Читать книгу Azahrú - Richard Mackenrodt - Страница 8
ОглавлениеDie Tuareg
1
In der ersten Nacht fanden sie kaum Schlaf. Sie saßen noch sehr lange vor dem Zelt und schauten in die Sterne. Wie viel mehr es hier am Himmel zu sehen gab, und mit welcher Leuchtkraft die Sterne auf sich aufmerksam machten!
Der Morgen begrüßte sie mit völliger Windstille. Franz formte mit der Hand eine Vertiefung in den Sand und entfachte mit ein paar abgestorbenen Zweigen ein kleines Feuer - so hatte Abdel Aziz es ihm gezeigt. Er braute eine Kanne Kaffee, dazu aßen sie getrocknete Datteln. Während Franz den Wagen betankte, schlang Luise sich ein Tuch um den Kopf. Es sollte aussehen wie bei den Tuareg, aber dafür war das Tuch zu kurz. Außerdem fand Luise, dass Blümchenmuster auf einem Turban albern waren, und so brach sie den Versuch schließlich ab. Hier in der Nähe sollte es einen Tuareg-Stamm geben, zumindest hatte Abdel Aziz etwas von einem Lagerplatz gesagt, den sie ab und zu benutzten. Er hatte ein Kreuz auf die Landkarte gemalt, einige Kilometer südwestlich ihres Lagers. Franz, der das Fahren in den Dünen mittlerweile ganz gut beherrschte, fand die deutlich karger bewachsene Nachbar-Oase zwar auf Anhieb, aber sie war verlassen.
»Was glaubst du«, wollte Luise wissen, »wie lange ist es her, dass sie hier waren?«
»Ich bin kein Spurenleser«, meinte Franz. »Es können Wochen sein. Oder Monate.« Er blickte zum Himmel, weil die Sonne von einer Wolke verdunkelt wurde. Das war hier ein seltenes Schauspiel. Ein leichter Wind kam auf, der innerhalb weniger Augenblicke so stark wurde, dass Luise ihren Hut festhalten musste.
»Die Wolke«, sagte sie. »Sie ist gelb. Und sie geht runter bis zum Boden.«
Franz begriff endlich: »Das ist gar keine Wolke!« Das letzte Wort musste er schon schreien. Sand peitschte ihnen in die Gesichter, als würden sie mit Nadeln beschossen. Die Körner gruben sich in die Augenhöhlen. Aber man hätte sowieso nichts mehr sehen können. Sie riefen gegenseitig ihre Namen, oder besser: Sie versuchten es. Denn den Mund öffnen hieß, ihn mit Sand zu füllen. Franz tastete blind nach seiner Frau, hin und her. Er fand sie nicht. Luise war verschwunden. Bis er über sie stolperte, denn sie hatte sich auf dem Boden zusammen gekauert, um dem Sturm weniger Angriffsfläche zu bieten. Er fiel aufs Gesicht, aber der Schmerz war zweitrangig, da sich ohnehin schon alles anfühlte wie von Schmirgelpapier bearbeitet.
»Gehen wir zum Wagen!« Franz brüllte Luise mitten ins Gesicht, aber sie konnte ihn weder hören noch sehen. Er zog sie hoch und zerrte sie mit sich. Sie bewegten sich in die falsche Richtung, weg vom Auto. Ihre Nasen waren mit Sand verstopft, sie bekamen kaum noch Luft. Luise sackte zusammen, sie verlor das Bewusstsein. Franz ließ sie vorsichtig auf den Boden hinunter. Er riss sich das Hemd vom Leib und schlang es um Luises Kopf, um sie wenigstens ein wenig zu schützen. Dann spürte er, dass auch ihm die Sinne zu schwinden drohten. Er durfte nicht ohnmächtig werden! Sonst würden sie unter dem Sand begraben werden! Aber er hatte keine Chance. Die Natur war einfach stärker. Das war sie doch immer. Der Mensch vergaß das nur manchmal. Und ab und zu verhängte er damit das Todesurteil gegen sich selbst. Franz sank langsam auf Luises Körper und dämmerte der Besinnungslosigkeit entgegen, als feste, kräftige Hände nach ihm griffen. Er bekam schon kaum mehr mit, dass er hochgehoben wurde, und als man ihn auf ein Kamel hievte, baumelten seine Gliedmaßen umher wie die einer Puppe.
Das nächste, was er wahrnahm, war der frische, leichte Duft von dem feuchten Tuch auf seinem Gesicht. Er bewegte sich zur Seite und spürte all die Abschürfungen. Das Tuch fiel herunter. Die Augen brannten. Vor ihm im Zwielicht saß ein kleines Mädchen mit dunkler Haut und geflochtenen Zöpfen. Es sah ihn neugierig an, sagte etwas, das er nicht verstand und schien auf eine Antwort zu hoffen. Da erschien Luise hinter dem Kind. Ihr Haar war zerzaust, aber sonst sah sie aus, als wäre nichts gewesen.
»Na, Langschläfer«, sagte sie. »Da bist du ja wieder.«
»Wo sind wir?« fragte er.
»Im Zelt des Stammesführers, wenn ich das richtig verstehe.«
»Bei den Tuareg?«
Luise nickte. »Ohne sie wären wir jetzt tot.«
»Dann bist du wohl seine Tochter«, sagte Franz zu dem kleinen Mädchen.
»Sie heißt Mariamá«, sagte Luise. »Sie hat dir immer wieder das Kräutertuch auf die Stirn gelegt und mit deinen Füßen gespielt. Die findet sie lustig, weil sie so groß sind.«
»Danke, Mariamá«, sagte Franz und setzte sich auf. Das Mädchen lächelte stolz. Eine Matte wurde beiseite geschoben. Dadurch konnte Franz kurz sehen, dass draußen schon wieder die Sonne schien. Eine dunkelhäutige Frau kam herein, sie war unverschleiert und hatte ein ausdrucksstarkes, ebenmäßiges Gesicht.
»Das ist Fatou«, sagte Luise. »Die Frau des Stammesführers.«
Franz erhob sich, auch wenn das weh tat. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll«, begann er. »Wir stehen tief in Ihrer Schuld.«
»Sie versteht dich nicht«, sagte Luise.
»Ich weiß«, erwiderte er. »Aber fängt Verständigung nicht immer an mit einem ersten Satz?«
Fatou sagte etwas, mit ruhiger, melodischer Stimme, dann sah sie Franz erwartungsvoll an.
»Ich glaube«, sagte Luise, »sie möchte wissen, ob du Hunger hast. Sie hat gekocht, und es schmeckt fantastisch.«
»Vielen herzlichen Dank«, sagte Franz.
»In ihrer Sprache heißt das tannemert«, bemerkte Luise.
Franz sah sie staunend an: »Gibt es irgendetwas über diese Leute, das du noch nicht weißt?«
Fatou ging voraus, Luise und Franz folgten ihr nach draußen. Das Sonnenlicht brannte heftig in seinen Augen, aber das machte der Duft nach gebratenem Fleisch mehr als wett. Ein Mann saß am Feuer vor dem Zelt, auf einem Teppich im Sand. Sein Gesicht war verschleiert, und er schob gerade eine Teekanne in die Glut.
»Das ist Koumamá«, sagte Luise.
Der Stammesführer deutete neben sich auf den Teppich. Franz und Luise setzten sich stumm dazu. Er schöpfte mit einem großen Löffel Suppe aus dem Topf, der im Feuer stand, und reichte Franz die volle Schale.
»Tannemert«, sagte Franz. Koumamá ließ sich nicht anmerken, ob er es schätzte, in seiner Sprache angesprochen zu werden.
»Das schmeckt sehr gut«, sagte Franz, nachdem er gekostet hatte.
»Ekrar«, erwiderte Koumamá.
»Ich weiß nicht, was das heißt«, meinte Luise. »Zu mir hat er es auch schon gesagt.«
»Ihre Sprache nennt sich tamascheq«, erwiderte Franz. »Aber dafür gibt es kein einziges Wörterbuch.« Sie bemerkten, dass Koumamás Blick auf ihnen ruhte.
»Ich glaube«, sagte Luise, »er findet es unhöflich, dass wir uns in einer fremden Sprache unterhalten.«
»Ekrar?« wollte der Stammesführer wissen. Der Tonfall ließ eindeutig auf eine Frage schließen. Nur: Was hatte sie zum Inhalt? Koumamá sah Franz fragend an.
»Ekrar«, sagte Luise schließlich, ohne auch nur zu ahnen, was es heißen könnte. Koumamá schöpfte ein weiteres Mal aus dem Topf und füllte Franz‘ Schale.
Nach dem Essen gab es Tee. Aber nicht einfach so. Dem Genuss ging eine langwierige Prozedur voraus. Koumamá schüttete den zubereiteten Sud aus großer Höhe zielsicher in eine Blechkanne, um ihn anschließend aus ebensolcher Höhe zurück in die Teekanne zu befördern. Das wiederholte er mehrere Minuten lang, immer und immer wieder. Dadurch entstand eine Menge Schaum.
»Shahid«, sagte Koumamá.
»Shahid« sagte auch Luise.
Koumamá stellte drei kleine Gläser in den Sand und füllte sie vorsichtig mit nichts als nur diesem Schaum. Dann schob er die Teekanne zurück in die Glut, um den durch das Hin- und Hergießen erkalteten Tee wieder zu erhitzen. Endlich wurde er in die Gläser gegossen, wo er sich mit seinem Schaum wieder vereinigte. Koumamá reichte seinen Gästen die vollen Gläser. Sie bedankten sich höflich und lächelten freundlich. Koumamá lächelte nicht.
»Bismillah«, sagte er.
»Das ist arabisch«, wusste Franz. »Es heißt Im Namen Allahs«.
»Bismillah«, sagten Luise und Franz, fast wie aus einem Mund. Vorsichtig kosteten sie den Tee. Er war sehr stark. Und so süß, dass es Franz erst einmal schüttelte. Er versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Schließlich wollte er es sich mit seinem Gastgeber nicht schon beim ersten Treffen verscherzen. Bereits beim zweiten Schluck änderte er, zu seiner eigenen Überraschung, die Meinung. So übel war der Tee gar nicht. Beim dritten Schluck schmeckte ihm das Gebräu, und als die Tasse leer war, hoffte er auf eine zweite.
»Er ist köstlich!« rief Luise. »Ich liebe ihn!«
Koumamá musterte sie. Derart expressive Gefühlsbekundungen am Lagerfeuer war er nicht gewohnt. Um selbst trinken zu können hatte er seinen Schleier ein wenig herunter gezogen. Deswegen sahen sie, dass auch er sich nun den Anflug eines Lächelns nicht verkneifen konnte. Als ihm klar wurde, dass seine Gäste das bemerkten, schob er den Stoff rasch wieder hoch, und seine Augen wurden ernst. Auch Luise nahm schnell wieder Haltung an. Sie wusste: Der Kontakt mit diesen Leuten war für Franz sehr wichtig, also wollte sie sich benehmen.
Koumamá bereitete einen zweiten Aufguss vor, und diesmal sahen sie staunend, was für Zuckermengen er in die Kanne schüttete. Er ließ den Tee sehr lange ziehen, bevor er ihn wieder viele Male zwischen Teekanne und Blechkanne hin- und herschüttete. Der zweite Sud war etwas weniger stark, aber dafür noch süßer als der erste. Das war für Franz jetzt aber kein Problem mehr. Auch er war nun erfasst vom Strudel der Sucht, der jeden packte, der je von diesem Tee kostete. Die beiden wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was für eine zentrale gesellschaftliche Bedeutung die Teezeremonie für die Tuareg hatte. Das Ritual unterlag strengen Regeln und schrieb drei Aufgüsse vor: Der erste hatte bitter zu sein wie das Leben, der zweite süß wie die Liebe und der dritte sanft wie der Tod. Die Tuareg pflegten diesen Brauch nach jeder Mahlzeit, aber auch dann, wenn sie geschätzten Besuch bekamen. Er stand in direktem Zusammenhang mit der kompromisslosen Gastfreundschaft, der sie sich verpflichtet fühlten. Wer drei Gläser shahid von ihnen bekommen hatte, stand unter ihrem persönlichen Schutz.
Nach dem Essen unternahm Koumamá mit seinen Gästen einen Spaziergang durch das Zeltlager. Da waren die anderen Mitglieder des Stammes, verschleierte Männer, unverschleierte Frauen und bunt gekleidete Kinder. Luise wunderte sich über die unterschiedlichen Hautfarben, zwischen ganz hell und sehr dunkel gab es alle Schattierungen.
»Das liegt daran«, sagte Franz, »dass sie früher Sklaven hatten, vom Stamm der Hausa in Nigeria. Sie haben sich mit den dunkelhäutigen Frauen vermischt.«
»Was für ein schönes Volk sie sind«, bemerkte Luise. »Ob sie sich von mir malen lassen?«
Auf einer kargen Wiese standen ein paar Dutzend Kamele und wurden von Frauen geweidet, deren Kinder auf dem Boden saßen und spielten. Fatou hatte Mariamá an der Hand und sprach mit einer von ihnen.
»Sieh mal, sie ist auch schwanger«, sagte Luise. Franz sah sie nun auch, die Wölbung von Fatous Bauch. Und schon hatten die beiden Frauen ein gemeinsames Thema. Luise hatte keinerlei Scheu, sich mit Händen und Füßen zu verständigen, und es gelang ihr, mit Fatou eine Unterhaltung unter werdenden Müttern zu führen. Franz und Koumamá taten sich schwerer. Sie sahen ihren Frauen zu, wie sie miteinander lachten, sich Zeichen gaben und drauflos improvisierten - und hatten keine Ahnung, wie die beiden das anstellten.
Am Nachmittag ließ Koumamá ein paar Kamele satteln. Er sah den Zeitpunkt gekommen, Franz und Luise zurück zu bringen. Sie stellten sich beim Erklimmen der Tiere besser an, als er erwartet hatte. Dennoch warnte er davor, dass ihnen beim Ritt durch die Wüste schlecht werden könnte. Fatou sah ihn skeptisch an. War ihm nicht klar, dass die beiden kein Wort verstanden von dem, was er sagte? Koumamá zuckte mit den Achseln. Was sollte er denn tun? Er beherrschte die Sprache der Fremden nun einmal nicht. Fatou zeigte auf eins der Kamele, beschrieb gestisch das Besteigen des Tieres, bewegte ihren Oberkörper ein wenig auf und nieder, um einen Ritt zu simulieren, und dann tat sie, als müsste sie sich übergeben.
»Tannemert für die Warnung«, meinte Luise. »Wir sind bei der Überfahrt nicht seekrank geworden. Ich denke, wir schaffen das.«
Koumamá fand zwar, seine Frau habe sich vor den Fremden lächerlich gemacht, aber er musste zugeben, dass ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt waren. Er nahm noch zwei weitere Männer mit. Den Grund dafür begriffen Luise und Franz, als Koumamá sein Kamel nach einer Weile stoppte. Zuerst sahen sie gar nicht, dass da etwas aus der Düne ragte. Es war der linke vordere Scheinwerfer ihres Wagens. Der Rest war unter Sand begraben. Die Tuareg hatten Spaten und fingen an, ihn frei zu legen. Luise und Franz halfen mit den Händen. Ihm blutete das Herz, als er sah, dass das Stoffverdeck in Fetzen hing. Und das war nicht der einzige Schaden: Der smaragdfarbene Lack war stumpf und an vielen Stellen sogar weggeschmirgelt. Das Auto war ein Flickenteppich aus Blech, der gesamte Innenraum ein einziger Sandkasten. Franz hatte nur wenig Hoffnung, den Wagen wieder zum Laufen zu bringen. Aber dafür war jetzt ohnehin keine Zeit. Koumamá deutete zum Himmel. Bald würde die Dämmerung hereinbrechen. Er führte sie mit den Kamelen zu ihrem Zeltplatz in der Oase. Auch hier hatte der Sandsturm getobt, vom Zelt war nichts mehr zu sehen. Zum Glück hatte Franz nach der Ankunft eine Grube ausgehoben, in der er all ihre Habseligkeiten verstaut hatte. Die Grube war zwar randvoll mit Sand, aber die Sachen waren alle noch da - auch das Ersatz-Zelt, das Franz sofort aufbauen wollte. Koumamá signalisierte ihm, er möge das lassen. Seine Männer holten aus den Satteltaschen der Kamele Matten aus gegerbtem Leder, handgeknüpfte Seile und eine Vielzahl zugeschnitzter Äste. Nahezu wortlos fingen sie an, ein Tuareg-Zelt zu bauen, ein großes, hohes Mattenzelt mit aufwendiger Gerüstkonstruktion. Luise und Franz konnten nicht glauben, dass die Männer das für sie taten, einfach so, als wäre es völlig selbstverständlich. Keine Stunde, und das Zelt war fertig. Mit unübersehbarem Stolz führte Koumamá die Fremden hindurch. Er demonstrierte die Stabilität, indem er fest am Gerüst rüttelte.
»Tannemert reicht nicht aus, um Ihnen zu danken«, sagte Franz.
»Ar essaghat«, erwiderte Koumamá. »Alwaq olâghan.« Er und seine Begleiter bestiegen die Kamele. Es war schon fast dunkel, und es dauerte nicht lange, da war von den Kamelen und den Männern nichts mehr zu sehen.
Franz entzündete eine Petroleumlampe, die wohliges Licht im Zelt verbreitete. Luise legte ihren Kopf auf seinen Schoß. So lagen sie zusammen auf einer Decke und ließen ihre Blicke über das so atemberaubend schnell zusammen gezimmerte Skelett ihres Zeltes schweifen.
»Daran hängen sie alles Mögliche auf«, sagte Luise. »Das mache ich auch.«
»Mein Professor hat gesagt: In Afrika braucht man keine Pläne zu machen. Denn es kommt sowieso alles ganz anders.«
»Bisher dachte ich, das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat, war der Wagen, den wir von Papa zur Hochzeit bekommen haben. Aber dieses Zelt ist tausendmal schöner.«
»Der wesentliche Unterschied«, fügte Franz hinzu, »ist der, dass das Zelt einen Sandsturm überlebt.«
»Der Wagen ist kaputt, oder?«
»Ich sehe ihn mir morgen an«, sagte Franz. »Wenn im Motor und im Tank kein Sand ist, kriege ich ihn wieder hin.«
Das hatte er auch wirklich vor. Am nächsten Tag. Und am Tag darauf auch wieder. Es hat dann über zwei Wochen gedauert, bis er sich zu dem Wagen auf den Weg gemacht hat. Er hat ihn aber nicht gefunden. Franz Kapellmann hat den Mercedes SSK, den er von seinem Schwiegervater bekommen hatte, nie mehr wiedergesehen. Das lag auch daran, dass ihm schon am nächsten Tag klar geworden war: Was sie brauchten, waren Kamele! Mit Hilfe eines Kompasses gelang es ihnen schließlich, den Lagerplatz ihrer Retter wieder zu finden. Mariamá sah die beiden als erste und lief strahlend auf sie zu.
»Ma idjân!« rief sie.
»Hallo Mariamá!« freute sich Luise und ergriff die Hand des kleinen Mädchens. Die Kleine zog ihre neue Freundin zum Zelt ihrer Eltern. Die Bewohner des Lagers, an denen sie vorüber kamen, nickten nur, ohne sich groß zu wundern. Heute war die Anwesenheit der beiden Fremden schon keine Überraschung mehr.
»Assalam aleikum«, sagte Koumamá, als er die beiden sah. Fast schien es, als habe er sie bereits erwartet.
»Aleikum assalam«, antwortete Franz.
»Aleikum assalam«, sagte auch Luise. »Mal sprechen sie Arabisch, dann wieder nicht«, raunte sie ihrem Mann zu.
»Sie mischen die beiden Sprachen«, erklärte er. »Ich muss ein tamascheq-Wörterbuch schreiben. Man kann sie nur richtig begreifen, wenn man sie auch versteht.«
Natürlich gab es wieder Tee. Koumamá schob die Kanne in die Glut. Er wollte etwas von ihnen wissen, aber sie ver-standen ihn nicht. Doch Koumamá hatte dazugelernt. Er formte mit den Händen über dem Kopf einen großen Bogen und legte dann den Kopf auf die aufeinander gelegten Hände.
Franz verstand. Er lachte. »Wie wir geschlafen haben im neuen Zelt? Sehr gut! Ausgezeichnet!«
Auch wenn der Schleier seinen Mund bedeckte: Kouma-más Augen verrieten ihn! Er lächelte. Und er versuchte erst gar nicht, schnell wieder ernst zu werden.
Luise war inzwischen zu Fatou ins Zelt gegangen, denn sie wusste, es würde eine Weile dauern, bis der Tee soweit war. Sie hatte ihr etwas mitgebracht: eine alte Porzellanpuppe mit großen, blauen Augen, kirschrotem Mund und blonden Zöpfen aus echtem Haar. Die Puppe trug ein mintgrünes Biedermeierkleid, stammte aus der Produktion ihres Vaters und hieß Isabella. So hatte Luise sie genannt, als sie selbst fünf Jahre alt gewesen war. Seitdem war Isabella stets ihre unangefochtene Lieblingspuppe gewesen. Sie hatte schon lange keine Puppen mehr - mit Ausnahme von Isabella, die sie auf alle Reisen mitnahm. Bis gestern hatte Luise angenommen, sie würde sich niemals von ihr trennen. Dann war ihr die Idee gekommen, Fatou die Puppe zu schenken, für ihr Baby. Und auf einmal war es überhaupt nicht mehr schwer, sich von der kleinen, langjährigen Begleiterin zu trennen. Fatou war sehr berührt. Natürlich verstand sie, was Luise meinte, als sie erst auf die Puppe zeigte und dann auf Fatous runden Bauch. Fatou faltete die Hände vor der Brust und sagte: »Tannemert nek hullan hullan.«
»Gern geschehen«, erwiderte Luise. »Sehr gern sogar.«
Luise begriff, dass die Frauen im Stamm eine angesehene Stellung hatten, und das überraschte sie. Sie hatte damit gerechnet, dass Tuareg-Frauen, wie bei anderen islamischen Völkern, nicht viel zu sagen haben würden. Zwar waren auch hier die Männer die Versorger und Beschützer, aber der Wohnbereich gehörte den Frauen. Sie waren die Herrinnen der Zelte. Sie bestimmten, wie das Zelt auszusehen hatte und was hinein gehörte. Und vor allem auch wer hinein gehörte. Wenn eine Frau sich von ihrem Mann trennen wollte, hatte er das Zelt zu verlassen und sich eine neue Bleibe zu suchen. So forderte es der Brauch.
Franz wollte Koumamá bitten, ihm zwei Kamele zu verkaufen. Er hatte inzwischen gelernt, dass die Tuareg dieses Tier mehari nannten, und hielt zwei Finger hoch. Ob Koumamá das Aneinanderreiben von Daumen und Zeigefinger mit Geld in Verbindung bringen würde, wusste er nicht. Er stellte sich auf ein langwieriges, schwieriges und von diversen Pantomimen begleitetes Unterfangen ein - aber Koumamá wusste sofort, was er wollte. Er hatte sich selbst schon gefragt, wie die beiden Europäer sich wohl fortbewegen wollten. Natürlich war er bereit, ihm zwei Kamele zu überlassen. Er schrieb einen Preis in den Sand. Franz war klar: Für zwei Kamele war diese Forderung viel zu niedrig. War Koumamá nur Tauschgeschäfte gewohnt und hatte kein Gefühl fürs Geld? Nein, er machte seinem Gast einen Freundschaftspreis. Franz durchschaute das aber und verdoppelte die Zahl, die im Sand geschrieben stand. Koumamá sah sich die Zahl eine Weile an, als würde sie ihm eine Geschichte erzählen. Dann nickte er und ging mit Franz zu den Kamelen. Das Geschäft war geschlossen.
Koumamá zeigte Franz, wie man die Beine der mehara durch ein dünnes Seil so miteinander verband, dass sie zwar weiden, aber keine großen Schritte machen konnten. Auf diese Weise würde er sie stets schnell wiederfinden.
Nach der Rückkehr zu ihrem eigenen Zelt beobachtete Franz, wie Luise die Satteltaschen mit allen möglichen Dingen füllte.
»Dein Abendkleid, der silberne Füllfederhalter und die goldene Uhr?«
»Das möchte ich ihnen schenken.«
»Wieso?«
Ihr Blick war verständnislos. »Wie kannst du das fragen?«
»Wir sollten es nicht übertreiben.«
»Franz, sie haben uns das Leben gerettet! Mir, dir und unserem Kind!«
»Sie sind bescheidene Menschen. Sie wollen nicht, dass wir sie mit Reichtümern überhäufen.«
»Lass mich nur machen«, sagte sie.
Franz wusste: Es war sinnlos, Luise von etwas abhalten zu wollen, das sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Als sie fertig war, bestieg sie das Kamel und sagte trotzig: »Du brauchst ja nicht mitzukommen.«
Natürlich begleitete er sie trotzdem.
Luise breitete ihre Mitbringsel auf dem Teppich vor dem Zelt von Fatou und Koumamá aus. Stolz fing sie an, den Füllfederhalter zu erklären, aber der Stammesführer und seine Frau wollten von den Sachen nichts wissen. Koumamá ging wortlos davon. Mariamá, die sich als Einzige dafür zu interessieren schien, wurde von ihrer Mutter an der Hand genommen und ins Zelt geführt.
Bei der anschließenden Heimreise war Luise sehr niedergeschlagen. »Ich habe mich aufgeführt wie eine reiche Idiotin, die Lollis an schmutzige Straßenkinder verteilt«, lamentierte sie. »Ich habe sie zu Almosen-Empfängern degradiert. Ich habe sie beschämt und alles kaputt gemacht!«
Franz ritt hinter ihr her und sagte nicht viel.
»Und du hast es gewusst und mich nicht davon abgehalten!« rief sie. »Warum hast du es mir nicht verboten?«
»Manche Dinge versteht man nur, wenn man sie erlebt«, sagte er.
»Tu nicht so verdammt klug!« schimpfte sie. Dabei fuhr sie zu ihm herum, verlor das Gleichgewicht und kippte aus dem Sattel. Das Kamel war gut zwei Meter hoch. Das ist eine Menge, wenn man direkt auf den Kopf fällt, selbst wenn es weicher Sand ist, der einen bremst. Franz sprang vom Kamel und stürzte dabei selbst, aber das spielte keine Rolle. Vorsichtig drehte er Luise auf den Rücken und strich ihr den Sand aus dem Gesicht. Sie schien bewusstlos zu sein, aber sie atmete.
»Luise«, sagte er atemlos, und seine Stimme kippte dabei fast ins Falsett. »Kannst du mich hören?«
Ihre Augen waren geschlossen, aber ihre Hände tasteten nach seinen Schultern und zogen sie zu sich her, so dass er das Gleichgewicht verlor und auf ihren Oberkörper sank. Ihre Arme schlossen sich um ihn und hielten ihn fest.
»Ohne dich bin ich nichts«, flüsterte sie.
»Das ist nicht wahr«, sagte er. »Das ist überhaupt nicht wahr.«
»Dem Kind ist nichts passiert«, fügte sie hinzu und schob seine Hand unter ihre Bluse auf den Bauch. »Mich kriegt man nicht kaputt, aber der Kleine ist noch von einem ganz anderen Kaliber.«
»Du glaubst, es wird ein Junge?«
»Er wird etwas ganz Besonderes«, sagte sie.
2
Luise wollte die Kränkung, die sie den Tuareg zugefügt hatte, wieder gutmachen. Sie würde sie zu sich nach Hause einladen, zu einem Festessen. Daran war nichts Beschämendes, damit zeigte man dem anderen nur seine Wertschätzung und bot ihm seine Freundschaft an. Ohne die entsprechenden Sprachkenntnisse war das aber schwer zu vermitteln, und Luise bezweifelte, dass ihre pantomimischen Fähigkeiten dafür ausreichen würden. Also besann sie sich auf das, was sie am besten konnte, und malte ein Bild. Genau genommen wurden es sechs Bilder auf drei großen Leinwänden, eine Art Bildergeschichte ohne Text. Der erste Teil zeigte Luise und Franz, wie sie vom Sandsturm überrascht wurden. Auf dem zweiten wurden sie von den Tuareg gerettet. Auf dem dritten tranken sie Tee mit Koumamá. Das vierte zeigte, wie die Tuareg das Zelt für Luise und Franz errichteten. Auf dem fünften näherte sich eine große Anzahl von Tuareg dem Zelt von Luise und Franz, die ihre Gäste mit offenen Armen erwarteten. Und auf dem sechsten und letzten Bild saßen alle vor dem Zelt um ein Feuer herum und feierten, es wurde Musik gemacht, ein paar von ihnen tanzten ausgelassen. Franz war von den Bildern begeistert. Luise hoffte eigentlich nur, sie würden ihren Zweck erfüllen.
Am folgenden Tag ritten sie in das Lager und stellten die Bildergeschichte auf. Fatou und Koumamá kamen aus ihrem Zelt und trugen ernste, undurchdringliche Mienen zur Schau. Mariamá hatte das Zelt offenbar nicht verlassen dürfen und lugte zwischen den Ledermatten hervor. Während der amenokal und seine Frau die Bilder betrachteten, wurden andere Stammesangehörige neugierig und kamen hinzu. Manche fanden die Darstellungen erheiternd und zeigten mit den Fingern darauf. Luise fing an zu schwitzen, sie fühlte sich wie damals im Internat, wenn die Ordensschwester ihre Bilder begutachtete. Einmal hatte die einen dicken Malerpinsel genommen, ihn in schwarze Farbe getaucht, alles großzügig übertüncht, was ihr nicht gefiel, weil sie es zu anstößig fand, und dann gesagt: »Kindchen, jetzt ist es ein schönes Bild.«
Fatou wandte sich ihrem Mann zu. Sie tauschten einen stummen Blick. Dann nickte Koumamá und sagte: »Nek ardêgh.«
Luise deutete auf das letzte Bild mit der großen Feier. »Wann?« fragte sie. »Wann möchten Sie kommen?«
»Tîfaut«, antwortete Koumamá.
Luise sah Franz fragend an. »Was heißt das?«
Er schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Koumamá, was bedeutet das, tîfaut?«
Koumamá murmelte etwas und hob ratlos die Hände. Fatou deutete mit der rechten Hand auf die Mittagssonne, die im Süden stand. Dann führte sie mit ausgestrecktem Arm den bevorstehenden Lauf der Sonne fort, bis ihre Finger nach Westen deuteten. Nun richtete sie die linke Hand nach Osten, hob sie gen Süden und ließ auch sie nach Westen sinken, bis ihre Handflächen am Ende aufeinander lagen. Sie sah die beiden Besucher auffordernd an. Es war ganz still, keiner der Tuareg, die inzwischen im Halbkreis um die Bilder herum standen, gab einen Laut von sich. Luise und Franz wagten kaum zu atmen. Alle starrten die beiden Deutschen an.
»Morgen Abend!« rief Luise. »Das heißt morgen Abend, nicht wahr?«
In vielfachem Tempo wiederholte sie Fatous Pantomime, und jetzt begriff es auch Franz.
»Wunderbar!« sagte er. »Schön. Das passt uns gut.«
Eine kleine Woge der Erleichterung ging durch die Tuareg. Viele nickten, manche lachten. Selbst Koumamá nickte zufrieden.
Franz kaufte dem Stamm drei Schafe ab, die für ihn getötet und enthäutet wurden, bevor sie in die Satteltaschen kamen. Luise konnte dabei nicht zusehen, aber auch ihr war klar: Ein Festessen ohne Fleisch, das über dem Feuer gegrillt wurde, machte keinen Sinn. Den Wein würden sie in der Grube lassen, denn der muslimische Glaube verbot den Tuareg den Genuss von Alkohol. Während Franz am nächsten Vormittag das Fleisch vorbereitete, versuchte Luise zu backen, so wie sie es bei Fatou gesehen hatte. Sie bereitete den Teig zu für eine tâdjella, schob ihn unter die Glut, holte ihn nach einer Weile wieder hervor und bearbeitete ihn mit einer Drahtbürste, bis auch das letzte Körnchen Sand entfernt war. Aber das Ergebnis fand sie nicht befriedigend. Das Fladenbrot war zu hart und schmeckte fad. Das konnte sie unmöglich anbieten. Den ganzen Tag über steigerte sie sich in immer größere Aufregung hinein. Wie viele würden kommen? Hoffentlich würden sie nicht alle nur dasitzen und schweigen! Und um wie viel Uhr würden sie eigentlich hier auftauchen? Nachmittags um sechs oder abends um zehn? Franz versuchte gar nicht erst, sie zu beruhigen, sondern ließ ihrer Aufregung freien Lauf, denn er wusste, alles andere hatte überhaupt keinen Sinn.
Die Abenddämmerung war schon fortgeschritten, als Luise die Dekoration, mit der sie das Zelt geschmückt hatte, kritisch unter die Lupe nahm. Sie war nicht zufrieden. Zu Hause hätte sie alle Möglichkeiten gehabt, ein rauschendes Fest auf die Beine zu stellen. In der Münchner Gesellschaft waren ihre Feste berühmt, weil ihr jedes Mal etwas Neues einfiel. Einmal hatte sie einen Illusionisten verpflichtet, der sich unerkannt unter die Gäste gemischt und für allerlei Verwirrung gesorgt hatte. Ein andermal hatte der erste Teil des Festes in vollkommener Dunkelheit stattgefunden. Kein einziges Zündholz war erlaubt gewesen. Die Stimmung war auf eine einzigartige Wiese behutsam gewesen, ja poetisch. Als nach zwei Stunden das Licht entfacht wurde und die Gäste einander sehen konnten, wechselte die Atmosphäre und kam innerhalb kurzer Zeit zum Überkochen. Luise war davon überzeugt, dass in der anschließenden Nacht ein paar Babies mehr gezeugt worden waren als sonst. Aber heute hatte sie keine Musiker zur Verfügung, konnte keine Schellackplatten auflegen, es gab keine Bediensteten, und die Vielfalt der Speisen würde auch nicht gerade überwältigend sein.
Franz winkte in Richtung Osten, wo die untergegangene Sonne noch ihr rotes Feuer über den Himmel warf. Auf dem Kamm einer Sanddüne zeichneten sich die Silhouetten ab - mehara, die Frauen und Kinder trugen, und Männer, die durch den Sand gingen. Luise konnte nicht glauben, dass es so viele waren!
»Franz, ich glaube, das ist der ganze Stamm!«
»Sieht aus, als hättest du Recht«, sagte er. »Hoffentlich reicht das Fleisch.«
Die Tuareg hatten es sich nicht nehmen lassen, zur Verköstigung beizutragen. Sie hatten Ziegenfleisch und Schafskäse in den Satteltaschen, Gemüse und mehrere riesige Töpfe voller Couscous. Franz schätzte, dass sie alleine davon einen halben Zentner mitgebracht haben mussten. Koumamá stellte fest: Für so viele Leute und Gerichte war das Feuer viel zu klein. Seine Leute hatten Wurzelholz dabei, mit dem sie die Feuerstelle kurzerhand um das Fünffache vergrößerten. Franz hatte eine zweite Feuerstelle errichtet, weil er wusste, dass bei den Tuareg Männer und Frauen nicht miteinander aßen. Koumamá fand diese Maßnahme sehr respektvoll, winkte aber ab. Sie brauchten keine zwei Feuerstellen, denn hier waren sie zu Besuch, und deswegen galten die Regeln der Gastgeber. Die Tuareg genossen es, aus ihrem Lager mal heraus zu kommen. Das waren sie nicht gewohnt. Das Essen war reichhaltig und köstlich. Koumamá hatte ein halbes Dutzend Männer eingeteilt für die Tee-Zeremonie, und so glich es fast einer Choreographie, als sie alle den shahid hin und her gossen, immer und immer wieder. Zu fortgeschrittener Stunde packte Fatou eine imzad aus, eine Art Geige mit nur einer Saite, und spielte sie auf virtuose Weise. Zunächst sangen nur die Frauen dazu, aber es dauerte nicht lange, da stimmten die Männer mit ein. Franz beobachtete, dass viele der Männer immer weniger darauf achteten, ob der tagelmust, ihr Gesichtsschleier, korrekt saß. Sie zeigten ihre Münder und fanden nichts dabei. So waren sie: Sie hatten Regeln, aber wenn ihnen danach war, gestatteten sie sich Ausnahmen, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Und je mehr sie jemandem vertrauten, desto öfter wurden die Regeln gelockert. Es wurde das ausgelassenste Fest, das Franz und Luise je erlebt hatten. Töpfe wurden zu Perkussions-Instrumenten. Die Frauen stimmten ihre flirrenden Trillergesänge an, die sie nur in Momenten des größten Glücks erschallen ließen. Es wurde getanzt und musiziert bis tief in die Nacht hinein, und erst als es sehr kalt und die Glieder müde wurden, brach die Musik ab. Die Tuareg rollten Teppiche auf dem Sand aus, wickelten sich in ihre Decken und schliefen. Nur Luise und Franz fanden noch lange keinen Schlaf, viel zu aufgewühlt waren sie von diesem Abend und dieser Nacht.
3
Als Franz am frühen Morgen aus dem Zelt trat, hatte er damit gerechnet, die Tuareg noch schlafend vorzufinden, weil von draußen keinerlei Geräusche herein gedrungen waren. Aber sie waren weg. Und sie hatten gründlich aufgeräumt. Nur die noch immer schwach vor sich hin glimmende Glut und der aufgewühlte Sand zeugten davon, dass sie hier gewesen waren. Ihm war klar: Nun war der richtige Zeitpunkt, um in eine neue Phase einzutreten. Als Luise mit verstrubbeltem Haar müde aus dem Zelt blinzelte, hatte er schon die Kamele gesattelt und auf den Resten der Glut Kaffee zubereitet. Er wollte keine Zeit verlieren.
Am späten Vormittag waren sie im Lager der Tuareg, und Franz trug Koumamá sein Anliegen vor. Er wollte tamascheq lernen und, als Teil seiner Forschungsarbeit, ein umfassendes Wörterbuch schreiben. Koumamá begriff schließlich, was er vorhatte, und war einverstanden. Von nun an war Franz stets mit Bleistift und Notizblock im Lager unterwegs, und die Stammesmitglieder gewöhnten sich schnell daran, dass er auf alle möglichen Dinge deutete, um zu hören, wie man auf tamascheq dazu sagte. Luise hatte Leinwände, Farben und Pinsel mitgebracht und erbat die Erlaubnis, das Lager und seine Bewohner darstellen zu dürfen. Auch dagegen hatte Koumamá nichts einzuwenden. Mariamá war die erste, die unbedingt von Luise gemalt werden wollte. Sie steckte sich Blätter und Gräser ins Haar und wollte besonders hübsch aussehen. Aber nachdem sie ein paar Minuten Modell gestanden hatte, wurde es ihr langweilig, und sie lief davon. Luise hatte mit dem Bild von ihr gerade erst angefangen, aber das machte nichts.
»Abmalen kann jeder«, sagte sie. »Wahre Kunst kommt aus dem Bauch.«
Franz war gefesselt von den Besonderheiten der Sprache, die er erforschte. Das Wort für Löffel etwa lautete tesôkalt. Wenn ein targi von einer Gabel sprach, sagte er hingegen tesôkalt ta-n îssînen, das bedeutete wörtlich übersetzt »Löffel mit Stacheln«. Andererseits verzichtete das tamascheq auf allerlei Ballast, den das Deutsche mit sich führte. Es gab keine Artikel, weder bestimmte noch unbestimmte. Ähnlich wie im Englischen existierte auch keine Höflichkeitsform, man sagte Du, ob man sich gut kannte oder jemandem zum ersten Mal begegnete.
Franz schlug Luise vor, sich auch miteinander nur noch auf tamascheq zu unterhalten. Wenn sie das eine Weile durchhielten, würden sie bald anfangen, in dieser Sprache zu denken. Luise ließ sich darauf ein, bestand aber darauf, auch weiterhin Deutsch mit ihm zu reden, wenn sie miteinander schliefen.
Innerhalb weniger Wochen konnten sie sich mit den Tuareg fließend unterhalten. Natürlich gab es noch Lücken, aber die schlossen sich mehr und mehr. Koumamá war beeindruckt, dass diese Menschen sich derart darum bemühten, sein Volk kennenzulernen. Er konnte halbwegs Französisch sprechen, wie einige andere seines Stammes, und auch etwas Hausa, aber er tat es nicht gerne. Die einzige Sprache, in der er sich zu Hause fühlte, war seine eigene.
Nachdem Luise ein paar Stammesmitglieder gemalt hatte, galt es auf einmal als schick, von ihr in Öl festgehalten zu werden, und viele andere standen ihr bereitwillig ebenfalls Modell. Nur Koumamá hatte daran kein Interesse. Und dabei war er derjenige, bei dem Luise besonders darum warb, ihn malen zu dürfen. Er strahlte eine Mischung aus Ruhe und Zufriedenheit aus, die sie furchtbar gerne auf die Leinwand bannen wollte.
»Koumamá«, begann sie ein weiteres Mal, »ann ahi tannemert - sag mir bitte, was muss ich tun, damit du Ja sagst?« Ihr tamascheq klang gar nicht übel.
»Nek wer ardêgh - ich möchte nicht«, antwortete er gelassen. »Auch wenn du mich noch hundertmal fragst.«
»Ma fell - warum denn nicht?« quengelte sie. »Es tut doch nicht weh.«
»Es muss genügen, dass ich nicht möchte«, sagte er.
»Aber wenn du es erklärst, wirst du mich los.« Sie lächelte. »Wenn ich verstehe, warum du es nicht möchtest, habe ich etwas, das ich respektieren kann.«
»Um mich zu respektieren«, sagte er, »musst du mich nicht verstehen.«
Luise seufzte. »Du bist ein störrischer Knochen«, fügte sie auf Deutsch hinzu, um sofort wieder ins tamascheq zu wechseln. »Entschuldigung. Ich sollte so sprechen, dass du es verstehst.«
»Warum bedauerst du den Gebrauch deiner eigenen Sprache?«
»Es ist unfreundlich, Worte zu gebrauchen, die der andere nicht kennt.«
»Es fällt mir auf«, sagte Koumamá, »wie oft ihr euch bei uns entschuldigt. Wir machen das nicht.«
»Und wenn du etwas tust, das du bedauerst? Dann entschuldigst du dich doch auch.«
»Nur wenn ich dem anderen schaden wollte und mich deswegen schlecht fühle.« Koumamá lächelte. »Ich möchte nicht gemalt werden«, sagte er, »weil ich glaube, ein Teil von mir wäre dann in deinem Bild. Als Führer dieses Stammes kann ich mir aber nicht erlauben, dass ein Teil von mir woanders ist. Ich brauche all meine Kraft für meine Leute.«
»Das verstehe ich«, sagte Luise. »Und ich werde es respektieren.«
Franz sprach mit den älteren Männern und Frauen des Stammes. Er wollte herausfinden, wie sich das Leben der Tuareg seit dem letzten Jahrhundert verändert hatte. Das war viel schwieriger, als er gedacht hatte, und das lag nicht an sprachlichen Problemen, denn Franz beherrschte tamascheq noch besser als Luise. Es hatte vielmehr damit zu tun, dass zurückliegende Dinge einen targi ganz einfach nicht interessierten. Historie verschaffte ihm nichts zu essen, sie sorgte nicht dafür, dass er ein Wasserloch fand, und sie schenkte ihm weder Kamele noch Weideplätze. Warum also sollte er sich damit beschäftigen? Ein targi brauchte nur zwei Worte, um zu umreißen, was in seinem Dasein wirklich wichtig war: Aman iman - Wasser ist Leben.
4
Franz sah, wie Luise hinter der Sanddüne stand und sich übergeben musste, und verlor seine letzten Zweifel an ihrer Schwangerschaft. Es würde ihm schwer fallen, in einigen Wochen schon wieder die Heimreise anzutreten. Er kam mit der Arbeit gut voran und hatte das Gefühl, Teil von etwas ganz Besonderem zu sein. Wenn sie zurück nach Deutschland reisten, würden sie die Tuareg und die Wüste wahrscheinlich nie wiedersehen. Sie würden ihr Kind bekommen und Eltern sein.
Koumamá dagegen konnte die Geburt seines zweiten Kindes kaum erwarten. Dieses Mal sollte es unbedingt ein Sohn sein. Eine Tochter hatte er ja schon. Es war wichtig, dass es ein Kind gab, das ihn später einmal als Stammes- und Karawanenführer beerben konnte. Und Fatou war, so sehr er sie auch liebte, leider keine Frau, die allzu oft schwanger wurde. Andere Frauen im Stamm hatten vier oder fünf Kinder, Fatou dagegen bisher nur ein einziges, und das war für einen Stammesführer ganz einfach viel zu wenig. Sie war nun schon über 30. Das hier war möglicherweise schon das letzte Kind, das sie bekommen würde. Es musste ganz einfach ein Junge sein!
Luise porträtierte einen Tuareg, der vor ihr auf dem Kamel saß und versuchte, das Tier ruhig zu halten. Er hatte sich herausgeputzt, seine besten Sachen angezogen, und nun blickte er so stolz und würdevoll drein, wie er nur konnte.
»Alkhêr ghâs - sehr gut, Hamzat, du machst das wirklich ausgezeichnet«, sagte sie.
»Kann ich das Bild mal sehen?« wollte er wissen.
»Erst wenn es fertig ist. So lange musst du dich noch gedulden.« Luise drehte sich um, weil sie hörte, wie jemand angelaufen kam. Es war Mariamá, und sie war völlig außer Atem.
»Mutter ist umgefallen!« rief die Kleine. »Und Vater ist nicht da!«
»Hamzat, du darfst es dir doch schon ansehen!« rief Luise und rannte hinter Mariamá zum Zelt von Fatou. Tarishat, eine der ältesten Frauen, war schon bei der Frau des Stammesführers. Sie wusste, was zu tun war, wenn eine Frau in den Wehen lag. Tarishat gestattete Luise, bei der Geburt mitzuhelfen, schickte Mariamá aber hinaus. Koumamá war inzwischen auch gekommen, durfte aber ebenfalls nicht hinein. Das war Frauensache, da hatte er nichts zu suchen. Er strich nervös um das Zelt herum, bis Franz kam und ihn in ein Gespräch verwickelte, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Luise tat alles, was Tarishat ihr an Handreichungen befahl, und vor allem sprach sie Fatou Mut und Durchhaltevermögen zu.
Als Koumamá den ersten Schrei des Babys vernahm, meinte er: »Es klingt wie ein Junge, oder? Franz, ist das ein Junge?« Franz konnte es nicht sagen. »Ist es ein Junge?« rief Koumamá ins Zelt hinein, aber er bekam keine Antwort. Endlich kam Tarishat mit dem Baby auf den Armen heraus.
»Dein Kind ist gesund«, sagte sie. »Und deiner Frau geht es gut.«
»Ist es ein Junge?« war alles, was er wissen wollte.
»Sie ist wunderschön«, sagte die alte Frau.
Koumamá legte den Kopf in den Nacken und blickte in den Himmel. Er atmete tief durch.
»Sieh sie dir wenigstens an«, forderte Tarishat ihn auf.
Koumamá wandte sich ab und ging davon, ohne auch nur einen Blick auf seine zweite Tochter geworfen zu haben.
»Koumamá!« rief Franz. »Sieh doch, wie hübsch sie ist.«
Aber Koumamá verschwand wortlos zwischen den anderen Zelten, fort von seiner Frau, die gerade ein gesundes Kind auf die Welt gebracht hatte, und die, von einem Weinkrampf geschüttelt, in Luises Armen die bittersten Tränen ihres Lebens vergoss.
5
Zwei Tage und zwei Nächte blieb Koumamá verschwunden. Fatou stillte ihr Baby, aber ihre Tränen wollten nicht trocknen. Franz und Luise kehrten erst am Tag nach der Geburt zu ihrem Zelt zurück, und wieder einmal tat Luise, was sie am besten konnte. Zwar hatte Koumamá es ihr untersagt, aber das war jetzt gleichgültig, denn er hatte sich abscheulich benommen.
»Wahre Kunst kommt aus dem Bauch«, sagte sie und begann wütend den Pinsel zu schwingen. Nur die hereinbrechende Nacht konnte sie Stunden später zum Aufhören bewegen. Sie aß etwas und schlief ein paar Stunden, um im Morgengrauen schon wieder an der Staffelei zu sitzen und bis zur Mittagszeit ihr Werk zu vollenden.
Als Luise und Franz mit den Kamelen im Lager eintrafen, verbreitete sich gerade die Nachricht, dass Koumamá gesehen worden war, wie er von den Bergen des Aïr zu Fuß zurück kehrte zu seinem Stamm. Die Tuareg spürten, dass etwas in der Luft lag, das sich bei seiner Ankunft entladen würde. Koumamá kam und ging wortlos an ihnen allen vorbei auf sein Zelt zu.
»Sie will dich nicht sehen«, sagte Fatous ältere Schwester.
»Ich gehe zu meiner Frau, wann immer ich will«, erwiderte Koumamá. Tarishat kam aus dem Zelt.
»Sie trennt sich von dir«, sagte die alte Frau. »Aber sie ist nicht bereit, dir die Kinder zu überlassen.«
Genau da lag das Problem, wenn Tuareg-Eltern sich voneinander trennen wollten. Der Frau gehörte das Zelt. Darum hatte der Mann auszuziehen, wenn sie die Beziehung mit ihm für beendet erklärte. Ein Stammesführer machte da keine Ausnahme. Auf der anderen Seite gehörten die Kinder aber dem Mann! Der hatte - und hier wurde es richtig kompliziert - nach dem Auszug aus dem Familienzelt keine Unterkunft mehr, und das wiederum wollte man Kindern nicht zumuten. Deswegen kamen Kinder in so einem Fall erst einmal zur Familie seines Bruders - bis er eine neue Frau gefunden hatte. So wollten es die ungeschriebenen Gesetze.
Fatous Bruder kam ebenfalls aus dem Zelt, um Koumamá den Zutritt zu verwehren, falls es nötig werden würde. Koumamá sank auf die Knie und begann zu sprechen: »Prinzessin Tin Hinan, Mutter aller imushaq, lehrt uns, was die Welt im Innersten zusammen hält: dass immer eine Frau der Ursprung aller Dinge ist. Die Frau ist die Flamme des Lebens. Und ich bin ein Dummkopf, der es verdient hat, mit den Knien im Sand zu kauern. Fatou, meine über alles Geliebte, ich schäme mich und bin es nicht wert, dass du mir verzeihst, und dennoch bitte ich dich darum.« Koumamá hielt das Haupt gesenkt. Er wartete. Aber nichts passierte. Luise griff nach der Hand von Franz. Der ganze Stamm schien den Atem anzuhalten. Schließlich stand Koumamá langsam auf und drehte sich zu seinen Leuten um. »Nach dem heutigen Tag«, sagte er, »kann ich nicht länger Anführer dieses Stammes sein. Ein Mann hat sich dieser Aufgabe würdig zu erweisen. Sie ist Ehre und Verpflichtung zugleich.«
Die Tuareg teilten sich, als sie Koumamá durch ihre Mitte gehen ließen.
»Wo geht er hin?« wollte Luise flüsternd von Tarishat wissen.
»Fort«, sagte sie nur.
Koumamá wollte zum anderen Ende des Lagers, wo die Kamele weideten. Er würde sein mehari satteln, einen Schlauch mit Wasser füllen, und dann würde er versuchen, sich bei seinem Ritt ins Nirgendwo nicht mehr umzusehen. Gut möglich, dass er sein Schwert noch vor Einbruch der Nacht gegen sich selbst richten würde.
»Koumamá!« Die Stimme hätte er unter tausend anderen erkannt. Es war Fatou, die nach ihm rief. Sie stand am Eingang zum Zelt, mit Mariamá neben sich und dem Baby auf den Armen.
»Schleich dich nicht davon wie ein Dieb!« rief sie. »Hier sind drei Frauen, die dich lieben, und ein Stamm, der dich braucht!«
6
Luise hatte für das Gemälde ihre größte Leinwand geopfert. Es zeigte Koumamá in seinem indigoblauen Gewand, mit korrekt sitzendem tagelmust. Daneben stand Fatou, in bunter Festtagskleidung, mit Mariamá an der Hand. Auf den Armen Koumamás lag das Baby, nackt und ungeschützt.
»Ein Teil von dir ist jetzt da drin«, sagte Luise. »Ob es dir gefällt oder nicht.«
»Ein Teil von mir«, erwiderte Koumamá, »sollte immer bei meiner Familie sein, selbst wenn ich die Salzkarawane durch die Wüste führe.«
»Du kannst dich ja doch entschuldigen.« Luise konnte es sich nicht verkneifen, ihn noch ein wenig zu provozieren, und Franz machte ihr bereits Zeichen, das doch lieber zu lassen. Aber Koumamá ertrug es mit Gleichmut.
Sechs Tage nach der Geburt begannen die Feiern zu Ehren des Neugeborenen. Die Frauen bespannten die tende, kleine Holzfässer, in denen sie sonst Hirse zerstampften, mit Tierfellen, um sie als Trommeln zu benutzen. Alle Frauen und Kinder des Stammes tanzten singend und Trommeln schlagend um Fatous Zelt herum, in dem sie mit ihrem Mann und ihren Kindern saß. Das taten sie, um die bösen Geister zu verjagen, die sonst vielleicht von der Kleinen Besitz ergriffen hätten. Sie sangen laut und wild, denn die Geister sollten Angst bekommen. Die größte Angst aber bekam das Baby selbst, das - abwechselnd gehalten von Fatou und Koumamá - so lange weinte, bis es vor Erschöpfung einschlief. Die Frauen sangen, tanzten und trommelten Stunden lang, bis auch sie müde wurden und sich zurückzogen.
Am Tag darauf fanden die eigentlichen Feierlichkeiten statt. Der ganze Stamm versammelte sich um das Kind, das festlich gekleidet war und mit großen, dunklen Augen das bunte Treiben um sich herum verfolgte. Der Höhepunkt des Festes war erreicht, als Koumamá hervor trat und verkündete: »Das Kind heißt Dafinah!«
Anschließend erwies jedes einzelne Stammesmitglied dem Baby seine persönliche Ehre, angefangen von den engsten Verwandten, die dem Kind sein ajif überreichten. Dabei handelte es sich um Tiere, die man einem neugeborenen Tuareg-Mädchen schenkte. Dafinah bekam mehrere Ziegen und Schafe und von ihrem Onkel ein Kamel. Sie würde von Geburt an damit beginnen, ihre eigene Herde aufzubauen, die sich im Laufe ihrer Kindheit nach und nach vermehren sollte. Ihre Eltern würden sich um die Tiere kümmern, bis sie selbst groß genug wäre, das zu tun.
»Was heißt Dafinah?« wollte Luise von Franz wissen.
»Verborgener Schatz«, sagte Franz.
»Natürlich«, meinte Luise. »Koumamá hat diesen Schatz erst entdecken müssen.«
Alle nahmen an, dass es besser war, die Krise zwischen Koumamá und Fatou nicht mehr zum Thema zu machen. Schließlich hatten sie sich wiedergefunden. Warum also noch daran rühren? Sie hatten nicht mit Koumamá selbst gerechnet. Er war ein Mann, der Stunden lang schweigen konnte und überflüssiges Geplapper hasste wie den Dorn einer Distel in seinem Fuß - aber er hatte ein Gespür für Dinge, die noch bearbeitet gehörten, bevor man sich von ihnen abwenden konnte.
»Nicht im Himmel noch auf Erden«, sagte Koumamá, »gibt es jemanden, der von sich behaupten könnte, keine schwache Stelle zu haben. Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, will ich es mit aller Macht und empfinde es als persönliche Herabsetzung, wenn man es mir nicht geben will. Nun: Wer etwas will, riskiert stets, sich zu verlieren. Das suchen wir zu vermeiden, und dennoch ist es wichtig, dass wir Fehler machen. Fehler, die weh tun. Erst nach einem Schlag spürst du den Schmerz. Erst wenn du vom Weg abkommst, willst du ihn wiederfinden. Und nur wenn du in deine eigenen Tiefen herabgestiegen bist, kannst du dich anschließend erheben.« Koumamá schwieg und blickte in die Runde. Die Augen aller Stammesmitglieder waren auf ihn gerichtet. Wer auch immer in den vergangenen Tagen an ihm gezweifelt haben mochte: Jetzt waren sie stolz, ihn zu haben. Die Männer waren bereit, für ihn ihr Leben zu geben. Die Frauen waren froh, ihre Familien in seinen Händen zu wissen.
»Wenn Menschen nicht in einer Familie vereint sind, dann sind sie verloren«, sagte Koumamá. »Die Zeiten sind schwierig, denn die Franzosen und Italiener wollen nicht, dass wir so leben, wie wir es tun. Sie wollen uns die takubas und die Zelte nehmen. Sie bauen uns Häuser und fordern uns auf, in den Städten zu arbeiten. Aber wir sind ein Volk, das es nicht erträgt, sesshaft zu werden. Das entspricht uns nicht. Heute sind wir auf der Îdenan-Ebene, morgen im Tâdrart, und vielleicht ziehen wir in die Hammâda am äußersten Ende der Welt, wenn der Nordwind sich erhebt und uns gute Nachricht von regenreichen Zeiten bringt. Das ist ein altes Gesetz.« Koumamá griff nach einer ledernen Zeltplane und hielt sie fest. »In meinem Zelt habe ich den Sand unter den Füßen. Ich kann mich frei bewegen, es gibt nichts, woran ich mich stoßen kann. Ein Haus dagegen besteht aus Mauern. Stein. Wenn ich darin lebe, pralle ich mit dem Kopf dagegen. Ich spüre den Wind nicht, denn die Mauern halten ihn von mir fern. Ich höre den Schakal nicht, der auf der Weide meine Ziege tötet, denn die Mauern sind dick und lassen nichts hindurch. In einem Haus stumpfen meine Sinne ab, ich werde feige und schlaff. Ein Haus macht mich zu meinem eigenen Sklaven. Solange ich euer Anführer bin, werden wir leben, wie wir es immer getan haben, egal, was die Franzosen uns bieten. Wenn sie uns zwingen wollen, gehen wir in die Berge des Aïr, wo sie uns nicht finden können. Sie glauben, sie hätten das Recht, uns zu sagen, was wir tun sollen. Aber wir kennen die Wasserstellen, die sonst keiner kennt. Nur wir wissen, wo die heilenden Kräuter wachsen. Wir haben dieses Land erobert und erlitten, und deswegen gehört es uns, und wir werden leben, wie es uns gefällt.«
Einer der Männer antwortete mit einem kehligen Laut der Zustimmung. Andere folgten seinem Beispiel, und innerhalb weniger Augenblicke verschmolzen all ihre Stimmen zu einem einzigen, donnernden Ruf. Auch Luise und Franz stimmten mit ein. Koumamá hob die Hände, und auf sein stummes Geheiß ebbte das Rufen wieder ab. Er setzte sich zu seiner Frau und seinen Kindern, und nun konnte unbeschwert gefeiert werden.
7
Ein paar Tage später befahl Koumamá die Auflösung des Lagers. Die Weiden waren kahlgefressen. Als neuen Standort wählte er die Oase, die von dem deutschen Paar bewohnt wurde. Luise und Franz freuten sich, den Stamm als neue Nachbarn zu bekommen, sie hatten die letzten Wochen ohnehin zum größten Teil im Lager verbracht.
Luise suchte die Nähe von Fatou und dem Baby, denn sie war neugierig auf alles, was in einigen Monaten auch ihr Leben bestimmen würde.
»Fra-hanz?« machte sie und lächelte ihn schmeichelnd an. Sie hatte etwas ausgeheckt, das war klar.
»Lass mich raten«, sagte er. »Ich soll dich massieren.« Luise schüttelte den Kopf.
»Du möchtest etwas Bestimmtes essen. Schwangere Frauen und ihre bizarren Gelüste.«
»Ich will dir etwas vorschlagen«, antwortete sie, »und weiß, du wirst nicht einverstanden sein.«
»Was ist es?«
»Siehst du, wie viele gesunde Kinder es hier gibt?«
Franz wurde ernst. »Die Antwort lautet Nein«, sagte er. »Wenn etwas schief geht, gibt es keine professionelle Hilfe.«
»Tarishat hat schon viele Dutzend Kinder auf die Welt gebracht«, sagte Luise. »Nie ist etwas passiert.«
Diesmal blieb Franz hart. Er wollte nicht zulassen, dass sie sich und ihr Baby in Gefahr brachte. Da hörte der Spaß auf. Nur war Luise jemand, der von einer Idee nicht leicht abzubringen war, das wusste er selbst am besten.
»Ich weiß ganz genau«, sagte sie, »wie viel dir das hier bedeutet.«
»Es ist nur eine Doktorarbeit«, behauptete er.
»Franz, das ist Blödsinn. Du arbeitest an einem bahnbrechenden Standardwerk, von dem ganze Generationen profitieren werden! Denkst du, das ist mir nicht klar? Aber nur, wenn wir hier bleiben. Ein Jahr, zwei Jahre, keine Ahnung, so lange, wie es eben dauert! Ich will dir das ermöglichen, und ich will auch nicht schuld daran sein, dass du dieser Gelegenheit ein Leben lang nachtrauern musst!« Ihre Haare flogen durch die Gegend, so temperamentvoll vertrat sie ihren Standpunkt.
»Ich würde dir das niemals vorwerfen«, erwiderte Franz.
»Ich weiß!« sagte sie. »Du wirfst mir nie etwas vor, auch wenn ich mich noch so grauenhaft benehme. Manchmal wünschte ich, du würdest nicht so nachsichtig sein, weil ich mir dann vorkomme wie ein kleines Kind. Manchmal wünschte ich, du würdest mich stoppen, mir sagen: Halt, meine Liebe, so wird das gemacht! Aber andererseits liebe ich dich genau so, wie du bist! Lass uns das Kind hier bekommen, Franz, bitte. Es wird alles gut.«
»Tut mir leid«, sagte er. »In dieser Sache lasse ich nicht mit mir reden.«
»Und wenn ich mich weigere?« fragte sie trotzig. »Niemand kann über mich bestimmen, auch du nicht. Ich fühle mich hier inspiriert, ich habe nie zuvor so schöne Bilder gemalt. Ich fange gerade erst an, eine Entwicklung zu nehmen, die kein Künstler vor mir je durchlaufen hat.«
»Wir können zurück kommen«, schlug er vor. »In ein paar Jahren. Mit unserem Kind.«
»Dann ist es nicht mehr dasselbe. Das weißt du! Alles wird anders sein. Wir werden versuchen, das zu kopieren, was wir jetzt erleben - und es wird nicht funktionieren.« Ihr Blick war durchdringend. Er wusste, dass sie zumindest in diesem Punkt Recht hatte. Und sie wusste, dass er es wusste. Aber deswegen würde er noch lange nicht nachgeben. Das Wohl von Mutter und Kind war ihm wichtiger als seine Arbeit, Luises Inspiration und intensive Erlebniswelten.
Luise versuchte sich Rat zu holen bei Fatou, aber die wollte sich nicht einmischen. Sie konnte Luise nur zusichern, bei einer Geburt in der Wüste die volle Unterstützung von den Tuareg zu bekommen, aber weder sie noch Koumamá oder ein anderer Stammesangehöriger würden versuchen, auf Franz einzuwirken. Diese Entscheidung ging nur sie beide etwas an.
Zum ersten Mal fanden Luise und Franz für einen Streit keine Lösung. Sie sprachen wenig miteinander und fanden es furchtbar. Sie waren es gewohnt, Kraft aus der bloßen Anwesenheit des anderen zu schöpfen. Sonst hatte Franz stets ein Blick in Luises Augen genügt, um Antrieb zu finden für das, was er gerade vorhatte. Nun blockierten sie sich gegenseitig. Fühlten sich niedergedrückt und schwach. Luise hatte keine Lust zu malen, Franz kam mit seiner Arbeit nur noch schleppend voran. Sie hatten sich gegenseitig den Hahn zugedreht. Einmal versuchte Franz, ein klärendes Gespräch in Gang zu bringen, ein andermal scheiterte Luise mit einem solchen Versuch.
Franz schloss sich Koumamá an, der mit den heranwachsenden Jungen des Stammes in die Dünen ging, um ihnen Unterricht zu geben.
»Wollt ihr wissen, wie man jetzt den Weg zurück findet zu unserem Lager?« wollte Koumamá von den Kindern wissen.
»Wir müssen nur den gleichen Weg zurück gehen«, sagte ein Junge, dessen Haut die Farbe von Milchschokolade hatte. »Unsere Fußabdrücke zeigen uns den Weg.«
»Über zwei oder drei Dünen mag das funktionieren«, befand Koumamá. »Aber hinter der vierten kannst du die Abdrücke nicht mehr erkennen, weil der Wind sie verweht hat. Was machst du dann?«
»Wir gehen nach dem Stand der Sonne«, sagte ein anderer.
»Der verändert sich die ganze Zeit«, gab Koumamá zu bedenken.
»Wir hätten uns alles einprägen müssen«, glaubte ein dritter Junge. Er war der kleinste von allen, gerade einmal sieben Jahre alt, mit einem eher hellen, arabisch anmutenden Gesicht.
»Das ist schwierig«, entgegnete Koumamá. »Denn wenn du dich umdrehst und zurück gehst, sieht alles ganz anders aus als auf dem Hinweg.«
»Macht nichts«, sagte der Junge. »Ich bin Lassad, Ibrahims Sohn, und ich kann das.«
»Weißt du, Lassad, Ibrahims Sohn, hier in der Wüste lernst du, dass der Mensch nichts mit Sicherheit vorhersagen kann. Dass er winzig ist wie ein Reiskorn in der Hand eines Riesen.« Koumamá griff mit der Hand in den Sand und ballte sie zur Faust. »Diese Finger sind wie die Wüste. Sie hält dich gefangen und lässt dich wieder frei, wie es ihr gefällt.« Koumamá ließ den Sand, den er fest gehalten hatte, durch die Finger rieseln.
»Die Wüste ist kein Lebewesen«, sagte Lassad. »Also tut sie auch nichts.«
Koumamá und Franz sahen sich amüsiert an.
»Die Elemente spielen mit ihr«, sagte der Stammesführer. »Nach einem Sturm hat sie ein völlig anderes Gesicht. Willst du deinen Weg am Tag nach dem Unwetter mit den Augen vom Vortag finden, wirst du dich verirren.«
»Wie sollen wir es denn nun machen?« Lassad wurde langsam ungeduldig.
»Du redest mit dem Stammesführer«, mahnte ein älterer Junge. »Zeig ein bisschen mehr Respekt.«
»Wer nicht an ein Prinzip der Einheit glaubt, ist einsam«, fuhr Koumamá fort. »Und machtlos. Er sieht alle Dinge getrennt voneinander und findet sie beklagenswert. Was, glaubt ihr, will ich euch damit sagen?«
Darauf hatte keiner eine Antwort, auch nicht der kleine, vorlaute Lassad. Selbst Franz war nicht klar, worauf Koumamá hinaus wollte.
»Ihr müsst das ganze Bild auf einmal betrachten«, sagte Koumamá und setzte sich in den Sand. Franz und die Jungs ließen sich auch nieder und gruppierten sich um ihn. »Wenn ihr euch vom Lager entfernt, prüft ihr den Sonnenstand und macht euch bewusst, welche Himmelsrichtung ihr einschlagt. Ihr beobachtet Höhe und Form der Dünen und auch die Schatten, die sie werfen. Ihr achtet darauf, wie weit die Sonne weiter zieht, während ihr unterwegs seid. Am Horizont sind die Berge des Aïr zu sehen, ihr bezieht sie mit ein. In welcher Richtung lagen sie am Anfang des Weges, wo sind sie jetzt? Und nun kommt das Wichtigste.« Er hielt kurz inne, um die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer zu prüfen, und stellte fest, dass alle gespannt an seinen Lippen hingen. »Bevor ihr losgeht, ganz am Anfang, stellt ihr euch vor, ihr seid da oben.« Er zeigte mit dem Finger in den Himmel. »Ihr schwebt wie ein Vogel in der Luft und seht auf euch selbst hinunter. Dann blickt ihr in die Ferne. Vergesst nicht, ihr seid sehr weit oben, also könnt ihr auch sehr weit sehen. Je öfter ihr das macht, desto leichter wird es euch fallen: Ihr seht dann Dünen und Berge. Vielleicht auch Weideflächen und Palmen. Möglicherweise sogar weit entfernte Siedlungen. Ihr habt alles im Überblick, und ihr vertraut darauf, den richtigen Weg einzuschlagen. Was wird passieren? Ihr werdet ihn finden.«
Koumamá ließ die Jungs im Sand sitzen und forderte sie auf, das umzusetzen, was er ihnen gerade erzählt hatte. Auch Franz versuchte es. Er stellte sich vor, weit oben im Himmel auf einem Dunstschleier zu sitzen. Er sah vor seinem geistigen Auge die Dünen und die Berge und das Lager, mit einer Luise, die den Versuch, eine Leinwand zu bemalen, schlecht gelaunt abbrach und den Pinsel von sich schleuderte. Franz‘ Fantasie wanderte weiter durch die Wüste, in Richtung Nordost, bis nach Tripolis und von dort über das Mittelmeer, hinüber nach Europa. Von Italien nach München schien es auf einmal nur ein Katzensprung zu sein. Er sah den Marienplatz vor sich und das Sendlinger Tor und stellte fest, dass er nichts davon vermisste. Es gab ein paar gute Freunde, die er gerne mal wiedergesehen hätte, und er fragte sich, wie es ihnen wohl gehen mochte, aber sonst fehlte ihm nichts, und das überraschte ihn. Der stechende Schmerz in der Hand stieß sein Bewusstsein zurück in die Wüste. Er sah noch den kleinen, sandfarbenen Körper mit den beiden Scheren, den vielen Beinen und dem nach oben gebogenen Schwanz, der sich mit raschen Bewegungen im Sand eingrub. Ein Skorpion hatte ihn gestochen, aber sein Finger fühlte sich an wie von einem Messer durchstoßen. Die Kinder sprangen auf und liefen davon. Koumamá reagierte sofort und entfernte Franz‘ Hochzeitsring vom betroffenen Finger.
»Der Finger schwillt schnell an«, erklärte er. »Auf den doppelten Umfang.«
Franz geriet in Aufregung. »Was geschieht mit mir?« wollte er wissen. »Kann ich sterben?«
»Du bist ein hochgewachsener Mann in guter Verfassung. Ein Kind könnte sterben. Du nicht.« Koumamá hakte Franz unter und wandte sich an die Jungs. »Nach meinem kleinen Vortrag: Wer von euch findet den Weg auch ohne mich? Wer traut sich das zu?«
»Ich!« rief der kleine Lassad. »Alles, was du gesagt hast, hab ich mir genau gemerkt. Und ich würde den Weg sowieso finden.«
»Lassad, Ibrahims Sohn«, sagte Koumamá. »Du führst die Jungs zurück zum Lager. Sagt meinem Bruder Bescheid. Wir brauchen ein mehari. Jetzt geht schon!«
Lassad atmete tief ein. Er spürte die Verantwortung. Sie machte ihn stolz. Dann rannte er los, und die anderen Jungs, zum Teil viel größer als er, liefen hinterher.
Franz fing bald an, stark zu schwitzen, die Kräfte verließen ihn. Wenn er seinen Speichel hinunter schluckte, schmerzte die Kehle. Koumamá schleppte ihn von Düne zu Düne, Schritt für Schritt.
»Ich habe lange keinen Skorpion mehr gesehen«, sagte er. »Du hast großes Pech gehabt.«
Franz bat Koumamá anzuhalten und ihn auf den Boden hinunter zu lassen, denn er musste sich übergeben. Er konnte kaum mehr sprechen und bekam nur noch schwer verständliche Wortfetzen zusammen.
»Nimm den Schmerz an, mein Freund«, sagte Koumamá. »Wenn du dich widersetzt, leidest du noch mehr. Aber wenn du die Pein in Ruhe auskostest, löst sie sich auf. Füge dich, und sie fließt durch dich hindurch.« Franz nickte schwach und versuchte es. Koumamá sah ein, dass es keinen Sinn mehr hatte, Franz noch weiter durch die Wüste zu schleppen. Er flößte ihm ein wenig Wasser ein und stellte sich vor die Sonne, um ihm Schatten zu spenden. Franz dämmerte vor sich hin und bekam kaum noch mit, wie er später auf das mehari gehievt wurde. Koumamá setzte sich hinter ihn und hielt ihn fest, damit er nicht aus dem Sattel rutschte.
Man bettete ihn in sein Zelt, und Fatou behandelte ihn mit Heilkräutern. Als er am Morgen des nächsten Tages erwachte, fühlte er sich noch schwach, aber der Schmerz war verschwunden und die Sinne wieder klar. Luise strich ihm über die Haare und küsste ihm vorsichtig die Stirn. Sie ließ ihn wissen, dass sie es sich anders überlegt hatte. Sie wollte sich nicht mehr querstellen, sondern mit ihm zusammen, wenn es in ein paar Wochen Zeit dafür war, die Heimreise nach Deutschland antreten. Sie habe eingesehen, dass hier auf eine Frau in ihrem Zustand zu viele Gefahren lauerten. Sie berichtete ihm, wie fürsorglich Fatou sich um ihn gekümmert und ihn mit Tees und Salben und Räucherstäbchen versorgt hatte. Die halbe Nacht habe sie hier verbracht, an seiner Seite, bis sie endlich sicher gewesen war, dass ihm keine Gefahr mehr drohte. Franz musste lächeln und berichtete, dass Koumamá ihn als Freund bezeichnet hatte.
»Weißt du, mein Schatz«, sagte er, »wahrscheinlich hätte mir kein Arzt der Welt besser helfen können. Ich fühle mich schwach. Aber irgendwie merkwürdig erfrischt. Und fast schon euphorisch. Als wäre etwas ganz Wunderbares geschehen.«
»Fatou hat Kräuter«, sagte Luise, »die es in sich haben. Das kannst du glauben.«
»Und ich glaube auch«, erwiderte Franz, »dass eine Frau hier gut aufgehoben ist, wenn sie ein Kind bekommen möchte.«