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VIER Donnerstag, 9. Juli

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Über Nacht war eine leichte Sommerbrise aufgekommen und hatte den stickigen Talkessel durchgelüftet. Gleich sah die Stadt noch freundlicher aus, hing nicht mehr müde und diesig zwischen den Hügeln, und auch ihre Bewohner schienen sich aufzurichten, durchzuatmen und freundlicher und entspannter zu sein als in den vergangenen drückend schwülen Tagen.

Leichtfüßig und ohne Schmerzen im Knöchel stieg Lea die steilen Treppen am Rathaus empor und wunderte sich dabei wohl zum hundertsten Mal, warum ausgerechnet der Marktplatz, der eigentlich das soziale und kulturelle Zentrum einer jeden Stadt sein sollte, so weit ab von jedem Leben und Treiben seiner Bewohner lag. Wer tat sich das schon freiwillig an und kletterte den Berg hinauf für nichts außer Ruhe? Mittelpunkt war längst der großzügige Leopoldsplatz unten in der Stadt mit dem hypermodernen weißen Brunnen, den belebten Geschäften, Hotels, Bäckereien, überfüllten Bushaltestellen.

Aber hier? Marktplatz. Lächerlich. Nur die Seite mit dem behäbigen Rathaus war mit einer gemischten Häuserzeile bebaut, den Rest säumten rechts die dominante altrosafarbene Stiftskirche, links die steile Felswand des Florentinerbergs und geradeaus das Gebäude des »Alten Dampfbades«, ein Ausstellungsraum, auf den zwei überdimensionierte Vasen auf Stelzen aufmerksam machten.

Sakrale Grabesstille hing über der öden Pflasterfläche, die nur ein Mal, beim Nato-Gipfel im Frühjahr 2009, aus ihrem Dornröschenschlaf gerissen worden war. Damals hatte man auch noch die letzten Laubbäume ausgemerzt, um für US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel ausreichend Platz für die obligatorische militärische Ehrenformationen zu schaffen. Die Zeremonie hatte nur wenige Minuten gedauert, aber seitdem war der Platz nicht nur tot, sondern auch kahl.

In einer Ecke kauerte das Dahlmann’sche Hotel »Zum badischen Markgrafen«, aber auch dieses niedrige Gebäude schien seine lebendigen Zeiten hinter sich zu haben, denn nicht einmal Geranien zierten die nüchternen Fenster, keine Kletterpflanze rankte sich an der hellgrünen Fassade empor, das Neonschild war schmucklos modern und leicht verdreckt. Und dieses Haus hatte Frau Dahlmann so am Herzen gelegen, dass sie es als einziges der Kette behalten hatte? Schwer vorstellbar. Nur die alten Dachziegel und ein zweiseitiger Treppenaufgang gaben dem Gebäude wenigstens den Hauch von Heimeligkeit. Die hörte aber schon an der Tür aus geriffeltem Sicherheitsglas auf, an der ein handgeschriebener Zettel klebte.

Ahnungsvoll stieg Lea zum Eingang hoch.

»Trauerfall. Geschlossen« stand dort mit derselben Liebenswürdigkeit, wie sie das Gesamtensemble ausstrahlte. »Pächter: Olga Sergienowa« verkündete ein kleines Messingschild, das man nur lesen konnte, wenn man sich demutsvoll bückte. Nicht einmal eine Telefon- oder Handynummer ermöglichte es einem potenziellen Gast, mit diesem unwirtlichen Beherbergungsbetrieb in Kontakt zu treten.

Resigniert machte Lea kehrt. Besonders erfolgreich war ihr Vormittag bislang nicht verlaufen. Sie hatte Frau Campenhausen zur Polizei begleitet, dort – ohne Max direkt in die Augen zu sehen, obwohl ihr das verdammt schwergefallen war – ihr Protokoll unterzeichnet und ein weiteres provoziert, weil sie den verschwundenen Geldumschlag für erwähnenswert gehalten hatte, auch wenn er den Verdacht auf den Enkel lenkte und sie sich deswegen eine leichte Missbilligung ihrer Vermieterin zugezogen hatte.

Jetzt hatte sie mehr über die Dahlmann-Hotels zu erfahren gehofft. Fehlanzeige. Blieben also nur noch die Nachbarn im Villenviertel, die sich allerdings schon gestern Abend geweigert hatten, der Presse Auskunft zu geben. Große Hoffnung auf eine Fortsetzungsgeschichte hatte sie also nicht. Es gab Tage, die wurden einfach nicht besser.

Wenigstens ein Foto von Ingeborg Dahlmanns letztem eigenen Hotel wollte sie schießen. Suchend sah sie sich nach einem optimalen Standort um, da entdeckte sie den Laden, nur einen Steinwurf vom Hotel entfernt.

***

Marie-Luise saß in einem rumpelnden, schwankenden, mit Schülern überfüllten Stadtbus, klammerte sich am Sitz und an einer Metallstange fest und wünschte sich zwei zusätzliche Hände, mit denen sie sich die Ohren zuhalten könnte. Der Lärmpegel der Kinder war unbeschreiblich, auch wenn es natürlich schön war zu erleben, wie unbeschwert, fröhlich und hoffnungsfroh sie noch waren. Das waren die Momente, in denen sie eine große Traurigkeit überfiel, weil sie sich so sehr eigene Kinder gewünscht hatte und keine hatte bekommen können. Mittlerweile hatte eine stattliche Anzahl Nichten und Neffen nun wiederum eine ebenso große Zahl von Großnichten und Großneffen produziert, aber das war nie dasselbe wie eigenes Fleisch und Blut. Vor allem seitdem ihr Lieblingsneffe und heimlicher Sohnersatz vor zwei Jahren gestorben war, war es ein wenig einsam geworden. Aber sie hatte ja Joseph, ihre pfiffige Vertraute Lea Weidenbach und all die vielen Hobbys und Freundinnen ...

Marie-Luise unterdrückte eine Träne, als sie daran dachte, wie auch deren Zahl sich nun so unvermittelt reduziert hatte. Hoffentlich hatte Ingeborg nicht lange leiden müssen! Oh, wenn sie doch nur gleich am Montag nach dem Rechten gesehen hätte! Die halbe Nacht hatte sie wach gelegen und sich Vorwürfe deswegen gemacht.

Aber das brachte nichts, das ließ nur ihr dummes Herz verkrampfen und aussetzen und zittern und irgendwann wohl den Dienst quittieren. Gleich morgen um acht würde sie beim Spezialisten sein, hatte sie noch vor dem Frühstück mit der Praxis ausgemacht. Mit dem Herzen war nicht zu spaßen, auch wenn man nie wusste, was einem in seinem letzten Stündlein wirklich widerfuhr.

»Ey, Oma, geile Fischernetze an deinen Händen«, grölte ein Junge mit erstem Oberlippenflaum und stolperte mit der Traube Schulkameraden prustend aus dem Bus.

Kinder!

Seufzend lehnte Marie-Luise ihre Stirn ans Busfenster. Wenn sie doch wenigstens ein klein wenig dazu beitragen könnte, dass Ingeborgs Mörder gefasst würde.

Thorben war es auf keinen Fall gewesen. Da irrte sich Lea Weidenbach. Mit leichtem Ärger über ihre eigene Unbeherrschtheit dachte Marie-Luise an die Szene bei der Polizei zurück. Als die Journalistin den Briefumschlag erwähnt und damit den Verdacht auf Thorben gelenkt hatte, hätte sie der jungen Frau am liebsten den Hals umgedreht, so wütend war sie plötzlich geworden. Dabei hatte Frau Weidenbach natürlich recht gehabt: In einem Kriminalfall musste alles festgehalten werden, jede noch so kleine vermeintliche Nebensächlichkeit. Da durfte man nichts verheimlichen, nur um jemanden zu schützen, den man mochte. Thorbens Unschuld würde sich sowieso schnell herausstellen, wenn er erst vom Tod seiner Großmutter erfuhr und der Polizei sein Alibi genannt hatte.

Marie-Luise schreckte aus ihren Gedanken hoch. Der Bus hatte sich geleert und fuhr gerade am Krankenhaus vor. Zeit auszusteigen und mit den eigenen Ermittlungen zu beginnen.

***

Das eigenwillige, hohe dunkelrote Haus mit den grünen Sprossenfenstern und Klappläden und dem altmodischen messingfarbenen Ausleger duckte sich schmal und etwas windschief zwischen die anderen aus verschiedenen Bauzeiten stammenden Gebäude. »Käsespezialitäten Böhlke« stand in großen Lettern über dem Eingang, und in der offenen Tür lehnte ein etwa vierzig Jahre alter Mann mit einer langen, makellos weißen gestärkten Halbschürze und einem ebenso weißen Käppchen auf dem blanken Babykopf.

»Trauerfall«, rief er Lea mit verschränkten Armen zu und deutete mit dem Kinn in Richtung Hotel. »Aber bei mir ist heute Münsterkäse im Angebot. Wollen Sie probieren?«

Lea ging neugierig näher. Der Mann mit dem gutmütigen Gesichtsausdruck und dem kleinen Bäuchlein unter der Schürze gefiel ihr. So hatte sie sich immer den Besitzer eines französischen Delikatessengeschäfts vorgestellt. Nur ein dünner, gezwirbelter Schnurrbart und ein Stangenweißbrot unterm Arm fehlten ihm für das Klischee noch.

»Kennen Sie die Pächterin?«

»Klar. Und die Besitzerin. Schrecklich, was ihr passiert ist. Haben Sie es in der Zeitung gelesen?«

Lea nickte.

»Oliver Böhlke«, sagte der Mann und reichte ihr die Hand, dann ging er in seinen kleinen Laden. Lea folgte ihm. Es roch leicht säuerlich, aber auch nach frisch gebackenem Brot, und ihr Magen begann zu gurgeln wie der eines Pawlow’schen Hunds.

Böhlke grinste. »Wie wäre es mit einem wunderbaren Rohmilchcamembert aus der Auvergne? Oder einem Toma aus dem Piemont, nicht ganz billig, aber zum Dahinschmelzen. Oder nein, warten Sie. Hier! Dieser Bio-Schafskäse von den Bergwiesen Sardiniens wird Sie begeistern. Kosten Sie! Und vergessen Sie nicht, ein Stück Brot dazu zu nehmen. Ah, wissen Sie was, ich stelle Ihnen etwas zusammen.«

Er schnitt ein stattliches Stück des Hartkäses ab, dann ein Stück Münster und drapierte es zusammen mit einer halb verschimmelten dünnen Käserolle auf einem Teller, legte ein paar Oliven dazu und eine kleine Gabel und reichte ihr sein Arrangement mit einem seligen Lächeln, das seine Wangen wie die eines frisch eingecremten Säuglings glänzen ließ.

»Sie sehen aus, als würden Sie genießen können. Olga verlangt ja immer nur Edameraufschnitt für ihre Gäste, wenn sie überhaupt mal welche hat.«

»Laufen die Geschäfte im ›Markgrafen‹ denn nicht gut?«

»Wo tun sie das schon heutzutage!«

»Sie weichen mir aus.«

»Klar. Damit Sie noch ein Weilchen hierbleiben und kosten.« Böhlke stützte sich auf den Tresen und sah sie mit Dackelaugen an. »Was haben Sie mit Ihren Haaren gemacht? Sie sind dunkel, aber in der Sonne glänzen sie wie Gold.«

Das sagte Max auch immer. Lea grinste. Niemandem würde sie verraten, dass stundenlange Sitzungen bei Asil dahintersteckten. Der In-Frisör der Stadt war es auch gewesen, der ihre ersten grauen Haare entdeckt und sofort mit fröhlich gespielten Entsetzensschreien golden übertönt hatte.

»Warum interessiert Sie das Hotel? Sie wollen doch kein Zimmer mieten, oder?«, unterbrach Böhlke ihre Gedanken.

Lea gab ihm ihre Visitenkarte, die er mit einem anerkennenden Pfiff quittierte. »Von der Presse! Haben Sie den Artikel heute im Badischen Morgen geschrieben?«

Sie nickte.

»Meine Güte. Sie waren am Tatort? Ist das aufregend.«

»Ich würde gern mehr über Frau Dahlmann erfahren. Der ›Markgraf‹ war ihr letztes Hotel, die anderen aus der Kette haben längst den Besitzer gewechselt.«

»Das hier wäre auch bald verkauft worden. Olga war heute Morgen ganz verstört, weil sie nun gar nicht weiß, wie es weitergehen wird.«

»Es sollte verkauft werden? Sind Sie sicher?« Das hätte Frau Campenhausen doch bestimmt erwähnt.

»Na klar. Olga hat mir die Pläne gezeigt. Die Investoren wollen ein Vier-Sterne-Haus daraus machen. Das täte dem Marktplatz richtig gut. Und mir auch. – Sie haben noch gar nicht probiert.«

Lea blickte auf das Tellerchen, auf das er, während er geredet hatte, weitere Käseproben gelegt hatte. »Na?«

Irgendwie ähnelte der Laden einem Bistro in Paris: Die Wände waren mit dunklem Holz getäfelt, rotbraun und weiß gesprenkelter Terrazzoboden sorgte für altmodisches Flair, ein kleiner runder Tisch mit Marmorplatte und vier Stühlen vom Trödler lud in einer Ecke zum Verweilen ein, hinter dem Tresen standen ein paar offene Rotweinflaschen und überdimensionale, langstielige Gläser.

Fehlte nur noch eine Schar lärmender, feiernder Kunden, um die Böhlke sich bestimmt genauso sorgsam kümmern würde wie um sie. Er würde ihnen wahrscheinlich alles durchgehen lassen, nur keine unberührten Speisen.

Artig nahm Lea einen Bissen vom Münsterkäse, der nach alten Socken roch und ihr viel zu intensiv schmeckte. Sie bemühte sich, nicht das Gesicht zu verziehen, und schob ein Stück von dem knusprigen Brot hinterher, das wirklich vorzüglich war.

»Das Brot ist ein Traum. Wo haben Sie das her? Danach suche ich seit Jahren vergeblich in der Stadt.«

»Selbst gebacken, heute Morgen. Keine Fertigbackmischung, keine Fabrik, einfach nur echte feine Handwerksarbeit. Schön, dass Sie das zu schätzen wissen. Ich wusste doch, dass Sie eine Feinschmeckerin sind. Wissen Sie, ich bin gelernter Bäcker, das macht mir Spaß. Aber dann haben sich meine Eltern zur Ruhe gesetzt und mir diesen Laden hier vermacht – wer kann dazu schon Nein sagen. Dritte Generation Käsespezialitäten Böhlke.«

Lea staunte. Sie wohnte nun seit acht Jahren in der Stadt, aber sie hatte noch nie von diesem Geschäft gehört. Selbst Frau Campenhausen, die doch sonst über alle ausgefallenen Quellen für Genießer Bescheid wusste, hatte Böhlke noch nie erwähnt. Sie musste ihr unbedingt eine kleine Auswahl mitbringen. Und natürlich dieses unwiderstehliche Brot.

»Am Sonntag biete ich meinen besten Kunden eine kleine Käse- und Weinverkostung an. Ganz unverbindlich. Darf ich Sie dazu einladen? Olga kommt auch. Vielleicht wäre das ganz reizvoll für Sie.«

Und ob! Noch hilfreicher aber wäre es, sofort Namen zu erfahren.

»Kennen Sie die Kauf interessenten näher?«

Böhlkes sonniges Gesicht bewölkte sich. »Hm. Nun ja. Namen habe ich nicht. Russen, schätze ich. Sie waren nur einmal mit Conny und Olga hier bei mir. Ich mochte sie auf Anhieb nicht, diese Limburger.«

»Wie bitte?«

Böhlke wurde rot. »Ach, vergessen Sie’s, ist ein albernes Spiel von mir.«

Lea unterdrückte ein Kichern. Dieser Mann war skurril, ohne Zweifel.

»Limburger?«, hakte sie nach.

»Wussten Sie, dass man Limburger Käse manchmal als Falle für die Anopheles-Mücke benutzt, die die tropische Malaria überträgt? Seine Geruchsstoffe ähneln denen menschlicher Füße, in die diese Viecher mit Vorliebe hineinstechen.«

»Und was hat das mit den Russen zu tun?«

»Mit Russen im Allgemeinen gar nichts. Natürlich nicht. Ohne die Russen gäbe es keinen Aufschwung in der Stadt, sie investieren viel in Objekte, die sonst verfallen würden, sie lassen ihr Geld in Kliniken und Boutiquen, sie kümmern sich neuerdings sogar um soziale Projekte. Nicht dass Sie einen falschen Eindruck von mir und meiner Meinung über sie bekommen. Aber den speziellen Leuten, von denen ich rede, denen traue ich nicht über den Weg. Für mich stinken die zum Himmel wie Limburger.«

»Sie teilen Menschen in Käsesorten ein? Und welche bin dann ich?«

Böhlke verglühte fast. »Oh, äh, also, so direkt ...«

»Ach bitte, Herr Böhlke. Ich bin auch nicht beleidigt, wenn Sie mich Ziegenkäse oder Romadur nennen.«

»Um Gottes willen, wie kommen Sie darauf? Als ich Sie vorhin sah, da dachte ich – nein! Ich sag’s nicht. Gott, ist mir das peinlich. Was tu ich da. Das habe ich noch niemandem verraten ...«, stotterte er.

»Ja?« Lea versuchte einen verführerischen Augenaufschlag, der garantiert misslang, weil ihr darin jegliche Übung fehlte, der aber doch in Maßen Wirkung zeigte: Würde man eine Ausgabe des Badischen Morgens in die Nähe Böhlkes halten, würde sie Feuer fangen, so flammend rot war er nun.

»Also, ich dachte an ...« Der Rest ging in undeutlichem Nuscheln unter.

»Entschuldigen Sie, das habe ich akustisch nicht verstanden.«

Böhlke beugte sich tief über sein Sortiment und zog einen weißen, zylindrischen Käse hervor, der entfernt einer Miniatur-Hochzeitstorte ähnelte. »Chaource – französischer Käse aus Kuhmilch, er ist ausgesprochen mild, und wenn er – wie jetzt – im Sommer diesen Reifegrad hier hat ...«Er teilte das Stück, das sogleich seine Form verlor und zu fließen begann, schnitt mit einem breiten Messer ein Stück ab, streifte es auf ein Pergamentpapier und reichte es Lea vorsichtig über die hohe Theke. Sie streckte ihre Hand aus, und im gleichen Augenblick rann auch schon etwas Sanftes, Cremiges über ihre Handfläche den Arm entlang. Ohne nachzudenken leckte sie die samtig-weiße Spur ab.

»Mmmhhhh. Himmlisch.« Und das war ehrlich gemeint.

Böhlke glänzte vor Stolz. »Dieser Käse wird nur in der Champagne und im Burgund hergestellt und passt hervorragend sowohl zu Champagner als auch zu Weinen aus Sancerre.«

»Unglaublich, Herr Böhlke. Das ist unfassbar. Und so sehen Sie mich?«

Er drehte und wand sich, als suche er ein Mauseloch, und sie beschloss, den armen Kerl zu erlösen, nicht ohne noch einmal innerlich zu kichern.

Käsetypen, so etwas! Wie von selbst schweifte ihr Blick über die ausgelegten Sorten auf der Suche nach Max.

»Wegen der äh – der Russen ...«

»Da fragen Sie lieber Olga.«

»Gern. Haben Sie ihre Telefonnummer?«

»Ich weiß nicht, ob ich sie der Presse geben darf.«

Lea seufzte. Das kannte sie. Sobald es ernst wurde, verschanzten sich die meisten.

Böhlke kämpfte sichtlich mit sich. »Ich will Ihnen wirklich helfen, glauben Sie mir. Wissen Sie was? Warum klingeln Sie nicht drüben, neben der Praxis des Hundetherapeuten im Souterrain. City-Maklerbüro Conny Klapproth. Er hat den Deal vermittelt. Oder Sie warten noch eine Stunde, dann kommt er und holt sich seinen üblichen Snack.«

Klapproth. Der Name kam ihr bekannt vor, aber sie hatte keine Ahnung, wohin sie ihn stecken sollte, und verkniff sich im letzten Moment die Frage nach der passenden Käsesorte für ihn.

Baden-Badener Roulette

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