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Städtisches Ambiente und Lebensmittelpunkt am Orinoco

Die üppigen Regenwälder und die faszinierenden Tiere, die Ben in Venezuela beobachten durfte, erfüllten ihn und seine Lieben mit staunender Neugier und stets frischem Elan. Es kam ihm immer stärker zum Bewusstsein, wohl die richtige Entscheidung getroffen zu haben, in dieses Märchenland auszuwandern und dort sein neues Leben zu gestalten!

Benjamins Lebensmittelpunkt war mittlerweile unbestreitbar die Stadt Angostura geworden. Auch wenn er oft der deutschen Heimat gedachte, so war er durch seine Arbeit und die mit den Jahren stark angewachsene Familie offenbar derart eingebunden, dass er für immer hierbleiben sollte. Der Ort selbst, der seine neue Heimat geworden war, blickte bereits damals auf eine jahrhundertelange imposante Geschichte zurück.

1595 war von Antonio Berrío an einer etwas entfernteren Stelle eine Siedlung gegründet worden, die man als „Santo Tomé de Guayana“ bezeichnet. Weitere Häuser wurden errichtet, die Stadt wuchs – doch der Standort erwies sich mit den Jahren als unpassend – nach 169 Jahren wurde die komplette Stadt umgesiedelt an die schmalste Stelle des Orinoco – eine strategisch wichtige Entscheidung zugunsten der Verteidigung der Stadt und ihrer Bewohner! Der Umzug wurde sogar durch die damals herrschende Kolonialmacht Spanien unterstützt und finanziert, beispielsweise durch den Neubau der Kirche und der Regierungsgebäude. Der Stadtname wurde erweitert auf „Santo Tomé de Guayana de la Angostura del Orinoco“ (zu Deutsch: „Sankt Thomas von Guayana an der Verengung des Orinoco“) – viel zu lang für den täglichen Sprachgebrauch. Somit wurde im Alltag daraus schnell Angostura als Zusammenziehung des unbequemen langen Namens.

1800 – 20 Jahre, bevor Ben selbst den Boden Venezuelas betreten würde – war Alexander von Humboldt mit seinem Freund Aimé Bonpland hier zu Gast und wohnte, wie wir gelesen haben, unter anderem bei den Herrschaften Don Carlos Gómez de Záa und seiner Gemahlin Isabel Daason de Gómez, Bens späteren Schwiegereltern. Humboldt beschrieb Angostura damals als eine ruhige Stadt, begrenzt von einem mächtigen Fluss, und als einen der reichsten Plätze wegen der natürlichen Ressourcen Venezuelas.

Die Verengung des Flusses spielte bei den Unabhängigkeitskriegen von der spanischen Krone eine Schlüsselrolle, da sie durch ihre geografische Lage schwer zu erobern war. Es war Simón Bolívar und Manuel Piar 1817 gelungen, die spanischen Soldaten zu besiegen und Angostura zu erobern. Sie wurde zur vorläufigen Hauptstadt Venezuelas erklärt; hier gab Bolívar zwei Jahre später im Kongress von Angostura dann auch offiziell die Unabhängigkeit Großkolumbiens von der spanischen Oberherrschaft bekannt. Während der Kriegswirren war Ben hier zweifelsohne stark gefragt gewesen, um die verwundeten Soldaten als Militärchirurg im städtischen Krankenhaus zu behandeln und in seiner privaten Praxis sowohl die Stadtbevölkerung als auch die Bewohner der umliegenden Lande zu kurieren. Ihnen verkaufte er zudem seine Arzneien und Tinkturen in der in seinem Besitz befindlichen Stadt-Apotheke. Das dort kreierte Tonikum benannte er dann selbst nach der Stadt: „Amargo de Angostura“ oder „Angostura (Aromatic) Bitters“.

Dass die Kämpfe nach der Unabhängigkeitserklärung endlich abflauten, wird Benjamin beruflich einerseits Erleichterung verschafft haben, da die Zahl der im Kampf Verwundeten glücklicherweise stark abnahm – andererseits florierte der Handel in den Bereichen Im- und Export weiterhin und die Stadt prosperierte, so dass die wachsende Bürgerschar und die damit einhergehend steigende Anzahl an Kranken jene Verdienstausfälle ausglich.

1830 war Simón Bolívar verstorben – im Rahmen der internationalen Heldenverehrung, die etwa zehn Jahre später begann, wurde Angostura dann zu Ehren Simón Bolívars 1846 in Ciudad Bolívar umbenannt – all das erlebte Benjamin selbst mit. Heute ist Angostura – oder eben jetzt Ciudad Bolívar – die Hauptstadt des Bundesstaates Bolívar, der über ein Viertel der Fläche Venezuelas ausmacht.

Angostura

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