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SWINGING DULUTH
ОглавлениеDer 1911 in Duluth geborene Abe hatte seit seinem siebten Lebensjahr immer irgendeinen Job gehabt. Sein Vater, Zigman, besaß eine große Schuhfabrik in Odessa, tauschte sie jedoch 1907 gegen einen Hausiererkarren in Duluth. Dann ließ er seine Frau Anna, Abes älteren Bruder und die ältere Schwester nachkommen. Jedes Mitglied der achtköpfigen Familie packte mit an. Abe putzte Schuhe, verkaufte Zeitungen und wurde außerdem ein halbprofessioneller Baseballspieler. Duluth hatte zwar eine Art jüdisches Ghetto »oben auf dem Berg«, aber die Zimmermans wuchsen in einer Nachbarschaft mit vielen Skandinaviern auf. Abe war lange zu Fuß unterwegs, um mit seinen jüdischen Kameraden Baseball zu spielen. Mit der Familie sprach er Jiddisch, sonst jedoch Englisch.
Die Zimmermans wohnten in einem Haus mit sechs Zimmern an der Lake Avenue. Abes Vater sagte sich schließlich endgültig von seinem Hausiererkarren samt Pferd los. Beim Tuchverkauf an Farmer hatte er genug Englisch gelernt, um im Fair Department Store Schuhe an den Mann zu bringen. Da alle in der Familie arbeiteten, gab es sogar ausreichend Geld, um sich ein Telefon anzuschaffen. Aber wen sollten sie anrufen? Sie kannten sonst niemanden, der eines hatte! Abes Kindheit war eher ereignislos, abgesehen von dem großen Waldbrand von 1918. Hunderte von Menschen starben in den Flammen; das Feuer kam erst drei Meilen vor Duluth unter Kontrolle.
Als Abe 16 wurde, waren die Zimmermans bereits in ein Haus mit neun Zimmern umgezogen; und er wurde von Standard Oil als Botenjunge angestellt, für 60 Dollar im Monat. Davon legte er einen Teil zurück und steuerte den Rest zur Familienkasse bei. »Man wollte doch was für seine Eltern tun, damals. Heute sieht man Eltern nicht mehr so schwer schuften und leiden wie in jenen Tagen …«
Abe wollte aber auch für sich etwas tun und begann, nach einem Mädchen Ausschau zu halten. Bei jener Party sah er die helle und lebhafte Beatty Stone und merkte sie im Geiste für ein Wiedersehen vor. In diesem Winter war sie die meiste Zeit in Hibbing eingeschneit. Wann es mit ihnen ernst wurde? »Sobald es das Wetter erlaubte«, antwortete Abe mit seinem charakteristischen trockenen Humor. Zwei Jahre später, 1934, heirateten sie, und Beatty entkam aus Hibbing nach Duluth. Inzwischen verdiente Abe 100 Dollar im Monat. Abe und Beatty bezogen die obere Etage des Zweifamilien-Fachwerkhauses »Overman« in der 3rd Avenue East Nr. 519. Abe wusste, dass Standard Oil keine Firma war, wo er ein Vermögen machen konnte, aber die Stelle war sicher. In dem Büro mit 75 Angestellten stieg er zum stellvertretenden Inspektor auf.
Eines Abends, Mitte Mai 1941, hörten Abe und Beatty Radio. Abe überflog dabei die Zeitungen. Die Nazis wüteten in ganz Europa. Juden wurden wieder gejagt. Die Schlacht um England war zwar gewonnen, aber überall sonst triumphierten die Armeen der Achsenmächte. 1941 spielten Radio und Musikboxen pausenlos »The Hut Sut Song«, ein bisschen Nonsens in einem nicht besonders intelligenten pseudoschwedischen Dialekt (es war einem Folksong von 1914 auffallend ähnlich, »Hot Shot Dawson«, gesungen von einem blinden Negerbarden). Die Andrew Sisters aus Minneapolis hatten ihre achtmillionste Schallplatte verkauft, und ihr Manager verbot ihnen, Gesangsunterricht zu nehmen, weil er fürchtete, das würde ihren Erfolg beenden. Das Radio brachte Familienserien wie One Man 's Family, The Goldbergs und Fibber McGee And Molly. Bei den Kindern war The Lone Ranger besonders beliebt.
Wenn es auch vielleicht in Duluth nicht besonders zur Kenntnis genommen wurde, betrauerte 1941 die literarische Welt drei ihrer Größten. James Joyce starb in der Schweiz. F. Scott Fitzgerald und Sherwood Anderson, zwei der Autoren, die der Kritiker Maxwell Geismar später zu den »letzten Provinzlern« zählte, starben ebenfalls zu Anfang des Jahres. Und Beatty hatte eine Neuigkeit von literarischer und musikalischer Bedeutsamkeit zu verlautbaren: »Abe!«, rief sie. »Abe, ich kann es spüren! Ich glaube, das Baby kommt.«