Читать книгу Demokratietheorien - Rieke Trimcev - Страница 31

De re publica (51 v. Chr.)

Оглавление

25 (39) „Es ist also“, sagte Africanus, „das Gemeinwesen die Sache des Volkes, ein Volk aber nicht jede irgendwie zusammengescharte Ansammlung von Menschen, sondern die Ansammlung einer Menge, die in der Anerkennung des Rechtes und der Gemeinsamkeit des Nutzens vereinigt ist. Ihr erster Beweggrund aber zusammenzukommen, ist nicht so sehr die Schwäche als eine sozusagen natürliche Geselligkeit der Menschen; ist doch diese Gattung nicht einzellebend und einzelgängerisch, sondern so geartet, daß sie nicht einmal im Überfluß an allen Dingen […] die Gemeinschaft entbehren kann“ […]

26 (41) (Scipio) „‚Denn gäbe es im Menschen nicht zur Gerechtigkeit‘ bestimmte Samen sozusagen, würde man weder irgendeine Entwicklung der übrigen Tugenden noch des Gemeinwesens selbst finden. Diese Versammlungen also, aus dem dargelegten Grund gebildet, setzten zum ersten an einem bestimmten Ort ihren Wohnsitz fest, ihrer Behausungen wegen. Hatten sie diesen durch günstige Lage und der Hände Werk geschützt, nannten sie eine solche Vereinigung von Wohnstätten eine Burg oder eine Stadt, die durch Heiligtümer und öffentliche Plätze gegliedert war.

Jedes Volk also, das eine Ansammlung einer solchen Menge ist, wie ich sie darlegte, jede Bürgerschaft, die eine Ordnung des Volkes darstellt, jedes Gemeinwesen, das, wie ich sagte, die Sache des Volkes ist, muß durch vernünftiges Planen gelenkt werden, damit es dauernd ist. Dieses vernünftige Planen ist zum ersten immer auf die Ursachen zu beziehen, die den Staat hervorgebracht haben. (42) Dann ist es entweder einem zu übertragen oder einigen Auserwählten, oder die Menge oder alle müssen es übernehmen. Wenn deshalb die Vollmacht aller Dinge bei einem ist, nennen wir jenen einen König und den Zustand dieses Gemeinwesens Königtum. Wenn sie aber bei Auserwählten ist, wird jener Staat, sagt man, nach Willen der Optimaten gelenkt. Das aber ist ein Volksstaat – denn so heißt man ihn –, in dem alles beim Volke ist. Und eine jegliche dieser drei Arten, wenn sie nur jenes Band festhält, das zuerst die Menschen durch die Gemeinschaft der gemeinsamen Sache untereinander fesselte, ist zwar nicht vollkommen, noch meiner Ansicht nach am besten, aber doch tragbar und so, daß eine besser sein kann als die andere. Denn ein weiser und gerechter König oder auserlesene und fürstliche Bürger oder auch das Volk selbst – obwohl diese Art am wenigsten zu billigen ist – können doch, wenn keine Ungerechtigkeiten oder Begierden sich beimischen, wie mir scheint, von einem bestimmten festen Zustand sein.

27 (43) Aber in Königreichen sind die übrigen allzusehr ohne Teil an dem gemeinsamen Recht und Planen, und unter der Herrschaft der Optimaten kann die Menge kaum Anteil an der Freiheit haben, da sie jeglichen gemeinsamen Planens und jeglicher Macht entbehrt, und wenn alles von einem noch so gerechten und maßvollen Volk geleitet wird, so ist doch eben die Gleichmäßigkeit unbillig dadurch, daß sie keine Stufen der Würde kennt. Wenn deshalb der berühmte Perser Kyros der gerechteste und weiseste König war, so scheint mir doch jene ‚Sache des Volkes‘ – das ist nämlich, wie anfangs gesagt, das Gemeinwesen – nicht besonders erstrebenswert gewesen zu sein, da sie durch eines Mannes Wink und Maß gelenkt wurde. Wenn die Massilier, unsere Schützlinge, von auserwählten und fürstlichen Bürgern mit höchster Gerechtigkeit regiert werden, liegt doch in dieser Lage des Volkes eine gewisse Ähnlichkeit mit der Dienstbarkeit; wenn die Athener zu bestimmten Zeiten nach Aufhebung des Areopags alles durch Volksbeschlüsse und Volksentscheide betrieben, hielt der Staat, da sie ja keine unterschiedenen Stufen der Würde kannten, seine ihm eigene Zier nicht fest.

28 (44) Und dieses sage ich über die drei Arten von Gemeinwesen, wenn sie nicht aufgewühlt und durcheinander gebracht sind, sondern ihren Zustand bewahren. Diese Arten sind erstens einzeln mit den Fehlern behaftet, die ich eben genannt habe, dann haben sie andere Fehler, die in Verderben führen; es gibt nämlich keine Art unter jenen Gemeinwesen, die nicht einen jäh abstürzenden und schlüpfrigen Weg hätte zu einem benachbarten Übel hin.

29 (45) (Scip.) „[…] es gibt merkwürdige Perioden und gleichsam Umläufe der Veränderungen und Ablösungen in den Gemeinwesen; es ist Sache des Weisen, sie zu kennen, sie aber vorauszusehen, wenn sie drohen, in der Lenkung des Gemeinwesens die Entwicklung beherrschend und in seiner Gewalt behaltend, das ist das Werk eines großen Bürgers und eines fast göttlichen Mannes. Und so meine ich, ist eine vierte Art des Gemeinwesens sozusagen besonders gutzuheißen, die aus diesen drei, die ich erste nannte, ausgewogen und gemischt ist.“

31 (47) (Scip.) „Und so beschaffen ist ein jedes Gemeinwesen, wie das Wesen oder der Wille dessen, der es lenkt. Deshalb hat in keinem anderen Staate als in dem, in welchem die Macht des Volkes die höchste ist, die Freiheit eine Wohnstatt; im Vergleich mit dieser kann sicher nichts angenehmer sein, und wenn sie nicht gleich ist, ist es auch nicht Freiheit. Wie aber kann sie gleich sein – ich will nicht sagen im Königtum, wo die Knechtschaft nicht einmal versteckt oder zweifelhaft ist, aber in den Staaten, in denen dem Wort nach alle frei sind? Sie geben ihre Stimme ab, sie übertragen Kommandos, Ämter, werden umworben, gefragt, aber sie geben das, was sie, auch wenn sie nicht wollten, erst recht geben müßten und was sie selbst, von wo es andere erbitten, nicht haben. Sie sind nämlich ohne Anteil an Herrschaft, öffentlichem Planen, Gericht aus ausgewählten Richtern, Dinge, die nach dem Alter und nach dem Geld der Familien abgewogen werden. In einem freien Volk aber wie in Rhodos, wie in Athen gibt es keinen von den Bürgern, der (nicht selbst alles werden könnte, was er vergibt)“. 32 (49) Sie sagen aber, man dürfe wegen der Ausartung eines ungezügelten Volkes nicht die ganze Form des freien Volkes zurückweisen; es gäbe nichts Unveränderlicheres, nichts Festeres als ein Volk, das einträchtig sei und alles auf seine Unversehrtheit und seine Freiheit bezöge. Am leichtesten aber möglich sei in dem Gemeinwesen die Eintracht, in dem allen dasselbe nutze; aus den Verschiedenheiten des Nutzens, wenn dem einen dies, dem anderen jenes von Vorteil sei, entstünde Zwietracht; daher sei der Zustand des Staates nie fest, wenn die Väter sich der Macht bemächtigten. Viel weniger gar noch in Königreichen, bei denen, wie Ennius sagt, ‚keine heilige Gemeinschaft im Herrschen noch Treu ist‘. Deshalb: da das Gesetz das Band bürgerlicher Gemeinschaft ist, Recht aber die Gleichheit des Gesetzes, mit welchem Rechte kann die Gemeinschaft der Bürger behauptet werden, wo die Bedingung der Bürger nicht gleich ist? Wenn man nämlich die Vermögen gleichzumachen nicht gewillt ist, wenn die Begabungen aller nicht gleich sein können, müssen sicherlich wenigstens die Rechte derer unter sich gleich sein, die Bürger in demselben Gemeinwesen sind. Was ist denn der Staat (civitas), wenn nicht die Rechtsgemeinschaft der Bürger?“

Marcus Tullius Cicero: De re publica/Vom Gemeinwesen I, 25 (39) – 32 (49). Lateinisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Karl Büchner. © Stuttgart: Reclam 1979, S. 131-145 (Auszüge)

Demokratietheorien

Подняться наверх