jace hatte ein Talent dafür, tiefer sehen zu können. „Ich glaube, du hast recht. Sie hat eine Vergangenheit. Ich schätze eine, in der die Welt sie in die Mangel genommen hat, und in der nicht sie diejenige war, die Schuld daran hatte.“ Er blickte zu Axel. „Du hast sie eine lange Zeit beobachtet. Hast du schon ein wenig gegraben?“
„Da gibt es nicht viel. Sie ist in Tampa, Florida, geboren und aufgewachsen. Ich habe ein paar Live-Videos und Zeitungsausschnitte gefunden, die bis 2011 zurückreichen. Vor allem kleine Veranstaltungsorte. Sie hat ein paarmal als Vorband für mittlere oder wieder populärer werdende Bands aus den 1980ern gespielt, aber nichts davor.“ Axel nickte zur Bühne hinab. „Damals hatte sie auch nicht dasselbe Image. Sie wirkte trotzdem beeindruckend auf ihr Publikum, doch ihre Sachen waren sanfter. Eher breit gestreuter Alternative Rock statt Rock. Ein Manager namens Joffrey Reynolds stand hinter ihr.“
„Ich dachte, Vic hätte jemanden namens Rex erwähnt?“
„Rex Niland.“ Axel schüttelte den Kopf. „Ich glaube, er ist ein Freund. Er war auf Fotos mit Lizzy in den sozialen Medien, seit sie Profile dort hat.“
„Ein Freund oder mehr?“
„Sie kuscheln auf den Bildern, aber ich wette mein Vermögen darauf, dass es rein platonisch ist.“
„Was ist dann mit Joffrey passiert?“
„Er hat 2012 bei Miramar Records gearbeitet. Lizzy verschwand vom Radar und zog 2014 hierher. Sie und Rex haben getrennte Wohnungen im selben Gebäude. Sie hat erst Anfang 2016 angefangen, hier zu spielen. Da kam dann diese ganze Ausstrahlung einer starken Rockerbraut raus.“
„Ein neues Image für eine neue Stadt“, sagte Jace.
„Vielleicht.“
Jace’ Blick bohrte sich in Axel. „Hast du eine andere Theorie?“
Offen gestanden wusste er nicht, was er denken sollte. Seit er Lizzy das erste Mal hatte auftreten sehen, hatte er das Gefühl, er würde mit nichts als einem Spielzeugeimer versuchen, eine steigende Flut abzuwenden. Als er sie getroffen hatte und all die Dinge in Bewegung geraten waren, die er versucht hatte zu ignorieren, hatte das den Wasserpegel bis zu seinem Hals steigen lassen. „Wenn man in den Krieg zieht, wappnet man sich. Man rüstet sich mit Kevlar, damit man geschützt ist.“ Er neigte den Kopf in Lizzys Richtung. „Oder man verwandelt sich in einen harten Kerl. Das klappt großartig vor einem Publikum und hält die Menschen auf Distanz.“
Jace grinste. „Willst du sie aus diesem Kevlar schälen?“
Das war die Millionen-Dollar-Frage. Die, von der er immer noch nicht wusste, ob er die Antwort darauf hatte. „Nur wenn ich das schaffe, ohne dass einer von uns angeschossen wird.“
Innerhalb von einem Augenblick wurde Jace ernst. Selbst das gedämpfte Trommeln des Basses aus der Halle unter ihnen verklang unter seinem direkten Blick. „Es gibt keine Garantien. Das weißt du. Scheiße, unsere Leben waren ein verfluchtes Risiko nach dem nächsten, und wir haben es verdammt gut hinbekommen.“
Das hatten sie. Sie waren zwei Jungs gewesen, die in einer Wohnwagensiedlung bei Müttern aufgewachsen waren, die sich prostituierten, um die Rechnungen zahlen zu können. Jetzt hatten sie genug Geld, dass sie auf ihren Ärschen hocken bleiben konnten, bis sie tot umfielen, während ihre Familien es gut hatten.
„Wie wollen wir hier vorgehen?“, fragte Jace. „Zahle ich Lizzy heute Abend aus oder findest du deine Eier und stehst deinen Mann?“
Dieser verdammte Jace. Dreiunddreißig Jahre lang hatten sie Beleidigungen ausgetauscht und miteinander gewettet, und der Kerl musste das Unkreativste wählen, was es gab. „Das ist das Beste, was dir einfällt?“
Statt die Stichelei zurückzugeben, senkte Jace seine Stimme. „Du bist ein guter Mann. Du hast eine Familie, die dir bei allem, was du tust, den Rücken frei hält, und fast alles, was du jemals gewollt hast. Alles außer einem Traum, den du hinter dir gelassen hast, um dich um die Menschen zu kümmern, die du liebst. Und zum ersten Mal in deinem Leben gibt es eine Frau, die du anhimmelst. Wenn du das hier wagst, wirst du es nicht allein tun. Jeder von uns wird für dich da sein.“
Oh, sie würden da sein. Ob er es wollte oder nicht, und sie würden sich vermutlich mehr einmischen, als es gut für seine Geduld war. „Warum, glaubst du, habe ich das alles für mich behalten?“
Jace lachte leise, erwiderte aber seinen Blick. „Wie wollen wir vorgehen? Gehst du zu ihr runter oder soll ich sie hochbringen, damit du mit ihr über das Geschäftliche sprechen kannst?“
Er sah zu Lizzy und dieses leichte Ziehen machte sich in ihm breit. Er hatte dieses Gefühl noch nie ignoriert, und Jace hatte recht: Nichts in dieser Welt war sicher. Nichts, außer dass man verlor, wenn man den Versuch nicht wagte. „Bring sie hoch. Die Masche mit dem Geschäftlichen hat bei dir funktioniert. Vielleicht klappt es auch bei mir.“