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SNOOKER GOES GLOBAL – TURNIERE WELTWEIT UND IN DEUTSCHLAND

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Schon seit den 60er-Jahren hatte es vereinzelt Spiele im englischsprachigen Ausland (Südafrika, Australien, Kanada) gegeben. Das erste Ranking-Event außerhalb Großbritanniens war technisch gesehen die Weltmeisterschaft 1975 im australischen Sydney. Allerdings wurde das Ranglistensystem erst 1977 eingeführt, um eine Setzliste für die WM zu erhalten (in den ersten Jahren wurden ganz einfach die drei vorhergehenden Weltmeisterschaften zugrunde gelegt). Es ist also nicht verkehrt, das Canadian Masters 1988 in Toronto als erstes echtes Ranglistenturnier außerhalb Großbritanniens (und Irlands) zu bezeichnen. Ab 1989 fanden dann European Open in Frankreich, den Niederlanden und Belgien statt, und mit den Hongkong Open in Hongkong und den Asian Open in Bangkok ging es erstmals nach Asien (Barry Hearn hatte zuvor mit den bei ihm unter Vertrag stehenden Spielern schon eine Reihe von Showturnieren dort veranstaltet und so die Weichen dafür gestellt). Die European Snooker League, die später in Premier League umbenannt wurde, fand bereits 1994 in Bingen am Rhein auf deutschem Boden statt; dabei handelte es sich allerdings um kein Ranking-Event, sondern um eine Serie von Einladungsturnieren. Ebenfalls in den 90er-Jahren gab es bereits Bemühungen, unter dem Namen German Open ein Turnier in Deutschland zu etablieren, doch der Versuch scheiterte: Das Turnier wurde nach ein paar Jahren wieder eingestellt, denn zum einen war Snooker damals hierzulande noch nicht so populär und zweitens hatte World Snooker versucht, ohne Kenntnis der Verhältnisse in Deutschland und ohne Partner vor Ort, alles alleine zu organisieren. Das konnte nur schiefgehen. 2004 gab es dann beim Snooker Sport Club (SSC) Fürth ein paar Verrückte, die aus Anlass ihres fünfjährigen Vereinsjubiläums ein Turnier austragen wollten und ganz mutig eine Anfrage an Paul Hunter richteten, ob dieser nicht als Stargast mitspielen wolle. Hunter dachte sich wohl, das könne ein lustiges Wochenende werden. Also sagte er zu, unter der Bedingung, dass er auch seinen Kumpel Matthew Stevens mitbringen dürfe; die Fürther waren hellauf begeistert. Paul Hunter gewann das Turnier, das 2004 noch Snooker Grand Prix Fürth hieß und ein Jahr später in Fürth German Open umbenannt wurde. 2007 folgte eine erneute Umbenennung: diesmal in Paul Hunter Classic, in Erinnerung an Paul, der tragischerweise im Jahr zuvor mit nur 27 Jahren an Krebs verstorben war. Das Paul Hunter Classic ist inzwischen ein Ranglistenturnier und wird nach wie vor alljährlich in der Fürther Stadthalle ausgetragen. Ursprünglich war es noch ein ProAm-Event (ein Turnier, das Profis und Amateuren offensteht; erst später wurde es einigen Amateuren ermöglicht, an Events der Main Tour teilzunehmen) und ohne Wertung für die Weltrangliste. Dennoch hatte dieses Turnier – ebenso wie zahlreiche Exhibitions und einige Events der mittlerweile nicht mehr existierenden World Series of Snooker – gezeigt, dass die deutschen Fans nach Live-Snooker gierten. World Snooker und Barry Hearn sagten sich also: „Der deutsche Markt ist reif für ein großes Turnier, für ein absolutes Top Event.“ 2011 war es dann so weit: Im Berliner Tempodrom fand das erste German Masters statt. Das Tempodrom war in Snookerkreisen schon als Veranstaltungsort bekannt, dort hatten bereits Exhibitions und kleinere Events stattgefunden. Ich werde niemals mein erstes Mal dort als Moderator bei einer Exhibition vergessen. In der Zeit unseres Snookerevents gastierte eigentlich die Show Holiday on Ice im Tempodrom. Die Eisshow hatte aber einen Pausentag, sodass unser Veranstalter für diesen einen Tag die Halle sehr günstig mieten konnte. Der einzige Nachteil: Die Eisfläche ließ sich nicht herausnehmen. Also wurde einfach ein Teppich auf das Eis gelegt, der Snookertisch daraufgestellt und fertig. Wir hatten alle eiskalte Füße. Ich erinnere mich noch, dass bei Steve Davis plötzlich die Nase anfing zu laufen und es aufs Tuch tropfte … Das Tempodrom war also öfters schon Schauplatz von Snookerveranstaltungen gewesen und man erkannte in ihm die perfekte Location für das German Masters. Das damals eingeführte Konzept, das inzwischen bei vielen Turnieren übernommen wurde, war revolutionär: Die Tische wurden nicht durch hohe Trennwände voneinander abgegrenzt, sondern es entstand ein großer, offener Bereich, sodass die Zuschauer selber entscheiden konnten, welche Partie sie wann verfolgen wollten. Ein solches Set-up stellt natürlich höhere Ansprüche an die Konzentrationsfähigkeit der Spieler, weil sie sich nicht vom Geschehen am Nachbartisch ablenken lassen dürfen, aber für die Fans ist es sehr attraktiv. Es war also alles angerichtet für das erste German Masters: der deutsche Markt reif, die Location toll, die Vorverkaufszahlen sehr gut. Trotzdem herrschte bei Verantwortlichen und Hauptakteuren eine ungeheure Anspannung und Nervosität. Alle fragten sich: „Wie wird die Atmosphäre sein? Und funktioniert auch alles, was man sich da im Voraus überlegt hat?“ Tat es – und die Atmosphäre war gigantisch. Im Tempodrom herrschte eine Riesenstimmung, es war – im positiven Sinn – ein richtiger Hexenkessel. Das Finale wurde damals von Jan Verhaas geleitet, also einem Schiedsrichter, der schon alles erlebt hatte, von WM-Finals bis hin zum Masters in der legendären Wembley Arena. Im Midsession Interval der ersten Session des Finales sagte Jan damals zu mir: „Das glaubst du nicht, mir haben zu Beginn, als du mich vorgestellt hast, die Hände gezittert. Das ist mir noch nicht mal bei einem WM-Finale passiert.“ Eine ungeheuer elektrisierende Atmosphäre herrschte da, die auch alle Beteiligten inklusive der Spieler (und Schiedsrichter) mitriss. Einfach wunderschön! Als alles vorbei war und die Zuschauer mit einem Lächeln auf dem Gesicht das Tempodrom verlassen hatten, lagen wir uns alle in den Armen. So emotional und aufwühlend war das Ganze gewesen – und so glücklich waren wir darüber, dass wir mit unserer Einschätzung recht behalten hatten, dass das deutsche Publikum ein solches Event wollte. Damit begann die Erfolgsgeschichte des German Masters.

Heute (Stand Sommer 2018) stehen aktuell 20 Ranglistenturniere im Kalender der Saison 2018/19; die Zahl kann sich aber noch verändern. Davon finden nur noch neun in Großbritannien statt. In China, dem Land, in dem Snooker inzwischen – rein zahlenmäßig – am populärsten ist (zumindest was die Zahl der TV-Zuschauer und die der Aktiven betrifft), werden fünf Ranglistenturniere ausgetragen und in Deutschland immerhin zwei: das Paul Hunter Classic in Fürth und das German Masters in Berlin, bei dem ich die große Ehre habe, nicht nur als TV-Kommentator, sondern auch als „Master of Ceremonies“ zu fungieren (mehr dazu in Kapitel 8).

Die Internationalisierung von Snooker geht weiter, auch wenn nicht immer alles glatt läuft. So war etwa den Versuchen, Turniere in Bahrain und Brasilien zu etablieren, kein nachhaltiger Erfolg beschieden. Trotzdem werden immer wieder Pläne geschmiedet, ein Turnier im Mittleren Osten zu veranstalten. Seit 2013 gibt es auch die Indian Open, wo Snooker zwar sehr populär ist, nicht aber so beliebt wie English Billards. Damit ist der Sport sozusagen an den Ort seiner Geburt zurückgekehrt. Seit 2017 existiert mit dem European Masters in Lommel nach langer Pause auch wieder ein Ranking-Event in Belgien. Auch dort hat Snooker eine breite Fanbasis – nicht nur, weil mit Luca Brecel ein belgischer Spieler in die Weltspitze vorgedrungen ist. Doch das Ende der Fahnenstange ist noch längst nicht erreicht. Barry Hearn sowie Miles Pearce als Commercial Director von World Snooker und sein Team fassen ständig neue Märkte ins Auge. Dahinter steht eine feste Überzeugung: Nur als weltweiter Sport kann Snooker eine erfolgreiche Zukunft haben.

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