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2 | DIE RADIKALE ANSTIFTUNG

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Die evangelikale Bewegung ist ein vielschichtiges Phänomen. In Europa werden die Evangelikalen als Segment in der Gesellschaft wahrgenommen, das traditionelle Werte vertritt. Die Evangelikalen stehen für konservative ethische Positionen und neigen zu einer konservativen politischen Haltung – sofern gesellschaftliche Fragen in ihrem Denken überhaupt eine Rolle spielen. Sie interessieren sich mehr für die Veränderung des Herzens als für die Umwandlung der Gesellschaft.

Dieses Bild trifft nicht auf alle Evangelikalen zu. Es ist wenig bekannt, dass sich in der weltweiten evangelikalen Bewegung in den 1970er Jahren ein radikales Segment gebildet hat. Seitdem am Kongress für Weltevangelisation in Lausanne 1974 eine Gruppe von sich reden machte, die sich „Radical Discipleship Group“ nannte, hat sich ein radikales Segment gebildet, das sich durch die Betonung der sozialen Verantwortung auszeichnet. Der Begriff „radikal“ besagt, dass diese Evangelikalen Jesus radikal nachfolgen und wie er sozial handeln wollen. Angestiftet durch diese radikale Gruppe hat sich in den auf Lausanne folgenden Jahrzehnten das Missionsverständnis der evangelikalen Bewegung auf Transformation hin verändert.

Die radikalen Evangelikalen treten nicht als gesonderte Gruppe in Erscheinung und sie sind auch nicht einer bestimmten Kirche oder Denomination zuzuordnen. Der Begriff charakterisiert vielmehr evangelikal gesinnte Christen, denen die soziale Verantwortung am Herzen liegt, weil nach ihrem Verständnis radikale Nachfolge zur Nächstenliebe führt. Der radikale Evangelikalismus ist am stärksten in der Zwei-Drittel-Welt verbreitet. In der südlichen Hemisphäre denkt der überwiegende Teil der Evangelikalen radikal. Das ist bedeutsam, weil durch das numerische Kräfteverhältnis zwischen Nord und Süd immer öfter Stimmen aus dem Süden auch im Norden gehört werden. Diese Stimmen werden unser Verständnis von Kirche und Mission in Zukunft prägen.

Den radikalen Kräften gehört die Zukunft. Wir tun gut daran, dieses Segment zu verstehen und darauf zu achten, wie seine Vertreter auf den Wandel der Welt reagieren. Das wird uns helfen zu verstehen, wie im weltweiten Leib Christi die gegenwärtigen Herausforderungen bewältigt werden. Es wird blinde Flecken in unserer Sichtweise aufdecken und so unseren Blick für unsere Aufgabe schärfen.

In diesem Kapitel werde ich die radikale Anstiftung, die in Lausanne ihren Anfang nahm, darstellen und den Prozess beschreiben, der zur Transformations-Orientierung der evangelikalen Mission geführt hat. Als Orientierungspunkt dienen die wichtigsten evangelikalen Missionskongresse von 1966 bis in die Gegenwart.

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