Читать книгу Eine Alte Dame Ging Hering - Rich Schwab - Страница 9
Оглавление5
Isaak I
»Es geht doch nichts über ein Glas Champagner und eine gute Monte Cristo, wenn man etwas zu feiern hat«, schnurrte Isaak Eimermacher und blickte hinter dem schwarzen Dienstmädchen her, das ihm den Eiskübel gebracht und ein Glas Krug-Sekt eingeschenkt hatte. Fettsteiß schön und gut, dachte er, aber die wird auch immer fetter. Vielleicht bezahle ich die zu großzügig?
Aber das war jetzt nicht so wichtig. Genüsslich und in aller Ruhe beschäftigte er sich mit der Zeremonie, die das korrekte Anzünden seiner langen, hellbraunen Zigarre erforderte. Auf der Prinsengracht glitt ein Aussichtsboot voller knipsender Touristen durch die stinkende Brühe. Nicht dass sie ihn fotografieren könnten, hier hinter den gold-getönten Scheiben des Wintergartens im dritten Stock seines denkmalgeschützten Hauses, erbaut 1722. Kurz überschlug er ihre Zahl und registrierte, was drei Prozent ihres Ticketpreises in seine Taschen bringen würden. Dann lachte er – ein kurzes, quietschendes Wiehern, wie ein verwirrter, übermütiger Esel. Das war doch nun wirklich kleine Maus, das Kleingeld für seine Zigarren vielleicht, oder zumindest die Bestechungsgelder, die nötig waren, diese handgedrehten Kostbarkeiten aus Havanna in seinen Humidor zu schaffen.
»Aber die Steinchen«, murmelte er liebevoll die Glut seiner Especiales No.1 an, »die heiligen Ringe, sechzehn für jeden Finger, ach was, jeder von euch Schätzchen könnte ich einen davon an Stelle eurer papiernen Bauchbinden anziehen …! Sie kommen nach Hause, wohin sie gehören! Womit wir endlich – endlich! – die weltweit größte Sammlung antiker Ringe beisammen hätten! Das muss doch gefeiert werden!« Wieder das Wiehern. Dann lehnte er sich in dem mit orientalischen Kissen gepolsterten Korbstuhl zurück, trank sein Glas leer und warf es hinter sich, wo es an dem goldfarbenen Panzerglas zerschellte. »Prosit! Auch wenn die Sammlung Eimermacher dann – spätestens dann«, grinste er, »eine geheime bleiben muss – dreimal Prosit!« Er nahm sich ein neues Glas vom Tablett.
Eine Million Deutsche Mark – für einen Fußballer! Und nicht mal irgendein Fußballer, sondern sein tumber Schwiegersohn, den ihm seine dumme, missratene Tochter in den Pelz gesetzt hatte wie eine Laus. Aber vielleicht war sie doch gar nicht so blöde? Vielleicht hatte sie doch ein bisschen was von der Familienschläue geerbt, die er mitsamt seinem Imperium so gerne dem Sohn vermacht hätte, der ihm verwehrt geblieben war? Immerhin zeichnete sich ab, dass die Laus dabei war, eine goldene Laus zu werden. Eine Million! Und dieser alte Trottel von Bauunternehmer, dieser Emporkömmling aus Köln-Worringen, war bereit, das für diesen krummbeinigen Holzkopf hinzublättern! Was für ein Holzkopf das war, sah man ja schon daran, dass er sich wand und was faselte von »bei dem Verein sehe ich keine Zukunft für mich«! Gottverdomme! Er würde dem Blödmann Beine machen – wieder wieherte Eimermacher sein Kichern, als er an die krummen, dicken Beine seines Schwiegersohnes dachte, dann wurde er wieder ernst – immerhin waren diese Stampfer mit vier Millionen Pfund versichert. Er würde das geschickt einfädeln müssen. Erst seine Tochter überzeugen, aber das würde nicht so schwer sein – kriegte sie eben noch einen von diesen blöden schwarzen Gäulen aus dem Stall einer seiner Partner in den arabischen Ländern. Eine Investition, die sich lohnen würde. Denn dass sie, wenn sie überzeugt war, keine Mühe hätte, ihren O-Beiner zu überzeugen, das war so sicher wie sein nächstes Glas Champagner. Vier Jahre verheiratet, und der sabberte immer noch, wenn er in die Nähe seiner Frau kam, und überschlug sich bis zur Lächerlichkeit, ihr alles recht zu machen. Wieder kam ihm der Gedanke, dass Edna doch mehr auf dem Kasten hatte, als er ihr zugetraut hatte – zuzutrauen bereit gewesen war, wo sie doch bloß eine Tochter war. Er seufzte – die Zeiten änderten sich – jetzt hing schon das Geschick seines Erbes von einem Mädchen ab …!