Читать книгу Die Hirntod-Falle - Richard Fuchs - Страница 18
Präfinale Spenderkonditionierung
ОглавлениеEine Hirntoddiagnose wird in der Regel im Interesse Dritter gestellt. Das wurde im Zusammenhang mit der Novelle des Tranplantationsgesetzes von 201213 wiederholt gefordert, damit mehr Organe beschafft werden. Die Hirntoddiagnose berührt aber den Straftatbestand einer Körperverletzung, es sei denn, der Patient hat in einem einwilligungsfähigen Zustand nach vorheriger Aufklärung ihr zugestimmt. Erschwerend kommt hinzu, der Patient muss, um eine solche Diagnose zu ermöglichen, konditioniert werden und zwar in einem Zustand, in dem er rechtlich gesehen noch als lebend gilt. Erst nach abgeschlossener Hirntoduntersuchung und wenn das Hirntodprotokoll vollständig ausgefüllt ist, gilt der Patient als tot, obwohl sein Zustand sich in der Regel nicht verändert hat.
Während der Dauer der zeitlich getrennten zweimaligen Hirntoddiagnose muss auf die Behandlung des Patienten mit Schmerz-, Beruhigungsmitteln und Muskelrelaxantien verzichtet werden, wohl wissend, dass der Patient unter Umständen Schmerzen erleidet. Diese Situation wäre beispielsweise vorstellbar bei einem verunglückten Motorradfahrer, der als potenzieller »Organspender« geeignet erscheint. Dann hätte der Patient womöglich nicht mehr die Chance auf eine Behandlung, die seinem Wohl dient. Bei bloßem Verdacht auf Hirntod würde dann schon auf Schmerzmittel verzichtet, unabhängig davon, ob der Verletzte Schmerzen leidet oder nicht. Der fachliche Hintergrund ist, dass die zuvor genannten Arzneimittel abgebaut sein müssen, bevor eine Hirntoddiagnose gestellt wird. Anderenfalls wäre das Ergebnis der Diagnose gefälscht. Auch nach den Richtlinien der Bundesärztekammer müssen Medikamentenwirkungen zur Durchführung einer Hirntoddiagnostik ausgeschlossen sein.
Der Verzicht auf Schmerzmitteltherapie bei bloßem Verdacht auf Hirntod ist nicht nur rechtlich, sondern auch ethisch zu bewerten. Ärzte, die auf Schmerzmitteltherapie im Interesse Dritter, zugunsten einer reibungslosen zeitnahen Organentnahme verzichten, verletzen damit sträflich ihre ärztliche Fürsorgepflicht gegenüber dem komatösen Patienten im Todeskampf.14 Die klinische Medizin verzichtet allerdings auch in anderen Fällen kurzfristig auf Schmerzmittelgaben und Sedativa bei Patienten, die ähnliche Verletzungsmuster aufweisen wie die zur »Organspende« vorgesehenen Menschen, um zu sehen, wie sie reagieren, ob sie wieder zum Bewusstsein kommen. Das geschieht aber nicht im Interesse Dritter.