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Am Gründonnerstag hatte der Johann T. mit seiner Familie beschlossen, heuer nicht wie üblich in Krems Ostern zu feiern, sondern sozusagen eine Wallfahrt nach St. Pölten zu machen, um dort der Ostersonntagsmesse beizuwohnen – schließlich sollte heuer der Jüngste, der Thomas, dort in der Hauptmesse ministrieren.

Der Hof des Johann T. lag inmitten sanfter, mit Wein bewachsener Hügel unweit von Krems, auf halbem Weg Richtung Langenlois.

Der Regen würde der Natur gut tun, dachte der Johann. Wie jedes Jahr unternahmen sie am Gründonnerstag, bevor sie der Mutter halfen, Eier zu färben und die Osterjause für den Gabenkorb zu richten, einen ausgedehnten Spaziergang durch die umliegenden Weingärten.

Der Thomas verstand noch nicht viel vom Weinbau, der war noch zu jung. Der Markus aber war interessiert. Obwohl ihm jetzt im Maturajahr der Kopf nach anderen Dingen stand, trachtete er danach sich zu merken, was der Vater ihm an Erfahrung weiterzugeben versuchte. Das Stiftsgymnasium in Melk hatte nicht umsonst einen guten Ruf... und nicht umsonst hatte der Vater zugestimmt, dass seine Söhne so früh außer Haus kamen und in ein Internat. Da durfte man nicht an sich selber denken, freilich wäre es ihm lieber gewesen, hätte er sie zum Helfen hier gehabt, aber die Kinder mussten in die Schule, die sollten es einmal leichter haben...

Dem Ältesten, dem Matthias, konnte man sowieso nichts mehr erzählen. Seit zweieinhalb Jahren war er jetzt schon in Wien, besucht die „Boku“ – Universität für Bodenkultur – , der wusste ganz andere Sachen als der Vater... bei den praktischen Arbeiten konnte er ihm allerdings schon noch einiges zeigen, aber sonst verstand er nicht viel von dem, was der Sohn so lernte. Ein richtiger Gelehrter würde der Sohn werden. In der alten Scheune standen überall Gläser und Töpfe mit Versuchspflanzen und Samen herum, oben unter dem Dach hatte er eine ganze Plantage mit einer weinartigen Pflanze angelegt, welche allerdings keine Reben trug. Er und der Markus hatten die wenigen Wochenenden, an denen beide gemeinsam zu Hause waren, dazu verwendet, die Scheune entsprechend umzubauen – sie tauschten kaputte Dachziegel gegen lichtdurchlässige Kunststoffziegel aus und installierten eine Bewässerungsanlage, welches sie mit Regenwasser, das sie in eine große Tonne beim Giebel leiteten, speisten.

Der Zierwein war ihr großes Geheimnis. Nicht einmal den Nachbarn durften die stolzen Eltern die geglückte Versuchsplantage zeigen.

Oben am Hügel setzten sie sich wie fast jedes Jahr unter den großen, knorrigen Mostbirnbaum. „Ah, ja, einen schönen Gruß soll ich euch von der Eva-Maria ausrichten, ich hab heute früh mit ihr telefoniert“, sagte der Vater. Die Eva-Maria war die Zweitälteste, nur ein Jahr jünger als der Matthias und seit letztem Jahr glücklich mit einem Rechtsanwalt aus Ybbs verheiratet. „Wie geht‘s denn der Evi?“, wollte der Thomas wissen und ob sie auch am Sonntag nach St. Pölten käme, aber das wusste der Vater leider nicht.

Und sie sprachen von den Starnetzen, welche heuer wieder angebracht werden mussten. Es war eine einfache, aber wirksame Waffe gegen diese diebischen Vögel, die den Weinbauern Jahr für Jahr ganze Hektoliter Wein kosteten. Und der Vater erwähnte, dass die Netze von der Europäischen Union subventioniert würden.

In diesem Zusammenhang erzählte der Markus von einem bösen Witz, welcher über die Bauern in Österreich kursierte, nämlich, dass die ersten drei Worte eines Bauernkindes Mama, Papa, Subventionen wären. Doch der Vater konnte darüber nicht lachen – viel Gutes hatte die EU noch nicht gebracht und schon gar keine sinnvollen Subventionen, gekommen sind vielmehr die Bürokratie und Fleischskandale...

Der Thomas wollte wissen, was es mit dem Fleisch denn für Skandale gäbe und der Matthias klärte ihn prompt auf: „Wennst nächste Woche in St. Pölten bist, sollst beim Mäci kein‘ Börger essen, weil von dem Faschierten da drinnen kannst deppert werden, obwohl bei Dir...“

„Na, na, na“, sagte der Vater und erklärte dem Thomas geduldig den Sachverhalt, dass das deshalb wäre, weil die Rinder Schafe gegessen hätten und so weiter.

Dann kam der Vater wie jedes Jahr zu spät mit seinen Söhnen zum Mittagstisch, während die Mutter ungeduldig im Spinat rührte und fluchte, weil sie die Stieraugen (die Spiegeleier) beim Lockern in der Pfanne zerstochen hatte, „Kreuz Teufel, wie das ausschaut“.


Virtueller Terror

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