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Alexander von Humboldts „Lieblingsland“ – Angostura in venezolanisch Guayana: „Ungeheurer Naturgarten“ und „wahre Affenherberge

In bedeutenden Werken über das Orinoco-Gebiet des frühen 19. Jh., zu denen nicht zuletzt die wertvollen Beschreibungen Alexander von Humboldts gehören, besteht kein Zweifel, dass es sich in der Region am Orinoco um eine an Tieren, Pflanzen und Menschen reiche, kaum vergleichbare Gegend handelt, um einen „ungeheuren Naturgarten“.42 Angostura ist der Mittelpunkt großkolumbianisch- bzw. venezolanisch Guayanas, dessen Charakterisierung keine natur- und lebensbezogenen Superlative auslässt. Dasselbe galt allzumal schon damals mit Bezug auf den Handel, die Schifffahrt und die geographische Zentralität.

Das ganze Gebiet, das Departement Orinoco, befinde sich zwar 1830 –wie der Gothaer Gelehrte J.F.C. Gutsmuths feststellte – „noch in seiner Kindheit.“43 Doch der „goldenen Landschaft“ wurde vielfach eine im mehrfachen Sinne blühende Zukunft vorausgesagt: „Im leichtern Zusammenhange mit dem Innern steht … Angostura, welches einst der Hauptstapelplatz werden dürfte.“44 Für Andere erwies sich die Provinz Guayana als immens tierreich. Dies galt nicht nur für Rinder, Pferde, wilde Kreaturen wie Caimáne und Boas, sondern der menschlichen Genstruktur nächstliegende Lebewesen wie die Affen. Gutsmuths stellte gar fest: „Guayana ist eine wahre Affenherberge.“45


Cacajao-Affe, Venezuela

Alexander von Humboldt hatte sich am 5. Juni 1799 auf die Reise gen Amerika begeben. Er schrieb: „Ich werde Pflanzen und Fossilien sammeln, mit einem vortrefflichen Sextanten von Ramsden, einem Quadrant von Bird, und einem Chronometer von Louis Berthoud werde ich nüzliche astronomische Beobachtungen machen können; ich werde die Luft chemisch zerlegen. — Dieß alles ist aber nicht Hauptzwek meiner Reise. Auf das Zusammenwirken der Kräfte, den Einfluß der unbelebten Schöpfung auf die belebte Thier- und Pflanzenwelt; auf diese Harmonie sollen stäts meine Augen gerichtet seyn. Der arbeitsame Mensch muß das Gute und Grosse wollen. Ob er es erreiche, hängt von dem unbezwungenen Schiksale ab.“46

Sie blieben eine Woche auf Teneriffa, wo sie den Teide (Pico del Teide) bestiegen, die verschiedenen Vegetationszonen kartografierten, in einer Höhle schliefen, um tags darauf den Vulkan und seinen Krater zu untersuchen. Nächster Halt war an der Küste Venezuelas. Die Sklavenmärkte vor Ort und die grausame Behandlung der Sklaven entsetze Humboldt derart nachhaltig, dass er sich in den Folgejahren immer wieder für die Abschaffung der Sklaverei stark machte. Auch darin glichen seine Absichten denen Simón Bolívars, in dessen Heimatland er – eher zufällig - reiste.

Im Februar 1800 befuhren sein Forscherkollege Bonpland und Humboldt den Orinoco. Das Boot der Eingeborenen – Piroge genannt – muss ein Bild für die Götter gewesen sein: Man befuhr die Flüsse auf einem mit Axt und Feuer ausgehöhlter Baumstamm, ungefähr 13 Meter lang und nur etwa einen Meter breit. Hinten war ein Gebäude aus Stangen und mit Blätterdach errichtet, woran Käfige mit gefangenen Vögeln und Affen befestigt wurden. Auf diesem beengten Platz mussten die beiden Wissenschaftler samt ihren zahlreichen Gerätschaften und die fünfköpfige Mannschaft Platz finden.

Ein besonderes Ziel der Reise wurde erreicht, indem die Flussverbindung zwischen Orinoco und Amazonas nachgewiesen wurde – quod erat demonstrandum! Der Sprengel Orinoco lag jedenfalls logistisch und strategisch über alle Maßen günstig und bot für die Kaufleute die Gunst minimaler Transportkosten aufgrund der feinverästelten Wasserstraßen und die Nähe zu den großen Meeren, dem Atlantik und der Karibik. Die darin liegende Inselwelt bot erstklassige Märkte und kommunikative Vorzüge. Dies war bereits vor der Erlangung der Unabhängigkeit mit Simón Bolívar 1830 der Fall: „Im Jahre 1803 hatte Guayana 34 kleine Schiffe zum Handel nach Trinidad, und den damals noch Spanischen Hafenorten der Gegend.“47

Anschließend fuhr das Boot flussabwärts bis nach Angostura – in der rund zwanzig Jahre später auch Ben Siegert landen sollte. Unterkunft fanden sie im Haus einer angesehenen venezolanischen Familie, alteingesessen und von gutem Ruf. Die Herrschaften Don Carlos Gómez de Záa und seine Gemahlin Isabel Daason de Gómez, eine äußerst attraktive Frau mit spanischen Vorfahren, werden uns später noch einmal begegnen, vor allem jedoch deren temperamentvolle Tochter María Bonifacia Gómez. Bonpland starb übrigens fast in dieser Stadt, wohingegen der als Jüngling oft kränkelnde Alexander nach Hause schrieb:

Die Tropenwelt ist mein Element, und ich bin nie so ununterbrochen gesund gewesen als in den letzten zwei Jahren. […] Am Atabapo, wo die Wilden stets am Faulfieber leiden, widerstand meine Gesundheit unbegreiflich gut.“48 Bei sengender Sommerhitze kämpften sich die beiden dann durch die Feuchtsavannen (Llanos) zur Küste durch. Die widrigen Bedingungen beschrieb Humboldt folgendermaßen: „Vier Monate hindurch schliefen wir in Wäldern, umgeben von Krokodilen, Boas und Jaguaren […], nichts genießend als Reis, Ameisen, Manioc, Pisang, Orenocowasser und bisweilen Affen. […] In Guayana, wo man wegen der Mosquiten, die die Luft verfinstern, Kopf und Hände stets verdeckt haben muß, ist es fast unmöglich am Tageslicht zu schreiben; man kann die Feder nicht ruhig halten, so wütend schmerzt das Gift der Insekten. Alle unsere Arbeit mußte daher beim Feuer, in einer indianischen Hütte, vorgenommen werden, wo kein Sonnenstrahl eindringt, und in welcher man auf dem Bauche kriechen muß. Hier aber erstickt man wieder von Rauch, wenn man auch weniger von den Moskiten leidet.“49


Angostura

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