Читать книгу Seewölfe Paket 12 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 44
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ОглавлениеLodovisi, Zorzo, Prevost und die fünf anderen ehemaligen Decksleute der „Novara“ hatten eine lichtere Region des Dschungels erreicht, von der aus sie das Aufblitzen der Explosionen in den Bergen sehen konnten. Das Grollen war so deutlich zu hören, als wären die Ladungen in ihrer unmittelbaren Nähe hochgegangen.
„Ich werd’ nicht wieder“, sagte Zorzo. „Da müssen ja ganze Pulverfässer in die Luft geflogen sein. Wer ist denn so verrückt, das zu tun?“
„Keine Ahnung“, erwiderte Roi Lodovisi. „Aber eins steht fest. Zwei gegnerische Gruppen schlagen sich da drüben die Köpfe ein.“
„Und wir wollen uns in diesen Teufelskreis wagen?“ fragte Prevost. „Das gefällt mir nicht. Das geht nicht gut für uns aus, sage ich.“
Einer seiner Kumpane, der sich etwas weiter vorgearbeitet hatte, sagte plötzlich: „Kommt mal her – hier herüber! Ich sehe ein paar Lichter. Da muß ein Dorf oder so was Ähnliches sein.“
Sie wandten sich um und eilten ihm nach. Wenige Augenblicke später konnten auch sie die glitzernden Punkte sehen, die unzweifelhaft die Beleuchtung mehrerer Häuser darstellten. Die Bauten schienen in einer Senke oder einem Tal zu stehen. Sie lagen auf jeden Fall unterhalb des Platzes, wo der Urwald sich öffnete und Lodovisi und seine Kerle jetzt standen.
Lodovisi lächelte mit einemmal.
„Sehr gut“, sagte er. „Jetzt wissen wir, wo unser Ziel liegt. Wie heißt es doch so schön? Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte.“
„Und jeder ist sich selbst der Nächste“, warf Mario Zorzo ein.
„Ja, das natürlich auch. Dort unten finden wir mit Sicherheit alles, was wir brauchen“, sagte Lodovisi. „Waffen, Pulver, Kugeln – alles. Wenn wir Glück haben, gibt es nur ein paar Wachen, die wir leicht überwältigen können. Los, beeilen wir uns.“
Sie begannen den Abstieg ins Tal.
Sie ahnten nicht, daß jemand anders bereits im Begriff war, ihnen ein wichtiges Stück Arbeit abzunehmen.
Die beiden Franzosen, die als Posten bei den Steinhäusern zurückgeblieben waren, sahen sich besorgt an. Sie fragten sich, was oben in den Bergen an der Westbucht wohl vorgehen mochte und welche Art Kampf La Menthe gegen die, die den Frieden der Insel Martinique gestört hatten, führen mußte.
Sie standen nicht weit vom Sklavenhaus entfernt und hielten ihre Musketen im Anschlag. Ihre Anweisungen waren klar. Sie sollten sich nicht vom Fleck rühren, eventuelle Angriffe von außen abwehren, vor allem aber darauf achten, daß die Senegalesen – vier Männer und sechs Frauen – nicht die allgemeine Unruhe ausnutzten und einen Ausbruchsversuch unternahmen.
Im Sklavenhaus wurden hin und wieder Rufe laut, manchmal waren polternde Laute zu vernehmen.
„Verdammter Mist“, sagte der eine Posten. „Jetzt werden sie doch aufsässig. Wir hätten sie besser gleich angekettet.“
„Das ließe sich nachholen“, erwiderte der zweite Mann. „Wir riegeln die Tür auf, du hältst sie in Schach, und ich fessle sie mit den Ketten an die Mauer. Dann haben wir unsere Ruhe.“
„Warte“, sagte der erste. „Ich habe ein Geräusch gehört.“
„Ja, natürlich. Sie werden immer wilder und haben die Peitsche verdient.“
„Nein, das ist es nicht.“
„Doch. Und soll ich dir was sagen? Es sind die Weiber, die ihre Kerle aufhetzen. Sie wissen, daß wir nur noch zu zweit sind, und wittern ihre Chance. Sie …“
„Nein“, unterbrach ihn der andere. „Das Geräusch klang von La Menthes Haus her. So ein Kratzen oder Schaben – als ob jemand an der Hintertür herumhantiert.“
„Jetzt phantasierst du. Das schwarze Pack kann nicht ausgebrochen sein. Noch ist die Tür zu, und die Fenster sind alle vergittert. Wo sollen sie denn wohl ’rausschlüpfen, wenn nicht aus der Tür?“
Der andere ließ sich nicht beirren. „Ich will nicht sagen, daß es einer der Neger ist, der da im Dunkeln herumschleicht. La Menthe hat uns vorhin zugerufen, der Aufstand sei ausgebrochen. Irgend jemand ist auf der Insel gelandet und bedroht uns, oder wie stellst du dir das sonst vor? Ich meine, irgend so ein Bastard könnte doch zu uns heruntergeschlichen sein, ohne daß La Menthe es bemerkt hat, und es dürfte ihm nicht schwergefallen sein, über die Mauer zu klettern.“
„Sei still“, zischte sein Kamerad. „Ich wage mir das gar nicht auszumalen.“
„Hast du die Hosen schon voll?“
„Unsinn.“
„Ich sehe jetzt mal nach, was da los ist“, sagte der erste Mann. „Halt du mir den Rücken frei.“ Er drehte sich halb um und ging auf das große Haus von Regis La Menthe zu, in dessen Innenräumen genau wie in den anderen Bauten Öllampen brannten, die die Posten bei Anbruch der Dunkelheit entfacht hatten.
Er schickte sich an, das Haus zu umrunden, und sein Landsmann folgte ihm, wobei er aufmerksam nach allen Seiten sicherte.
Der erste Posten war an der Südseite des Gebäudes und schob sich mit vorgehaltener Waffe auf die hintere Ecke zu. Der zweite hielt sich auf drei bis vier Schritte Distanz hinter ihm, wandte aber jäh den Kopf, weil er zu seiner Linken – dort, wo das Wohnhaus von La Menthes französischer „Garde“ stand – eine Bewegung registriert zu haben glaubte.
Etwas flog auf ihn zu. Es war ein Stein, aber das bemerkte er zu spät. Der Stein traf mit geradezu unheimlicher Präzision seine Schläfe, und er sank zusammen, noch ehe er seine Muskete hochbringen und den Zeigefinger um den Abzug krümmen konnte.
Der erste Posten fuhr herum, aber von der Rückseite des La-Menthe-Gebäudes schnellte jetzt ein Schatten auf ihn zu und warf sich auf ihn. Vom Nebenhaus näherte sich die schwarze Gestalt, die den Stein geworfen hatte, und hieb dem Franzosen einen zweiten Gesteinsbrocken auf den Kopf, bevor dieser den anderen Angreifer abzuschütteln vermochte.
Der Franzose gab einen würgenden Laut von sich, ließ die Muskete los und streckte Arme und Beine von sich. Er war ohnmächtig geworden. Der Mann mit dem Stein wollte wieder und wieder auf ihn einschlagen, doch sein Freund hielt ihn zurück.
„Wir wollen sie nicht töten, Bruder“, raunte er. „Wir wollen nicht so barbarisch sein wie sie.“
Der andere nickte, wenn auch widerwillig. Er half seinem Stammesbruder, die beiden Bewußtlosen zu dem Sklavenhaus zu schleppen. Dann nahmen sie dem einen den großen Schlüsselbund ab, suchten den passenden Schlüssel hervor und entriegelten die Tür. Sie drückten sie auf und flüsterten den Insassen des einzigen Raumes ein paar beruhigende Worte zu.
Das Licht der Öllampe, die unter dem einen Deckenbalken baumelte, fiel auf ihre halbnackten Gestalten, so daß die zehn überraschten Senegalesen keine Schwierigkeiten hatten, sie sofort als die beiden Sklaven zu identifizieren, die La Menthe und Duplessis auf dem Bergpfad entlaufen waren.
Die Flucht war den beiden schwarzen Männern gelungen, und jetzt waren sie ins Lager ihrer Bezwinger zurückgekehrt, um ihre Brüder und Schwestern zu befreien.