Читать книгу SHEPHERD ONE (Die Ritter des Vatikan 2) - Rick Jones - Страница 7
Kapitel 3
ОглавлениеZehn Meilen südlich der Grenze Arizonas, Mexiko | Tags darauf
Als Kojoten bezeichnete man im Volksmund jemanden, der andere unbemerkt illegal in die USA schleuste. Heute begleitete Juan Pallabos indes eine exklusive Klientel: drei Araber in unauffälliger Kleidung, die dafür fünfundzwanzigtausend Dollar zahlten, ein unglaublicher Geldsegen. Keiner von ihnen sprach mit dem Mexikaner oder würdigte seine Anwesenheit in irgendeiner Weise, weshalb er sich nahezu unsichtbar fühlte. Für fünfundzwanzig Riesen wäre er allerdings imstande gewesen, sich den Mund selbst zuzunähen, wenn sie es verlangt hätten.
Auf dem Weg durch die Wüste, wo der Van Staubwolken hinter sich aufwirbelte, schwieg das Trio, während die Innentemperatur auf über dreiundvierzig Grad anstieg.
Im Fußraum vor der Rückbank zwischen ihnen stand eine Kiste aus matt silberglänzendem Aluminium. Wäre dem Kojoten bewusst gewesen, was er beförderte, hätte er die fünfundzwanzigtausend Dollar womöglich in den Wind geschlagen, doch eine Bedingung dafür, sie zu erhalten, bestand darin, dass er keine Fragen stellte. Folglich kam ihm auch nichts dergleichen über die Lippen.
Pallabos fuhr umsichtig durch dieses Gelände, damit die Achsen nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden. Als er abrupt bremste, rutschte er ein paar Fuß weit durch den weichen Wüstensand. Durch die dick verstaubte Windschutzscheibe sah er Hitzeflimmern über dem Boden und Salbei, der sich leicht im Zug des heißen Winds wiegte. Riesenkakteen und Josua-Palmlilien standen verstreut in der Landschaft, die abgesehen vom üblichen Gelbbraun des Wüstengrunds von den rötlichen Farbtönen des Sandsteins geprägt wurde. Der Horizont erschien uneben, gezahnt mit Bodenablagerungen und spitzen Anhöhen, alle unüberwindbar für Pallabos' Van.
»Weiter können wir nicht mehr fahren«, verdeutlichte er und stieg aus. Er ging ein Stück weit voraus und beurteilte, was auf dem Weg noch kommen mochte, bevor er seinen Hut auszog und sich mit einem Taschentuch die Stirn abwischte. »Das Terrain ist zu uneben. Mein Wagen schafft das nicht.«
Die Araber stiegen ebenfalls aus. Die Oberteile klebten ihnen vor Schweiß an der Haut. Behutsam packten zwei von ihnen den Aluminiumbehälter – einer an jeder Seite – und stellten ihn auf den Wüstenboden, während der dritte zu Pallabos aufschloss.
Dieser zeigte nach vorn und sagte: »Zwölf Kilometer genau geradeaus. Sobald ihr über die Hügel gekommen seid, habt ihr nichts mehr zu befürchten. Die amerikanische Grenze ist zu lang, als dass Patrouillen sie vollständig überwachen und dichthalten könnten. Ihr solltet keine Schwierigkeiten kriegen, auf die andere Seite zu gelangen, aber haltet euch von den Tunneln der Kartelle fern. Die Drogenbosse stehen nicht drauf, dass andere sie benutzen. Über Land ist es aber sowieso leicht, und ich würde euch raten, bis zum Sonnenuntergang zu warten, si?«
»Fahr uns so weit, wie du kannst.«
»Nein, nein. Ich kann von hier aus nicht weiter. Die Strecke ist zu – wie sagt man? – schwierig zu befahren. Muss mich auf den Rückweg machen, si?«
Der Mann an seiner Seite schaute ihn nicht an, sondern streng geradeaus. »Wir hätten jemand anderem viel weniger Geld geben können und wären weitergebracht worden.«
»Nein, Señor. Juan Pallabos ist der Beste. Das sagen alle. Unmöglich.«
Der Araber fuhr sich mit einem Handrücken über die Stirn. Hier herrschte ein viel trockeneres Klima als in der Wüste seiner Heimat, und diese bevorzugte er deutlich gegenüber der zermürbend heißen Sonne, die gerade auf ihn herabbrannte. »Willst du mehr Geld? Hast du deshalb angehalten?« Er fragte das in einem ruhigen, ausgeglichenen Ton mit sanfter Stimme.
»Nein, nein, Señor. Juan Pallabos ist eine ehrliche Haut. Der Van geht kaputt, wenn ich weiterfahre. Juan Pallabos sagt die Wahrheit. Ich kenne mich aus.«
»Und wie sollen wir deiner Meinung nach zwölf Kilometer in dieser Hitze laufen?«
Der Mexikaner lachte. Er hatte die Frage vorausgesehen. »Ha, Juan hat genug Wasser mitgenommen. Literweise.« Er kehrte zum Wagen zurück und öffnete die Beifahrertür. Vor dem Sitz standen sechs volle Kanister Wasser. »Literweise, si? Über Nacht dauert es nur drei Stunden, bis ihr die Grenze in die Vereinigten Staaten überquert habt. Ganz leicht. Drei. Juan Pallabos hat schon viele aus diesem Land geschafft. Juan Pallabos ist der Beste.«
Der Araber atmete tief durch die Nase ein und stieß die Luft langsam mit einem Seufzer aus. »Dann schätze ich, dass wir deine Hilfe nicht mehr brauchen.«
»Si. Juan hat alles getan. Juan ist der Beste.«
»Zu deinem Pech, Mr. Pallabos, dürfen wir keine Zeugen zurücklassen. Das verstehst du doch bestimmt.«
Daraufhin erschlafften die Züge des Mexikaners, sodass sein Gesicht wie eine labbrige Gummimaske aussah.
Der Araber fasste sich an den Rücken und zog eine Sig Sauer mit Schalldämpfer aus seinem Hosenbund. Er feuerte dreimal schnell aufeinanderfolgend. Pallabos brach im Wüstensand zusammen.
Während er die Waffe zurücksteckte, ging der Mann, der groß und schlank war sowie leicht humpelte, nachdem er sich bei Gefechten gegen amerikanische Soldaten im Irak verletzt hatte, zu der Aluminiumkiste und legte seine Hände an den Deckel. Sie fühlte sich selbst in der sengenden Hitze kühl an. Er ließ die Verschlüsse aufschnappen und öffnete die Kiste.
Unter dem Plexiglasgehäuse sah alles so aus, wie es aussehen sollte: Die Schaltungen waren gesichert, und die Kugeln heil geblieben, worüber sich der Araber im Laufe der ruckeligen Fahrt Sorgen gemacht hatte. Russische Wertarbeit.
Nachdem er den Deckel zugeklappt und wieder verriegelt hatte, richtete er sich auf und blickte in die Ferne gen US-Grenze. »Wir fahren so weit, wie es noch geht, und lassen den Wagen dann stehen.«
Auf einen Wink seinerseits hoben seine Gefährten die Kiste hoch und stellten sie zurück in den Van.
Sie kamen keine volle Meile voran, bis sie mit den Rädern im Sand stecken blieben. Mit diesem Fahrzeug ging es nicht mehr weiter.
Juan Pallabos hatte letztlich recht behalten.
Aus dem Bundesstaat Baja Richtung Westen nach Kalifornien drang eine andere Dreiergruppe Männer aus dem Mittleren Osten unbemerkt in die USA ein. Der Alubehälter, den sie trugen, war ebenfalls verriegelt und gesichert, die Kugeln darin unversehrt. Am Ende konnten sie selbst nicht fassen, wie einfach sich die Grenzüberquerung gestaltete. Kein einziger Zollbeamter, kein Hubschrauber oder Patrouillenfahrzeug ließ sich blicken. Es gab weder Hunde noch Zäune oder andere Hindernisse zur Abschreckung. Der Transport der Kiste oder ihres Inhalts in die Vereinigten Staaten gestaltete sich reibungsloser als ursprünglich vermutet; sie stießen auf keinerlei Widerstand von der Gegenseite, absolut niemand gedachte, sie aufzuhalten.
So einfach war es.
Auch Gruppe drei gelang es ungehindert, die Grenze an einem Zipfel von New Mexico zu übertreten, einem Abschnitt ihrer zweitausend Meilen, wo üblicherweise kaum jemand postiert war, um auf illegale Einwanderer zu achten. Nun da man die zweite Bombe mühelos ins Land geschleust hatte, erfuhren die Männer, dass Gruppe zwei aus Baja ohne Widrigkeiten durchgekommen war.
Jetzt mussten sie sich nur noch Gruppe eins anschließen. Deren Rückmeldung aus Arizona ließ auf sich warten.