Читать книгу Seewölfe Paket 12 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 52
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ОглавлениеSeit Batuti die Flucht des einen Piraten vereitelt hatte, stand er in der Gunst des Schotten ganz oben. Sein Vertrauen in den Gambia-Neger war so groß, daß er ihn allein auf Erkundung geschickt hatte, den nicht bewachsenen Hügel zu durchstreifen, der ihnen wahrscheinlich den Blick auf die südliche Hälfte der Insel verwehrte.
Sie waren inzwischen fast zwei Dutzend Männer. Zwei Gruppen von je fünf Mann waren zu ihnen gestoßen. Aus den Gesten hatten Matt Davies und die anderen entnehmen können, daß auch diese ihren Auftrag bereits erledigt hatten. Wie viele der anderen Piraten dabei ihr Leben hatten lassen müssen, danach hatte Matt vorsichtshalber erst gar nicht gefragt.
Batuti dachte daran, daß dem Schotten, seinen Männern und auch ihnen von der „Isabella“ der härteste Brocken noch bevorstand. Das war die Gruppe, die unter der Leitung des kleinen Franzosen mit dem Sichelbart und der Riesennase eine neue Großstenge heranschaffen sollte. Der Schotte hatte gesagt, daß Le Nez, wie der Giftzwerg hieß, mindestens zwanzig Mann bei sich habe.
Batuti bahnte sich seinen Weg durch das dichte Unterholz mit dem Entermesser. Er hielt immer wieder Ausschau nach Schlangen oder Raubtieren, aber anscheinend gab es so was auf dieser Insel nicht.
Die Bäume begannen etwas lichter zu stehen, und Batuti hoffte, daß er bald die Spitze des Hügels erreicht hatte, von der aus er die Insel nach allen Seiten überblicken konnte. Doch plötzlich stand er vor einer steil aufragenden Felskante. Er blickte an ihr hinauf und sah einen großen Fleck vom blaßblauen Mittagshimmel.
Er überlegte, ob er es wagen könne, die Felskante zu erklettern, aber dann sagte er sich, daß es auch einen leichteren Weg geben müsse. Er ging etwa hundert Yards am Fuß der Felskante entlang und entdeckte schließlich einen Abriß in der Felskante, den er leicht erklettern konnte. Nach einer weiteren Viertelstunde befand er sich am oberen Rand der Felskante und sah sich um.
Er hatte einen herrlichen Ausblick nach allen Himmelsrichtungen. Nach Süden war die Sicht nicht sonderlich klar. Batuti meinte, irgendwo an der Kimm den schmalen Streifen eines Landstrichs zu erkennen, aber er war sich nicht sicher.
Er drehte sich um und blickte zur Flußmündung hinunter, wo er das Piratenschiff entdeckte, das von hier oben wie eine Nußschale wirkte.
Er wollte die nähere Umgebung des Hügels, auf dem er sich befand, in Augenschein nehmen, um vielleicht etwas von den Piraten zu sichten, als ein paar Punkte in nordwestlicher Richtung an der Kimm seine Aufmerksamkeit auf sich lenkten. Er kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.
Dan würde jetzt genau sagen können, was das ist, dachte er. Daß es die Masten von Schiffen waren, sah er nach ein paar Minuten auch, aber ihm war nicht klar, um wie viele Schiffe und um welche Typen es sich handelte.
Wahrscheinlich waren das die anderen Piraten von Espanola, die es auf die Silberflotte der Spanier abgesehen hatten.
Batuti ahnte, daß die Zeit für den Schotten knapp werden würde. Er ließ seinen Blick über die dichten Wälder nördlich des Hügels schweifen und starrte dann auf eine Stelle, an der eine graue Rauchspirale in den blassen Himmel stieg.
Er merkte sich die Stelle anhand von ein paar markanten Punkten und der Richtung, die er von der Spitze des Hügels aus einschlagen mußte.
In fünf Minuten hatte er den Fuß der Felskante wieder erreicht. Ein paar hundert Yards lief er in der Schneise zurück, die sein Entermesser geschlagen hatte, dann bog er nach Osten ab und schlug sich wieder durch das Dickicht. Der Schotte hatte ihm die ungefähre Richtung angegeben, in der er sich weiterbewegen wollte.
Batuti hatte Glück, daß er die Spuren der anderen Männer kreuzte. Er brauchte ihnen nur zu folgen, und nach einer halben Stunde hatte er sie eingeholt.
Der Schotte kniff die Lippen zusammen, als er sich den Bericht des Schwarzen angehört hatte. Viel mehr als drei Stunden blieben ihnen also nicht, die „L’Exécuteur“ in ihre Gewalt zu bringen.
„Und wo hast du den Rauch gesehen?“ fragte der Schotte heiser.
Batuti wies mit der Hand die Richtung und marschierte voraus. Er wußte, daß sie nicht mehr weit von der Stelle entfernt sein konnten, und nach einer halben Stunde hallte ihnen das Schlagen von Äxten entgegen.
Der Schotte teilte seine Männer in drei Gruppen auf. Diesmal behielt er alle Männer der „Isabella“ bei sich. Er hatte offensichtlich erkannt, daß ihr Kampfwert noch höher einzuschätzen war als der seiner eigenen Männer.
Sie schlichen sich immer näher heran. Batuti wies auf eine breite Schleifspur, die von einem frischen Baumstumpf auf eine Lichtung zuführte. Hier hatten die Piraten einen Baum gefällt und bearbeiteten ihn, auf der Lichtung, wo sie Platz genug hatten.
Der Schotte wollte erst einmal allein die Lage sondieren und befahl den anderen, zurückzubleiben. Er war noch nicht einmal fünf Minuten verschwunden, als Matt Davies Stimmen hörte und hastig flüsterte: „Los, weg hier!“
Sie wußten nicht, was die Piraten hier noch zu suchen hatten, aber vielleicht ergab sich eine Möglichkeit, ein paar von ihnen ohne großen Kampf auszuschalten.
Es waren vier Mann. Matt Davies hatte noch keinen von ihnen gesehen. Sie unterhielten sich lachend. Nebeneinander gingen sie auf der Schneise, die sie mit dem gefällten Baumstamm gezogen hatten, auf den frischen Baumstumpf zu.
Matt sah aus seiner Deckung hervor, daß einer von ihnen eine Axt aufhob, die im Gras gelegen hatte, und sich auf den Baumstumpf setzte. Einer der anderen hatte offensichtlich einen Witz erzählt, denn sie begannen alle auf einmal zu lachen.
Mit Handbewegungen scheuchte Matt Batuti, Stenmark und Blacky weg, damit sie die vier Piraten in die Zange nehmen konnten. Dann wartete er, bis er das leise Pfeifen hörte, das wie der Schrei eines Vogels klang.
Die Piraten kümmerten sich nicht darum. Der Mann mit der Axt hatte sich wieder erhoben, und gemeinsam wollten sie die Schneise zur Lichtung zurückgehen.
Matt gab dem Piraten, den der Schotte bei seiner Gruppe behalten hatte, ein paar Zeichen mit der Hand. Der Mann verstand. Seine Augen waren groß. Wahrscheinlich hatte er ein bißchen Angst, den vier Männern allein gegenüberzutreten, aber er riß sich zusammen und trat auf die Schneise hinaus.
Die vier Piraten blieben stehen, als sie ihren Kumpan von der „L’Exécuteur“ plötzlich vor sich stehen sahen. Sie sprachen ein paar Worte miteinander, bis einer von ihnen zusammenzuckte und herumwirbelte.
Er hatte das knackende Geräusch, das hinter ihnen aufgeklungen war, als einziger richtig gedeutet. Er öffnete den Mund zu einem Schrei, doch in diesem Moment traf ihn Batutis Faust an der Stirn und schickte ihn besinnungslos zu Boden.
Mit einem wilden Schrei warf sich der Mann mit der Axt nach vorn. Er hatte begriffen, daß der Mann, der ihnen in den Weg getreten war, mit den Angreifern unter einer Decke steckte. Er schwang seine Axt so schnell, daß der Pirat vor ihm nicht mehr ausweichen konnte.
Die Schneide zischte durch die Luft und traf den Mann tödlich. Ohne einen Ton sackte er zusammen und rührte sich nicht mehr.
Matt Davies hatte den Axtträger erreicht, der sofort herumgewirbelt war und schon sein schweres, breites Messer in der rechten Hand hielt.
Die Klinge prallte gegen Matts Eisenhaken. Gleichzeitig zischte seine linke Hand vor. Das Messer darin verfehlte den Piraten nur knapp. Mit einer geschickten Drehung hatte der Mann dem Stoß die Wucht genommen. Die Spitze schlitzte nur seinen weiten Hemdsärmel auf.
Matt hörte hinter und neben sich wilde Kampfgeräusche. Er dachte daran, daß der Lärm sicher auf der Lichtung zu hören war, und hoffte nur, daß die Männer des Schotten rechtzeitig zur Stelle waren, wenn die restlichen Piraten von der Lichtung hier auftauchten.
Er hatte keine Zeit, sich nach den anderen umzudrehen. Der Pirat mit dem schweren Messer war ein geschmeidiger Bursche. Geschickt wich er immer wieder dem vorstoßenden Haken seines Gegners aus und ging fast gleichzeitig jedesmal zum Angriff über.
Vielleicht wäre der Kampf schneller vorbei gewesen, wenn Matt Davies darauf ausgewesen wäre, den Mann zu töten, aber das war noch nie seine Art gewesen.
Er stellte sich auf die Kampfweise des Mannes ein. Plötzlich bemerkte er, daß außer seinem scharfen Atem und dem Keuchen seines Gegners keine Geräusche mehr zu hören waren. Wieder wehrte er mit einer kurzen Bewegung aus dem Handgelenk das Messer des Piraten ab. Und diesmal schaffte er, was er schon die ganze Zeit vorgehabt hatte. Der Haken an seiner rechten Hand verfing sich hinter der gebogenen Parierstange. Mit einem kurzen Ruck riß Matt dem Piraten das schwere Messer aus der Hand.
Der Pirat wich einen halben Schritt zurück, blieb dann aber abrupt stehen. Matt sah, wie sich seine Augen weit öffneten. Er drückte das Kreuz durch und ging langsam in die Knie. Aber erst als er nach vorn aufs Gesicht fiel, ohne den Versuch zu unternehmen, sich mit den Händen abzustützen, sah Matt den Grund für seinen Sturz.
Aus dem Rücken des Piraten ragte der Griff eines Stiletts.
Matt blickte auf. Er starrte dem Schotten entgegen, der hinter einem Baum hervortrat, auf den am Boden liegenden Piraten zuging und das Stilett wieder an sich nahm.
Ein leichtes Grinsen zog das Gesicht des Schotten in die Breite.
„Ihr seid komische Heilige“, sagte er. „Ihr wißt genau, daß die Kerle euch mit in den Tod reißen würden, und dennoch geht ihr sanfter mit ihnen um als mit einem Kerl, der euer Mädchen mal schief angeschaut hat.“
Matt Davies sagte nichts. Er wollte den Schotten nicht provozieren. Aber wer wußte schon, ob sie sich auf die richtige Seite gestellt hatten? Gab es überhaupt eine richtige Seite in diesem Kampf? Auch der Schotte und die Männer dieses Le Requin waren skrupellose Piraten, denen es um nichts anderes ging als um reiche Beute. Ein Menschenleben zählte da nichts, ob es sich um einen Feind handelte oder um einen Kumpan, dessen Beute man für sich beanspruchte.
Matt wandte sich ab. Er sah, wie der Begleiter des Schotten den letzten Piraten tötete, den Stenmark nur verwundet hatte. Er preßte die Lippen aufeinander. Sie konnten nichts tun, wenn sie das Leben der Zwillinge und des Kutschers nicht gefährden wollten.
Ein Schuß auf der Lichtung ließ sie alle zusammenfahren.
Das Grinsen des Schotten war plötzlich wie weggewischt.
„Vorwärts!“ zischte er seinen Kumpan an, der noch sein blutbeschmiertes Messer in der Hand hielt. Um Matt und die anderen kümmerte er sich nicht weiter, als er auf die Lichtung zustürmte, auf der ein fürchterlicher Kampf entbrannt war. Matt hörte es an den klirrenden Geräuschen aufeinandertreffender Klingen.
Ein zweiter Schuß krachte, und ein Schrei riß auch die Männer von der „Isabella“ aus ihrer Erstarrung.
Sie liefen hinter dem Schotten und seinem Kumpan her.
Auf der Lichtung war ein Gemetzel im Gange, wie Matt Davies es sonst nur erlebt hatte, wenn Piraten ein Schiff enterten. Genauso wenig, wie sie Gnade mit ihren Opfern hatten, nahmen sie jetzt Rücksicht auf ihre ehemaligen Kameraden. Wahrscheinlich dachten sie nicht nur daran, daß die anderen sie mit in den Tod reißen würden, sondern kämpften auch dafür, daß die zu erwartende Beute nicht mehr in zu viele Anteile aufgeteilt werden mußte.
Als Matt, Stenmark, Blacky und Batuti sahen, daß die Männer des Schotten das Überraschungsmoment voll genutzt und die anderen Piraten fest im Griff hatten, nahmen sie nicht mehr am Kampf teil. Sie sahen mit zusammengepreßten Lippen, wie die Piraten des Comte getötet wurden.
Auch unter den Männern des Schotten hatte es diesmal Verluste gegeben. Drei Piraten Waren tot, ein vierter so schwer verwundet, daß er den Weg zurück kaum mehr lebend überstehen würde.
Laut hallte die Stimme des Schotten über die Lichtung. Er befahl seinen Männern, die Leichname der Piraten so liegen zu lassen, wie sie lagen. Zwölf Männer luden sich den fast fertig behauenen Baumstamm von der Stärke eines Oberschenkels auf die Schultern, und zwei Piraten wurden vorausgeschickt, um zu erkunden, was inzwischen beim Schiff vorgefallen war.
Sie hatten nur noch knapp zwei Stunden Zeit, dann waren die Schiffe der anderen Piraten von Espanola da, und die Entscheidung an Bord der „L’Exécuteur“ mußte gefallen sein.
Der Schotte wandte sich grinsend nach den auf dieser Insel Ausgesetzten um.
„Der erste Teil unseres Planes hat ausgezeichnet geklappt“, sagte er. „Auch dank eurer Hilfe. Le Requin wird das zu würdigen wissen. Wenn wir unter seiner Führung beim Angriff auf die Silberflotte dabei sind, werdet ihr eine fette Prise einstekken.“
Matt Davies und die anderen nickten nur. Der Schotte brauchte nicht zu wissen, daß eine fette Prise sie einen Dreck interessierte. Viel lieber hätten sie gewußt, was mit der „Isabella“ geschehen war. Sie hätten viel darum gegeben, zu wissen, ob es dem Seewolf, Ben Brighton, Carberry und den anderen Kameraden gelungen war, die offensichtlich angeschlagene „Isabella“ sicher an Land zu segeln und wieder flottzumachen.