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aa) Kontrollfreie Bereiche

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Mit der Grundentscheidung für oder gegen einen generellen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen (Rechtsweggarantie) werden für die grundsätzliche Bedeutung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit Weichen gestellt. Wenn es Bereiche gibt, die von der gerichtlichen Kontrolle ausgenommen sind, dann verbindet sich damit noch nicht automatisch ein Rechtsschutzausfall, jedenfalls aber doch potenziell eine Relativierung der Rolle von Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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Für Deutschland gibt die Verfassung mit der verfassungsrechtlichen Rechtsweggarantie in Art. 19 Abs. 4 GG eine prinzipielle Lückenlosigkeit des Rechtsschutzes gegen die Verwaltung vor. Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen, was als Grundrecht seinerseits mit der Verfassungsbeschwerde zum BVerfG eingefordert werden kann.

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Justizfreie Hoheitsakte bestehen grundsätzlich nicht. Sogar Gnadenakte unterliegen rechtlichen Bindungen, jedenfalls die Aufhebung eines Gnadenakts kann gerichtlich überprüft werden.[194] Nur wenn im Grundgesetz eine richterliche Kontrolle ausgeschlossen ist, ist die Rechtsweggarantie durchbrochen. So legt etwa Art. 44 Abs. 4 Satz 1 GG für parlamentarische Untersuchungsausschüsse fest, dass Beschlüsse von Untersuchungsausschüssen der richterlichen Erörterung entzogen sein sollen. Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG ermöglicht für die Telefonüberwachung statt richterlicher Kontrolle die Kontrolle durch ein parlamentarisches Gremium.[195]

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Die Konzeption kontrollfreier Bereiche ist nach heutigem Verständnis nicht mehr mit dem modernen Verfassungsstaat des Grundgesetzes vereinbar. Die aus dem Verfassungsrecht des Kaiserreichs stammende Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis hat noch in der ersten Zeit der Bundesrepublik dazu hergehalten, für bestimmte Gruppen wie Beamte, Soldaten sowie für Personen in Anstaltsverhältnissen (diese reichen von der Schule bis zur Haft und sonstigen Fällen der Anstaltsnutzung bzw. -unterbringung von einer gewissen Dauer) einen rechtlich reduzierten Status zu begründen (Sonderstatus).[196] Dies erstreckte sich auch auf den Verwaltungsrechtsschutz. Das BVerfG hat dieser Konstruktion 1972 eine Absage erteilt.[197]

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